European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T024707.20080612 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Juni 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0247/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02004817.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 33/30 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anordnung mit verformbarer Matte zur Herstellung von dreidimensionalen Bauteilen und Verfahren zu ihrer Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag, nein; Hilfsantrag 1, ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 02 004 817.9 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 mit dem Gegenstand des Anspruchs 9 nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sei (Artikel 82 EPÜ) und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ).
III. Am 12. Juni 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
a) Ansprüche 1 bis 9, eingereicht als Hauptantrag am 7. Mai 2008,
b) Ansprüche 1 bis 7, eingereicht als Hilfsantrag 1 während der mündlichen Verhandlung,
c) Ansprüche 1 bis 7, eingereicht als Hilfsantrag 2 am 7. Mai 2008.
V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Anordnung einer verformbaren Matte mit einer Dichte im Bereich zwischen 0,5 g/cm**(3) bis 3 g/cm**(3) und einem Elastizitätsmodul im Bereich von 2 - 30 N/mm**(2) zur Herstellung von dreidimensionalen Bauteilen, wobei die Matte auf höhenverstellbaren Stützelementen aufliegt und das herzustellende Bauteil trägt."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"1. Anordnung zur Herstellung von dreidimensionalen Bauteilen, umfassend eine verformbare Matte, die auf höhenverstellbaren Stützelementen aufliegt und das [zu] herzustellende Bauteil trägt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Matte (5) aus einem Zweikomponenten-Material auf Silikonbasis besteht und eine Dichte im Bereich zwischen 0,5 g/cm**(3) und 3 g/cm**(3)und einen Elastizitätsmodul im Bereich von 2 - 30 N/mm**(2)aufweist."
Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"7. Verfahren zur Herstellung einer verformbaren Matte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Zweikomponenten-Material auf Silikonbasis in einen Rahmen gefüllt wird, der auf einer ebenen Platte steht, dass anschließend eine Deckplatte auf außerhalb des Rahmens angeordneten Abstandselementen aufgelegt wird, wobei die Abstandselemente höher sind als der Rahmen und dass der Rahmen zwischen den beiden Platten vollständig mit Material ausgefüllt wird."
VI. Im Beschwerdeverfahren wurden insbesondere die Dokumente
D1: DE-A-198 10 478 und
D7: Sahlberg Industrie-Handbuch, 1998, Seiten B8 und B9
berücksichtigt.
VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
Dokument D1 zeige eine Anordnung mit verstellbaren Stempeln und einer daraufgelegten Matte, die beispielsweise aus Moosgummi bestehen könne. Eine solche Anordnung diene der Prototypenfertigung, insbesondere der Fertigung vom Plexiglasteilen. Moosgummi sei jedoch zu weich, hänge deshalb zwischen den Stempeln durch oder wölbe sich bei stärkeren Krümmungen durch den Druck der Stempel nach oben. Man habe deshalb nach einem anderen Material für die Matte gesucht. Versuche hätten dabei ergeben, dass sich ein Material mit den im Anspruch 1 angegebenen Werten von Dichte und Elastizität besser eigne. Dokument D7 enthalte lediglich Angaben zum spezifischen Gewicht, das sich von der Dichte um den Faktor 9,81 unterscheide, womit sich in diesem Dokument für Moosgummi eine Dichte von etwa 0,03 bis etwa 0,08 ergebe. Dokument D1 enthalte aber keine Angaben zum Elastizitätsmodul von Moosgummi. Mit den Dokumenten D1 und D7 komme ein Fachmann somit nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Hilfsantrag 1
Ein Zweikomponenten-Material auf Silikonbasis habe sich bei den genannten Versuchen als besonders vorteilhaft erwiesen. Es habe eine hohe Temperaturleitfähigkeit und eigne sich deshalb besonders in Zusammenhang mit Plexiglas, das zur Verformung erwärmt, zur Beibehaltung der Form aber schnell wieder abgekühlt werden müsse, um ein Aufwölben der Ränder zu vermeiden. Man könne mit dem erfindungsgemäßen Material somit auf eine zusätzliche Beschwerungsmatte beim Abkühlvorgang verzichten. Außerdem habe Silikonmaterial günstige Oberflächeneigenschaften und sei sehr langlebig. Die Materialauswahl gemäß Anspruch 1 stelle deshalb eine erfinderische Tätigkeit dar.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Dokument D1 zeigt eine Anordnung einer verformbaren Matte zur Herstellung von dreidimensionalen Bauteilen, wobei die Matte auf höhenverstellbaren Stützelementen aufliegt und das herzustellende Bauteil trägt. Diese Anordnung dient der Formung von Plexiglasteilen bei einer Prototypenherstellung (vgl. Patentanspruch 1 und die Figuren). Als Material für die Matte wird in Dokument D1 Moosgummi vorgeschlagen (vgl. Spalte 2, Zeilen 11 bis 13). Nach Aussage der Beschwerdeführerin hat sich dieses Material in der Praxis nicht bewährt, weil es zu weich ist. Die Aufgabe der vorliegenden Anmeldung ist deshalb darin zu sehen, ein besser geeignetes, also festeres, Material zu finden.
