T 0489/07 () of 13.7.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T048907.20090713
Datum der Entscheidung: 13 Juli 2009
Aktenzeichen: T 0489/07
Anmeldenummer: 01960050.1
IPC-Klasse: B42D 15/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrschichtiger Aufzeichnungsträger
Name des Anmelders: Trüb AG
Name des Einsprechenden: GIESECKE & DEVRIENT GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 317 352 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent unter Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe.

II. In ihrem Schriftsatz vom 1. Juni 2007 beantragte die Beschwerdeführerin als Hauptantrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Basis der Ansprüche 1 bis 4, eingereicht am 1. Juni 2007 als Hauptantrag, aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Basis der Ansprüche 1 bis 3, eingereicht am 8. November 2006 als erster Hilfsantrag, aufrechtzuerhalten.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wurde von keiner der Parteien gestellt.

V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Mehrschichtiger mit wenigstens einer opaken Folie hergestellter nicht durchscheinender Aufzeichnungsträger mit wenigstens einem in einem Druckverfahren hergestellten Sicherheitsdruckbild (10), das visuell sichtbar auf dem Aufzeichnungsträger aufgebracht ist, wobei erste Bildteile (8) und zweite Bildteile (9) des Sicherheitsdruckbildes (10) auf unterschiedliche und übereinander angeordnete Schichten (2, 3) oder auf unterschiedliche Seiten (12, 13) der gleichen Schicht (14) aufgebracht sind, wobei zwischen der Ebene der ersten Bildteile (8) und der Ebene der zweiten Bildteile (9) ein Abstand (a) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass beide Bildteile (8, 9) im Druckverfahren hergestellt sind und sich die beiden Bildteile (8, 9) zu einem Gesamtbild ergänzen und so angeordnet sind, dass sich beim Betrachten des Gesamtbildes ein Kippeffekt ergibt, bei dem in einer Flachlage des Aufzeichnungsträgers eine neutrale Linienstruktur und in Draufsicht das Gesamtbild zum Vorschein kommt, wobei wenigstens die ersten Bildteile (8) auf eine transparente Schicht (2, 14) aufgedruckt sind, wenigstens die zweiten Bildteile (9) im Inneren des Aufzeichnungsträgers gedruckt sind."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass am Ende des Anspruchs das Merkmal

"die genannten ersten und zweiten Bildteile (8,9) streifenförmig ausgebildet und in der Draufsicht (11) alternierend angeordnet sind und sich exakt zum Sicherheitsdruckbild (10) ergänzen"

angefügt ist.

VI. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf die Dokumente

D3: GB-A-2 282 563

D6: WO-A-00/00356

verwiesen.

VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Banknoten, Wertpapiere, Etiketten oder Verpackungen seien keine Aufzeichnungsträger. Gemäß Streitpatent seien Aufzeichnungsträger Kredit- oder Ausweiskarten. Dokument D6, das sich auf einen Gegenstand in Form einer Verpackung oder eines Packhilfsmittels, insbesondere Etikette, beziehe, offenbare also keinen Aufzeichnungsträger. Der Kern des Dokuments D6 liege in der Bereitstellung eines dreidimensionalen Moiré-Musters. Dieses werde durch zwei identische Bildmuster, die im Abstand zueinander angeordnet seien, erzielt. Eine hohe Sicherheit, wie sie bei Kreditkarten oder Ausweisen gefordert werde, könne damit nicht ermöglicht werden. Man könne Dokument D6 auch nicht mit Dokument D3 kombinieren, da die Dokumente auf völlig unterschiedlichen Effekten beruhten, nämlich auf einer besonderen Anordnung einer Vielzahl von Pixeln bei Dokument D3 und dem Moiré-Muster bei Dokument D6. Daher könne das Ergebnis einer solchen Kombination nicht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sein.

Dokument D6 offenbare auch keine streifenförmigen und sich exakt zu einem Sicherheitsdruckbild ergänzenden Bildteile und lege diese auch nicht nahe.

Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 sowohl gemäß Hauptantrag als auch gemäß Hilfsantrag neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Bezeichnung "Aufzeichnungsträger" gelte nicht nur für Kreditkarten und Ausweise sondern allgemein für einen Träger für Aufzeichnungen, also auch z.B. für Wertpapiere und Banknoten.

