T 0459/07 () of 19.7.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T045907.20100719
Datum der Entscheidung: 19 Juli 2010
Aktenzeichen: T 0459/07
Anmeldenummer: 98118033.4
IPC-Klasse: C08G 18/48
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Temperaturstabile Hartschaumstoffe auf Isocyanatbasis mit geringer Sprödigkeit und niedriger Wärmeleitfähigkeit
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: THE DOW CHEMICAL COMPANY
Huntsman International LLC
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 114(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Aufgabe und Lösung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - unzulässige Ex-post-facto-Analyse
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Am 15. September 2004 (Patentblatt 2004/38) wurde der Hinweis auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 905 161 mit dem Titel "Temperaturstabile Hart schaumstoffe auf Isocyanatbasis mit geringer Sprödigkeit und niedriger Wärmeleitfähigkeit" bekanntgemacht. Das Patent ging auf die unter Beanspruchung der Priorität einer deutschen Voranmeldungen (19742012) vom 24. September 1997 am 23. September 1998 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 98 118 033.4 zurück und enthielt fünfzehn Ansprüche, darunter die Ansprüche:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die abhängen Ansprüche 3 bis 11, 13 und 14 bezogen sich auf spezielle Ausgestaltungen von Anspruch 1.

Hinweise in unterstrichenen eckigen Klammern beziehen sich auf die entsprechenden Ansprüche bzw. Absätze der erteilten Fassung des Streitpatents, solche in unterstrichener Kursivschrift auf die ursprünglich eingereichte Anmeldung (z.B. [0001] bzw. Anspruch 1). Des Weiteren werden folgende Abkürzungen verwendet:

| EPÜ 1973 |Europäisches Patentübereinkomme|

| |n (Fassung von 1973) |

| | |

| EPÜ |Europäisches Patentübereinkomme|

| |n (Fassung von 2000) |

| | |

| VOBK |Verfahrensordnung der Beschwerd|

| |ekammern |

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| BeschwB | Beschwerdebegründung |

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| BeschwE | Beschwerdeerwiderung |

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| PUR | Polyurethan |

| | |

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| PIR | Polyisocyanurat |

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| FCKW |Fluorchlorkohlenwasserstoff(e) |

| |("HCFC") |

| | |

| FKW |Fluor enthaltende Kohlenwassers|

| |toff(e) |

| | |

| KW | Kohlenwasserstoff(e) |

| | |

| | |

| FCK |Fluorchlorkohlenstoff(e) ("CFC"|

| |) |

| | |

| R11 | Trichlorfluormethan |

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| | |

| HFC 245fa | 1,1,1,3,3-pentafluoropropan |

| | |

| | |

| C5/c-C5 |Pentan/Cyclopentan; (n-/i-C5 = |

| |n-/iso-Pentan) |

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| OHZ | Hydroxylzahl(en) (in mg KOH/g)|

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| Ft | Funktionalität(en) |

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| WLF | Wärmeleitfähigkeit |

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| WFB | Wärmeformbeständigkeit |

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| EO bzw. PO |Ethylenoxid bzw. Propylenoxid u|

| |nd deren Einheiten |

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II. Gegen das Streitpatent wurden am 10. und 14. Juni 2005 zwei Einsprüche eingelegt. Beide Einsprechende (E-01 und E-02) machten das Fehlen der Neuheit und erfinderischer Tätigkeit geltend (Artikel 100 a), 54 und 56 EPÜ 1973) und benannten in den Einspruchsschriftsätzen insgesamt vierzehn Entgegenhaltungen, darunter

| D1: | US-A-5 488 071 |

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| D4: | DD-A-142 807 |

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| D10: | US-A-5 670 554 |

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| D11: | EP-A-0 708 127 |

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(1) Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2005 widersprach die Patentinhaberin dem Vorbringen der beiden Einsprechenden auf Grundlage eines neu eingereichten Anspruchssatzes und beantragte die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Basis dieses geänderten Hauptantrags. Der neue Anspruchssatz unterschied sich von der erteilten Fassung der Ansprüche (Abschnitt I, oben) durch die Streichung von [Anspruch 2], die Umnummerierung der [Ansprüche 3 bis 15] (nun Ansprüche 2 bis 14) und insbesondere durch Beschränkungen der Funktionalität des Polyetherpolyols bi) auf einen Ft-Bereich von 2,5 bis 3,5 und der Menge des Wassers c) auf 0,2 bis 1,6 Masse-% in den Ansprüchen 1 und 14 des neuen Anspruchssatzes.

(2) Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung, reichte die Patentinhaberin mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 in Erwiderung zur vorläufigen Stellungnahme der Einspruchs abteilung neben weiteren Erläuterungen zu D1 und D4 einen Versuchsbericht zur Bestimmung der Temperatur stabilität ein, in dem die Schäume der [Beispiele 3 und 6] einem Flaschentest (vgl. [0049]) unterzogen worden waren.

(3) Beide Einsprechende hielten gegenüber den geänderten Ansprüchen ihre Einwände aufrecht (Schriftsätze vom 12. und 23. Oktober 2006). Die Einsprechende E-01 benannte drei weitere Entgegenhaltungen, darunter

| D15: | US-A-5 096 933 und |

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| D17: | CA-A-2 161 065, |

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und die Einsprechende E-02 erhob zusätzlich einen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ 1973 und argumentierte, die Offenbarung der Wassermenge von 0,2 bis 1,6 Masse-% habe sich einerseits auf die Summe der Komponenten b) bis e) ([Seite 4, Zeilen 15 bis 17]), andererseits aber auf die Polyolkomponente ([Seite 3, Zeilen 23 bis 24]) bezogen. Es sei daher klar, dass eine dieser Angaben unzutreffend sei, nicht aber welche. Folglich sei die vorgenommene Änderung der Wassermenge in den Ansprüchen unter Artikel 123(2) EPÜ 1973 nicht zulässig.

III. In der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2006 änderte die Patentinhaberin dann ihren Hauptantrag (Abschnitt II (1), oben) erneut durch Streichung der Ansprüche 10 bis 13, so dass der Verfahrensanspruch nun die Nummer 10 erhielt, und reichte neben einer entsprechend geänderten Fassung des Anspruchssatzes zudem angepasste Beschreibungsseiten 2 bis 4, 7 und 11 ein. Die geänderten Unterlagen waren dem Protokoll der mündlichen Verhandlung als Annexe 1 und 2 beigefügt.

(1) In der am Ende der Verhandlung verkündeten Zwischen entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügten.

(2) In der am 17. Januar 2007 ergangenen schriftlichen Begründung führte die Einspruchsabteilung zur Frage einer Verletzung von Artikel 123(2) EPÜ 1973 durch die geänderte Wassermenge in den Ansprüchen 1 und 10 und zum geltend gemachten Widerspruch (Abschnitt II (3), oben) in Nr. 5 der Begründung unter Hinweis auf [0013] aus: "In der Polyurethanchemie ist es üblich, Mengenangaben auf die b) Komponente, auch Polyolkomponente genannt, zu beziehen. Diese enthalten [sic] in der Regel alle Bestandteile der Rezeptur ausser dem Isocyanat. Diese Angabe ist identisch mit der Mengen angabe bezogen auf die Summe der Komponenten b) bis e). ... Das beanstandete Merkmal ist auf jeden Fall ursprüng lich offenbart und folglich konform mit den Bestimmungen des Artikels 123(2). Da es sich um eine Einschränkung handelt ist auch das Erfordernis des Artikels 123(3) EPÜ gegeben.".

(3) Die Frage des geltend gemachten Fehlens der Neuheit gegenüber D1 bzw. D11 wurde in den Abschnitten 6 bis 6.2 der Zwischenentscheidung abgehandelt.

(4) In D1, deren PIR/PUR-Hartschäume auf einer Polyol komponente aus Gemischen von Polyester- und Polyether polyolen basierten, seien zwar in einigen Beispielen mono-, in den anderen aber difunktionelle Polyether polyole verwendet worden. Die monofunktionellen Poly ether seien als Emulgator für das KW-Treibmittel in der Polyolkomponente eingesetzt worden. In Spalte 5 werde zwar allgemein darauf hingewiesen, dass auch tri- oder höherfunktionell gestartete Polyetherpolyole verwendet werden könnten, nicht jedoch darauf, dass dabei dann die im Streitpatent verlangten Parameter (Ft 2,5 ... 3,5, d.h. 2,5 bis 3,5, und OHZ 10 ... 100) erfüllt würden. Herkömm licherweise seien Polyole der im Streitpatent in Komponente bi) definierten langkettigen Art zur Herstellung von Weich schaumstoffen verwendet worden, da sie niedrig vernetzte Produkte ergäben. In D1 fehle jedoch jeder Hinweis auf den Einsatz solcher Weich schaumstoff-Polyetherpolyole im Gemische mit Polyester polyolen zur Herstellung von Hartschaumstoffen. Daher wurde der Patentgegenstand gegenüber D1 als neu erachtet.

(5) D11 ziele auf Hartschaumstoffe aus Polyisocyanaten, Polyolen hohen Molekulargewichts, Kettenverlängerern, Katalysatoren, Additiven und Treibmitteln, wobei c-C5 in Verbindung mit Wasser bevorzugt werde. Die in Frage kommenden Polyole seien in D11, Spalte 6, Zeile 48 bis Spalte 7, Zeile 4 näher spezifiziert: OHZ-Bereich 100 ... 850, wobei einzelne Vertreter in einem Gemisch eine OHZ < 100 haben könnten, sofern die OHZ dieses Gemischs im vorgenannten Bereich liege. D11 beschreibe aber keine Gemische von Polyester polyolen mit Weichschaumstoff-Polyetherpolyolen gemäß Komponente bi) des Streitpatents. Zudem sei nur in Beispiel 7 ein Gemisch aus Polyester polyol und Polyetherpolyol verwendet worden, letzteres sei allerdings ein mit Saccharose (Sucrose) gestarteter PO-Polyether mit OHZ 490 gewesen, d.h. ein hoch verzweigter, kurzkettiger Hartschaumpolyether. Daher wurde die Neuheit auch gegenüber D11 anerkannt.

(6) Weitere Neuheitseinwände (gegen den geänderten Antrag) seien in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben worden.

(7) Zur erfinderischen Tätigkeit seien D1, D4 und D11 als mögliche nächstliegende Druckschriften genannt worden (Begründung Nr. 7.1). Jedoch spreche keine dieser Druck schriften die gemäß Streitpatent zu lösende Aufgabe an, die auf die Herstellung von Hartschaumstoffen auf Iso cyanatbasis mit gleichzeitig hoher Temperaturstabilität, niedriger Wärmeleitfähigkeit und geringer Sprödigkeit bei hoher Temperatur gerichtet sei. Die Herstellung der Schäume sollte mit üblicher Technologie ohne umwelt schädliche Treibmittel möglich sein. Ziel seien dabei Hartschaumstoffe für Isolierzwecke von Fernwärmerohren mit einer hohen Dauertemperaturfestigkeit über mehr als 10 Jahre bei 180ºC gewesen ([0005]).

