T 0180/07 () of 30.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T018007.20090130
Datum der Entscheidung: 30 Januar 2009
Aktenzeichen: T 0180/07
Anmeldenummer: 98123075.8
IPC-Klasse: G01C 21/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kraftfahrzeug mit einem Navigationssystem
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Peugeot Citroen Automobiles S.A.
DaimlerChrysler AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 932 023 durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 11. Januar 2007.

II. Mit der am 31. Januar 2007 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Beschwerdeschrift hat die Patentinhaberin gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 19. Mai 2007 eingereicht.

III. Mit dem Einspruch war das Patent, gestützt auf die in Art. 100(a) in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ 1973 aufgeführten Einspruchsgründe, angegriffen worden. Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren wurden unter anderem folgende Druckschriften zitiert:

E1: US-A-5 247 440

E3: DE-A1-4 224 536

E8: DE-C2-3 233 833.

IV. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass ausgehend von der Offenbarung aus der Druckschrift E1, welche als nächster Stand der Technik betrachtet wurde, der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Art. 56 EPÜ 1973 beruhte.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent auf der Basis der der Beschwerde beiliegenden Anspruchsfassungen (Haupt- und 1. Hilfsantrag) aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.

VI. Die Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) haben sich nicht zur Beschwerde geäußert.

VII. In einer Mitteilung der Technischen Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 Absatz 1 VerfOBK vom 18. Dezember 2008 hat die Kammer zur mündlichen Verhandlung am 4. März 2009 geladen.

VIII. Daraufhin hat die Beschwerdeführerin in einer am 14. Januar 2009 per Telefax eingegangenen Eingabe erklärt, dass der Antrag auf hilfsweise Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen werde und Entscheidung nach Lage der Akten beantragt werde. Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde deshalb aufgehoben.

IX. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Kraftfahrzeug mit einem Navigationssystem, welches einen Empfänger (10) und eine mit diesem verbundene Auswerteeinheit (14) zum Auswerten von empfangenen Navigationsdaten zum Bestimmen von Positionsdaten einer aktuellen Position des Fahrzeuges aufweist, und eine mit der Auswerteeinheit (14) verbundene Landbestimmungseinrichtung (16) vorgesehen ist [sic], welche aus den Positionsdaten bestimmt, in welchem Land sich das Fahrzeug in der aktuellen Position befindet,

dadurch gekennzeichnet, dass

ein mit der Landbestimmungseinheit (16) verbundenes Steuergerät (24) vorgesehen ist, welches in Abhängigkeit

von dem von der Landbestimmungseinrichtung (16) bestimmten Land die Maßeinheit einer Geschwindigkeitsanzeige und/oder die Maßeinheit einer Wegstreckenanzeige einstellt".

Die Ansprüche 2 bis 11 des Hauptantrags sind abhängige Ansprüche.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:

"Kraftfahrzeug mit einem Navigationssystem, welches einen Empfänger (10) und eine mit diesem verbundene Auswerteeinheit (14) zum Auswerten von empfangenen Navigationsdaten zum Bestimmen von Positionsdaten einer aktuellen Position des Fahrzeuges aufweist, und eine mit der Auswerteeinheit (14) verbundene Landbestimmungseinrichtung (16) vorgesehen ist [sic], welche aus den Positionsdaten bestimmt, in welchem Land sich das Fahrzeug in der aktuellen Position befindet,

dadurch gekennzeichnet, dass ein mit der Landbestimmungseinheit (16) verbundenes Steuergerät (24) vorgesehen ist, welches in Abhängigkeit von dem von der Landbestimmungseinrichtung (16) bestimmten Land die Maßeinheit einer Geschwindigkeitsanzeige und/oder die Maßeinheit einer Wegstreckenanzeige einstellt, dass eine Speichereinrichtung (18) vorgesehen ist, in welcher für vorbestimmte Länder jeweils ein vorbestimmter Satz von länderspezifischen Kraftfahrzeug-Parametereinstellungen gespeichert ist, welcher entsprechend dem von der Landbestimmungseinrichtung (16) bestimmten Landes [sic] abgerufen wird, so daß die entsprechende länderspezifische Kraftfahrzeug-Parametereinstellung, welche dem aktuell von der Landbestimmungseinrichtung (16) bestimmten Land entspricht, eingestellt ist, und dass das mit der Landbestimmungseinrichtung (16) verbundene Steuergerät (24) oder ein weiteres Steuergerät in Abhängigkeit von dem von der Landbestimmungseinrichtung bestimmten Land weitere Kraftfahrzeugparameter einstellt, wobei die weiteren Kraftfahrzeugparameter eine Schließsystemeinstellung und/oder ein Schaltzustand von Kraftfahrzeugbeleuchtungen sind".

Die Ansprüche 2 bis 8 des Hilfsantrags sind abhängige Ansprüche.

X. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Ansprüche des Hauptantrags entsprechen den dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Ansprüchen nach Hauptantrag. Die Neuheit des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wurde in der Entscheidung nicht in Zweifel gezogen. Zur erfinderischen Tätigkeit ist es unstrittig, dass die Druckschrift El den Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart. Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem in El Offenbarten durch die Merkmale des Kennzeichens. Diese aus El nicht bekannten Merkmale sind nach Ansicht der Einspruchsabteilung äquivalent zu der Aussage, "dass die Maßeinheit einer Geschwindigkeitsanzeige und/oder die Maßeinheit einer Wegstreckenanzeige in Abhängigkeit des Landes automatisch eingestellt werden". Eine solche Simplifizierung ist nicht zulässig und berücksichtigt nicht die tatsächliche technische Ausgestaltung des Kennzeichens des Anspruchs 1. Die Druckschrift El betrifft ein ortsabhängiges Kraftfahrzeugsteuersystem zur automatischen Einstellung bestimmter Kraftfahrzeugparameter beispielsweise in Abhängigkeit von der örtlichen Gesetzgebung. In der gesamten Druckschrift El ist nun an keiner Stelle ein Hinweis auf eine Einstellung der Maßeinheit für eine Geschwindigkeitsanzeige oder diejenige einer Wegstreckenanzeige zu entnehmen. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da es sich bei der Druckschrift El um eine US-Patentanmeldung handelt und die in den USA ausschließlich verwendete Maßeinheit für Geschwindigkeit und Entfernung die Meile/Stunde bzw. Meile ist. Metrische Maßeinheiten für diese Größen sind in den USA gänzlich unbekannt und es stellt sich daher nicht die Frage der Umschaltung von Maßeinheiten für Geschwindigkeit und Wegstrecke von Meile/Stunde in Kilometer/Stunde bzw. Meile in Kilometer. Die Ansicht der Einspruchsabteilung, es ließe sich aus der Offenbarung der El, nämlich dass beim Betrieb des Fahrzeugs lokale Vorschriften wie Geschwindigkeitsbeschränkungen zu befolgen seien, nun folgern, dass damit auch die Maßeinheiten für Geschwindigkeitsbeschränkungen umschaltbar sein müssten, ist rein spekulativ und nicht von der Offenbarung der El gedeckt. Sie gründet sich nur auf eine rückschauende Betrachtungsweise in Kenntnis der Erfindung. Folglich kann der Fachmann der E1 keinen Hinweis auf die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag entnehmen, insbesondere auf die länderspezifische Umschaltung zwischen verschiedenen Maßeinheiten hinsichtlich Geschwindigkeit und Wegstrecke mittels eines Steuergeräts. Demgegenüber beschreibt Druckschrift E8 ein Rechnersystem eines Kraftfahrzeuges, welches mittels einer Eingabe über einen Tastschalter in der Lage ist, die Maßeinheiten für Geschwindigkeit und zurückgelegte Wegstrecke zwischen Meilen und Kilometern umzurechnen und in der Anzeige darzustellen. Der E8 sind folglich weder der Oberbegriff des Anspruchs 1 noch die Merkmale, dass ein mit der Landbestimmungseinheit verbundenes Steuergerät vorgesehen ist, welches in Abhängigkeit von dem von der Landbestimmungseinrichtung bestimmten Land Einstellungen vornimmt, zu entnehmen. Der Fachmann kann der E8 einzig entnehmen, dass ein Rechner auf Anforderung, nämlich Tastendruck, eine Umrechnung zwischen Meilen und Kilometern vornimmt, um den Fahrzeugführer zu entlasten. Da nun der Fachmann weder der Druckschrift E8 einen Hinweis auf die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs noch der Druckschrift El einen Hinweis auf die oben genannten fehlenden Merkmale entnehmen kann, besteht für den Fachmann keine Veranlassung, beide Druckschriften miteinander zu kombinieren. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Anmeldetag der El der 3. Mai 1991 ist, derjenige der E8 der 11. September 1982, während das Streitpatent am 10. Dezember 1998 angemeldet wurde. Der Fachmann hatte offenbar über 7 Jahre keine Veranlassung, die zum Anmeldezeitpunkt der El bereits fast 10 Jahre ältere Druckschrift E8 mit der El zu kombinieren, um so angeblich zum Gegenstand der Erfindung zu gelangen. Die von der Einspruchsabteilung herangezogene, von der Erfindung angeblich zu lösende Aufgabe, nämlich den Bedienkomfort für das Einstellen eines weiteren länderspezifischen Parameters zu erhöhen, zeigt die rückschauende Betrachtungsweise. Diese Aufgabenstellung ist erkennbar darauf gerichtet, den erfinderischen Schritt bereits im Vorfeld herabzusetzen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag entspricht einer Zusammenfassung der Ansprüche 1, 3 und 4 der Ansprüche nach Hilfsantrag 1 vom 8. November 2006. Die Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den Ansprüchen 2, 5 bis 10 mit entsprechend geänderten Rückbezügen der Ansprüche nach diesem Hilfsantrag. Auch die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag lassen sich der Entgegenhaltung El nicht entnehmen. Weder ist der El zu entnehmen, dass die Einstellung über Sätze länderspezifischer Parameter erfolgt, die in einer Speichereinrichtung abgespeichert sind, noch dass außer den Parametern betreffend die Maßeinheiten für Geschwindigkeit und Wegstrecke weitere Kraftfahrzeugparameter, nämlich die einer Schließsystemeinstellung und/oder ein Schaltzustand von Kraftfahrzeugbeleuchtungen, eingestellt werden. Zwar wird auf Seite 7 der Entscheidung hinsichtlich des ersten Hilfsantrags zutreffend ausgeführt, dass der El ein "local law memory", eine "local jurisdiction zone associated with vehicle location" sowie ein "determine local law requirements" zu entnehmen sind. Aus diesen allgemeinen Offenbarungen jedoch mit Hilfe des Fachmanns die in den weiteren Merkmalen niedergelegten technischen Realisierungen ableiten zu wollen, wie dies die Einspruchsabteilung vornimmt, ist spekulativ. So ist das "local law memory" zwar unbestritten ein Speicher, jedoch kann dieser nicht mit dem Speicher für länderspezifische Kraftfahrzeug-Parameter gleichgesetzt werden, insbesondere da aus der El die Verwendung von Parametersätzen nicht hervorgeht. Hinsichtlich dieser technischen Merkmale offenbart die Druckschrift El daher nichts. Folglich ist Anspruch 1 nach Hilfsantrag neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt. Dies gilt auch für Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag, welcher die Merkmale der Ansprüche 1, 3 und 4 des Hilfsantrags 1 aus der Entscheidung kombiniert, sowie für letztere Ansprüche, die nach Meinung der Einspruchsabteilung ebenso gemäß Art. 123(2) EPÜ zulässig waren.

