European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T046007.20081016 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 October 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0460/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00936725.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 3/048 B60R 16/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Fahrzeugkommunikationssystem mit Anzeige-/Bedieneinheit | ||||||||
Name des Anmelders: | Continental Automotive GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Volkswagen AG | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (verneint - naheliegende Übertragung einer allgemeinen Lösung) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent
B1: EP-B1-1 198 370
mit der Begründung zurückzuweisen, dass der im Einspruchsverfahren nachgewiesene Stand der Technik ein Fahrzeugkommunikationssystem mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 weder vorwegnehme noch nahelege.
Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Streitpatent mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen. Der Antrag stützt sich vor allem auf die im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Druckschrift
D1: WO-A-99/06987
sowie auf mit der Beschwerdebegründung eingereichte Druckschriften
D12a: R. Lind et al., "The Network Vehicle - A Glimpse into the Future of Mobile Multi-Media", The AIAA/IEEE/SAE Digital Avionics Systems Conference, 17th DASC, 31. Oktober bis 7. November 1998, Proceedings Band 2, 1998, Seiten I21-1 bis I21-8 (ISBN 0-7803-5086-3), und
D14: A. Jameel et al., "Web on Wheels: Toward Internet-Enabled Cars", IEEE-Computer, Band 31, Ausgabe 1, Januar 1998, Seiten 69 bis 76.
(D12a ist inhaltsgleich zu einer Druckschrift D12, die von der Einsprechenden im erstinstanzlichen Verfahren eingeführt wurde, aber nachveröffentlicht war.)
II. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer überreichten Anspruchs 1.
Anspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"1. Fahrzeugkommunikationssystem mit
- einem Datenbus (1) und daran angeschlossenen Komponenten, unter denen sich wenigstens eine Anzeige-/Bedieneinheit (ABE1, ABE2) und eine diese steuernde Recheneinheit (HRE) befinden, wobei
- in der wenigstens einen Anzeige-/Bedieneinheit (ABE1, ABE2) und der diese steuernden Recheneinheit (HRE) eine auf dem HTML/XML-Seitenformat basierende, grafische Benutzeroberfläche implementiert ist, über die im Fahrzeug verbaute Steuergeräte menügesteuert ansteuerbar sind, wobei die grafische Benutzeroberfläche eine Mensch-Maschine-Interface-(MMI)-Anwendungseinheit (2) zur Generierung entsprechender Mensch-Maschine-Interface-(MMI)-Seiten im HTML/XML-Format umfaßt, wobei sich die Mensch-Maschine-Interface-(MMI)-Anwendungseinheit (2) in der Recheneinheit (HRE) befindet oder auf die Recheneinheit (HRE) und die Anzeige-/Bedieneinheit (ABE1` ABE2) verteilt implementiert ist und wobei die grafische Benutzeroberfläche einen Browser (4) zur Darstellung dieser generierten Seiten in der Anzeige-/Bedieneinheit umfaßt."
Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag wurde das Wort "Datenbus" durch "Fahrzeugdatenbus" ersetzt (Zeile 2 des Anspruchs).
III. Das Hauptargument der Beschwerdeführerin besteht darin, dass das in D12a beschriebene multi-media-fähige Fahrzeug bestimmte Seiten bereits in HTML-Format empfange und sende (siehe "Netscape Communicator", Seiten I21-2 und I21-8, jeweils linke Spalte Mitte). Eine offensichtlich wünschenswerte Vereinheitlichung der grafischen Benutzeroberflächen lege dem Fachmann zumindest nahe, Seiten in HTML-Format auch zur bordinternen Steuerung von Fahrzeuggeräten zu nutzen. Eine Fernsteuerung von Fahrzeuggeräten über eine Webseite sei in D12a bereits beschrieben (Figur 7 und zugehörige Beschreibung).
IV. Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass die mit der Beschwerdebegründung eingeführten Druckschriften, insbesondere D12a, verspätet vorgebracht seien und auch wegen fehlender Relevanz nicht ins Verfahren zugelassen werden sollten.
