European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T038007.20080912 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 September 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0380/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00117289.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C03B 5/225 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Läuterung von Glasschmelzen | ||||||||
Name des Anmelders: | Schott AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin (nunmehr Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 00117289.9 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.
II. In der angefochtenen Entscheidung wird auf folgenden Stand der Technik Bezug genommen:
D8: DE-C-197 39 12.
III. Nach der angefochtenen Entscheidung beruhen die Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Eingabe vom 24. Juni 2003 und gemäß Hilfsantrag, eingereicht mit Eingabe vom 28. März 2006, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
IV. Mit der Beschwerdebegründung wurde die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine Patenterteilung auf der Grundlage des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruchssatzes gemäß Hilfsantrag mit Ansprüchen 1 - 17 beantragt.
V. Der geltende Anspruch 1 definiert ein "Verfahren zur Läuterung von Glasschmelzen, bei dem Läutergas durch Läutermittel in der Glasschmelze erzeugt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Glasschmelze wenigstens ein Läutermittel zugesetzt wird, dass das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels bei dieser Glasschmelze oberhalb 1600ºC liegt, und dass die Glasschmelze anschließend auf eine Temperatur zwischen 1700 ºC und 2800 ºC aufgeheizt und geläutert wird.".
Der Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung im Rahmen des Hauptantrags zu Grunde liegenden Anspruchs 1 weist anstelle des Merkmals "dass der Glasschmelze wenigstens ein Läutermittel zugesetzt wird, dass das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels bei dieser Glasschmelze oberhalb 1600ºC liegt" das Merkmal auf "daß der Glasschmelze wenigstens ein Läutermittel zugesetzt wird, bei dem das Maximum der Läutergasabgabe oberhalb 1600 ºC erfolgt".
VI. Nach der angefochtenen Entscheidung unterscheidet sich das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag von demjenigen nach der Entgegenhaltung D8 durch das Merkmal, nach dem "die Glasschmelze anschließend auf eine Temperatur zwischen 1700 ºC und 2800 ºC aufgeheizt und geläutert wird". Da es für den Fachmann auf der Hand liege im Falle einer unzureichenden Läuterung die Läutertemperatur zu erhöhen und das einzusetzende Läutermittel, beziehungsweise seine Läuterwirkung, auf die erhöhte Läutertemperatur und die Glasschmelze abzustimmen, könne dem Gegenstand des Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden.
In Bezug auf das Merkmal des geltenden Anspruchs 1 (der der angefochtenen Entscheidung als Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zugrundelag), nach dem das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels bei dieser Glasschmelze oberhalb 1600 ºC liegt, ist in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass diese Abstimmung des einzusetzenden Läutermittels auf die zu läuternde Glasschmelze für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit sei. Andernfalls entfalte das Läutermittel seine Läuterwirkung aufgrund des Einflusses der es umgebenden Glasschmelze bei Temperaturen und für eine Dauer, die für eine effektive Läuterung unzureichend sei.
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist im wesentlichen wie folgt.
a) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 unterscheide sich von demjenigen nach D8 dadurch, dass für eine jeweils zu läuternde Glasschmelze (Glasschmelzzusammensetzung) das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels oberhalb 1600ºC liege und dass die Glasschmelze auf eine Temperatur zwischen 1700 ºC und 2800 ºC aufgeheizt und geläutert werde.
b) Bei dem Verfahren nach dem Anspruch 1 komme es nicht nur darauf an, die Läutertemperatur auf 1700 ºC bis 2800 ºC zu erhöhen. Vielmehr sei gleichzeitig ein auf die Zusammensetzung der Glasschmelze abgestimmtes Läutermittel einzusetzen, das ein Maximum der Läutergasabgabe oberhalb 1600 ºC aufweise.
c) Da ein derartiges Verfahren durch die Entgegenhaltung D8 nicht nahegelegt werde, beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Soweit die Beschwerdeführerin sich in der Betreffzeile der Beschwerdeschrift vom 13. November 2006 als "Schott Glas" bezeichnet handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die die Identität der Schott AG als Beschwerdeführerin nicht in Zweifel zieht. Zum einen weist die Beschwerdeschrift im übrigen richtigerweise die Schott AG aus (Firmenadresse im Briefkopf und in der Fußzeile, Absenderangabe unmittelbar über der Unterschrift). Zum anderen verwendet die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung die nach der noch im Prüfungsverfahren beantragten und bewilligten Umschreibung von Schott Glas auf Schott AG richtige Firmenbezeichnung.
