European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T017607.20080417 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 April 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0176/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98962331.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 5/46 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Nadelanordnung | ||||||||
Name des Anmelders: | Sanofi-Aventis Deutschland GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Novo Nordisk A/S | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit (ja) Unzulässige Erweiterung (nein) Erfinderische Tätigkeit (ja, nach Änderungen) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentanmelderin (Beschwerdeführerin I) hat am 30. Januar 2007 gegen die am 29. Dezember 2006 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1 032 446 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am 1. Februar 2007 entrichtet und die Beschwerdebegründung am 8. Mai 2007 eingereicht.
II. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin II) hat am 21. Februar 2007 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr ebenfalls Beschwerde eingelegt und diese am 26. April 2007 begründet.
III. Der Einspruch wurde auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) sowie Artikel 100 c) EPÜ gestützt. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung war der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß
D1 = WO - A - 93/16746.
Den Gegenstand des damals geltenden 1. Hilfsantrags hielt sie dagegen für gewährbar.
IV. Neben D1 sind folgende Dokumente für die vorliegende Entscheidung relevant:
D9 = US - A - 5 292 314 und
D16 = US - A - 2 677 373.
V. Am 17. April 2008 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin I beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags III sowie den in der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Ansprüchen 2 - 13, der dort aufrechterhaltenen Beschreibung und den erteilten Zeichnungen.
Die Beschwerdeführerin II beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents, hilfsweise Zurückverweisung an die erste Instanz zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Hilfsantrags III.
VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags III hat folgenden Wortlaut:
"Nadelanordnung für ein Injektionsgerät (16), mit einem am proximalen Ende des Injektionsgerätes (16) vorgesehenen Außengewinde (18), mit einem Kanülenträger (10), an dem eine Kanüle (12) befestigt ist, und der durch ein Innengewinde (20) am Kanülenträger (10) zur lösbaren Befestigung am Injektionsgerät (16) ausgebildet ist, mit einer auf dem Kanülenträger (10) etwa parallel zur Längserstreckung der Kanüle (12) verschiebbar angeordneten ersten Kappe (32), welche an ihrem proximalen Endabschnitt eine Durchtrittsöffnung (42) für die Kanüle (12) aufweist und in ihrer proximalen Endstellung die Kanüle (12) im wesentlichen verdeckt, mit einer zwischen Kanülenträger (10) und verschiebbarer erster Kappe (32) angeordneten Druckfeder (26) zum Verschieben der ersten Kappe (32) in diese proximale Endstellung, wobei die Nadelanordnung eine als Abdeckkappe (66) und als Montagehilfe zum Aufschrauben der Nadelanordnung auf das Injektionsgerät (16) ausgebildete zweite Kappe umfasst, welche die verschiebbare erste Kappe (32) die Kanüle und den Kanülenträger (10) umschließt und auf ihrer offenen Seite durch ein vom Benutzter abnehmbares Verschlussglied (71) verschlossen ist, so dass Abdeckkappe (66) und Verschlussglied (71) die erste Kappe (32), die Kanüle (12) und den Kanülenträger (10) steril umschließen, wobei die zweite Kappe (66) an ihrer zylindrischen Innenausnehmung drei Längsnuten (70) aufweist, welche gleichmäßig am Umfang der Innenausnehmung (68) verteilt und so bemessen sind, dass sie über drei Anschlagteile des Kanülenträgers (56, 56', 56'') geschoben werden können."
VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin I im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Der neue Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sei als direkte Reaktion auf die während der mündlicher Verhandlung vorgetragenen Einwendungen vorgelegt worden und daher zulässig.
Der Anspruch sei klar, von der ursprünglichen Offenbarung gestützt und sein Gegenstand beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VIII. Die Beschwerdeführerin II hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin I widersprochen und Folgendes vorgebracht:
Anspruch 1 des Hilfsantrags III sei verspätet eingereicht worden. Er sollte daher nicht mehr berücksichtigt werden.
Außerdem erfülle dieser Anspruch nicht die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 84 EPÜ.