Einen inhaltlichen Unterschied zu D12a sieht die Beschwerdegegnerin vor allem darin, dass das beanspruchte Fahrzeugkommunikationssystem die im HTML- (und/oder XML-)Format aufgebauten Seiten generiere. Ein Abruf aus einem Speicher oder eine Darstellung auf einem Bildschirm bedeute keine Generierung. Generieren umfasse das situationsabhängige Zusammensetzen mehrerer Bestandteile (Dateninhalte und Darstellungsformate). Der Abruf aus einem Speicher sei in der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 5, Zeilen 4 bis 15) nur als Alternative erwähnt, aber vom Anspruch nicht umfasst. Die Darstellung generierter Seiten erfolge laut Anspruch 1 in einem zusätzlichen Schritt mit Hilfe eines Browsers, sei somit nicht Bestandteil der Generierung.
Angesichts spezieller Anforderungen an Zuverlässigkeit, Sicherheit u. dgl. im rauen Betrieb eines Kraftfahrzeugs seien aus einer PC-Umgebung bekannte Mensch-Maschine-Schnittstellen nicht ohne weiteres auf die grafische Benutzeroberfläche eines Fahrzeugs übertragbar. D12a (Seite I21-6, linke Spalte) nenne für seine grafischen Benutzeroberflächen ausdrücklich die Programmiersprachen "Smalltalk" und "JAVA" und halte den Fachmann daher davon ab, HTML zu nutzen. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Streitpatent eine Priorität aus dem Jahr 1999 beanspruche.
Mit der geänderten Fassung des Patentgegenstands gemäß dem Hilfsantrag werde durch die Formulierung "Fahrzeugdatenbus" eine Klarstellung beabsichtigt, dass sich das gesamte System dann zwangsläufig im Fahrzeug befinden müsse.
V. In einem Ladungsanhang äußerte die Kammer ihre vorläufige Absicht, die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Entgegenhaltungen D12a und D14 ins Verfahren zuzulassen.
Die Kammer legte den erteilten Anspruch 1 breit aus und sah das Fahrzeugkommunikationssystem gemäß D12a als nächstkommend an. Hinsichtlich eines auf die bordinterne Anordnung beschränkten Patentgegenstands stellte sie die Frage, ob eine diesbezügliche Verwendung bekannter Internet-Sprachen zur Nutzung ihrer bekannten Vorteile mehr als eine fachmännische Wahl darstelle.
VI. Die Kammer verkündete ihre Entscheidung am Ende der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
1. Die Erfindung
Das angegriffene Patent betrifft ein Fahrzeug kommunikationssystem, bei dem Mensch-Maschine-Interface-(MMI)-Seiten "im HTML/XML-Format" eine grafische Benutzeroberfläche bilden, um im Fahrzeug verbaute Steuergeräte menügesteuert anzusteuern. Zur Darstellung der erzeugten HTML/XML-Seiten umfasst die grafische Benutzeroberfläche auch einen Browser. Seitenformate der genannten Art werden im Internet genutzt und ermöglichen insbesondere einfache Änderungen von Teilinhalten einer Bildschirmseite (vgl. B1, Spalte 3, Zeilen 18 bis 34).
2. Auslegung des Anspruchs 1
2.1 Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) lässt offen, ob die aufgeführten Komponenten sich innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs befinden. Der Gattungsbegriff "Fahrzeug kommunikations system" ist nicht auf ein in einem Fahrzeug eingebautes Kommunikationssystem beschränkt, sondern kann auch ein System zur Kommunikation mit einem Fahrzeug bedeuten. Im Gegensatz zur Beschreibung (B1, Spalte 1, Zeilen 39/40) definiert der Anspruch den Datenbus (1) nicht als Fahrzeugdatenbus.
Der geänderte Anspruch 1 (Hilfsantrag) präzisiert den Datenbus als Fahrzeugdatenbus und betrifft somit eindeutig ein Kommunikationssystem innerhalb eines Fahrzeugs.