1.1 Geänderter Anspruch 1
Der geänderte Anspruch 1 unterscheidet sich von dem Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung dadurch, dass das Merkmal
a) dass der Glasschmelze wenigstens ein Läutermittel zu- gesetzt wird
hinzugefügt worden ist,
das Merkmal, dass "das Maximum der Läutergasabgabe durch die Läutermittel oberhalb 1500 ºC erfolgt" geändert wurde in
b) dass das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermit- tels bei dieser Glasschmelze oberhalb 1600 ºC liegt,
und das Merkmal "dass die Glasschmelze auf eine Temperatur zwischen 1650ºC rund 2800ºC aufgeheizt wird" geändert wurde in
d) dass die Glasschmelze anschließend auf eine Tempera- tur zwischen 1700 ºC und 2800 ºC aufgeheizt und ge- läutert wird.
Die angefochtene Entscheidung enthält keine Angabe darüber, dass die geänderten Ansprüche hinsichtlich ihrer Klarheit, Stütze in der Beschreibung und Zulässigkeit (Artikel 84 und 123(2) EPÜ), bzw. ihrer Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ) über die gesamte Breite des Anspruchs geprüft worden sind.
In Bezug auf die Klarheit, Stütze in der Beschreibung und Ausführbarkeit hat die Recherchenabteilung die Anmeldung in dem sinne bemängelt, als dass eine vollständige Recherche aller Ansprüche nicht durchführbar sei (Regel 45 EPÜ 1973, jetzt Regel 63 EPÜ).
1.2 Das Merkmal a) war implizit bereits im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 enthalten; vgl. das Oberbegriffsmerkmal nach dem "Läutergas durch Läutermittel in der Glasschmelze erzeugt wird".
Das Merkmal b) das, wie aus dem folgenden ersichtlich, für die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung von wesentlicher Bedeutung ist ist zumindest in Zusammenhang mit den in der Tabelle 1 der ursprünglichen Anmeldung genannten Redox-Verbindungen bzw. Redox-Reaktionen (Seite 8, unten) offenbart. In Verbindung mit dieser Tabelle ist einleitend ausgeführt, dass die Temperaturen der Sauerstoffabgabe der Redox-Verbindungen auch von der Glaszusammensetzung abhängen (Seite 8, 4. Absatz). Zur Erläuterung der Tabelle ist ferner angegeben, dass die dort aufgezeigten Temperaturbereiche an Alumosilicatgläsern ermittelt wurden (Seite 8, letzter Absatz).
Die Untergrenze des Temperaturbereichs nach dem Merkmal d) ist im ursprünglich eingereichten Anspruch 2 genannt und die Obergrenze im ursprünglichen Anspruch 1.
Eine eingehendere Prüfung betreffend die Zulässigkeit der Anspruchsänderungen durch die Kammer erübrigt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da, wie im Folgenden dargelegt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen ist.
2. Neuheit
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist, übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung, neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Er unterscheidet sich, gleichfalls übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung (Gründe, denn Nr. 2.1; 3.1 - 3.3), von dem Verfahren nach D8 durch das Merkmal b), nach dem das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels bei dieser Glasschmelze oberhalb 1600ºC liegt sowie durch das Merkmal d), nach dem die Glasschmelze anschließend auf eine Temperatur zwischen 1700 ºC und 2800 ºC aufgeheizt und geläutert wird.
3. Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach der angefochtenen Entscheidung
3.1 Nach der angefochtenen Entscheidung beruht der Gegen stand des geltenden Anspruchs 1 gegenüber dem Verfahren nach D8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Gründe, Nr. 2.2.4; 3.3).
3.2 Danach gehe aus der Entgegenhaltung D8 zwar nicht hervor, dass, entsprechend dem Merkmal b), die bei dem Verfahren gemäß dieser Druckschrift verwendeten Läutermittel SnO2 und TiO2 bei dieser Glasschmelze ein Maximum der Läutergasabgabe bei Temperaturen oberhalb 1600ºC hätten.