Gemäß Dokument D7 hat Moosgummi eine Dichte im Bereich von 0,35 bis 0,8 g/cm**(3) (vgl. Seite B9). Es ist zwar in diesem Dokument die Rede von spezifischem Gewicht, die in Zusammenhang damit verwendete Maßeinheit g/cm**(3)ist jedoch die Einheit für die Dichte. Sollten bei einem Fachmann bezüglich der Angaben zur Materialdichte im Dokument D7 Zweifel bestehen, obwohl er aufgrund seines allgemeinen Fachwissens weiß, dass die Dichte von Moosgummi nicht in dem von der Beschwerdeführerin genannten Bereich von 0,03 bis 0,08 liegen kann, so kann er sich anhand anderer einschlägiger Literatur leicht davon überzeugen, dass die Angaben in Dokument D7 tatsächlich die Dichte betreffen und dass die Dichte von Moosgummi tatsächlich im Bereich der in Dokument D7 aufgeführten Werte liegt. Die Kammer hält es wegen der Offensichtlichkeit der Angaben in Dokument D7 nicht für notwendig, auf eine weitere Literaturstelle zu verweisen.
Der Dichtebereich für Moosgummi und der Dichtebereich der Matte gemäß Anspruch 1 überlappen sich im Bereich von 0,5 bis 0,8 g/cm**(3). Daraus ist zu schließen, dass die von der Beschwerdeführerin festgestellte mangelnde Eignung von Moosgummi als Material für die Matte in erster Linie von der Elastizität des Materials herrührt. Sollte sich Moosgummi, das allgemein als weiches Kautschukmaterial bekannt ist, als nicht ausreichend fest erweisen, wird der Fachmann aufgrund rein fachmännischer Überlegungen die Verwendung von (Kautschuk-) Materialien mit etwas höherer Festigkeit in Betracht ziehen und damit, nach Auffassung der Kammer, auch Materialien mit einem Elastizitätsmodul innerhalb des in Anspruch 1 angegebenen Bereichs in Betracht ziehen. In diesem beanspruchten, eine Größenordung umfassenden Bereich finden sich, wie allgemein bekannt, typischerweise Gummimaterialien. Es konnte seitens der Anmelderin auch nicht gezeigt werden, dass Moosgummi hinsichtlich seines Elastizitätsmoduls signifikant außerhalb des jetzt nun beanspruchten Bereichs liegt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2. Hilfsantrag 1
2.1 Der technische Unterschied zwischen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 besteht darin, dass in letzterem zusätzlich angegeben ist, dass die Matte aus einem Zweikomponentenmaterial auf Silikonbasis besteht.
Der in der Recherche zur vorliegenden Anmeldung ermittelte Stand der Technik gibt keine Hinweise, die einen Fachmann veranlassen könnten, aus der Vielzahl der durch den im Anspruch angegebenen Dichte- und Elastizitätsbereich erfassten Materialien gerade ein Zweikomponentenmaterial auf Silikonbasis auszuwählen. Auch wenn die thermischen Eigenschaften der Matte im Hinblick auf das Formen von Plexiglasteilen vom Fachmann als wichtiges Kriterium erkannt werden, so führt dies nicht zwangsläufig zu einem Zweikomponentenmaterial auf Silikonbasis. Die Verwendung dieses Materials für die verformbare Matte ist deshalb auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens als eine nicht naheliegende Auswahl zu betrachten.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.2 Die in Anspruch 7 gemäß Hilfsantrag 1 angegebenen Verfahrensschritte sind in Zusammenhang mit der Herstellung einer verformbaren Matte unter Verwendung eines Zweikomponentenmaterials auf Silikonbasis aus dem vorliegenden Stand der Technik nicht bekannt und auch nicht nahegelegt.
Aus diesem Grunde beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 7 gemäß Hilfsantrag 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht während der mündlichen Verhandlung (der im Zitat des Anspruchs 1 in Absatz V oben in eckige Klammern gesetzte Ausdruck ist dabei zu streichen),
- Beschreibung: Seiten 1 bis 5, eingereicht während der mündlichen Verhandlung,
- Zeichnung: Figuren 1a, 1b, 2a bis 2c, 3, wie ursprünglich eingereicht.