Dokument D6 zeige mit der Ausführungsform gemäß Figur 8 einen Aufzeichnungsträger mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Diese Ausführungsform folge grundsätzlich der in Figur 4 gezeigten Gestaltung und weise als Besonderheit Grundmatrizen mit einzelnen Bildelementen in Form von Strichen auf. Diese Bildmuster ergänzten sich zu einem Gesamtbild, bei dessen Betrachtung sich ein Kippeffekt ergebe. So sei das Gesamtbild nur unter dem definierten Betrachtungswinkel 0º wahrnehmbar. Das Gesamtbild sei also bei Draufsicht erkennbar, während in Flachlage nur eine zufällige Ausrichtung der Striche erkennbar sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei deshalb nicht neu.

Ausgehend von dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 des Dokuments D6 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 naheliegend. Bei dieser Ausführungsform könne eine Verschiebung der Bildstreifen um die halbe Distanz zwischen benachbarten Bildelementen vorgenommen werden, siehe Seite 3, Zeilen 19 bis 23. Diese Verschiebung sei nur beispielhaft. Sie rege dazu an, die Bildstreifen auch um die volle Distanz benachbarter Bildelemente zu verschieben, womit bei Draufsicht das Gesamtbild und in Flachlage nur eine neutrale Linienstruktur zum Vorschein käme. Das Gesamtbild müsse dabei nicht aus einer schwarzen Fläche bestehen, sondern könne durch Verwendung anderer Bildelemente auch Zeichen darstellen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dies gelte auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag, da die Bildelemente der Figur 4 streifenförmig seien und bei der naheliegenden Verschiebung um die volle Distanz alternierend angeordnet seien und sich in Draufsicht zum Gesamtbild ergänzten.

Entscheidungsgründe

1. Begriffsbestimmung

1.1 Unter dem Begriff "Aufzeichnungsträger" versteht ein Fachmann jeden Gegenstand, der eine Aufzeichnung trägt bzw. tragen kann. Eingeschränkt auf das technische Gebiet von Aufzeichnungen in Form eines Drucks, ist ein Blatt Papier ebenso ein Aufzeichnungsträger wie eine Plastikkarte ein Aufzeichnungsträger ist. Da Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag keine weitere Eingrenzung bezüglich der grundsätzlichen Art des Aufzeichnungsträgers enthält, umfasst dieser Anspruch also auch Banknoten oder sonstige Wertdokumente.

1.2 Unter dem Ausdruck "Gesamtbild" im Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ist nach Auffassung der Kammer die Ergänzung der beiden Bildteile zu einem gewünschten Erscheinungsbild zu verstehen. Dies kann eine Figur, ein Muster oder, da es sich gemäß der Figuren des Streitpatents um streifenförmige Bildteile handelt, auch eine durchgehende Fläche einer bestimmten Farbe sein. Im Gegensatz dazu ist der Ausdruck "neutrale Linienstruktur" als ein Erscheinungsbild zu verstehen, das nicht dem gewünschten Gesamtbild entspricht, bei dem sich also die Bildteile nicht zu der Figur, dem Muster oder der Farbfläche ergänzen.

2. Neuheit

Dokument D6 offenbart in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 einen mehrschichtigen mit einer opaken Folie hergestellten und damit nicht durchscheinenden Aufzeichnungsträger mit einem in einem Druckverfahren hergestellten Sicherheitsdruckbild, das visuell sichtbar auf dem Aufzeichnungsträger aufgebracht ist, wobei erste Bildteile und zweite Bildteile des Sicherheitsdruckbildes auf unterschiedliche und übereinander angeordnete Schichten oder auf unterschiedliche Seiten der gleichen Schicht aufgebracht sind, wobei zwischen der Ebene der ersten Bildteile und der Ebene der zweiten Bildteile ein Abstand besteht, wobei beide Bildteile im Druckverfahren hergestellt sind und wobei wenigstens die ersten Bildteile auf eine transparente Schicht aufgedruckt sind und wenigstens die zweiten Bildteile im Inneren des Aufzeichnungsträgers gedruckt sind (vgl. Seite 2, Zeilen 13 bis 25, Seite 4, Zeilen 5 bis 19, Seite 5, Zeilen 24 bis 28, Seite 10, Zeilen 15 bis 17, und Figuren 1 bis 4). Die beiden Bildteile sind zudem so angeordnet, dass sich, bedingt durch den Abstand der beiden Bildteile, ein Kippeffekt ergibt. Dabei sind die Linien der Bildteile deckungsgleich übereinander angeordnet, so dass das Gesamtbild unter einem schrägen Betrachtungswinkel und bei Draufsicht die Linienstruktur eines der Bildteile sichtbar ist (vgl. Figur 1).