Aus der ursprünglichen Offenbarung sei lediglich zu entnehmen, dass die Längsnuten der zweiten Kappe mit Anschlagteilen zusammenwirkten mittels derer die Einstichtiefe der Kanäle eingestellt werden könne. Anspruch 1 enthalte jedoch keine funktionelle Beschränkung für die Anschlagteile. Vielmehr lasse der Anspruch offen, wofür die Anschlagteile vorgesehen seien. Außerdem sei auch die zylindrische Innenausnehmung der zweiten Kappe ursprünglich ausschließlich in Zusammenhang mit einem zylindrischen Gegenstück der ersten Kappe offenbart worden, während sie im Anspruch 1 ohne dieses Gegenstück beansprucht werde. Folglich basiere der Anspruch auf einer unzulässigen, ursprünglich nicht offenbarten Verallgemeinerung des Anmeldegegenstandes.
Da dem Anspruch nicht zu entnehmen sei, wofür die Anschlagteile dienten, sei auch unklar, was damit überhaupt gemeint sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe darüber hinaus auf keiner erfinderischen Tätigkeit angesichts D1 oder einer Kombination der Lehren von D9 und D16.
Die Figuren 1 - 4 der D1 offenbarten bereits eine Nadelanordnung, von der sich die beanspruchte Nadelanordnung lediglich dadurch unterscheide, dass die zweite Kappe die erste Kappe und den Kanülenträger ganz umschließt, dass ein Verschlussglied für die zweite Kappe vorhanden ist, dass die Außen- und Innengewinde an Kanülenträger und Injektionsgerät vertauscht sind und dass drei Längsnuten und Anschlagteile statt einer Längsnute und einem Anschlagteil vorhanden sind. Diese Merkmale seien jedoch naheliegend. Insbesondere sei die Verwendung einer die zweite Kappe vollständig umschließenden ersten Kappe mit einem Verschlussglied durch Figur 5 von D1 nahegelegt. Ferner sei der Übergang von einer Längsnute und einem Anschlagteil zu drei Längsnuten und drei Anschlagteilen und die Umkehrung der Gewindeanordnungen Maßnahmen, die vom Fachmann vorgenommen werden könnten, ohne dass er erfinderisch tätig werden müsse. Da die unterscheidenden Merkmale keinen kombinatorischen Effekt erkennen ließen, könne auch deren Kombination keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Von der in den Figuren 5 - 8 der D1 gezeigten Nadelanordnung unterscheide sich der Anspruchsgegenstand lediglich durch die Kraftübertragung zwischen der zweiten Kappe und dem Kanülenträger. Dort sei eine Reibschlussverbindung zwischen der zweiten Kappe und dem Kanülenträger offenbart. Der Übergang von einer Reibschluss- zu einer Formschlussverbindung sei aber naheliegend, wenn die Aufgabe gestellt sei, die Kraftübertragung zu verbessern.
Ferner beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Berücksichtigung von D9 und D16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. D9 offenbare zwar kein Innen-und Außengewinde zwischen Kanülenträger und Injektionsgerät, dies sei aber eine übliche Maßnahme wie z.B. D9 zeige (siehe Spalte 5, Zeilen 25 - 31, Spalte 2, Zeilen 45 - 52). Außerdem rege D9 auch dazu an, mehrere Nuten und Anschlagteile zwischen einer Abdeckkappe und einem Kanülenträger vorzusehen.
Nach Abschluss der Debatte und nachdem die Kammer im Anschluss an die abschließende Beratung mitgeteilt hatte, dass sie den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III für patentierbar halte, hat die Beschwerdeführerin II noch vorgebracht, dass die Angelegenheit an die erste Instanz zurückverwiesen werden sollte, um zwei Instanzen des Verfahrens für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu gewähren. Dies gelte umso mehr, als der neue Anspruch 1 Merkmale enthielte, die noch nicht recherchiert wurden, nämlich die die drei Längsnuten und Anschlagteile betreffenden Merkmale, und somit eine zusätzliche Recherche notwendig wäre.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit des neuen Antrags der Beschwerdeführerin I
Die Kammer erachtet nach Abwägung des wechselseitigen Vorbringens den neu eingereichten Antrag für zulässig, insbesondere weil er als direkte Reaktion auf die während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen vorgelegt wurde. Außerdem enthält er gegenüber den davor geltenden Anträgen lediglich einfach zu erfassende Änderungen, welche die Beschwerdeführerin während einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung ausreichend studieren konnte.
3. Änderungen
Die strukturellen Merkmale von Anspruch 1 gehen unstrittig aus Anspruch 30 sowie den Figuren und der zugehörigen Beschreibung der veröffentlichten Anmeldung (siehe WO - A - 99/25402) hervor. Der Einwand der Beschwerdeführerin II, dass der Anspruch auf einer unzulässigen Verallgemeinerung des Anmeldungsgegenstands beruhe, ist nicht stichhaltig. Es trifft zwar zu, dass die WO - A - 99/25402 im mittleren Absatz der Seite 5 beschreibt, dass die zylindrische Innenausnehmung der zweiten Kappe über die zylindrische Außenseite der ersten Kappe geschoben wird. Die Form der Außenseite der ersten Kappe steht aber in keinem technischen Zusammenhang mit den an der Innenseite der zweiten Kappe vorgesehenen Längsnuten, die dazu vorgesehen sind, über die Anschlagteile des Kanülenträgers geschoben zu werden. Für den Fachmann ist es daher offensichtlich, dass die Form der Außenseite für den beanspruchten Gegenstand keine wesentliche Rolle spielt. Daher braucht dies auch nicht in den Anspruch aufgenommen werden. Ebensowenig ist es notwendig, im Anspruch anzugeben, wofür die Anschlagteile vorgesehen sind, über welche die Nuten geschoben werden können, da auch die Anschlagsfunktion der Anschlagteile in keinem technischen Zusammenhang mit ihrem Zusammenwirken mit den Nuten der zweiten Kappe steht.
Die vorgenommenen Änderungen sind daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ zulässig.
4. Klarheit
Anspruch 1 ist auch klar. Da das beanspruchte Zusammenwirken zwischen Längsnuten und Anschlagteilen an sich klar ist, und die Angabe der Funktion der Anschlagteile im Anspruch, wie vorangehend dargelegt wurde, nicht notwendig ist, geht auch der Klarheitseinwand der Beschwerdeführerin II ins Leere.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Die Figuren 1 - 4 der D1 offenbaren eine Nadelanordnung für ein Injektionsgerät (32), mit einem am proximalen Ende des Injektionsgerätes vorgesehenen Gewinde (30), mit einem Kanülenträger (14a), an dem eine Kanüle (12a) befestigt ist, und der durch ein Gewinde (26a) am Kanülenträger zur lösbaren Befestigung am Injektionsgerät ausgebildet ist, mit einer auf dem Kanülenträger etwa parallel zur Längserstreckung der Kanüle verschiebbar angeordneten ersten Kappe (50a), welche an ihrem proximalen Endabschnitt eine Durchtrittsöffnung für die Kanüle aufweist und in ihrer proximalen Endstellung die Kanüle im wesentlichen verdeckt, mit einer zwischen Kanülenträger und verschiebbarer erster Kappe angeordneten Druckfeder (siehe Seite 27, letzter Absatz) zum Verschieben der ersten Kappe in diese proximale Endstellung, wobei die Nadelanordnung eine als Abdeckkappe und als Montagehilfe zum Aufschrauben der Nadelanordnung auf das Injektionsgerät ausgebildete zweite Kappe (40b) umfasst, welche die verschiebbare erste Kappe, die Kanüle und den Kanülenträger zumindest teilweise umschließt.
Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 dadurch,
a) dass das Gewinde am proximalen Ende des Injektionsgerätes ein Außengewinde ist und das Gewinde am Kanülenträger ein Innengewinde;
b) dass die zweite Kappe auf ihrer offenen Seite durch ein vom Benutzer abnehmbares Verschlussglied verschlossen ist, so dass Abdeckkappe und Verschlussglied die erste Kappe, die Kanüle und den Kanülenträger steril umschließen;
c) dass die zweite Kappe an ihrer zylindrischen Innenausnehmung drei Längsnuten aufweist, welche gleichmäßig am Umfang der Innenausnehmung verteilt und so bemessen sind, dass sie über drei Anschlagteile des Kanülenträgers geschoben werden können.