(8) Wie schon zur Neuheit festgestellt worden sei, unterschieden sich D1 und D11 vom Streitpatent in der Polyetherpolyol-Komponente. Das im Streitpatent verwendete Polyolgemisch beruhe auf einem typischen Weichschaum-Polyetherpolyol (Komponente bi)) und einem Polyesterpolyol (Komponente bii)). Solche Gemische als mögliche Polyolkomponente für Hartschaumstoffe einzusetzen, sei jedoch weder in D1 noch in D11 vorgeschlagen oder auch nur angedeutet worden.

(9) In Beispiel 3 von D4 werde zwar ein solches Gemisch aus 28 Teilen Polyesterpolyol (OHZ 370) und 14,2 Teilen eines mit Glycerin gestarteten Polyetherpolyols (OHZ 35; Ft 3) eingesetzt, jedoch unterscheide sich D4 vom Streitpatent durch die Verwendung anderer Treibmittel, nämlich die Verwendung chlorierter KW anstelle der im Streitpatent eingesetzten KW und/oder FKW.

(10) Zur Aufgabe und Lösung führte die Streitentscheidung in Nr. 7.2 der Begründung aus, wie schon festgestellt worden sei (Abschnitt III (7), oben), habe die gegenüber D1 (und D11, vgl. Abschnitt III (13), unten) zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung von Hartschäume guter Wärmestabilität, geringer WLF und geringer Sprödigkeit gelegen. Nun unterschieden sich die [Beispiele 3 und 6] gemäß Tabelle auf [Seite 7] in der Funktionalität der verwendeten Polyetherpolyole. Während das in [Beispiel 3] eingesetzte Polyetherpolyol 2a mit Ft 3, OHZ 35 und EO-Endblöcken unter Anspruch 1 (Ft 2,5 ... 3,5; OHZ 10 ... 100) falle, gelte dies für das in [Beispiel 6] verwendete Polyetherdiol 2d (OHZ 55, Ft 2) nicht. Dieses Diol komme aber dem Stand der Technik gemäß D1 (Beispiele 4 und 5) sehr nahe. Zwar wiesen die angegebenen Eigenschaften Rohdichte, Sprödigkeit und Struktur der Schäume in den [Beispielen 3 und 6] laut [Tabelle] keine Unterschiede auf, jedoch zeigten die mit Schreiben der Patent inhaberin vom 12.4.2006 [sic] (siehe die Eingabe vom 4. Oktober 2006) ergänzten Messdaten zu diesen [Beispielen] deutliche Unterschiede in der Wärme beständigkeit (vgl. [0049]) auf. So hätte die Probe von [Beispiel 6] nach dem Flaschentest, wie er auch in den [Beispielen 7 bis 10] und in der zweiten [Tabelle] beschrieben ist, deutliche Risse gezeigt und sei teilweise zerfallen, wohingegen die von [Beispiel 3] den Test unverändert überstanden hätte. Diese Ergebnisse belegten nach Ansicht der Einspruchsabteilung die verbesserte Wärmestabilität der Schaumstoffrezepturen gemäß den geltenden Ansprüchen gegenüber denen gemäß D1.

(11) Nicht akzeptiert wurde das Argument der E-01, die Ergebnisse des Flaschentests hätten nicht als Beleg für die Lösung der Aufgabe herangezogen werden dürfen, da sich die Polyetherpolyole sowohl in der Art ihrer Endgruppen (Polyol 2a: EO; 2d: PO) und damit ihrer Reaktivität (2d < 2a) wie auch in ihrer Viskosität unterschieden hätten, wodurch die Ergebnisse des Flaschentest beeinflusst worden wären.

(12) Die Einspruchsabteilung hielt dem entgegen, dass in PUR-Formulierungen unterschiedliche Reaktivitäten einzelner Komponenten zweitrangig seien, da die Gesamt reaktivität in erster Linie durch die Katalyse gesteuert werde. Die sei aber in beiden Beispielen vergleichbar gewesen, wie die Startzeit, Abbindezeit und Steigzeit gezeigt hätten. Auch sei nicht glaubhaft, dass sich die unterschiedliche Viskosität in einer Rezeptur mit ca. 18 Gew.-% c-C5 als Treibmittel signifikant auswirke. Daher wurden die vorgelegten Daten zur Wärmestabilität als aussagekräftig und als Beleg für die Lösung der relevanten technischen Aufgabe geeignet angesehen.

(13) Auch gegenüber D11 ist nach Ansicht der Einspruchs abteilung gezeigt worden, dass die o.g. Aufgabe gelöst worden ist. So sei in [Beispiel 3] (unter Verwendung des Polyetherpolyols 2a) das erhaltene Produkt verformbar gewesen, wohingegen in [Vergleichsbeispiel 2] das mit dem Polyol 3 (PO-Addukt an Sorbit mit einer OHZ von 495) hergestellte Produkt als "sehr leicht pulverisierbar" bezeichnet worden sei. Dieses Vergleichsprodukt wurde als dem Beispiel 7 von D11 vergleichbar eingeschätzt, das als Polyetherpolyol ein PO/Saccharose-Addukt mit einer OHZ von 490 enthielt. Die so gezeigte geringere Sprödigkeit der erfindungsgemäßen Hartschaumstoffe könne in Kombination mit der im Flaschentest gezeigten Wärme stabilität als Hinweis angesehen werden, dass die Aufgabe gegenüber D11 gelöst worden sei.

(14) In beiden Fällen konnte daher nach Ansicht der Einspruchsabteilung die gestellte Aufgabe als gelöst angesehen werden. Da D1 bzw. D11 weder die Wärme stabilität von Hartschaumstoffrezepturen angesprochen, noch einen Lösungsweg dafür auch nur ansatzweise in Betracht gezogen hätten, könne die Lösung zudem als nicht nahegelegt betrachtet werden (Begründung Nr. 7.3).

(15) Auf D4, dessen Beispiel 3 sich vom Patentgegenstand nur durch die Verwendung eines FCK (R11) unterscheide, und der obigen Formulierung der Aufgabe basierend wurden in der Streitentscheidung zunächst die Argumente der E-02 referiert. So habe diese vorgetragen, dass anfangs der neunziger Jahre das Protokoll von Montreal die Reduktion von Treibmitteln mit Ozonschädigungs- und Treibhauspotenzial verlangt habe und es daher ein Gebot der Stunde gewesen sei, FCK durch andere alternative Treibmittel zu ersetzen. Wie aus D15 bis D17 ersichtlich, sei die Verwendung niedrigsiedender KW wie C5 und c-C5 als Ersatz für die bis dahin üblicherweise verwendeten FCK somit zum Prioritätszeit punkt des Streitpatents ein gängiges Anliegen bei den Herstellern von Hartschaum stoffen für Isolationszwecke gewesen. Dieser Ersatz sei daher naheliegend gewesen.

Die Tabelle auf [Seite 9] mit Versuchsergebnissen zur WFB der in [Vergleichsbeispiel 11] mit R11 bzw. den [Beispielen 12 bis 14a] mit c-C5 bzw. HFC 245fa als Treibmittel erhaltenen Schaumstoffe, die im Flaschentest bei 200ºC bzw. 220ºC erhalten worden waren, zeigten zwar gegenüber dem im Vergleichsbeispiel erhaltenen und im Test zerstörten Schaum eine bessere Formbeständigkeit der mit c-C5 erhaltenen Schäume (kaum Risse und geringe Verfärbung), diese Verbesserung sei aber als Bonuseffekt zu werten, denn der Fachmann habe ja keine andere Möglichkeit gehabt, als die FCK durch weniger umwelt schädigende Alternativen zu ersetzen (z.B. KW).

(16) Nach Ansicht der Einspruchsabteilung hätte es sich um einen Bonuseffekt gehandelt, wenn die zusätzliche Wirkung des Ersatzes der FCK, die verbesserte WFB und Temperaturbeständigkeit der c-C5 getriebenen Schaum stoffe aufgrund des Standes der Technik zu erwarten gewesen wäre. Dies war aber nach ihrer Ansicht nicht der Fall, denn keinem der zitierten Dokumente (weder als einzelnes, noch in Kombination miteinander) sei zu entnehmen, dass dieser Ersatz die WFB bzw. Temperatur stabilität von PUR/PIR-Hartschaumstoffen verbessert würde. Außerdem habe die Verwendung von KW-Treibmitteln nicht die einzige Alternative für den Ersatz von FCK angesehen werden können. Folglich habe auch keine Einbahnstraßensituation bestanden.

(17) Die relevante Aufgabe sei also gelöst worden. Da zudem die zusätzliche Wirkung unvorhergesehen gewesen sei, liege erfinderische Tätigkeit vor.

IV. Gegen diese Entscheidung erhob die Einsprechende E-01 am 17. März 2007 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde. Ihre BeschwB ging am 19. Mai 2007 ein.

(1) In ihrer BeschwB nannte die Beschwerdeführerin weitere drei Entgegenhaltung

| D18 |G. Gabrysch et al., "PU-Systems|

| |for Pipe Insulation; Changes an|

| |d Improvements Through The Use |

| |of Alternate Blowing Agents Ope|

| |n New Technical Applications an|

| | New Markets", Proceedings of P|

| |olyurethanes Expo '96, 20.-23. |

| |Oktober 1996, Las Vegas, Seiten|

| | 473 bis 478 |

| | |

| D19 |G. Heilig, R.E. Wiedermann, "Pe|

| |ntane Blown Poly urethane Rigid|

| | Foams for Construction", Journ|

| |al of Cellular Plastics, 1994; |

| |30; Seiten 509 bis 521 |

| | |

| D20 |R. Tabor et al., "The Effect of|

| |Polyol Functionality on Water B|

| |lown Rigid Foams", Journal of C|

| |ellular Plastics, 1997; 33; Sei|

| |ten 372 bis 399 |

| | |

(2) Außerdem hielt sie unter Hinweis auf die Breite von Anspruch 1, vor allem bezüglich der Polyether- und Poly esterpolyole ("The range of polyether polyols and polyester polyols in claim 1 is so broad that any reasonable composition would necessarily fall within it."; BeschwB, Seite 3, Zeile 25 und 26), ihren Neuheitseinwand gegen den Gegenstand dieses Anspruchs auf Grundlage von D17, einem Gegenstück zu D11 (Abschnitt II (3), oben) in Englisch, aufrecht und verwies auf diverse Passagen auf den Seiten 7 bis 12 und 14 sowie auf Beispiel 7 von D17, deren Inhalte miteinander kombiniert den beanspruchten Gegenstand ihrer Ansicht nach vorwegnahmen (BeschwB, Seite 2, letzter Absatz und Seite 3).