3. Patentierbarkeit - Hauptantrag

3.1 Neuheit

Die Neuheit des in Anspruch 1 definierten Gegenstandes war weder von den Einsprechenden, noch von der Einspruchsabteilung in Frage gestellt worden.

3.2 Erfinderische Tätigkeit

3.2.1 Nach Auffassung der Einspruchsabteilung ist die Druckschrift E1 gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Diese Ansicht wurde von der Beschwerdeführerin geteilt. Es besteht Einigkeit, dass alle Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aus der Druckschrift E1 bekannt sind.

3.2.2 Außerdem offenbart diese Druckschrift nach Auffassung der Einsprechenden ein mit der Landbestimmungseinheit verbundenes Steuergerät. Dazu wurde im schriftlichen Einspruchsverfahren auf Spalte 2, Zeilen 18 - 20 ("automated control of operating parameters") und in der mündlichen Verhandlung auf Figur 2, nämlich OR-gates 202A, 202B, verwiesen, welche mit dem Landbestimmungseinheit 201 (Navigation post processing element) verbunden sind. Dieses Steuergerät stellt in Abhängigkeit von dem von der Landbestimmungseinrichtung bestimmten geographischen Ort und in Abhängigkeit der lokalen Gesetze Fahrzeugparameter (hier: die Fahrzeugbeleuchtung) ein. Außerdem kann dieses System weitere Einstellungen vornehmen, z.B. die automatische Auswahl von lokalen Rundfunksender (Spalte 2, Zeilen 15 bis 26) und kann den Fahrer bei einer Überschreitung der örtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit warnen. Deshalb stellt sich nach Verständnis der Kammer die Druckschrift E1 die Aufgabe, den Bedienkomfort für ein Fahrzeug zu erhöhen.