Nach der angefochtenen Entscheidung sei die Abstimmung des einzusetzenden Läutermittels auf die zu läuternde Glasschmelze nach dem Merkmal b) für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit weil andernfalls, ohne eine derartige Abstimmung, das Läutermittel seine Läuterwirkung aufgrund des Einflusses der es umgebenden Glasschmelze bei Temperaturen und für eine Dauer entfalten könne, die für eine effektive Läuterung unzureichend seien (Gründe, Nr. 3.3).
4. Gegenstand des Anspruchs 1
Nach Auffassung der Kammer beruht die angefochtene Entscheidung auf einer unzutreffenden Beurteilung hinsichtlich des Sachverhalts, nämlich des durch den Anspruch 1 definierten Verfahrens.
Im Gegensatz zu der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung (vgl. Gründe, Nr. 2.2.4; 3.3), nach der der im Merkmal b) angegebene Wert für die Temperatur, bei der das Maximum der Läutergasabgabe des Läutermittels liegt, eine Eigenschaft des Läutermittels wiedergebe, trifft nach Auffassung der Kammer, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen (vgl. obige Abschnitte VII. a), b)), zu, dass nach dem Merkmal b) für eine jeweils zu läuternde Glasschmelze und das dieser zugesetzte Läutermittel - also die jeweilige Kombination bestehend aus einer Glasschmelze bestimmter Zusammensetzung und dem zugesetzten Läutermittel - ein Maximum der Läutergasabgabe oberhalb 1600ºC liegt.
5. Damit hat sich der zu beurteilende Sachverhalt gegenüber dem nach der angefochtenen Entscheidung, im Hinblick auf den geltenden Anspruch 1, beurteilten Sachverhalt wesentlich geändert.
5.1 Dies hat zur Folge, dass die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich dieses Anspruchs 1 nach der angefochtenen Entscheidung nicht mehr zutreffen kann. Diese beruht nämlich, wie im Abschnitt 3.3 der Entscheidungsgründe angegeben, auf der nach Ansicht der Kammer an sich zutreffenden Auffassung, dass die Abstimmung des einzusetzenden Läutermittels auf die zu läuternde Glasschmelze für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit sei. Dabei bleibt aber im Hinblick auf das Merkmal b) unberücksichtigt, dass der dort genannte Temperaturwert sich nicht alleine aufgrund der Eigenschaften des Läutermittels ergibt (vgl. obigen Abschnitt 4.), sondern dieser Temperaturwert, wie von der Beschwerdeführerin dargelegt (vgl. obigen Abschnitt VII), jeweils das Ergebnis einer Abstimmung der eingesetzten Glasschmelze mit einem zuzusetzenden Läutermittel ist, bei der sowohl die Eigenschaften der Glasschmelze wie auch des Läutermittels zu berücksichtigen sind.
6. Aufgrund der unzutreffenden Beurteilung des Sachverhaltes im Hinblick auf das Verfahren nach dem Anspruch 1 ist der angefochtenen Entscheidung die Grundlage entzogen.
Da betreffend das Verfahren nach dem Anspruch 1 im Sinne des oben dargelegten Verständnisses dieses Anspruchs (vgl. obigen Abschnitt 4.) weder die Entgegenhaltung D8, noch die übrigen Entgegenhaltungen nach dem Recherchenbericht, bezüglich der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen worden sind, ist die Kammer der Auffassung, dass aufgrund dieser wesentlichen Änderung des Sachverhaltes und um einen Instanzverlust zu vermeiden, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung im Hinblick auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit, wie auch darauf, ob die übrigen Erfordernisse des EPÜ erfüllt sind (vgl. obigen Abschnitt 1.), an die erste Instanz zurückzuverweisen ist (Artikel 111 (2) EPÜ).
Unter Berücksichtigung der hinsichtlich dieser Anmeldung durchgeführten unvollständigen Recherche (vgl. Ergänzungsblatt C des Europäischen Teilrecherchenberichts) wird bei der weiteren Prüfung ggfs. auch zu prüfen sein, inwieweit aufgrund des geänderten Verständnisses bezüglich des Verfahrens nach dem Anspruch 1, nach dem der Temperaturwert für das Maximum der Läutergasabgabe nach dem Merkmal b) nicht alleinige Eigenschaft des Läutermittels ist, eine ergänzende Recherche durchzuführen ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückverwiesen.