T 0268/07 () of 12.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T026807.20090112
Datum der Entscheidung: 12 Januar 2009
Aktenzeichen: T 0268/07
Anmeldenummer: 99923446.1
IPC-Klasse: A01K 27/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Halte- oder Führungsmaterial für Hunde und Hundegeschirr
Name des Anmelders: Koch, Ernst
Name des Einsprechenden: HUNTER Hunde- und Reitsportartikel GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
Schlagwörter: Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 10. Februar 2007 gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 22. Dezember 2006 mit der sie befand, dass unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen, das europäische Patent den Erfordernissen des EPÜ genügt, Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 27. März 2007 die Beschwerde schriftlich begründet.

II. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ 1973 (fehlende Neuheit und erfinderische Tätigkeit) gestützt.

III. Folgende Druckschriften haben in diesem Verfahren eine Rolle gespielt:

E1: DE-A-37 05 908

E3: EP-A-0 483 726

E24: DE-U-76 08 546

E25: DE-U-76 08 547

E26: GB-A-1 502 138

E27: DE-A-14 57 492

IV. Am 12. Januar 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Sie hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

E24 oder E25 stelle den nächstkommenden Stand der Technik dar. Aus E27 sei ein Traggurt bekannt, bestehend aus einem Gewebeschlauch mit einem Polsterkörper aus Kunstschaumstoff, der den Tragkomfort verbessere. Wie aus Figur 5 ersichtlich, werde dieser Polsterkörper zwanglos im Schlauchinneren aufgenommen. Ob dieser Kunstschaumstoff geschlossenporig sei, wäre zwar aus E27 nicht zu entnehmen, stelle aber lediglich eine von zwei möglichen Ausführungsformen dar. Ferner sei ein Fachmann immer bestrebt, das bestmögliche Material zu verwenden, er würde daher zweifellos ein geschlossenporiges Kunststoffmaterial auswählen, da dessen Vorteil, kein Wasser aufzunehmen, auf der Hand liege. E1 offenbare ebenfalls einen Gurt für Lasttiere, bestehend aus einem Gewebeschlauch mit einem Polsterkörper aus Schaumstoff, der auch das Polstermaterial lose im Schlauchinneren aufnehme. Daher sei der beanspruchte Gegenstand ausgehend von E24 oder E25 sowohl durch E27 als E1 nahegelegt.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat dem widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

In E27 fehle es an der für die Erfindung wesentlichen Ausbildung des Polsterkörpers als geschlossenporiger Kunststoffmaterialkern, wie dies auch für die gewünschte relative Beweglichkeit zwischen dem geschlossenporigen Kunststoffmaterial-Flachkörper und dem umgebenden Schlauch aus synthetischem Fasermaterial wesentlich sei. E1 zeige weder einen Schlauch aus gewebtem synthetischem Fasermaterial noch einen Polstergurt, in dem ein flacher formbeständiger und aus einem geschlossenporigen Kunststoffmaterial bestehender Polsterkörper aufgenommen sei. Vielmehr zeige die Diskussion des Standes der Technik in E1, dass rechteckige Schaumstoffeinlagen vermieden werden sollten.

Diese Entgegenhaltungen könnten daher nicht zu der beanspruchten Erfindung führen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise auf der Basis der Hilfsanträge 2 bis 6 eingereicht mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2008, aufrechtzuerhalten.

V. Die Ansprüche 1 und 18 des Hauptantrags lauten wie folgt:

"1. Halte- und Führungsmaterial für Hunde, bestehend zumindest teilweise aus einem gewebten Schlauch (1) aus einem synthetischen Fasermaterial, in dem zumindest abschnittsweise ein flacher, formbeständiger Polsterkörper (5) aus einem geschlossenporigen Kunststoffmaterial aufgenommen ist, dessen Breite wenigstens 50 % einer Breite des gewebten Schlauches beträgt und geringer ist als eine halbe Innenumfanglänge des gewebten Schlauches und der Polsterkörper (5) zwanglos im Schlauchinnenraum aufnehmbar ist, derart, dass ein Anlageabschnitt (2) und ein Außenabschnitt (3) zwanglos an entsprechenden Seitenflächen des Polsterkörpers (5) anliegen, und der Anlageabschnitt (2) und der Außenabschnitt (3) gegeneinander lateral verschiebbar sind."

