European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T043607.20090915 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 September 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0436/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99908834.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B44C 5/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Herstellen von Laminat-Beschichtungen und Laminat-Beschichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | Kronoplus Technical AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Fritz Egger GmbH & Co. | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 068 083 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ angegriffen worden.
II. Am 15. September 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 068 083.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
"1. Verfahren zum Herstellen von Laminat-Beschichtungen, insbesondere für Fußboden-Platten, welche ein mit Amino-Harz imprägniertes Dekorpapier und eine darauf angeordnete abrisbfeste Abdeckschicht, mit partikelförmigem, feinem Aluminiumoxyd (Korund) aufweisen, wobei
das partikelförmige Aluminiumoxyd auf das noch nasse imprägnierte Dekorpapier vor dem Trocknen aufgestreut, das so behandelte Dekorpapier sodann vorgetrocknet bzw. vorkondensiert, nach der Vortrocknung auf das vorbehandelte Dekorpapier eine Abdeckschicht aus Melamin-Harz enthaltendem Fasermaterial aufgetragen und das Ganze schließlich endgetrocknet wird."
VI. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf folgende Dokumente Bezug genommen:
E1: EP-A-0 329 154
E3: DE-C-195 08 797
VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Neuheit
Die Ausführungsbeispiele des Dokuments E1 würden sich vom Ausgangspunkt dieses Dokuments, der in Beispiel 1 dargestellt sei, nur durch die abriebfeste Schicht unterscheiden. In dieser Ausgangssituation sei ein Vortrocknen der Dekorschicht und ein späteres Verpressen bei 145 ºC beschrieben. Ein solcher Pressvorgang führe automatisch zu einer Reduzierung der Feuchte und sei damit als Trocknungsvorgang anzusehen. Da aus Anspruch 1 des Streitpatents nicht hervorgehe, dass sich die angegebenen Verfahrensschritte nur auf das Dekorpapier bezögen, entspreche die Vorgehensweise bei Dokument E1 somit dem Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents.
Mangelnde Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ergebe sich auch über eine weitere Betrachtungsweise des Dokuments E1. In Spalte 3, Zeilen 5 bis 12 dieses Dokuments werde beschrieben, dass die harten Partikel und die Cellulosemasse in ein oder zwei Schritten auf das Dekorpapier aufgebracht werden könnten. Hierbei bedeute die Einschritt-Alternative aber kein gleichzeitiges Aufbringen von Partikeln und Cellulose, sondern ein unmittelbares Nacheinander-Aufbringen in derselben Vorrichtung. Bei der Zweischritt-Alternative erfolge das Aufbringen räumlich und zeitlich getrennt an verschiedenen Vorrichtungen. Dabei komme es zwangsläufig zu einem Trocknen zwischen den beiden Schritten. Somit gebe es in letzterem Fall ein Vortrocknen vor dem endgültigen Trocknen.
Das Verfahren des Anspruchs 1 sei somit nicht neu gegenüber Dokument E1.
Erfinderische Tätigkeit
Das Streitpatent lasse keinen technischen Effekt der Vor- und Nachtrocknung erkennen. Es gehe demnach nur um die wirtschaftliche Herstellung einer abriebfesten Laminatbeschichtung. In Zusammenhang damit erkenne ein Fachmann aber, dass die in Spalte 3, Zeilen 5 bis 12, des Dokuments E1 beschriebene Vorgehensweise der Lösung dieser Aufgabe dienlich sein könne. Durch fachliche Überlegungen erkenne der Fachmann weiterhin die schon erwähnte Bedeutung der ein- und zweistufigen Auftragsweise von Partikeln und Cellulose und werde eine der beiden Methoden anwenden, wobei die zweistufige Methode wegen der räumlich/zeitlichen Trennung der Schritte zu einem Vor- und Endtrocknen führe. Somit ergebe sich das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents in naheliegender Weise aus Dokument E1 und dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns.
Dokument E1 zeige den gleichen Schichtaufbau wie das Streitpatent, und es zeige den zweistufigen Auftrag von abriebfesten Partikeln und der Abdeckschicht. Da sich das Streitpatent die wirtschaftliche Herstellung zur Aufgabe gesetzt habe, werde der Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe auch das Dokument E3 berücksichtigen, da es auch dort um diese Aufgabe gehe, siehe Spalte 2, Zeilen 53 bis 60. Dieses Dokument offenbare eine zweistufige Trocknung, siehe Spalte 3, Zeilen 5 bis 13 und 52 bis 63. Ein solcher zweistufiger Trocknungsvorgang auf den zweistufigen Auftrag der Partikel und Abdeckschicht gemäß Dokument E1 angewandt, führe zu einer Vortrocknung nach dem Auftrag der Partikel und zur Endtrocknung nach dem Auftrag der Abdeckschicht und damit zum Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents.