Zum Beispiel verwies die Beschwerdeführerin zu den Merkmalen Ft und OHZ der Polyetherpolyole auf die Seiten 7 und 10 von D17 (entsprechend den referierten Stellen in den Spalten 6 und 7 von D11; Abschnitt III (5), oben) und argumentierte, dass ein Polyetherpolyol mit einer OHZ < 100 gemäß Anspruch 1 ohnehin nur in einer Menge von 0,2 % enthalten sein müsse. Zudem stelle die Nennung einer Ft von 3 ... 6 an gleicher Stelle von D17 (bzw. D11) eine explizite Offenbarung der Funktionalität des Polyetherpolyols im fraglichen Anspruch 1 dar.

Eine Kombination von c-C5 und Wasser als Treibmittel werde auf Seite 14, Zeilen 4 bis 8 von D17 offenbart (D11, Spalte 13, Zeilen 1 bis 5) und auch in Beispiel 7 verwendet. Der Fachmann verstünde bei der Kombination der Offenbarung von Beispiel 7 mit der auf Seite 7 von D17 (Ft betreffend), dass auch Polyole mit OHZ < 100 bei einer Funktionalität von 3, die dort explizit genannt sei, eingesetzt werden könnten.

Die Offenbarung von D17 (oder D11) könne so zusammen gefasst werden, dass sie alle Merkmale von Anspruch 1 in einer Weise offenbare, dass dadurch der Schaum von Anspruch 1 dem Fachmann verfügbar gemacht worden sei.

(3) Zur erfinderischen Tätigkeit argumentierte die Beschwerdeführerin, dass Anspruch 1 weder gegenüber der Kombination von D4 mit D18, D19 und D15, noch gegenüber der von D1 mit D20 etwas Erfinderisches enthalte.

(4) Als nächstliegenden Teil der Druckschrift D4, die ohnehin der nächstliegende Stand der Technik sei, sah die Beschwerdeführerin deren Beispiel 3 an. Dieses Beispiel offenbare, abgesehen von seinem Treibmittel, einem FCK, alle Merkmale von Anspruch 1. Insbesondere verwies die Beschwerdeführerin auf die Verwendung eines Polyetherpolyols, welches auf Glycerin basiere und eine OHZ von 35 besitze, zur Herstellung eines Hartschaums.

Davon ausgehend liege die Lösung der gestellten Aufgabe im Einsatz eines KWs und/oder FKWs in einem Menge von 5 bis 30 Masse-% als Treibmittel. Diese Lösung sei nicht erfinderisch, denn es sei naheliegend gewesen, durch den Einsatz eines KWs oder eines FKWs anstelle des FCKs mit guter Aussicht auf Erfolg zu versuchen, einen Hartschaum zu erzeugen. Die Bereitstellung des beanspruchten Hart schaums mit gleichzeitig hoher thermischer Stabilität, niedriger WLF und niedriger Sprödigkeit bei hoher Temperatur stelle allenfalls einen unerwarteten Bonuseffekt dar. Zur Stützung dieser Argumentation verwies die Beschwerdeführerin auf zwei im ABl. EPA nicht veröffentlichte Entscheidungen, T 231/97 vom 21. März 2000 und T 506/92 vom 3. August 1995. Es sei daraus klar, dass sich die Frage stellte, ob der Fachmann die erforderliche Lösung gewählt hätte. Dabei sei keineswegs erforderlich gewesen, dass dies die einzige Lösung gewesen wäre, die der Fachmann hätte durchführen können, zumindest solange zumindest ein Teil der Aufgabe gelöst worden wäre. Außerdem sei der Einsatz inerter Gase (außer KW oder CO2) oder von Wasser als alleinige Treibmittel nie eine realistische Option für die Herstellung von Hartschäumen gewesen, zumal CO2 bekanntermaßen sehr schnell aus der Schaummatrix ausdiffundiere. Deshalb würde der Fachmann, der einen Hartschaum herstellen wolle, ohne das Gesetz zu verletzen, KW oder FKW als naheliegende alternative Treibmittel einzusetzen versuchen (BeschwB, Seite 4 und Seite 5, Absätze 1 und 2).

(5) Selbst wenn die Erreichung einer verbesserten Wärme stabilität zur erfinderischen Tätigkeit beitragen könnte, was die Beschwerdeführerin in Abrede stellte, wäre eine solche Verbesserung im Hinblick auf D18 naheliegend, denn gemäß D18 verbessere die Verwendung eines Treibmittels, das kein FCK ist ("a non-CFC blowing agent"), die Hitzestabilität eines Schaums. Daher sei D18 hinsichtlich des technischen Effekts, auf den die Einspruchsabteilung ihre Ansicht gestützt habe, dass der Anspruch erfinderisch sei, prima facie relevant.

D18 betreffe PUR-Systeme zur Rohrisolierung. Zudem sei darin erwähnt, dass R11 ein Weichmacher sei. Dessen Wirkung führe aber zur Erweichung des Schaums bei höherer Temperatur und damit zur Verminderung der thermomechanischen Stabilität des Materials (Seite 474). Außerdem sei R11 als Gas weniger stabil als alternative Treibmittel wie C5, es zersetze sich nämlich bei über 140ºC in Substanzen, die ebenfalls die thermische Stabilität des Schaums beeinträchtigten. In Spalte 2, Absatz 3 von D18 werde angedeutet, dass hinsichtlich der thermischen Stabilität alle alternativen Treibmittel signifikante Vorteile im Vergleich zu FCK oder FCKW zeigten. Daher sei dem Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents wohl bekannt gewesen, dass die Verwendung eines anderen Treibmittels als FCK die thermische Stabilität verbessern würde. D18 verweise speziell auf c-C5, n-C5 und CO2.

Außerdem sei bekannt, dass C5 im Bezug auf das Erreichen einer niedrigen WLF das am besten geeignete Treibmittel sei. So werde C5 in D19 auf lange Sicht als Lösung für das FCK-Problem gesehen. Dort werde auch erwähnt, dass C5 auch für geschäumte Rohrverkleidungen als geeignet angesehen werde. Überdies empfehle D15 c-C5 als umwelt schonendes Treibmittel für Schäume mit niedriger WLF.

(6) Alternativ sah die Beschwerdeführerin D1 als nächst liegenden Stand der Technik an, in dem in einigen Beispielen Formulierungen offenbart seien, die ein Poly esterpolyol in Kombination mit einem difunktionellen Polyetherpolyol mit eine OHZ < 100 enthielten. In anderen Beispielen sei das Polyesterpolyol zusammen mit einem Polyethermonool verwendet worden. Gemäß Spalte 5, Zeilen 12 bis 34 könnten Polyetherpolyole mit Ft 2 ... 8, vorzugsweise von 3 ... 8, gemeinsam mit den Polyester polyolen und den Monoolen verwendet werden. Daher wäre der Fachmann motiviert, in einem der Beispiele 6 oder 7 ein Polyetherpolyol mitzuverwenden ("Such polyols have a functionality of from 2 to 8, preferably from 3 to 8. Therefore, the skilled person would be motivated to include a polyether polyol with one of the examples 6 or 7"). Die Offenbarung von D1 unterscheide sich von Anspruch 1 also nur dadurch, dass dort nicht explizit offenbart sei, welches Polyetherpolyol eingesetzt werden sollte (SGA, 2. Hälfte der Seite 6 sowie Seite 7).

(7) Dann wiederholte die Beschwerdeführerin ihre bereits in der Streitentscheidung abgehandelten Argumente, weshalb ihrer Ansicht nach die Einspruchsabteilung die nachgereichten Beispiele der Patentinhaberin mit dem Flaschentest (vgl. Abschnitt II (2), oben) nicht als Beleg für einen technischen Effekt hätte anerkennen dürfen (Abschnitte III (11) und III (12), oben). Es sei nicht nachgewiesen worden, dass die unterschiedliche Wärmestabilität der Schäume auf dem Ft-Unterschied der Polyole in den Beispielen beruhte. Deshalb könne ein Ft-Unterschied nicht als Kriterium für eine Erhöhung der Thermostabilität gelten.

(8) Die zu lösende technische Aufgabe gegenüber D1 habe allenfalls in der Bereitstellung einer alternativen Schaum-Zusammensetzung bestehen können. Die Lösung habe im Einsatz eines Polyetherpolyols mit Ft 2,5 ... 3,5 und OHZ 10 ... 100 bestanden. Nachdem sich ein Zusammenhang zwischen OHZ und Polyetherpolyolen nur in den Beispielen von D1 finde und dort stets solche mit OHZ < 100 verwendet worden seien, hätte der Fachmann dem entnommen, dass ein Polyol mit einer OHZ < 100 zu verwenden sei. Zudem lasse die Beschreibung von D1 erkennen, dass Polyole mit Ft 3 ... 8 bevorzugt seien, obgleich in den Beispielen solche mit Ft 2 eingesetzt wurden. Schon im Hinblick auf D1 allein würde der Fachmann daher als Polyetherpolyol ein Polyol mit Ft 3 und OHZ < 100 auswählen (BeschwB, Seite 7, Absätze 3 und 4).

(9) Sofern aber ein technischer Effekt anerkannt würde, der auf dem Ft-Unterschied zwischen 2 und 3 beruhte, so sei dies dem Fachmann aber bekannt gewesen. Dies habe er aus D20 entnehmen können, auch wenn D20 die Wirkung der Funktionalität in wassergetriebenen Hartschäume betreffe. Gemäß D20, Abbildung 5 (Seite 379) und Seite 382 sei die Dimensions stabilität eines Schaums mit einem Diol im Vergleich zu einem mit trifunktionellem Polyol viel schlechter. Dies gelte auch für gealterten Schaum, also für seine Thermostabilität. Da in D1 nur Polyether polyole mit OHZ < 100 eingesetzt worden seien, zöge der Fachmann nur ein solches Polyol in Betracht und wählte unter diesen zur Verbesserung der Thermostabilität des Schaums gemäß D20 ein Polyether polyol mit Ft 3.

V. In der BeschwE vom 28. November 2007 widersprach die Beschwerdegegnerin diesem Vortrag, beantragte, die neu genannten Entgegenhaltungen wegen fehlender Relevanz nicht ins Verfahren einzuführen, und legte einen neuen Flaschentest vor, um zu zeigen, dass beim Ersatz von R11 keine Einbahnstraßensituation vorgelegen habe.

(1) Zur Neuheit gegenüber D17 trug sie vor, D17 sei inhaltsgleich zur Druckschrift D11, deren Inhalt im Einspruchsverfahren und in der Streitentscheidung (Nr. 6.2 der Begründung; Abschnitt III (5), oben) ausführlich behandelt worden sei. Außerdem habe die Beschwerde führerin nur die im Einspruch vorgebrachten Argumente wiederholt und versucht, den Streitgegenstand rückschauend in die Offenbarung von D11 hineinzulesen.

