T 0456/07 () of 22.2.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T045607.20100222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2010
Aktenzeichen: T 0456/07
Anmeldenummer: 02787388.4
IPC-Klasse: H05K 13/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Qualifizierung von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen und zur Durchführung dieser Verfahren geeignete Vorrichtungen
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 02 787 388 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973) zurückzuweisen.

II. Der Beschwerdeführer beantragt, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche: 1 des mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 eingereichten Hilfsantrags;

2 bis 14, eingereicht mit Schreiben vom 13. Juli 2006;

Beschreibung: Seiten 1 und 3 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 13. Juli 2006;

Seite 2, eingereicht mit Schreiben vom 25. August 2009

Seiten 11 bis 14 wie veröffentlicht (Seiten 8 bis 10 gestrichen)

Zeichnungen: Figuren 1 bis 7 wie ursprünglich eingereicht.

III. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 lauten wie folgt:

"1. Sensorplatte (17, 18) zur Qualifizierung von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Sensorplatte an mindestens einer Seite eine Matrix aus berührungsunabhängig kapazitiv sensitiven Sensorelementen (29) aufweist."

"4. Verwendung einer Sensorplatte (17, 18) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3 als Ersatz für ein zu verarbeitendes Substrat, mit der ein zu qualifizierender Prozessschritt von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen simuliert wird."

IV. Folgende Dokumente wurden berücksichtigt:

D2: EP 1 155 767 A

D3: DE 42 18 515 A

D11: DE 198 03 305 A

V. Die Prüfungsabteilung argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

- Druckschrift D3 offenbare eine Sensorplatte zur Qualifizierung von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen von der sich der Gegenstand von Anspruch 1 dadurch unterscheide, dass die Sensorplatte statt mit Dehnungsmessstreifen an mindestens einer Seite mit einer Matrix aus kapazitiven Sensorelementen versehen sei. Die technische Aufgabe werde darin gesehen, eine Kraftwirkung mittels einer Sensorplatte zu erfassen. Der Fachmann auf dem Gebiet der Sensortechnik würde eine der ihm bekannten Alternativen wählen, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Bekannte Alternativen seien die in D3 verwendeten Dehnungsmessstreifen, piezoelektrische Kraftsensoren, induktive Kraftsensoren oder auch kapazitiv sensitive Sensorelemente. Somit handele es sich um eine nicht erfinderische Auswahl aus bekannten Alternativen. Das Vorsehen einer Matrix sei ferner ein fachübliches Handeln des Fachmanns.

VI. Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen folgendes aus:

- Die in D3 als Testplatte bezeichnete Sensorplatte weise einen lokal begrenzten zungenartigen Bereich auf, der mechanisch als Biegebalken aufgefasst werden könne. Dieser Biegebalken werde als Wandler einer Krafteinwirkung verwendet. Somit sei es möglich Rückschlüsse auf die Krafteinwirkung beispielsweise beim Aufsetzen eines elektronischen Bauelementes auf die Sensorplatte zu erzielen.

- Anspruch 1 löse die Aufgabe, eine vergleichsweise vielseitig verwendbare Sensorplatte für Verfahren zur Qualifizierung von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen anzugeben, da die Sensorplatte gemäß Anspruch 1 im Vergleich zur Testplatte der D3 für mehrere Qualifizierungsaussagen herangezogen werden könne. Hierfür werde eine Matrix aus berührungsunabhängig kapazitiv sensitiven Sensorelementen verwendet, die innerhalb eines gewissen Abstandes der Sensorplatte die Erzeugung von Messwerten ermöglichen und deshalb keine Krafteinwirkung benötigen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Das Merkmal einer Matrix aus berührungsunabhängig kapazitiv sensitiven Sensorelementen ist in der ursprünglichen Anmeldung auf Seite 8, Zeilen 2 bis 4 und 10 bis 20 offenbart.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

3.1 Dokument D3 offenbart eine Sensorplatte zur Qualifizierung von Substrate verarbeitenden Fertigungsprozessen, insbesondere das Bestücken von Leiterplatten mit elektronischen Bauelementen. Es war die Aufgabe der D3 die mechanischen Belastungen zu messen, die beim Aufsetzen der Bauelemente auftreten. Zur Lösung dieser Aufgabe wird eine Testplatte mit einem teilweise herausgetrennten, einen eingespannten Biegebalken darstellenden Abschnitt 2 und mit einer Durchbiegungserfassungseinrichtung 7 im Einspannbereich 6 des teilweise herausgetrennten Abschnitts verwendet. Somit erzeugt eine mechanische Belastung der Testplatte ein entsprechendes Mess-Signal (Figur 1; Spalte 1, Zeilen 13 bis 30 und 35 bis 46; Spalte 2, Zeile 59 bis Spalte 3, Zeile 14).

3.2 Die Sensorplatte des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der aus D3 bekannten Sensorplatte dadurch, dass die Sensorplatte an mindestens einer Seite eine Matrix aus berührungsunabhängig kapazitiv sensitiven Sensorelementen aufweist.

3.3 Hiermit wird erreicht, dass die Funktion der Sensorplatte nicht von einer Berührung derselben abhängig ist. Es wird vielmehr ein Erfassungsbereich der Sensorplatte geschaffen, der sich nicht nur auf die Fläche der Sensorplatte beschränkt, sondern auch innerhalb eines gewissen Abstandes von der Sensorplatte die Erzeugung von Messwerten ermöglicht. Hierdurch kann die Sensorplatte vielseitiger eingesetzt werden als es mit der Testplatte nach D3 möglich wäre, da eine direkte Krafteinwirkung nicht nötig ist.

3.4 Obwohl kapazitive und/oder induktive Näherungssensore aus der Druckschrift D11 bekannt sind, werden diese bei der Überwachung eines Schließelementes verwendet. Die Verwendung dieser Sensoren in einer Sensorplatte ist der D11 nicht zu entnehmen und wird durch sie auch nicht nahegelegt.

3.5 Ferner offenbart D2 die Verwendung einer Sensorplatte mit einer drucksensitiven Oberfläche ("Infrared Flat Panel Touch Frame" oder "Resistive Touch Panel"), welche die Lage und Lageveränderung von Modellbauelementen erfassen und in elektrische Signale umwandeln (Spalte 2, Zeilen 29 bis 47). Diese Sensorplatte benötigt jedoch wie in D3 eine direkte Krafteinwirkung.

3.6 Die Kammer kommt aus diesen Gründen zu dem Schluss, dass die Sensorplatte des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Verwendung dieser Sensorplatte nach Anspruch 4 beruht zwangsläufig auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche: 1 des mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 eingereichten Hilfsantrags;

2 bis 14, eingereicht mit Schreiben vom 13. Juli 2006;

Beschreibung: Seiten 1 und 3 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 13. Juli 2006;

Seite 2, eingereicht mit Schreiben vom 25. August 2009

Seiten 11 bis 14 wie veröffentlicht (Seiten 8 bis 10 gestrichen)

Zeichnungen: Figuren 1 bis 7 wie ursprünglich eingereicht.

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