Auch ausgehend von Dokument E3 komme man zusammen mit Dokument E1 in naheliegender Weise zum Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents. Die Schonung der Presswerkzeuge werde auch in Dokument E3 schon angesprochen. Mit dem Hinweis in Spalte 2, Zeilen 50 bis 53, von Dokument E1, werde der Fachmann zur Anwendung der Lehre dieses Dokuments bei dem Verfahren gemäß Dokument E3 und damit zum Nassauftrag der abriebfesten Partikel und der separaten Aufbringung der Abdeckschicht geführt. Das Ergebnis sei wiederum das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents.
Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Neuheit
Die Verfahrensschritte des Anspruchs 1 des Streitpatents bezögen sich eindeutig auf das Dekorpapier. Es gehe dabei also nicht um ein Verpressen des Dekorpapiers mit anderen Schichten. Vielmehr gehe es darum, abriebfeste Partikel auf das nasse Papier und nach einer Vortrocknung die Abdeckschicht aufzutragen. Das Verpressen der einzelnen Schichten bei Dokument E1 habe damit nichts zu tun. Zudem könne man nicht einen Pressvorgang mit einem Trocknungsvorgang gleichsetzen, da beim Pressen nicht notwendigerweise Feuchtigkeit abgeführt werde.
Die in Spalte 3, Zeilen 5 bis 12, des Dokuments E1 genannte Einschritt-Alternative bedeute ein gleichzeitiges Aufbringen von Partikeln und pulverisierter Cellulose. Die Zweischritt-Alternative könne entweder bedeuten, dass man dieses gemeinsame Aufbringen in einem zweiten Schritt wiederhole oder dass zuerst die Partikel und danach die Cellulose aufgebracht würden. Ein Trocknungsvorgang sei aber zwischen dem Aufbringen der Partikel und dem Aufbringen der pulverisierten Cellulose nicht gezeigt.
Das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents sei somit neu gegenüber Dokument E1.
Erfinderische Tätigkeit
Anspruch 1 des Dokuments E1 drücke aus, dass es darum gehe, die Gleichmäßigkeit der Verteilung der abriebfesten Partikel auf der nassen Oberfläche des Dekorpapiers zu verbessern. Der Nassauftrag der Partikel alleine reiche dazu aber nicht aus. Es bedürfe weiterer Maßnahmen, wie z. B. einer besonderen Auftragswalze, siehe Spalte 4, Zeilen 29 bis 36. Beim Streitpatent gehe es um eine hohe Abriebfestigkeit einerseits und eine Schonung der Presswerkzeuge andererseits. Die in Absatz [0009] des Streitpatents genannte Wirtschaftlichkeit der Herstellung beziehe sich auf die Schonung der Presswerkzeuge, siehe Absatz [0007] des Streitpatents. Die Lösung bestehe darin, die abriebfesten Partikel auf das nasse Dekorpapier aufzutragen und vor dem Auftrag der Fasermaterial enthaltenden Abdeckschicht vorzutrocknen. Diese Vorgehensweise ergebe sich aus Dokument E1 nicht. Es zeige nur den Nassauftrag der Partikel, eine derartige Vortrocknung werde jedoch nicht nahegelegt.
Beim Wirtschaftlichkeitsaspekt in Dokument E3 gehe es darum, die Menge der abriebfesten Partikel zu reduzieren. Dies habe nichts mit der Aufgabe beim Streitpatent zu tun, so dass ein Fachmann, ausgehend von Dokument E1, zur Lösung der Aufgabe des Streitpatents Dokument E3 nicht in Betracht ziehen würde. Aber auch wenn man die beiden Dokumente kombiniere, gelange man nicht zum Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents. Bei Dokument E1 wolle man die gleichmäßige Verteilung der Partikel auf der Papieroberfläche erreichen, bei Dokument E3 eine intensive Durchmischung der abriebfesten Partikel in der Harzmasse, siehe Anspruch 1. Dies sei nicht vereinbar. Dokument E1 könne Dokument E3 nicht verbessern und umgekehrt.
Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Neuheit
Dokument E1 offenbart ein Verfahren zum Herstellen von Laminat-Beschichtungen, die ein mit Amino-Harz imprägniertes Dekorpapier und eine darauf angeordnete abriebfeste Abdeckschicht mit partikelförmigem, feinem Aluminiumoxid aufweisen, wobei das partikelförmige Aluminiumoxid auf das noch nasse imprägnierte Dekorpapier aufgestreut wird (vgl. Spalte 2, Zeilen 5 bis 14). Zusätzlich zu den Aluminiumoxid-Partikeln wird in einer Ausführungsform pulverförmige alpha-Cellulose aufgebracht. Dabei werden zwei Möglichkeiten angegeben, die Partikel und die Cellulose aufzubringen, nämlich entweder in einem Schritt oder in zwei getrennten Schritten (vgl. Spalte 3, Zeilen 5 bis 12 und Spalten 10 und 11, Beispiel 18). Dokument E1 erwähnt keinen Trocknungsvorgang nach dem Aufstreuen der Partikel und vor dem Aufbringen der Cellulose. Selbst wenn man der Interpretation der Beschwerdeführerin folgen würde, dass das Aufbringen in einem Schritt ein räumlich zusammengefasstes und das Aufbringen in zwei Schritten ein räumlich und zeitlich getrenntes Nacheinanderaufbringen der beiden Komponenten bedeuten solle, so lassen sich dem Dokument E1 dennoch keine unmittelbaren und eindeutigen Angaben entnehmen, dass nach dem Aufstreuen der Partikel eine Vortrocknung erfolgt. Die entsprechenden Überlegungen der Beschwerdeführerin sind als Vermutungen zu bewerten.
Der Pressvorgang in Dokument E1, den die Beschwerdeführerin als Trocknungsvorgang sieht, findet zum einen nicht nach dem Auftrag der Aluminiumoxid-Partikel und vor dem Auftrag der Cellulose statt (vgl. Spalte 5, Zeilen 38 bis 45) und kann schon deshalb kein Vortrocknen im Sinne des Anspruchs 1 des Streitpatents sein, zum anderen findet bei einem Pressvorgang nicht notwendigerweise ein Abführen von Flüssigkeit statt, so dass prinzipiell zwischen Trocknen und Pressen zu unterscheiden ist.
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents von Dokument E1 schon dadurch, dass nach dem Auftrag der Aluminiumoxid-Partikel eine Vortrocknung erfolgt. Dieser Gegenstand ist somit neu.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Gemäß Absatz [0009] des Streitpatents soll mit dem Verfahren des Anspruchs 1 eine abriebfeste Laminatbeschichtung wirtschaftlich hergestellt werden. Aus dem vorhergehenden Absatz [0007] ergibt sich, dass sich diese wirtschaftliche Herstellung auf die Schonung der Presswerkzeuge bezieht. Ausgehend von Dokument E1, das in Absatz [0008] des Streitpatents zitiert wird, wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass nach dem Aufstreuen der abriebfesten Partikel auf das noch nasse Dekorpapier eine Vortrocknung durchgeführt wird und erst danach die Abdeckschicht, im Falle des Streitpatents Melamin-Harz enthaltendes Fasermaterial, auf das Dekorpapier aufgebracht wird.
2.2 Aus Dokument E1 ergibt sich diese Abwandlung nicht in naheliegender Weise. Aus Spalte 3, Zeilen 5 bis 12, geht nicht hervor, dass bei dem zweistufigen Verfahren eine räumliche und zeitliche Trennung des Auftrags der Partikel und des Auftrags der hier pulverförmigen Cellulose erfolgt. So findet sich im gesamten Dokument kein Hinweis und keine Anregung dahingehend, einen aktiven Trocknungsvorgang, wie im Anspruch 1 des Streitpatents definiert, zwischen diesen beiden Verfahrensschritten durchzuführen. Ein Feuchtigkeitsverlust beim Verbringen des Dekorpapiers von der einen zur anderen Bearbeitungsstation kann nicht als ein solcher aktiver Trocknungsvorgang angesehen werden.
2.3 Bei Dokument E3 wird auf einen mit Harz getränkten und vorgetrockneten Dekorbogen eine Mischung aus Cellulose und Korund aufgebracht. Anschließend erfolgt eine Endtrocknung (vgl. Spalte 2, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 17). Dieses Verfahren unterscheidet sich somit wesentlich von dem in Spalte 3, Zeilen 5 bis 12, des Dokuments E1 beschriebenen, gemäß dem abriebfeste Partikel und pulverförmige Cellulose auf das nasse Dekorpapier aufgebracht werden. Somit lassen sich diese Dokumente aufgrund dieser prinzipiellen Unterschiede nicht kombinieren, unabhängig davon, welches man als Ausgangspunkt verwendet.
Versuchte man dennoch, Merkmale der Dokumente E1 und E3 zu kombinieren, so würde sich das Vortrocknen im Sinne des Anspruchs 1 des Streitpatents trotzdem nicht ergeben. Das Vortrocknen bei Dokument E3 erfolgt vor dem Aufbringen der Mischung aus abriebfesten Partikeln und Cellulosemasse auf den Dekorbogen. Bei Dokument E1 gibt es, wie oben in den Punkten 1 und 2.2 ausgeführt, keinen aktiven Vortrocknungsvorgang zwischen dem Aufbringen der abriebfesten Partikel und dem Aufbringen der Cellulose. Somit kann auch die Kombination der beiden Dokumente keinen solchen Vortrocknungsvorgang zwischen dem Aufstreuen der abriebfesten Partikel und dem Aufbringen der Abdeckschicht ergeben. Es kann sich auch keine Abwandlung dahingehend ergeben, den Vortrocknungsvorgang des Dokuments E3 zu verlagern und ihn erst nach dem Aufstreuen der abriebfesten Partikel durchzuführen. Auch wenn es in Dokument E3 zwei Trocknungsvorgänge gibt, kann sich umgekehrt auch nicht ergeben, bei Dokument E1 nach dem Aufbringen der abriebfesten Partikel vorzutrocknen. Allenfalls in Kenntnis des Streitpatents, also im Nachhinein, könnte ein Fachmann zu solchen Abwandlungen der Lehre des Dokuments E3 bzw. des Dokuments E1 gelangen.
2.4 Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.