(2) Dann ging die Beschwerdegegnerin auf beide Argumen tationslinien der Beschwerdeführerin zur erfinderischen Tätigkeit ein (BeschwE, Seite 2, ab Zeile 16).

(3) Zu deren Argumentation auf Basis von D4 trug die Beschwerdegegnerin vor, dass diese Druckschrift ein spezielles Verfahren zur Herstellung von PIR-Schäumen mit hoher Flammfestigkeit beschreibe, nämlich ein Vorschäumverfahren. Von den Schaumrezepturen in D4, dabei verwies sie insbesondere auf deren schon von der Beschwerdeführerin hervorgehobenes Beispiel 3, unterschieden sich die vom Streitpatent umfassten Zusammensetzungen durch das Treibmittel. Dort enthielten die Rezepturen R11 und entsprächen daher im Wesentlichen denen in den [Vergleichsbeispielen 7, 11 und 15], deren Schäume unzureichend temperaturstabil seien und "In D4 wird auch keinerlei Aussage zur Temperaturstabilität der so erhaltenen Schäume oder einer besonderen Eignung der Polyol mischung für die Herstellung temperaturstabiler Schaumstoffe getroffen" (BeschwE, Seite 2, Zeilen 25 bis 34).

(4) Zu D18 trug die Beschwerdegegnerin vor, darin werde ein sehr differenziertes Bild des Einflusses der Schaum rezeptur auf die Eigenschaften des Schaums gezeichnet. Unter anderem werde der Einfluss der Polyolkomponente auf die Schaumeigenschaften hervorgehoben. Immerhin befasse sich D18 noch mit der Rohrisolierung, einem Einsatzgebiet der im Streitpatent beanspruchten Schaum stoffe, jedoch werde "zu den Polyolen (Merkmale bi) and bii) unseres Anspruchs 1) lediglich ausgeführt:`If the polyol component to the blowing agents ... then foam properties are adequate' (Seite 474, Spalte 2, ganz unten) und 'With each blowing agent you will run into problems, if the polyol combination is not suitable' (Seite 475, erste Spalte, ganz oben)." (BeschwE, Seite 3, Absätze 1 und 2, i.V.m. Seite 1, vorletzter Absatz).

Für den Fachmann sei daher keineswegs vorhersehbar gewesen, dass die in D4 beschriebene Polyolkomponente bei Verwendung alternativer Treibmittel zu besonders temperaturstabilen Schäumen führen würde, zumal in D4 dazu keinerlei Aussage gemacht worden sei.

(5) Überdies habe beim Ersatz von R11 keine Einbahn straßensituation bestanden. Dies werde durch ihren neuen Flaschentest (Abschnitt V, oben) belegt.

(6) Zu D1 stellte die Beschwerdegegnerin heraus, dass dort kein Polyol beschrieben werde, das der in Anspruch 1 definierten Polyolkomponente bi) entspräche. Auch gehe es dort an keiner Stelle um die Verbesserung der Thermostabilität des Schaumstoffs. Vielmehr sollte die Dispergierung von KW-Treibmitteln in der Polyol komponente der Schaumrezeptur verbessert werden. Dazu seien in D1 Monoole als Dispergiermittel zugesetzt worden (vgl. Abschnitt III (4), oben). Im Vergleich zu Monoolen hätten die von der Beschwerdeführerin genannten difunktionellen Polyetheralkohole in den Vergleichs beispielen von D1 aber schlechtere Ergebnisse erbracht. "Der Fachmann hatte daher auch keinerlei Veranlassung, die in D1 offenbarten Schaumstoffe durch Ersatz der Diole durch die Polyetheralkohole bi) zu modifizieren, um zum Gegenstand unseres Anspruchs zu gelangen. Da bereits Diole im Vergleich zu Monoolen in D1 schlechtere Ergebnisse bringen, hatte der Fachmann nicht die geringste Veranlassung, die Monoole durch noch höherfunktionelle Polyetheralkohole zu ersetzen und so eine von der in D1 gestellten Aufgabe abweichende Aufgabe zu lösen." (BeschwE, Seite 3, vorletzter Absatz).

(7) Dem Argument der Beschwerdeführerin, im Hinblick auf D20 sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, zur Verbesserung der Temperaturstabilität der Schaumstoffe Polyetheralkohole höherer Ft einzusetzen, widersprach die Beschwerdegegnerin mit dem Hinweis, dass in D20 ausschließlich wassergetriebene Schaumstoffe und an den angegebenen Stellen nur die Auswirkungen der Temperatur auf deren mechanischen Eigenschaften bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von 200ºF, 158ºF und 90ºC beschrieben seien. Bei dem Flaschentest zur Beurteilung der Langzeittemperaturstabilität werde die Prüfung jedoch bei deutlich höheren Temperaturen durchgeführt. Folglich habe der Fachmann keine Veranlassung gehabt, auf der Suche nach temperaturstabilen Hartschaumstoffen die Lehren von D1 und D20 zu kombinieren.

VI. Nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2010, die am 29. April 2010 ergangen war, kündigte die weitere Verfahrensbeteiligte E-02 in ihrem einzigen Schriftsatz (vom 5. Juli 2010) während dieses Beschwerdeverfahrens lediglich an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

VII. In einem weiteren Schriftsatz vom 14. Juli 2010 verwies die Beschwerdeführerin zusätzlich auf die Druckschrift D10 (Abschnitt II, oben), die bis dahin im Beschwerde verfahren weder genannt, noch diskutiert worden war. Gegenüber der Offenbarung dieser Druckschrift, vor allem in ihren Beispielen, sollte es dem Patentgegenstand an Neuheit bzw. an erfinderischer Tätigkeit fehlen. In ihrer Argumentation zu dieser Druckschrift führte die Beschwerdeführerin aus, dass Anspruch 1 des strittigen Patents nur verlange, dass das Polyether polyol mit den niedrigen OHZ zu >=0,2 Gew.-% enthalten sein müsste. Bei derartig niedrigem Gehalt könne eine Änderung der OHZ des Polyetherpolyols von 115 (dem laut Eingabe einzigen Unterschied der Beispiele 2, 3, 6 und 7 von D10 zum vorliegenden Anspruch 1) auf einen Wert von 100 allenfalls eine vernachlässigbare Verbesserung ergeben. Die zu lösende Aufgabe könne daher nur in der Bereit stellung eines weiteren Schaums gesehen werden (Seite 3, Absatz 2, Seite 4, Absätze 2 und 3 des Schriftsatzes).

VIII. Am Beginn der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2010 stellte die Kammer zunächst fest, dass E-02 gemäß ihrer Ankündigung (Abschnitt VI, oben) nicht erschienen war und die Verhandlung daher ohne sie durchgeführt werde.

(1) Dann wurde zunächst die Frage der Zulassung der erstmals in der BeschwB genannten Entgegenhaltungen D18 bis D20 und der Zulassung der erst im Schreiben vom 14.Juli 2010 benannten Druckschrift D10 (Abschnitt VII, oben) unter anderem im Hinblick auf Artikel 12(1) VOBK mit den Parteien erörtert, da ein Antrag der Beschwerde gegnerin vorlag, diese Entgegenhaltungen als verspätet bzw. als nicht relevant nicht ins Verfahren zuzulassen. Als Ergebnis der Diskussion über die Zulassung von D18 bis D20 zog die Beschwerdegegnerin ihren Antrag auf Nichtzulassung dieser drei Entgegenhaltungen zurück. Bezüglich D10 hielt sie ihren Antrag hingegen aufrecht.

(2) Als Argument für eine Zulassung von D10 machte die Beschwerdeführerin zunächst geltend, dass D10 bereits im Einspruchsschriftsatz der E-02 genannt war, anerkannte aber im Hinblick auf Artikel 12(1)a) VOBK, dass der Hinweis auf die Druckschrift im Beschwerdeverfahren erst sehr spät erfolgt war (Abschnitt VII, oben). Sie habe erst bei der Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung die besondere Relevanz der Druckschrift erkannt, die ihrer Ansicht nach die Neuheit des Streitgegenstands zerstöre. So offenbarten die Beispiele von D10 jeweils den Einsatz eines Polyetherpolyols vom unteren Ende des in Spalte 5 genannten OHZ-Bereichs, insbesondere sei ein Polyetherpolyol mit Ft 3 und OHZ 115 explizit genannt und überdies werde in Spalte 5 sogar angegeben, dass die Grenze der OHZ von 100 unterschritten werden könne, sofern die gemittelte OHZ des Gemisches der Hydroxyl komponente im Bereich von 100 ... 850 liege. Insoweit seien die Beispiele von D10 deutlich näher als die Beispiele in D11 und erfüllten zusammen mit Spalte 5 die Kriterien für fehlende Neuheit gemäß T 332/87 vom 23. November 1990 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

(3) Dieser Darstellung widersprach die Beschwerdegegnerin und wies darauf hin, dass die Druckschrift D10 trotz ihrer Nennung im Einspruchsschriftsatz der E-02 während des gesamten Einspruchsverfahrens keine Rolle gespielt habe und dass die erneute Nennung nun im Beschwerde verfahren erst extrem spät, nämlich erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung erfolgt sei. Die geltend gemachte Relevanz der Druckschrift verneinte sie unter Hinweis auf die sehr breiten Definitionsbereiche der Polyhydroxyverbindungen in D10 (Ft 2 ... 8, vorzugsweise 3 ... 8, OHZ 100 ... 850, vorzugsweise 120 ... 770). Zudem seien die Polyetherpolyole innerhalb der Aufzählung solcher Verbindungen nur als eine von vielen Möglich keiten genannt. Folglich müsste eine Auswahl mehrerer Merkmale aus verschiedenen Listen erfolgen. So fehle jede Offenbarung der Polyetherpolyol-Komponente bi) von Anspruch 1, die durch eine Kombination enger Ft- und OHZ-Bereiche definiert sei. Folglich werde der Einwand fehlender Neuheit von D10 nicht gestützt. Überdies sei D10 nicht relevanter als D11, da sie keine neuen über die Lehre von D11 hinausgehende Erkenntnisse liefere.

(4) Als Ergebnis dieser Diskussion verkündete die Kammer nach Beratung, D10 werde nicht ins Verfahren eingeführt.

(5) Direkt im Anschluss daran zog die Beschwerdeführerin ihren Neuheitseinwand zurück.

(6) Daraufhin erhielten die beiden anwesenden Parteien Gelegenheit, ihre Argumente zum Einwand mangelnder erfinderische Tätigkeit vorzutragen. Die entscheidungs erheblichen Argumente zur erfinderischen Tätigkeit beider Parteien lassen sich wie folgt zusammenfassen.