2.2 "HTML/XML-Format" ist kein eindeutiger Begriff und ist daher so breit auszulegen, wie es technisch sinnvoll und möglich ist, nämlich als "HTML- und/oder XML-Format". Das Streitpatent gibt keinen Anlass zu einer engeren Auslegung, und die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung die breite Auslegung anerkannt.
2.3 Im Gegensatz zur Beschwerdegegnerin ist die Kammer der Ansicht, dass der Begriff "Generierung" von Interface-Seiten im HTML/XML-Format auch einen Abruf von Seiten oder Teilen davon aus einem Speicher umfasst. Die Beschreibung des Streitpatents liefert zum Thema "Generieren" von HTML- oder XML-Seiten nur wenige Einzelheiten (siehe B1, Absätze 0011 und 0015). Wenn ein HTTP-Server "über ein zugehöriges Filesystem 3 HTML- oder XML-Seiten generiert" (B1, Spalte 5, Zeilen 6 bis 8), kann dies auch einfach bedeuten, dass vorformatierte Seiten dieser Art aus dem Filesystem abgerufen und mit aktuellen Daten gefüllt werden.
Generell ist die Kammer der Meinung, dass gerade Merkmale, die zur Begründung der Patentierbarkeit herangezogen werden sollen, auf deutliche und ausdrückliche Offenbarung gestützt sein müssten.
3. Zulassung von im Beschwerdeverfahren erstmals genannten Entgegenhaltungen
3.1 D12a ist die nunmehr vorveröffentlichte Beschreibung eines experimentellen multi-media-fähigen Kraftfahrzeugs ("Network Vehicle"), auf das schon im Einspruchsverfahren anhand einer inhaltsgleichen, aber nachveröffentlichten Druckschrift D12 hingewiesen worden war. Die Einspruchsabteilung ließ diese Druckschrift nicht ins Verfahren zu mit der Begründung, es fehle der Nachweis, dass ihr Inhalt durch eine Ausstellung des beschriebenen Fahrzeugs vor dem Prioritätstag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. D12a ist somit in erster Linie als der geforderte Nachweis der Vorveröffentlichung eines den Parteien bereits bekannten einschlägigen Standes der Technik anzusehen, der zudem bereits mit der Beschwerdebegründung vorgelegt wurde. In so fern kommt die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 111 (1) EPÜ 1973 und Artikel 12 (4) VOBK zu dem Ergebnis, dass D12a ohne weiteres im jetzigen Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden kann.
3.2 Die von der Beschwerdeführerin als neuheitsschädlich bezeichnete Druckschrift D14 ist ebenfalls schon mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden und kann ohne größeren Aufwand zur Kenntnis genommen werden. Sie stützt und ergänzt das Vorbringen einer im Einspruchsverfahren unterlegenen Partei in unmittelbarer Reaktion auf die angefochtene Entscheidung und wurde aus diesen Gründen ebenfalls von der Kammer ins Verfahren zugelassen.
4. Nächstkommender Stand der Technik
D12a bildet den nächstkommenden verfügbaren Stand der Technik. Diese Druckschrift beschreibt als "Network Vehicle" ein multi-media-fähiges Fahrzeug, das unter anderem eine ihm zugeordnete interaktive Internet-Webseite mit Daten über seine Betriebszustände speist; diese Webseite kann an einem PC im Büro oder zu Hause aufgerufen werden. Über die Webseite erlaubt das Fahrzeug auch eine Fernsteuerung von Fahrzeuggeräten, wie etwa (Park-)Leuchten, Türverriegelung, Anlasser, Heizung, Klimaanlage, Navigationsgerät (D12a, Seite I21-4 rechts unten bis Seite I21-5 rechts oben; Figuren 7 und 8; Seite I21-6 links Mitte und unten; Seite I21-7 links unten bis rechts oben). Die Internet-Webseite muss zwangsläufig mit Hilfe einer Internet-fähigen Sprache "generiert", d.h. mit Format und Daten versehen werden, und mit Hilfe eines Browsers interpretiert und dargestellt werden.
5. Neuheit (Haupt- und Hilfsantrag)
5.1 Der zweideutige erteilte Anspruch 1 (Hauptantrag) lässt sich in seiner Auslegungsvariante "System zur Kommunikation mit einem Fahrzeug" weitgehend auf die in D12a beschriebene Sonderfunktion des "Network Vehicle" lesen, die in dessen Fernsteuerbarkeit via Internet besteht.
D12a offenbart lediglich nicht, dass die Fahrzeug-Webseite in einer der Sprachen HTML und XML erzeugt wurde. Seite I21-6 (linke Spalte, letzter Absatz) der Entgegenhaltung besagt, dass die Programmiersprache Java (mit Java Applets) verwendet wurde, um am Ort des (fernbedienenden) Kunden animierte Graphiken für die Fahrzeugüberwachung und -steuerung zur Verfügung zu stellen. Zumindest auf der Implementierungsebene stellt dieser Unterschied die Neuheit her (Artikel 54 EPÜ 1973).
D12a erwähnt zwar die Möglichkeit, im Fahrzeug einen bestimmten Browser zu verwenden, der bekanntermaßen die Sprache HTML nutzt ("Netscape Communicator", siehe Seiten I21-2 und I21-8, jeweils linke Spalte Mitte). Jedoch dient dieser Browser nur dazu, im Fahrzeug Seiten aus dem Internet aufzurufen ("Surfen"), nicht aber zum Steuern von bordinternen Geräten.
5.2 Der geänderte Anspruch 1 (Hilfsantrag) ist auf die Auslegung "Kommunikationssystem in einem Fahrzeug" beschränkt, so dass die Fernsteuervariante der D12a dem Anspruch nicht mehr unmittelbar entgegensteht. Das heißt, der neue Gesichtspunkt einer bordinternen Steuerung von Fahrzeuggeräten besteht nicht nur in der speziellen Verwendung von HTML- oder XML-Seiten, sondern in dem grundsätzlichen Gedanken, hierfür eine Internet-Sprache einzusetzen. Die Neuheit des Anspruchsgegenstands nach dem Hilfsantrag ist somit ebenfalls gegeben.
6. Naheliegen (Haupt- und Hilfsantrag)
6.1 Die Grundidee, in einem Fahrzeug bordeigene Geräte mittels einer grafischen Benutzeroberfläche zu steuern, deren Seiten mit Hilfe einer im Internet schon bewährten Beschreibungssprache aufgebaut werden, liegt aufgrund notorischer Vorteile solcher Seiten auf der Hand. Hierzu zählen Flexibilität (Umprogrammierbarkeit) in Bezug auf Form und Inhalt, Leistungsfähigkeit (zB Darstellung dynamischer Inhalte) und die Möglichkeit von Verknüpfungen (Links) mit anderen Webseiten (vgl. hierzu D1, Seite 36, Zeilen 2 bis 6). Die Fernsteuervariante der D12a führt bereits vor, wie eine externe grafische Benutzeroberfläche mit diesen vorteilhaften Eigenschaften zur Steuerung von Fahrzeuggeräten genutzt wird. Eine fahrzeuginterne Nutzung derselben Technik mag auf den ersten Blick "luxuriös" erscheinen, technisch stellt die interne Nutzung jedoch keine höhere Anforderung als die externe (Fern-)Steuerung.
6.2 Mehr als die genannte Grundidee bietet das Streitpatent nicht. Falls eine auf einer Internetsprache beruhende grafische Benutzeroberfläche für eine fahrzeuginterne Nutzung aufgrund eines bestimmten technischen Problems nicht ohne Anpassung in Betracht käme, müsste das Patent wenigstens ein Merkmal offenbaren (und beanspruchen), das ein spezifisches Problem eines fahrzeugseitigen Einsatzes überwindet. Eine solche Anpassung wurde im vorliegenden Fall jedoch weder aufgezeigt noch ist sie für die Kammer ersichtlich.