3.2.3 Demnach unterscheidet sich die Vorrichtung aus Anspruch 1 vom System aus der Druckschrift E1 dadurch, dass das mit der Landbestimmungseinheit verbundene Steuersystem weitere Maßeinheiten einstellt, nämlich die Maßeinheit einer Geschwindigkeitsanzeige und/oder die Maßeinheit einer Wegstreckenanzeige. Die technische Aufgabe kann deshalb darin gesehen werden, den Bedienkomfort für ein Kraftfahrzeug weiter zu erhöhen, zum Beispiel durch Heranziehen weiterer ortspezifischer Größen oder Parameter. Diese Aufgabe entspricht auch der in der Patentschrift gestellten Aufgabe, siehe Absatz [0006].

3.2.4 In Punkt 2 (Seite 6, 4. Absatz) ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung ausgeführt, dass in der Druckschrift E1 bereits ein Hinweis auf die Lösung dieser Aufgabe enthalten ist: Beim Betrieb des Fahrzeugs sind lokale Gesetze zu befolgen (Spalte 1, Zeilen 31 und 32; und Spalte 2, Zeilen 19 und 20 der E1), wobei besonders hervorgehoben wird, dass diese Gesetze Geschwindigkeitsbeschränkungen umfassen (Spalte 2, Zeilen 12 bis 14). Nach Auffassung der Einspruchsabteilung ist es, um Geschwindigkeits-beschränkungen korrekt befolgen zu können, zwingend notwendig, zwischen den jeweils geltenden Maßeinheiten unterscheiden zu können und diese korrekt einstellen zu können.

3.2.5 Da, laut Druckschrift E1, siehe Spalte 1, Zeile 15, moderne Fahrzeuge so entwickelt sind, dass diese überall auf der Erde eingesetzt werden können ("anywhere on the globe") und da die Vorrichtung aus der E1 ein mit der Landbestimmungseinheit verbundenes Steuergerät aufweist, ist es für den Fachmann selbstverständlich, dieses Steuergerät so abzuändern, dass für jedes Land auch die jeweils gültige Maßeinheit für Geschwindigkeit eingestellt wird, weil ansonsten die Angabe der Höchstgeschwindigkeit nicht eingehalten werden kann. Dies beinhaltet auch die Maßeinheit für die Wegstreckenlänge, da es ihm sonst nicht möglich ist abzuschätzen, wie lange er für eine bestimmte Strecke gebraucht hat oder brauchen wird. Für die Implementierung dieser Maßeinheiten in der Vorrichtung aus der E1 würde der Fachmann die Druckschrift E8 heranziehen, welche in Spalte 1, Zeilen 20 bis 29 offenbart: "Universelle Bordrechner sollen beispielsweise in der Lage sein, ... die Geschwindigkeit des Fahrzeugs einmal in Kilometer pro Stunde und ein anderes Mal in Meilen ... zu errechnen". Durch Implementierung dieser Maßnahmen in der Vorrichtung aus E1 (microcontroller 300, program memory 301) würde der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelangen.

3.2.6 Die Beschwerdeführerin hat eingewendet, dass es sich bei der Druckschrift E1 um eine US-Patentanmeldung handelt und dass die in den USA ausschließlich verwendete Maßeinheit für Geschwindigkeit und Entfernung Meile/Stunde bzw. Meile ist, weshalb sich die Aufgabe der Umschaltung dieser Maßeinheiten in der E1 gar nicht stellen würde. Dieser Ansicht vermag sich die Kammer nicht anzuschließen: Schon der Druckschrift E1 selbst, siehe Spalte 1, Zeilen 5 bis 15, ist zu entnehmen, dass es sich bei dieser Patentanmeldung um eine automatische Kontrolle von Fahrzeugparametern in Abhängigkeit der geographischen Position handelt, und dass moderne Fahrzeuge, und damit auch die Steuerung ihrer Parameter, überall in der Welt eingesetzt werden. Deshalb folgt die Kammer den Ausführungen der ersten Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2006 (siehe Seite 3, 2. Absatz des Abschrifts der Niederschrift), wonach "... das in der E1 beschriebene Steuerungssystem auch außerhalb der USA eingesetzt werde. Dann sei aber eine Umschaltung von Meilen auf Kilometer, bzw. mph auf Km/h erforderlich und somit für den Fachmann naheliegend. Geschwindigkeitsanzeigen mit einer Doppelanzeige in mph und Km/h gäbe es übrigens schon seit langer Zeit". Tatsächlich würde sich diese Frage sofort bei Grenzüberschreitung von der USA nach Kanada oder nach Mexiko stellen, da in diesen Staaten die Geschwindigkeit und Entfernung in Km/H bzw. Km angegeben wird.