(7) Die Beschwerdeführerin begann ihren Vortrag mit Bemerkungen über die Breite von Anspruch 1 und stellte dabei besonders heraus, dass Anspruch 1 einen Gehalt der Komponente bi) von nur 0,2 Masse-% verlange, den der Fachmann als geringfügig ansähe, zumal nicht einmal klar sei, dass eine so geringe Menge überhaupt die Eigen schaften des Schaums merklich beeinflusse. Da zudem nur 5 Masse-% der Komponente bii) enthalten sein müssten, könnten jedwede andere Arten von Polyetherpolyolen, wie sie in [0026] beschrieben seien, z.B. difunktionelle, bis zu 94,8 Gew.-% der Polyol-Komponente b) ausmachen. Dies bedeute einen enormen Umfang des Anspruchs, so dass "almost absolutely any polyurethane at all" darunter falle. Dabei stellte die Beschwerdeführerin die Ergebnisse der vorliegenden Beispielen nicht in Frage, in denen ein gewisser Unterschied zwischen solchen mit den vorherigen FCK bzw. FCKW und solchen mit einem KW oder FKW gezeigt worden sei. Es sei dabei auch geltend gemacht worden, dass zur Erreichung der Verbesserungen speziell zugeschnittene Polymere eingesetzt werden müssten. Der Umfang des Anspruchs entspreche aber nicht dem Umfang der durch die Beispiele belegten Ergebnisse spezieller Polymere, sondern gehe weit darüber hinaus. Es sei nicht glaubhaft, dass die geltend gemachten Verbesserungen, d.h. die spezielle Kombination von Merkmalen, die laut [0011] erreicht werden soll, im gesamten Umfang des Anspruchs allein durch den Ersatz eines FCK durch einen KW tatsächlich erzielt würden.

(8) Die Druckschrift D4, der nächstliegende Stand der Technik, betreffe dasselbe technische Gebiet und beschreibe einen Hartschaum mit guten Eigenschaften, wie geringer Sprödigkeit und geringer WLF. In den Beispielen seien überdies Festigkeitsparameter wie Druckfestigkeit, Biegefestigkeit und Dimensionsstabilität angegeben.

Insbesondere verwies die Beschwerdeführerin auf Beispiel 3 der Druckschrift, das, abgesehen von der Verwendung des FCKs R11 als Treibmittel, unter die Angaben in Anspruch 1 falle. Nun sei man zum Prioritäts zeitpunkt ohnehin gesetzlich gezwungen gewesen, zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit der Schaum rezepturen umweltschädliche Treibmittel (FCK) durch alternative Treibmittel wie KW oder FKW und Wasser zu ersetzen. Der grundlegenden Schritt zum Streitgegenstand habe in dieser "straight substitution" bestanden.

(9) Wenn es notwendig wäre zu zeigen, dass die Thermo stabilität eine zusätzliche Aufgabe darstellte, so sei auf D18 zu verweisen, worin eine allgemeine Lehre zum Ersatz von FCKW und FCK durch alternative Treibmittel wie z.B. KW und gegebenenfalls Wasser in PUR-Schaum rezepturen gegeben werde. Darin werde auf Vorteile, aber auch gewisse Probleme der zu ersetzenden FCKW und FCK, etwa von R11, hingewiesen. Insbesondere sei da dessen weichmachende Wirkung zu nennen, die die thermo mechanische Stabilität des Schaums gefährde. Zudem seien die alten Treibmittel in gasförmiger Form bei hoher Temperatur weniger stabil als die alternativen Treib mittel, wozu vor allem C5 zu zählen sei. Folglich habe es nahegelegen, das R11/?Wasser-Gemisch in D4 durch ein KW/Wasser-Gemisch zu ersetzen und dabei nicht nur die Umweltverträglichkeit zu verbessern, sondern zudem auch Probleme mit der Thermostabilität zu beseitigen.

Was eine andere geltend gemachte Eigenschaft angehe, die geringe Sprödigkeit, so führte die Beschwerdeführerin aus, dazu sei aus den [Beispielen] nichts zu entnehmen, vor allem nicht dass die beanspruchten Schäume bei hohen Temperaturen geringe Sprödigkeit aufwiesen.

(10) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei ein technischer Effekt (verbesserte Thermostabilität) nur im schmalen Bereich der [Beispiele] mit speziellen Polyol-Kombinationen gezeigt worden, nicht aber für den viel breiteren Umfang von Anspruch 1. Er sei also zu breit.

(11) Wenn aber anerkannt würde, dass dieser Effekt für den breiten Bereich des Anspruchs gültig sei, so sei festzuhalten, dass ohnehin die gesetzliche Notwendigkeit bestanden habe, die FCK bzw. FCKW in den Rezepturen gemäß D4 zu ersetzen. Zusätzlich habe dann D18 noch den Hinweis gegeben, dass bei diesem Ersatz ("straight substitution") der Treibmittel durch die alternativen Treibmittel, wie etwa KW, mit einer Verbesserung der Thermostabilität des Schaums habe gerechnet werden können. Im Lichte von D18 habe daher auch im Hinblick auf die Frage der Thermostabilität die entsprechende Modifikation der Vorgehensweise aus D4 nahegelegen.

(12) In einer zweiten Argumentation ging die Beschwerde führerin dann von D11/D17 als nächstliegendem Stand der Technik aus. Darin sei die Rezeptur zur Herstellung von PUR-Hartschaumstoff mit reduzierter WLF mit einem Gemisch aus c-C5 und/oder Cyclohexan mit Wasser aufgeschäumt worden. Insbesondere in Beispiel 7 sei auch ein Gemisch eines Polyesterpolyols mit Polyetherpolyolen eingesetzt worden, allerdings keines mit einer OHZ < 100. Alle anderen Merkmale des Streitpatents seien erfüllt. Auf Seite 7 von D17, Absätze 2 und 3 (die D11, Spalte 6, Zeile 48 bis Spalte 7, Zeile 4 entsprechen), sei zudem angegeben, dass auch Polyhydroxyverbindungen mit OHZ < 100 mitverwendet werden könnten, solange das Gemisch eine mittlere OHZ im Bereich von 100 ... 850 besitze. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin gibt diese Passage einen eindeutigen Hinweis für die Auswahl eines entsprechenden Polyetherpolyols im Gemisch mit dem Polyesterpolyol.

Da für die untere Grenze der geforderten Menge des Polyols bi) von 0,2 Masse-% nicht nachgewiesen worden sei, dass dort die geltend gemachten Eigenschaften erzielt worden seien, sei davon auszugehen, dass sich ein solches Produkt am unteren Ende des beanspruchten Bereichs hinsichtlich der thermischen Eigenschaften von Produkten des Standes der Technik, wie es in Beispiel 7 von D11/D17 beschrieben ist, nicht unterscheiden könne. Die Aufgabe könne deshalb also nur in der Bereitstellung eines alternativen Schaums gesehen werden und die Lösung dieser Aufgabe sei im Hinblick auf die oben zitierte Passage auf Seite 7 von D17 absolut naheliegend. Folglich enthalte Anspruch 1 nichts Erfinderisches, er sei vielmehr "rather meaningless" und rein spekulativ.

(13) Die Beschwerdegegnerin widersprach diesem Vortrag in seiner Gesamtheit. So enthalte D4 nichts zu den in den Absätzen [0010] und [0011] formulierten Aufgaben, d.h. D4 enthalte nichts, was die zu lösende Aufgabe des Schaums betreffe, nämlich die vorteilhaften Hoch temperatur eigen schaften des Schaums oder gar deren Beibehaltung über lange Zeiträume. So sei in D4 der Schaum nie "gequält" worden. Außerdem betreffe D4 eine ganz besondere Verarbeitungsform, nämlich ein "Froth"- (Vorschäum-) Verfahren (vgl. Abschnitt V (3), oben), bei dem der Rezeptur neben dem eigentlichen Treibmittel, das erst bei der Reaktionstemperatur während der Reaktion zum PUR verdampfe und somit aktiv werde (in D4, das R11), noch ein zweites sehr niedrig siedendes Treibmittel zugesetzt werde, das bereits bei Raumtemperatur siede, um durch eine Vorverschäumung der vorher flüssigen Reaktions mischung die Fließfähigkeit der Reaktions mischung für ihre Applikation herabzusetzen. Allerdings mache gerade ihre reduzierte Fließfähigkeit eine solche vorgeschäumte Rezepturmischung insbesondere für die Herstellung von Isolationen an Rohren für sehr heiße Medien eher ungeeignet, für deren Herstellung gerade eine gute Fließfähigkeit notwendig sei. In Anbetracht dieser Unterschiede ziehe der Fachmann D4 zur Lösung der vorliegenden Aufgabe deshalb überhaupt nicht in Betracht.

(14) Zu D18 argumentierte die Beschwerdegegnerin, dass darin keineswegs die Lehre erteilt werde, dass bei einer gegebenen Rezeptur, die eine bestimmte Polyolkombination enthält, ein Treibmittel einfach durch ein anderes ersetzt werden könne und die Rezeptur dann trotzdem genau so funktioniere wie vorher. Dies könne z.B. dem Vergleich der Ergebnisse in den [Beispielen 11(v) und 12] entnommen werden. Während mit R11 ein Schaum erhalten worden sei, der im Flaschentest vollkommen versagt habe, habe sich der mit c-C5 praktisch nicht verändert. In D18 werde sogar gelehrt, dass beim Ersatz eines Treibmittels durch ein anderes auch die Eignung der Polyolkomponente für die Rezeptur genau untersucht und an die neuen Gegebenheiten angepasst werden müsse.

(15) Im Hinblick auf die Argumente der Beschwerdeführerin zu D17/D11 trug die Beschwerdegegnerin vor, dass das Polyetherpolyol der Komponente bi) in Anspruch 1 durch die Kombination zweier Parameter definiert sei, Ft 2,5 ... 3,6, und OHZ 10 ... 100, und zudem in Kombination mit dem Polyesterpolyol bii) eingesetzt werde. Die allgemeine Beschreibung der Entgegenhaltung hingegen verweise auf Seite 7, Absatz 2, nur auf Polyhydroxylverbindungen mit FT 2 ... 8 und OHZ 100 ... 850. Auch in Absatz 3, in dem OHZ <100 erwähnt würden, sei speziell von Kombinationen von Polyetherpolyolen und einem Polyesterpolyol nicht die Rede. Nur in Beispiel 7 sei eine Kombination von Polyetherpolyolen und einem Polyesterpolyol eingesetzt worden, jedoch erfülle keines der dort eingesetzten Polyetherpolyole auch nur annähernd die Kriterien der Komponente bi) von Anspruch 1. Außerdem sei nirgends ein Hinweis auf Thermostabilität, wie sie dem Streitpatent zugrunde liegt, zu entnehmen.