Es ist richtig, dass diese Unterscheidungsmerkmale keinen kombinatorischen Effekt haben und unterschiedliche Teilaufgaben lösen. Während das Merkmal a) lediglich eine alternative Ausgestaltung der bekannten Nadelanordnung betrifft, wird mit dem Merkmal b) eine vereinfachte sterile Verpackung dieser Anordnung erreicht und mit dem Merkmal c) eine verbesserte Kraftübertragung zwischen der zweiten Kappe und dem Kanülenträger.
Es ist auch zutreffend, dass das Merkmal a) einen einfachen Tausch der Gewindetypen betrifft, der vom Fachmann ohne erfinderisches Zutun vorgenommen werden kann. Auch das Vorsehen des Merkmals b) ist naheliegend, weil bereits die Figur 5 der D1 dazu anregt, eine zweite Kappe so mit einem Verschlussglied zusammenwirken zu lassen wie es nach Anspruch 1 vorgesehen ist, um eine einfach sterile Verpackung zu erreichen.
Der vorliegende Stand der Technik gibt aber keine Anregung in Richtung auf das Merkmal c). Figur 1 der D1 zeigt allenfalls, dass die zweite Kappe (40a) an ihrer zylindrischen Innenausnehmung eine einzige Längsnut (42a) aufweist, die so bemessen ist, dass sie über ein Teil (68a) geschoben werden kann. Dieses Teil ist aber weder ein Anschlagteil irgendeiner Art (sondern ein Steuerteil - "contra tab") noch ein Teil des Kanülenträgers (sondern ein Teil der ersten Kappe 50a). Folglich würde der Fachmann, selbst wenn er eine Anregung dazu hätte, statt einer Nut und einem damit zusammenwirkenden Teil drei Nuten und drei zugehörige Teile vorzusehen, lediglich zu einer Vorrichtung gelangen, bei der die Teile an der ersten Kappe angeordnet und keinesfalls als Anschlagteile ausgebildet wären. Gerade das Zusammenwirken der Längsnuten der zweiten Kappe mit Anschlagteilen des Kanülenträgers bewirkt aber eine erhebliche Verbesserung der Kraftübertragung von der zweiten Kappe auf den Kanülenträger im Vergleich zu der Ausführungsform nach D1, Figuren 1 bis 4, wo ein Zusammenwirken zwischen der zweiten Kappe und dem Kanülenträger nur indirekt über den Vorsprung 66a erfolgt.
Das Vorsehen des Merkmals c) in einer Nadelanordnung nach D1, Figuren 1 - 4 kann daher nicht als naheliegend angesehen werden.
5.2 Die Nadelanordnung gemäß Figuren 5 - 8 der D1 unterscheidet sich von derjenigen nach den Figuren 1 - 4 dadurch, dass sie das Merkmal b) aufweist, aber keine Längsnute in der zweiten Kappe und auch kein damit zusammenwirkendes Teil aufweist.
Aus Figur 5 in Zusammenhang mit den Ausführungen der Beschreibung auf Seite 16 (letzte Zeile) und Seite 17 (Zeilen 1 - 7) ist ersichtlich, dass eine Kraftübertragung zwischen der zweiten Kappe (40b) und dem Kanülenträger (14b) allenfalls durch eine Reibschlussverbindung der zweiten Kappe mit der ersten Kappe (50b) erfolgen kann. In Analogie zu den vorangehenden Ausführungen in Absatz 7.1 ist es auch hier nicht naheliegend, in der zweiten Kappe Längsnuten vorzusehen und diese mit Anschlagteilen des Kanülenträger zusammenwirken zu lassen, um eine verbesserte Kraftübertragung zwischen der zweiten Kappe und dem Kanülenträger zu erreichen.