"18. Hundegeschirr, bestehend aus einem Halte- oder Führungsmaterial für Hunde nach zumindest einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 17, gekennzeichnet durch eine Halsgurteinrichtung, verbunden mit einem unteren Längsgurt (11) und einem oberen Längsgurt (18), die ihrerseits mit einem, durch zumindest eine Verschlusseinrichtung (15,15') zu einem geschlossenen Ringkörper verbindbaren Haltegürtel (13) verbunden sind."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit:

2.1 In Einklang mit den Parteien hält die Kammer E24 oder E25 für den nächstkommenden Stand der Technik.

Diese Druckschriften offenbaren Halte- und Führungsmaterial für Hunde, die aus einem gewebten Schlauch aus synthetischem Fasermaterial bestehen.

2.2 Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe kann darin gesehen werden, einen erhöhten Tragekomfort für das Tier und einen erhöhten Handhabungskomfort für den Tierhalter zu gewährleisten (siehe Abschnitt [0009] der Patentschrift).

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß insbesondere dadurch gelöst, dass der Polsterkörper aus geschlossenporigem Kunststoffmaterial besteht, und dass ein Anlageabschnitt und ein Außenabschnitt des Schlauches zwanglos an entsprechenden Seitenflächen des Polsterkörpers anliegen, und gegeneinander lateral verschiebbar sind. Das geschlossenporige Material wirkt einer Wasseraufnahme des Polsterkörpers entgegen, vermindert die Trocknungszeit, schafft eine Schwimmhilfe (Patentschrift Absatz [0025]) und erleichtert das Einziehen des Polsterkörpers in den Schlauch. Die laterale Verschiebbarkeit des Anlageabschnitts und des Außenabschnitts des Schlauches am Polsterkörper verhindern das Auftreten von Lastkonzentrationen (Spalte 2, Zeilen 12 bis 16).

2.3 E27 offenbart einen gepolsterten Gurt aus einem textilen Gewebeschlauch, der aus synthetischem Fasermaterial bestehen kann, und mit einem weichen porösen Kunstschaumstoff oder Schwammgummi gefüllt ist, wobei die Breite des Polsterkörpers wenigstens 50 % einer Breite des gewebten Schlauches beträgt und geringer ist als eine halbe Innenumfanglänge des gewebten Schlauches und der Polsterkörper zwanglos im Schlauchinnenraum aufnehmbar ist (Seite 1, zweiter Absatz; Anspruch 1; Figur 5).

E27 ist aber nicht zu entnehmen, in dem Schlauch ein geschlossenporiges Kunststoffmaterial einzusetzen, das vorteilhaftig im vorgesehenen Einsatz ist, insbesondere ein dichte Oberfläche aufweist, sodass eine mögliche Wasseraufnahme des Gurtes wesentlich vermindert wird, und in Verbindung mit einer verhältnismäßig glatten Innenfläche des Schlauchmaterials Relativbewegungen zwischen diesen begünstigt.

Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass "porös" "aus porigem Material" bedeute, dieses Material aber sowohl offenporig als geschlossenporig sein könne.

Dieser Auslegung kann die Kammer nicht zustimmen. "Porös" bedeutet normalerweise durchlässig, mit kleinen Löchern versehen. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall bei einem geschlossenporigen Kunststoffmaterial gemäß der Erfindung, das der Wasseraufnahme des Polsterkörpers entgegenwirkt, die Trocknungszeit vermindert und eine Schwimmhilfe schafft (siehe Absatz [0025] der Patentschrift).

Die Beschwerdeführerin hat ferner die Ansicht vertreten, es stünden dem Fachmann nur zwei Alternativen zur Verfügung, offen- oder geschlossenporig. Es sei für ihn daher naheliegend, die eine oder die andere Alternative auszuwählen. Diesem Vortrag kann die Kammer nicht zustimmen. Es wäre für einen Fachmann nicht offensichtlich, in E27 das poröse Material durch ein geschlossenporiges zu ersetzen, weil die Eigenschaft "porös" im Anspruch 1 von E27 angegeben, und daher ein wesentliches Merkmal der dort dargestellten Erfindung ist.