Dokument D6 offenbart jedoch nicht direkt und eindeutig einen Aufzeichnungsträger mit einer opaken Folie, bei dem das Gesamtbild der beiden Bildteile in Draufsicht erkennbar wird. Auch das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 8 offenbart nicht direkt und unmittelbar, dass das Gesamtbild bei Draufsicht erkennbar wird. Auf Seite 12, Zeilen 3 und 4, findet sich der Hinweis, dass "das erzeugte Bild somit nur unter einem definierten Betrachtungswinkel alpha wahrnehmbar" ist, ohne dass dieser Winkel alpha spezifiziert ist. Zudem enthält Dokument D6 keine Angaben, aus denen hervorgeht, dass das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 8 von einem Aufzeichnungsträger mit einer opaken Folie ausgeht.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ist somit neu gegenüber Dokument D6.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Auf Seite 3, Zeilen 19 bis 23, des Dokuments D6 wird auf eine Ausgestaltungsart verwiesen, bei der die Linien der beiden Bildteile um die halbe Distanz der Bildelemente versetzt zueinander angeordnet sind. Dadurch wird naturgemäß der Winkel, unter dem das Gesamtbild zu sehen ist, entsprechend der in Figur 1 gewählten Winkelbezeichnung kleiner. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten sind auf Seite 5, Zeilen 13 bis 22, des Dokuments D6 angegeben. Dabei ergeben "verschiedene Kombinationen von Überlagerungen definierte Hell-Dunkel-Kontraste bzw. Farben". Weiter wird in Dokument D6 in Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 8 eine Gestaltungsmöglichkeit beschrieben, bei der sich zwei Bildteile 26a,b und 28a,b unter einem definierten Betrachtungswinkel zu einem Gesamtbild ergänzen (vgl. insbesondere Seite 12, Zeilen 2 bis 6).

Dokument D6 legt also den Fachmann nicht auf eine Ausführung des Aufzeichnungsträgers, bei dem die beiden Bildteile deckungsgleich übereinander angeordnet sind, fest, sondern gibt ihm die Gestaltungsmöglichkeit, die Bildteile so anzuordnen, dass sich ein Gesamtbild auch unter Betrachtung aus anderen Winkeln als dem in Figur 1 gezeigten ergibt. Nach Auffassung der Kammer liegt es im Rahmen der dem Fachmann damit gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten, die beiden Bildteile auch so anzuordnen, dass das Gesamtbild bei Draufsicht erkennbar wird. Er kann eine solche Anordnung unabhängig davon wählen, ob der Aufzeichnungsträger eine opake Folie enthält oder nicht, da sich der optische Effekt der Ergänzung der beiden Bildteile aus einem bestimmten Betrachtungswinkel zu einem Gesamtbild unabhängig davon ergibt.

Aus der Lehre des Dokuments D6 ergibt sich somit der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag in naheliegender Weise. Dieser Gegenstand beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.2 Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag, dass die beiden Bildteile streifenförmig ausgebildet sind, ist in Dokument D6 direkt offenbart (vgl. Seite 3, Zeile 15, und Seite 9, Zeilen 7 bis 9). Das weitere zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag, dass die beiden Bildteile in der Draufsicht alternierend angeordnet sind und sich exakt zum Sicherheitsdruckbild ergänzen, ergibt sich, wenn man die beiden Bildteile im Rahmen der gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten so anordnet, dass das Gesamtbild bei Draufsicht entsteht.

Somit beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Die Frage, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag auch in Anbetracht des weiteren im Beschwerdeverfahren genannten Standes der Technik nahelag, kann daher dahingestellt bleiben.

5. Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf den Grund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, zu dem sich die Beschwerdeführerin äußern konnte und dies in ihrer Beschwerdebegründung auch getan hat. Die Beschwerdeführerin hatte zudem nach Zustellung der schriftlichen Erwiderung der Beschwerdegegnerin am 10. Oktober 2007 bzw. 16. Oktober 2007 (Bestätigung) ausreichend Gelegenheit, sich zu den darin vorgebrachten Argumenten zu äußern.

Da ferner keine der Parteien Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, konnte die Kammer im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit Artikel 12(3) VOBK über die Sache entscheiden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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