3.2.7 Auch ist der Einwand der Beschwerdeführerin, dass die Kombination der Drückschriften E1 und E8 auf einer rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis der Erfindung beruhen würde, nicht überzeugend: Wie z.B. in den Richtlinien für die Prüfung, Kapitel CIV 11.7.2, erläutert wird, wird die Gefahr einer retrospektiven Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit durch eine korrekte Formulierung der zu lösenden objektiven technischen Aufgabe vermieden. Dazu darf die Aufgabe keine technischen Lösungsansätze enthalten. Bei dem in Punkten 3.2.1 - 3.2.3 supra diskutierten Ansatz sind solche "Lösungselemente" in die Formulierung der Aufgabe nicht eingegangen und wird nach Überzeugung der Kammer der Aufgabe-Lösungs-Ansatz korrekt angewandt.

3.2.8 Die Beschwerdeführerin hat zudem auf die Zeitspanne zwischen dem Anmeldetag der Druckschrift E1 (3. Mai 1991) und dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung (10. Dezember 1998) hingewiesen, wobei die Patentanmeldung E8 sogar 7 Jahre vor der E1 angemeldet worden war (11. September 1982). Daraus würde folgen, dass der Fachmann offensichtlich über 7 Jahre keine Veranlassung gehabt hätte, die Lehren der E1 und E8 zu kombinieren. Die Kammer vermag sich dieser Ansicht nicht anzuschließen: Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die maßgebliche Frage, ob, ausgehend vom nächsten Stand der Technik, die Lösung der technischen Aufgabe naheliegend war. Zeitüberlegungen sind für die Beurteilung einer erfinderischen Tätigkeit eher sekundäre Anzeichen. Im vorliegenden Fall ist der Zeitunterschied zwischen den jeweiligen Anmeldetagen der E1, E8 und der Patentanmeldung des Streitpatents nach Auffassung der Kammer kein Beleg für ein "technisches Vorurteil", das erst durch das Streitpatent ausgeräumt worden wäre. Schließlich gibt es keine Anzeichen für ein lange bestehendes Bedürfnis, dessen Lösung erst durch das Streitpatent vorgeschlagen worden wäre.

3.2.9 Der Hauptantrag ist deshalb nicht gewährbar.

4. Patentierbarkeit - 1. Hilfsantrag

4.1 Neuheit

Da Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag weiter eingeschränkt ist als Anspruch 1 des Hauptantrags, ist dessen Neuheit ebenfalls gegeben.

4.2 Erfinderische Tätigkeit

4.2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags enthält das weitere Merkmal, dass "das Steuergerät in Abhängigkeit von dem von der Landbestimmungseinrichtung bestimmten Land weitere Kraftfahrzeugparameter einstellt, wobei die weiteren Kraftfahrzeugparameter eine Schließsystemeinstellung und/oder ein Schaltzustand von Kraftfahrzeugbeleuchtungen sind."

4.2.2 Das Merkmal, dass der Parameter "Schaltzustand von Kraftfahrzeugbeleuchtung" vom Steuergerät eingestellt wird, ist aus der Druckschrift E1 bekannt, siehe Spalte 2, Zeilen 18 bis 20. Deshalb ist der Anspruchsgegenstand mit der Beanspruchung dieser bekannten Alternative ("und/oder") nicht erfinderisch.

4.2.3 Schließlich hatte die erste Einsprechende in Punkt XII ihrer Einspruchsschrift vom 25. November 2002 ausgeführt, dass die Druckschrift E3 ein Kraftfahrzeug mit einem Navigationssystem und einer mit der Auswerteeinheit verbundenen Landbestimmungseinrichtung offenbart, welches ein Steuergerät aufweist, das eine Schließsystemeinstellung überwacht. Damit würde selbst eine Beschränkung auf diese Alternative keine erfinderische Tätigkeit beinhalten.

5. Die Anträge der Beschwerdeführerin sind deshalb zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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