2.4 E1 offenbart einen gepolsterten Gurt aus einem textilen Gewebeschlauch, der für Lasttiere geeignet ist, und aus synthetischem Fasermaterial bestehen kann (Spalte 3, Zeilen 10 bis 26). Der Polsterkörper besteht aus Garnsträngen aus Kräuselgarn aus Kunststoffmaterial, die lose im Gewebeschlauch aufgenommen sind, sich jedoch wegen ihrer voluminösen Bauschigkeit gegeneinander nicht verschieben können (Spalte 4, Zeilen 19 bis 32). Somit führt die Lehre von E1 vom Einsatz von formbeständigen Polsterkörpern weg.

Im in E1 diskutierten Stand der Technik werden auch Gurte aus einstückig gewebtem Schlauchgewebe, in die ein Polstermaterial in Gestalt von im Querschnitt rechteckigen Schaumstoffstreifen eingezogen ist, beschrieben. Solche Gurte haben jedoch problematische Eigenschaften, insbesondere neigen die Kanten des rechteckigen Querschnitts zur Herbeiführung von Scheuerstellen (Spalte 2, Zeilen 2 bis 9 und 18 bis 25).

Es ist dieser Passage jedoch nicht zu entnehmen, ob die bekannten Schaumstoffstreifen geschlossenporig sind. Es ist auch nicht angegeben und sogar zweifelhaft, ob nach dem Einbringen des Polsterkörpers der Anlageabschnitt und der Außenabschnitt des Schlauches noch gegeneinander lateral verschiebbar sind (insbesondere unter Berücksichtigung der angegebenen Nachteile).

Die Beschwerdeführerin hat zwar vorgetragen, dass in E1 die Schaumstoffstreifen eingezogen werden, also zwanglos im Schlauchinneren aufnehmbar seien; diese Feststellung sag jedoch nichts darüber aus, ob nach dem Einziehen die Schaumstoffstreiben zwanglos verbleiben oder festgelegt werden.

In E3 wird angegeben, dass in E1 die Einlage bzw. das Bündel von flauschigen Schnüren, sowie die Schaumgummi Einlage eines Gurtes gemäß einer weiteren Druckschrift, die Tendenz haben sich im Schlauch zu verschieben. Diese Feststellungen betreffen keineswegs den in E1 als dem Stand der Technik angehörigen Gurt und lassen daher keinen Schluss auf das Verhalten dieses spezifischen Gurtes zu.

Die Beschwerdeführerin hat weiter versucht geltend zu machen, dass aus E26 Gurte mit einem Polsterkörper aus geschlossenporigem Schaumstoff bekannt seien. Der verwendete Polsterkörper aus aufgeschäumten kreuzweise vernetzten Polyethylen ("foam cross-linked expanded polyethylene") wird jedoch als schwammartiges, formgebendes und kompressibles Polstermaterial bezeichnet ("compressible sponge like resilient material which gives shape and substance to the girth" vgl. Seite 2, Zeilen 36 bis 38) wobei es sich hierbei um ein offenzelliges oder offenporiges Material von gewisser Saugfähigkeit als Polstermaterial handelt. Eine solche Feuchtigkeitsaufnahmefähigkeit der Polsterung ist für den Gegenstand des Streitpatents jedoch gerade unerwünscht.

Die Druckschrift E26 führt daher auch Kombination mit einer der Entgegenhaltungen E24 (E25) nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.

2.5 Aus alledem folgt, dass keine Kombination der Druckschriften E24(E25) mit den Entgegenhaltungen E26, E27, E1 oder E3 zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag führt, der somit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung: Spalten 1a und 1b wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

Spalten 2 bis 8 des Patents wie erteilt;

Ansprüche: 1 bis 23 gemäß Hauptantrag wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

Zeichnungen: Figuren 1 bis 3 des Patents wie erteilt.

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