(16) Darüber hinaus wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass die Behauptungen bezüglich der Breite der Ansprüche, z.B. dass bei Verwendung von 0,2 Masse-% der Komponente bi) das Produkt des Streitpatents identisch zu dem von D17 sein müsse, von der Beschwerdeführerin durch nichts substantiiert worden seien. Aus D17/D11 könne man keinen Hinweis entnehmen, mit dem man zum Patentgegenstand komme.

(17) Zum letzten Punkt der Beschwerdegegnerin bestätigte die Beschwerdeführerin, dass sie keine Beispiele vorgelegt hat. Jedoch sei der Streitgegenstand vollkommen offensichtlich ("entirely apparent") und könne somit nicht erfinderisch sein.

(18) Als die Parteien äußerten, sie beabsichtigten keine weiteren Äußerungen zur erfinderischen Tätigkeit, wurden die Anträge der Parteien verifiziert, die Debatte geschlossen und die Verhandlung zur Beratung der Kammer unterbrochen.

IX. Die Antragslage war zu diesem Zeitpunkt wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Frage der Zulassung der erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren erstmalig zitierten Druckschrift D10 zum Verfahren wurde, wie in den Abschnitten VIII (2) und VIII (3), oben, ausgeführt, in der mündlichen Verhandlung ausführlich diskutiert. Im Hinblick auf die Kriterien in Artikel 114(2) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 12(1) und 13(1) VOBK ist die Kammer im Lichte der von den Parteien vorgetragenen Argumente zum Schluss gelangt, D10 nicht zum Verfahren zuzulassen (siehe Abschnitt VIII (4), oben).

3. Nachdem D17 inhaltsgleich mit D11 ist, wird ihr Inhalt in dieser Entscheidung anhand der in der Verfahrens sprache abgefassten Druckschrift D11 behandelt (vgl. Abschnitt IV (2), Absatz 1, oben).

4. Hinsichtlich der substantiellen Änderungen der Ansprüche durch Einschränkung der Ansprüche 1 und 10 auf einen engeren Ft-Bereich des Polyertherpolyols bi) und einen engeren Bereich der Wassermenge c) (Abschnitte II (1) und III, oben) sieht die Kammer im Hinblick auf die Ansprüche 2 und 12 bzw. die Seite 3, Zeilen 13, 22 und 23 keinen Grund, von der Beurteilung der Sachlage hinsichtlich der Erfordernisse der Artikel 123(2) und 123(3) EPÜ durch die Einspruchsabteilung abzuweichen (Abschnitt III (2), oben).

5. Auch sieht die Kammer keine Notwendigkeit, die Frage der Neuheit zu behandeln, nachdem die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ihren Einwand fehlender Neuheit zurückgezogen hat (Abschnitt VIII (5), oben).

6. Aufgabe und Lösung

6.1 Das Streitpatent betrifft temperaturstabile Hartschaum stoffe auf Isocyanatbasis mit geringer Sprödigkeit und niedriger WLF, die ohne Verwendung von die Ozonschicht schädigenden Treibmitteln hergestellt werden ([0001]). Die geforderte Eigenschaft "temperaturstabil" ist in [0005] und [0011] weiter erläutert und wird gemäß den in [0047] bis [0051] (einschließlich der [Tabellen]) beschriebenen Methoden bestimmt. In [0002] und [0005] wird überdies besonders auf den Einsatz dieser Hartschaumstoffe als Wärmeisolationsmaterial, insbesondere für Rohre, die sehr heiße Medien führen, und auf die an solche Materialien gestellten Bedingungen hingewiesen, namentlich deren Dauertemperaturfestigkeit und sehr geringe WLF bei hohen Temperaturen. Zudem wird in [0009] und [0010] auch auf die diesbezüglichen Nachteile der Produkte des Standes der Technik sowie das Erfordernis guter Fließfähigkeit der für die Herstellung derartiger Schäume eingesetzten Reaktionsgemische, vor allem bei dem vorstehend genannten Einsatz, hingewiesen.

6.2 Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung ihren Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen den vorliegenden Patentgegenstand auf Basis zweier Argumentationslinien begründet (Abschnitte VIII (8) bis VIII (12), oben). Die erste ging von D4 als nächst liegendem Stand der Technik aus, die zweite von D11/D17 (Abschnitt 3, oben).

Die in ihrer BeschwB vorgetragene Argumentation auf Grundlage von D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D20 (Abschnitt IV (6), IV (8) und IV (9), oben) hat die Beschwerdeführerin hingegen nicht weiter verfolgt, nachdem ihren Argumenten zu diesen beiden Druckschriften in der BeschwE der Beschwerdegegnerin widersprochen worden war (Abschnitte V (6) und V (7), oben). Deshalb sieht die Kammer keine Notwendigkeit, nun ihrerseits noch auf diese Argumentation einzugehen.

6.3 Es ist daher zunächst zu entscheiden, ob D4 (siehe dazu auch die BeschwB, Abschnitte IV (3) bis IV (5), oben) oder D11 für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gemäß dem dafür im Verfahren vor dem EPA üblicherweise angewandten Aufgabe-Lösung-Ansatz als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten ist.

6.4 Die Druckschrift D4 beschreibt ein Herstellungsverfahren für PIR-Hartschäume mit hoher Flammwidrigkeit und guten physiko-mechanischen Eigenschaften aus nach dem Vor schäumverfahren bearbeitbaren Reaktionsgemischen mit gutem Fließ- und Steigvermögen (D4: Seite 1, Absatz 1). Wie die Beschwerdegegnerin darlegte, werden Vorschäum verfahren angewandt, damit die Reaktionsmischung beim Auftragen auf den Untergrund wegen ihrer durch das Vorverschäumen reduzierte Fließfähigkeit am Ablaufen von diesem Substrat möglichst gehindert wird (Abschnitte V (3) und VIII (13), oben). Zudem entsprächen die Rezepturen in D4 im Wesentlichen denen der [Vergleichs beispiele 7, 11 und 15], deren Schäume unzureichend temperaturstabil waren. Diesen Ausführungen wurde durch die Beschwerde führerin nicht widersprochen. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin würde der Fachmann schon aus diesen Gründen D4 überhaupt nicht in Betracht ziehen.

6.4.1 Dem vorgenannten Zweck entsprechend, wurde das Verfahren von D4 unter Verwendung nicht nur des Treibmittels CCl3F (R11), sondern auch des Zusatztreibmittels CCl2F2 (R12) (D4: Seite 3, Zeilen 1 bis 3) und von Wasser mittels sogenannter "Niederdruck- oder Hochdruckmaschinen" durchgeführt. Es stellte auch spezielle Anforderungen an die qualitative und quantitative Zusammensetzung des eingesetzten Komponentengemisches, um die oben genannten Eigenschaften und geringe Sprödigkeit des Schaumes (D4: Seite 2, Zeile 32) zu erreichen (D4: Seite 1, Absatz 1 und Seite 4, "Wesen der Erfindung", insbesondere Seite 4, Zeilen 13 bis 20 sowie Anspruch 1).

6.4.2 Wesentliche Eigenschaften der einzusetzenden Ausgangs materialien für das Polymer waren eine Ft von 2,0 ... 3,0 und eine Molmasse >1000 des verwendeten Polyether alkohols, die gute Verträglichkeit des in bestimmten Mengen mitverwendeten Polyesterpolyols mit dem Treibmittel R11, bestimmte Mengen an Natrium- bzw. Kaliumionen (Seite 4, Zeilen 21 bis 32) und ein bestimmtes Mengenverhältnis zwischen Isocyanat und dem Zusatztreibmittel R12 (CCl2F2). Letzteres wurde in den Mischkopf zudosiert und bewirkte, dass das Reaktions gemisch den Mischkopf der verwendeten Apparatur in vor geschäumter Form verließ. Dies wird durch alle Beispiele von D4 bestätigt, in denen stets beide Treibmittel, also R11 (Siedepunkt 24ºC) und R12 (das bei ?-30ºC siedet), eingesetzt wurden (vgl. Abschnitt VIII (13), oben; D4: Seite 6, Zeilen 21, 27 und 28; Seite 7, letzte Zeile, Seite 8, Zeile 6; Seite 9, Zeilen 10, 15 und 16; Seite 10, Zeilen 15 und 21; Seite 11, Zeilen 19 und 24).

6.4.3 So wurde in Beispiel 3 der Druckschrift, auf das die Beschwerdeführerin besonderen Bezug genommen hat und das analog Beispiel 2 von D4 durchgeführt wurde, R12 dem Mischkopf offenbar in einer Menge von 11,0 bis 12,0 %, bezogen auf die anderen Komponenten, zugeführt.

6.4.4 Als Eigenschaften der in den Beispielen von D4 erhaltenen Schaumstoffe sind die Rohdichte, die Druck festigkeit in Schäumrichtung, die Biegefestigkeit, die Dimensionsstabilität bei 90ºC, die WLF (ohne Temperatur angabe) und der K-Wert angegeben worden.

6.4.5 Wie die Beschwerdegegnerin dargelegt hat (Abschnitt V (3), oben), enthält D4 hingegen keinerlei Angaben zu den für die Produkte des Streitpatents geforderten und ausweislich der zu den [Beispielen] gehörenden [Tabellen] bzw. der dazu nachgelieferten experimentellen Daten (Abschnitt II (2), oben) durch diese Produkte erfindungs gemäß auch erreichten Eigen schaften niedriger WLF bei hoher Temperatur (z.B. 95ºC und nach Temperung) und vor allem guter WFB bei hohen Temperaturen (d.h. ohne merkliche Zerstörung des Schaums bei Lagerung über 4 Wochen bei 200ºC oder 2 Wochen bei 220ºC; vgl. [0005] und den Flaschentest gemäß [0049]).

6.4.6 Abgesehen von grundlegenden Unterschieden in der Ziel richtung der Verfahren und den Eigenschaftsangaben der Produkte des Streitpatents und von D4 (Abschnitte 6.4.4 und 6.4.5, oben), besteht der Unterschied zwischen der Lehre des Streitpatents und der Offenbarung von D4 also schon prima facie nicht nur, wie von der Beschwerde führerin in ihrer auf einer reinen Merkmalsanalyse beruhenden Argumentation (Abschnitte IV (4) und VIII (8), oben) vorgetragen, im einfachen Ersatz ("straight substitution") von R11 durch einen KW oder einen FKW. Vielmehr beschreibt D4 ein besonderes Herstellungs verfahren von Hartschaumstoffen, das auf genau aneinander angepassten Rezepturen des Reaktionsgemisches und Verfahrensmaßnahmen beruht. Zudem gibt es in D4 keinerlei Hinweise auf Erfordernisse an die Produkte bezüglich ihrer Langzeitstabilität bei hohen Temperatur belastungen. Diese Beurteilung wird nach Auffassung der Kammer auch nicht durch der Tatsache entkräftet, dass in der Polyolkomponente des Beispiels 3 von D4 ein Poly etherpolyol, das die in Anspruch 1 des Streitpatents geforderten Eigenschaften besitzt, zusammen mit einem Polyesterpolyol eingesetzt wurde.

6.4.7 Im Hinblick auf diese Feststellungen kann auch der ursprünglich auf die weitere Verfahrensbeteiligten/E-02 zurückgehende und von der Beschwerdeführerin in ihrer BeschwB wieder aufgegriffene Einwand außer Betracht bleiben, die gleichzeitige Erreichung der Eigenschaften hoher Thermostabilität, niedriger WLF und niedriger Sprödigkeit bei hoher Temperatur stelle im Hinblick auf die Lehre von D4 allenfalls einen unerwarteten Bonus effekt dar, der die Anerkennung erfinderischer Tätigkeit für den gesetzlich verlangten und daher naheliegenden Ersatz des R11 durch ein alternatives Treibmittel in der ansonsten unveränderten Rezeptur nicht stützen könne (vgl. die Abschnitte III (15), III (16) und IV (4), oben). Außerdem wurde der damals diskutierten Frage, ob eine Einbahnstraßensituation vorgelegen habe, nicht nur durch den zweiten Versuchsbericht der Beschwerdegegnerin (Abschnitte V und V (5), oben), sondern auch durch die Nennung von SF6 in D11 (Spalte 13, vorletzter Absatz) als geeignetes alternatives Treibmittel für die Herstellung von PUR-Hartschäumen der Boden entzogen.

6.5 Auch die zweite als nächst liegender Stand der Technik benannte Druckschrift D11 (die zunächst sogar als Grundlage eines Neuheitseinwandes gedient hatte, vgl. Abschnitt III (3), oben) beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von PUR-Hartschaumstoffen. Das Verfahren hatte das Ziel, die WLF von PUR-Hartschaumstoffen zu minimieren und dadurch den Energieverbrauch, z.B. in Kühlmöbeln, oder die Wärmeabgabe, z.B. von (Fern-) Heizungssystemen und Warmwasserspeichern durch Dämmelemente zu verringern (Spalte 3, Absatz 2).

6.5.1 Das Verfahren von D11 beruht auf der Kombination von (a) Polyisocyanaten, (b) "mindestens einer höher molekularen Verbindung mit mindestens 2 reaktiven H-Atomen" (in der dortigen Beschreibung auch als "Polyhydroxylverbindungen" bezeichnet) und gegebenenfalls (c) niedermolekularen Kettenverlängerungs- und/oder Vernetzungsmitteln, die in Gegenwart von Treibmitteln, Katalysatoren und gegebenen falls Zusatzstoffen umgesetzt werden, wobei die PUR-Hartschaumstoffe einen Gehalt von mindestens 32 Masse-% aromatischer Reste aufweisen, die in den Aufbau komponenten (a), (b) und/oder gegebenenfalls (c) gebundenen sind (Anspruch 1).

6.5.2 Ab Spalte 6, Zeile 48 beschreibt D11 die Polyhydroxyl verbindungen mit Ft = 2 ... 8, vorzugsweise 3 ... 8 und OHZ = 100 ... 850, vorzugsweise 120 ... 770. Auch Gemische verschiedener solcher Verbindungen können eingesetzt werden, auch solche, die einzelne Polyhydroxyl verbindungen mit OHZ <100 umfassen können, solange die Gemische insgesamt eine durchschnittliche OHZ von 10 ... 100 besitzen. Im Anschluss an geeignete Polyesterpolyole werden verschiedenen Typen von Polyetherpolyolen bzw. die zu ihrer Herstellung verwendeten Startermoleküle aufgezählt (D11: Spalte 8, Zeile 30 bis Spalte 10, Zeile 6), bevor dann auf spezielle aus der Patentliteratur bekannte Polyetherpolyol-Dispersionen hingewiesen wird. In Spalte 10, Zeilen 3 bis 6 wird hervorgehoben, dass von den Polyetherpolyolen mit Ft = 2 ... 8 und OHZ von 100 ... 850 (Spalte 9, Zeilen 21 bis 24) die mit Ft = 3 ... 8, insbesondere 3 ... 6, und OHZ von vorzugsweise 120 ... 770, insbesondere 240 ... 570, bevorzugt sind.

6.5.3 Als bevorzugte Treibmittel werden ab Spalte 12, Zeile 1 (d1) Cyclopentan sowie (d2i) Gemische aus c-C5, Cyclo hexan oder deren Mischungen mit (d2ii) damit homogen mischbaren vorzugsweise bei <40ºC siedenden Verbindungen genannt. Dazu werden Alkane, Cyclo alkane mit maximal 4 C-Atomen, Ether und Fluoralkane gezählt (Spalte 12, Zeilen 16 ff.). Beispiele für solche Verbindungen sind n-C5 und i-C5 als Alkane sowie CH2F2, CHF3, C2H4F2, C2H2F4 und C3HF7 als für die Ozonschicht unschädliche Fluor alkane. Bestimmte Gemische der Komponenten (d1) oder (d2i) und (d2ii) mit Wasser, die sich zur Herstellung von PUR-Hartschaumstoffen mit geringer WLF besonders eignen, sind in Spalte 12, Zeile 55 bis Spalte 13, Zeile 22 beschrieben. Damit erschöpft sich die Aufzählung der in Betracht kommenden Treibmittel aber noch nicht. Vielmehr erstreckt sie sich auch auf andere Verbindungen, z.B. in den Komponenten (a), (b) und (c) schwer- oder unlösliche teil- oder per fluorierte C3 - 8-KW und/oder SF6.

6.5.4 Als einziges beschreibt Beispiel 7 die Verwendung eines Gemisches aus Polyesterpolyol und Polyetherpolyolen. Deren OHZ liegen allerdings jeweils deutlich über 100. Zudem ist nicht ersichtlich, dass das Ft-Erfordernis der Komponente bi) erfüllt worden wäre. So beruht eines der Polyetherpolyole auf der Starterverbindung Saccharose, das zweite auf einem Mannich-Kondensat (einem Reaktions produkt von Bisphenol A, Formaldehyd und Diethanolamin) und das dritte auf Ethylendiamin.

6.5.5 Zudem gibt es in D11 genau wie in D4 (Abschnitt 6.4.5, oben) nirgends einen Hinweis auf eine Langzeit-Temperaturstabilität der Hartschaumstoffe, wie sie im Streitpatent unter hoher thermischer Dauerbelastung verlangt wird (vgl. Abschnitt 6.1, oben). So nennen die Beispiele von D11 nur bei lediglich 23ºC gemessene WLF-Werte, jedoch keine Messwerte der für die Wärmeisolation unter der oben angesprochenen hohen thermischen Dauer belastung verlangten entscheidenden Eigenschaften.

6.6 Nach Ansicht der Kammer ist aus den vorangehenden Abschnitten 6.1 bis 6.5.5, oben, schon wegen der in D11 angesprochenen Zielrichtung, die in D4 völlig fehlt, (vgl. Abschnitt 6.4.5 und 6.5, oben) trotz der fehlenden Messwerte in ihren Beispielen klar ersichtlich, dass die Lehre der Druckschrift D11 größere Berührungsflächen mit dem Streitpatent aufweist als die Lehre von D4, so dass D11 als nächstliegender Stand der Technik angesehen wird.

Zudem beruhte die Nennung von D4 als nächstliegendem Stand der Technik durch die Beschwerdeführerin auf einer Merkmalsanalyse (Abschnitt 6.4.6, oben), wie sie zwar zur Beurteilung der Neuheit, nach Ansicht der Kammer jedoch nicht für die Bestimmung des nächstliegenden Standes der Technik für den Aufgabe-Lösung-Ansatz verwendet werden kann, da die nur in Kenntnis des Streitpatents erfolgen konnte. In anderen Worten, die Anwendung der Merkmalsanalyse hierfür beruhte auf unzulässiger Rückschau.

6.7 Die gegenüber D11 durch das Streitpatent zu lösende technische Aufgabe kann in der Bereitstellung temperaturstabiler Hartschaumstoffe auf Isocyanatbasis gesehen werden, d.h. Produkte mit großer Langzeit stabilität unter hohen Temperaturbelastungen, die sich durch eine Kombination von Eigenschaften auszeichnen (vgl. [0005] und [0011]), wie geringe Sprödigkeit, niedrige WLF auch bei erhöhter Temperatur und vor allem eine hohe WFB bei hoher Temperaturbelastung über lange Zeit, die zudem ohne umweltschädigende Treibmittel herstellbar sind und deren Reaktionsgemische bei ihrer Anwendung gute Fließfähigkeit zeigen.

6.8 Diese Aspekte der technischen Aufgabe werden gemäß Streitpatent durch die in Anspruch 1 definierten Produkte gelöst, die nach dem Verfahren gemäß Anspruch 10 hergestellt werden können.

Ausweislich der Ergebnisse in den [Beispielen], wie sie in Abschnitt 6.4.5 (oben) angesprochen und auch in der Streitentscheidung eingehend gewürdigt worden sind (Abschnitte III (10) bis III (14), oben), ist die zugrundeliegende Aufgabe im Streitpatent glaubhaft gelöst worden. Dies wird auch durch den Vergleich mit den [Vergleichsbeispielen 7, 11 und 15] bestätigt (Abschnitte V (3) und 6.4, oben).

6.9 Jedoch erhob die Beschwerdeführerin im Hinblick auf der Frage, ob die relevante technische Aufgabe tatsächlich gelöst wurde, zwei Einwände.

6.9.1 Der erste Einwand, die nachgereichten experimentellen Daten hätten in der angefochtene Entscheidung nicht als Beleg für einen technischen Effekt anerkannt werden dürfen (Abschnitt IV (7), oben), ist schon aus der Tatsache heraus nicht überzeugend, dass die Beschwerde führerin die entsprechenden Feststellungen in der Streitentscheidung (Abschnitte III (10) bis III (13), insbesondere III (12), oben) nicht entkräftet hat. Zudem hat sie die Ergebnisse der [Beispiele] nicht in Abrede gestellt (Abschnitte VIII (7) und VIII (10), oben).

6.9.2 Stattdessen wandte die Beschwerdeführerin nur ein, dass die [Beispiele] keine Beleg dafür seien, dass die geltend gemachten Effekte im gesamten Bereich der Ansprüche, insbesondere im Bereich niedriger Gehalte des Polyols bi) (d.h. bei Gehalten von 0,2 %), erreicht würden. In anderen Worten, die Ansprüche seien zu breit (Abschnitte IV (2). VIII (7) und VIII (12), oben).

Bekanntermaßen können im Polymerbereich jedoch bereits geringe Modifikationen merkliche Änderungen in den Eigenschaften eines Produktes bewirken. Zudem gilt gemäß gefestigter Rechtsprechung im Einspruchsverfahren vor dem EPA der allgemeiner Grundsatz, dass die Partei, die eine durch das EPA nicht überprüfbare Behauptung aufstellt, für deren Richtigkeit nachweispflichtig ist. Wie aus den Abschnitten VIII (16) und VIII (17) (oben) ersichtlich ist, ist die Beschwerdeführerin ihrer diesbezüglichen Beweispflicht jedoch nicht nachgekommen.

6.9.3 Folglich kann, die Kammer diesen beiden Einwänden keine Entscheidungserheblichkeit zubilligen. Sie werden daher zurückgewiesen.

Erfinderische Tätigkeit

7. Es bleibt zu entscheiden, ob sich die gefundene Lösung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem von der Beschwerdegegnerin zitierten Stand der Technik ergibt.

7.1 Die sehr breite Definition der Komponente (b) in D11 (Abschnitte 6.5.1 und 6.5.2, oben) umfasst neben völlig anders aufgebauten Polyhydroxylverbindungen, wie Pfropf-polyether-polyolen oder Polyesterpolyolen (D11: Spalte 7, Zeile 5 bis Spalte 8, Zeile 29), hydroxylgruppenhaltigen Polyesteramiden, Polyacetalen, Polycarbonaten und/oder phenolischen Polyolen (D11: Spalte 10, Zeile 29 bis Spalte 11, Zeile 6) sowie speziellen Polyetherpolyol-Dispersionen (Spalte 10, Zeilen 7 bis 26) auch zahlreiche unterschiedliche Polyetherpolyole (D11: Spalte 8, Zeile 30 bis Spalte 10, Zeile 6).

7.1.1 Wie schon von der Beschwerdegegnerin vorgetragen wurde (Abschnitt VIII (15), oben), ist jedoch festzuhalten, dass ein Polyetherpolyol mit einer Kombination der Ft von 2,5 ... 3,5 und der OHZ von 10 ... 100 in D11 noch dazu in einer bestimmten Menge, bezogen auf die Komponente b), weder vorgeschlagen noch offenbart worden ist.

7.1.2 Vielmehr wird in Spalte 10, Zeilen 3 bis 6, für Poly etherpolyole ein OHZ-Bereich von 120 ... 770, insbesondere 240 ... 570 empfohlen, und zwar unterschiedslos für alle Polyetherpolyole innerhalb eines Ft-Bereichs von 3 ... 8, insbesondere 3 ... 6. Dementsprechend wurden in den Beispielen von D11 auch Verbindungen eingesetzt, deren Parameters in diesen breiten Bereichen lagen. So besaßen die in Beispiel 7 eingesetzten Polyetherpolyole OHZ-Werte von 490 (Starter: Saccharose), 570 (Starter ein Mannich-Reaktionsprodukt) und 770 (Starter Ethylen diamin), also Werte deutlich über der Grenze von 100. Auch ist nicht erkennbar, dass darin das Ft-Erfordernis der Komponente bi) erfüllt worden wäre (Abschnitte 6.5.2 und 6.5.4, oben).

7.1.3 Die Druckschrift D11 per se liefert also keinerlei Hinweis auf eine Zusammensetzung innerhalb der nun gültigen Definition der Komponente bi) der Ansprüche 1 oder 10. Zudem befasst sich D11 überhaupt nicht mit der hier relevanten technischen Aufgabe (Abschnitt 6.7, oben). Die dafür relevanten Eigenschaften, namentlich die niedrige WLF bei hohen Temperaturen und die hohe WFB unter thermischer Dauerbelastung, sind darin überhaupt nicht angesprochen, geschweige denn quantifiziert worden.

7.1.4 Aus den bei 23ºC bestimmten WLF-Werten, wie sie in den Beispielen von D11 angegeben sind, lassen sich aber keine Schlüsse hinsichtlich der WLF bei hohen Temperaturen ziehen, denn gemäß D18, Seite 474, rechte Spalte, Zeilen 2 bis 4 steigt die WLF mit Erhöhung der Temperatur an. Allerdings macht D18 keine Angaben zur Größe des Anstiegs, der zudem auch durch die Wahl des Treibmittel beeinflusst wird.

7.1.5 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin kann D11 folglich für sich genommen und selbst, wenn man D18 noch hinzuzieht, keinen Beitrag zur Lösung des relevanten technischen Problems leisten und demzufolge auch die Hartschaumstoffe des Anspruchs 1 oder das Verfahren des Anspruchs 10 (Abschnitt III in Verbindung mit den Abschnitten I und II (1), oben) nicht nahelegen.

7.1.6 Der auf Grundlage von D11 vorgetragene Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit geht daher fehl.

7.2 Trotz der in Abschnitt 6.6 (oben) getroffenen Entscheidung, D11 als nächstliegenden Stand der Technik zu betrachten, sei hier doch noch kurz auf die andere Argumentation der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auf Grundlage von D4 und D18 eingegangen.

7.2.1 Zwar stimmt es, dass in Beispiel 3 der Druckschrift D4, auf das von der Beschwerdeführerin besonderes Gewicht gelegt worden war, die Polyolkomponente die Bedingungen von Anspruch 1 erfüllte, dennoch kann die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass lediglich das Treibmittel R11 durch einen KW bzw. einen FKW zu ersetzen wäre (vgl. Abschnitte 6.4.6 und 6.4.7, oben), nicht durchgreifen.

7.2.2 So sind in den Abschnitten 6.4 bis 6.4.7, oben, schon ausführlich die Unterschiede des Gegenstands von D4 zum Streitgegenstand dargestellt worden, die zeigen, dass das Verfahren dieser Druckschrift die genaue Abstimmung der Zusammensetzung des Reaktionsgemisches mit den Verfahrensmaßnahmen erfordert.

7.2.3 In diesem Zusammenhang hat schon die Beschwerdegegnerin ihrerseits auf die von der Beschwerdeführerin zitierte Literatur D18 verwiesen (Abschnitt V (4), oben). Darin wird (über die in Abschnitt 7.1.4, oben, zitierte Stelle hinausgehend) im Text ab dem letzten Absatz derselben Seite bis Seite 476, linke Spalte, Zeile 4 dargelegt: "It is impossible, therefore, to make general statements for the suitability of different blowing agents for this application. ... The only correct statement is: 'If the polyol composition is adapted to the blowing agent and to the production parameters, then foam properties are adequate.' And you can add: 'With each blowing agent you will run into problems, if the polyol combination is not suitable.' Therefore all formulations had to be reformulated and for each blowing agent different compositions had to be made. ... Hydrocarbons reduce the use of some polyols because of problems in mixability".

7.2.4 Diese Aussagen in D18 bestätigen nach Ansicht der Kammer die Richtigkeit der in Abschnitt 6.4.6, oben, wiederge gebenen Feststellung, dass D4 nicht als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden kann, da die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Modifikation der aus D4 bekannten Zusammensetzung (Abschnitt VIII (8), oben) mit dem Ziel, zu einer Schaumformulierung gemäß Streitpatent zu kommen, keineswegs als einfacher Ersatz ("straight substitution") von R11 durch einen KW oder einen FKW betrachtet werden kann. Vielmehr macht eine derartige Modifikation, der Ersatz von R11, gemäß D18 offensichtlich ausgiebige Untersuchungen hinsichtlich der anderen Reaktionskomponenten und insbesondere die Anpassung der Zusammensetzung der Polyolkomponente an das andere Schäumungssystem notwendig.

7.2.5 Überdies wird in D4 ein Eigenschaftsprofil der Produkte von D4 beschrieben, das sich von den angestrebten und gemäß den [Beispielen] auch erreichten Eigenschaften der Hartschaumstoffe des Streitpatents unterscheidet. Des weiteren besteht der Unterschied zwischen der Lehre des Streitpatents und der Offenbarung von D4 auch noch im Weglassen mindestens eines wesentlichen Teils der Lehre von D4, im Weglassen des Zusatztreibmittels R12. Zudem mussten in D4 weitere Erfordernisse erfüllt werden, wie die Verträglichkeit der Polyolkomponente mit dem Treibmittel und durch die Einhaltung eines bestimmten Verhältnisses der Kalium- oder Natriumionen zu den Ethergruppen des Polyether alkohols, deren Bedeutung für das dortige Verfahren in den Vergleichsbeispielen von D4 gezeigt ist. Das Weglassen dieser für D4 wesentlichen Merkmale ist aus D4 nicht einfach ableitbar, sondern kann nach Ansicht der Kammer nur unter rückschauender Betrachtung der Druckschrift in Kenntnis des Streitpatents ins Auge gefasst worden sein.

7.2.6 In Anbetracht der Tatsache, dass sich die gegenüber D4 nötige Modifikation, um zum Streitgegenstand zu kommen, nicht nur als einfache Substitution von R11 darstellt, können auch die beiden weiteren in der BeschwB genannten Literaturstellen (Abschnitt IV (3), oben) nicht weiter helfen. So wird in D19 ausdrücklich festgestellt: "Pentane is halogen free. Compared to CFC, HCFC and HFC, it is nonpolar. Its limited solubility in polyols and isocyanates requires changes in the formulation." (D19: Seite 511, 1. Punkt nach Tabelle 1), und "The initial thermal conductivity of pentane blown foams is higher (than a standard CFC-11 blown one). Depending on the polyurethane system and processing, the average increase is 10-20%." (D19: Seite 514, vorletzter Absatz). In anderen Worten, das vorstehend zu D18 Gesagte wird auch durch D19 bestätigt.

Auch die Lehre der Druckschrift D15 da hilft nicht weiter. Die Polyhydroxyverbindungen ihrer Komponente b) liegen, soweit angegeben, in einem Ft-Bereich von 2 ... 8, bzw. 3 ... 8, und einem OHZ-Bereich von 150 ... 850 bzw. 350 ... 800 (D15: Spalte 5, Zeilen 16 bis 20), und die Treibmittel entsprechen gemäß Anspruch 1 denen, wie sie in D11 beschrieben sind (siehe Abschnitt 6.5.3, oben). Die in den Beispielen eingesetzten Polyetherpolyole besaßen durchweg OHZ von 400 und die angegebenen WLF-Werte, die abgesehen von der Dichte und einigen mittleren Zelldurchmessern als einzige Charakteristik der Schäume angegeben waren, waren bei 10ºC bestimmt worden, soweit eine Messtemperatur überhaupt angegeben war.

8. Basierend auf den vorstehend wiedergegebenen Tatsachen und Feststellungen ist die Kammer daher zum Schluss gekommen, das die Schaumstoffe gemäß Anspruch 1, das Verfahren zu deren Herstellung gemäß Anspruch 10, sowie auch die speziellen Ausgestaltungen der Schaumstoffe von Anspruch 1, wie sie in den von Anspruch 1 abhängigen Ansprüchen 2 bis 9 definiert sind, auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

9. Demzufolge kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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