6.3 Im übrigen liegt es im normalen Bestreben des Fachmanns, unterschiedliche grafische Benutzeroberflächen, die innerhalb eines Fahrzeugs bereits vorhanden sind, zu vereinheitlichen.
D12a erwähnt für unterschiedliche Funktionen eines Fahrzeugs (Gerätesteuerung und Fahrerinformation einerseits, Internetzugang andererseits) unterschiedliche Benutzeroberflächen (Java, Smalltalk; Netscape Communicator mit HTML). Ein Fachmann wird zumindest erwägen, ob eine Vereinheitlichung oder Integration in Frage kommt, insbesondere in Richtung auf eine Norm, die den meisten Autofahrern ohnehin schon aus anderem Zusammenhang (Internet) vertraut ist.
D14 dokumentiert den Wunsch des Fachmanns nach Integration insbesondere von Fahrzeugfunktionen und Internet-basierten Diensten und nennt die Nutzerschnittstelle ausdrücklich als Teil eines solchen Konzepts (Seite 71, linke Spalte, Absätze 1 und 2).
6.4 Zur Zeit der Entstehung und Veröffentlichung der Entgegenhaltung D12a waren die standardisierten Auszeichnungssprachen HTML und XML weit verbreitet. Aufgrund der bereits genannten Vorteile entsprechend aufgebauter Webseiten stellt die Verwendung jener Internet-Sprachen eine motivierte fachmännische Alternative zu den in D12a erwähnten Programmiersprachen (Java, Smalltalk) dar.
Speziell XML ist eine Weiterentwicklung von HTML, um animierte Darstellungen zu ermöglichen. XML dient somit einem gleichen Zweck wie die Java Applets, die in D12a auf Seite I21-6 (links unten) genannt sind, und ist auch von daher als naheliegende Alternative zu diesen anzusehen.
6.5 Die Einspruchsabteilung argumentierte, dass im Stand der Technik Benutzerschnittstellen stets fest programmiert gewesen seien, was einen hohen Aufwand bedeutet habe, wenn diese Schnittstellen verändert werden sollten. Mit der Formulierung des Problems der mangelnden Flexibilität der Schnittstellen hätten die Erfinder "mit einer langen Tradition in der Fahrzeug technik gebrochen", so dass eine "Aufgabenerfindung" vorliege.
Hierzu merkt die Kammer zunächst an, dass der Einspruchsabteilung als vorveröffentlichter Stand der Technik nur die Druckschrift D1, nicht aber die Entgegenhaltung D12a zur Verfügung stand. Das Fahrzeug kommunikationssystem gemäß D1 zeigt lediglich gespeicherte HTML-Seiten an; diese nutzen "Hyperlinks" als Adresszeiger zu einschlägigen Fundstellen eines zu lesenden Handbuchs (D1, Seite 36, Zeilen 2 bis 6).
Die Fernsteuervariante der D12a umfasst zusätzlich bereits die Idee, dargestellte Fahrzeugkomponenten über eine Webseite auch zu steuern. Vor allem weist die Kammer darauf hin, dass nicht nur D12a, sondern auch D1 (zB Seite 7 und Figur 2) bereits eine grafische Benutzeroberfläche in einem Fahrzeug zum Gegenstand hat, die üblicherweise von einem gespeicherten Computerprogramm gesteuert wird und daher durch Änderung von Speicherinhalten veränderbar ist. Die Aufgabe, in einem Fahrzeug eine leicht veränderbare Nutzerschnittstelle zu schaffen, stellt sich somit nicht mehr. Schon daher kann auch eine Aufgabenerfindung nicht vorliegen.
6.6 Das Fahrzeugkommunikationssystem nach Anspruch 1 (Haupt- und Hilfsantrag) beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit und erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ 1973.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent Nr. 1 198 370 wird widerrufen.