5.3 D9 offenbart eine Nadelanordnung für ein Injektionsgerät mit einem Kanülenträger (10), an dem eine Kanüle befestigt ist, wobei der Kanülenträger (10) zur lösbaren Befestigung am Injektionsgerät ausgebildet ist, mit einer auf dem Kanülenträger (10) etwa parallel zur Längserstreckung der Kanüle verschiebbar angeordneten ersten Kappe (30), welche an ihrem proximalen Endabschnitt eine Durchtrittsöffnung (31) für die Kanüle aufweist und in ihrer proximalen Endstellung die Kanüle im wesentlichen verdeckt, mit einer zwischen Kanülenträger (10) und verschiebbarer erster Kappe angeordneten Druckfeder (40) zum Verschieben der ersten Kappe in diese proximale Endstellung.
Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 durch ein am proximalen Ende des Injektionsgerätes vorgesehenes Außengewinde, das mit einem Innengewinde am Kanülenträger zusammenwirkt, und dadurch, dass die Nadelanordnung eine als Abdeckkappe und als Montagehilfe zum Aufschrauben der Nadelanordnung auf das Injektionsgerät ausgebildete zweite Kappe umfasst, welche die verschiebbare erste Kappe, die Kanüle und den Kanülenträger umschließt und auf ihrer offenen Seite durch ein vom Benutzter abnehmbares Verschlussglied verschlossen ist, so dass Abdeckkappe und Verschlussglied die erste Kappe, die Kanüle und den Kanülenträger steril umschließen, wobei die zweite Kappe an ihrer zylindrischen Innenausnehmung drei Längsnuten aufweist, welche gleichmäßig am Umfang der Innenausnehmung verteilt und so bemessen sind, dass sie über drei Anschlagteile des Kanülenträger geschoben werden können.
Die Nadelanordnung nach D9 ist weiter von der Erfindung entfernt als die aus D1 bekannten Vorrichtungen, weil sie keine zweite Kappe aufweist. D9 ist daher nicht geeignet, als Ausgangspunkt für einen Angriff auf die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands zu dienen.
Aber selbst wenn der Fachmann von D9 ausginge, würde er nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand nach Anspruch 1 gelangen. Ausgehend von D9 kann die diesem Gegenstand zu Grunde liegende Aufgabe darin gesehen werden, eine sterile Verpackung für die bekannte Nadelanordnung vorzusehen. Eine Anregung dazu, wie er eine solche Verpackung für eine Nadelanordnung mit einer ersten Kappe gemäß Anspruch 1 ausgestalten könnte, ist von den vorliegenden Dokumenten lediglich D1, insbesondere der Figur 5, zu entnehmen. Wie bereits dargelegt wurde, kann die Verwendung der nach D1 vorgesehenen zweiten Kappe aber nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand nach Anspruch 1 führen. D16 zeigt zwar die Verbindung einer Kappe mit einem Kanülenträger, hier ist der Kanülenträger aber nicht von einer weiteren, verschiebbaren Kappe umgeben, so dass der Fachmann keinen Grund gehabt hätte D16 für eine Weiterentwicklung der Nadelanordnung gemäß D9 zu berücksichtigen.
5.4 Daher ist zu folgern, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 unter Berücksichtigung des vorliegenden Stands der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
6. Zurückverweisung an die erste Instanz
Die Beschwerdeführerin II beantragte die Zurückverweisung an die erste Instanz zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III, um zwei Instanzen des Verfahrens bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu haben. Dieser Antrag wurde aber erst gestellt, nachdem die Beschwerdeführerin bereits ausführlich gegen die erfinderische Tätigkeit plädiert hatte, die Debatte zur erfinderischen Tätigkeit beendet war und die Kammer sich während einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung beraten sowie den Parteien nach der Unterbrechung mitgeteilt hatte, dass das Patent auf der Basis des vorgelegten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III aufrechterhalten werden könne. Bei dieser Sachlage wäre eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zur erneuten Prüfung der erfinderischen Tätigkeit widersprüchlich. Da die Kammer bereits zu der vorangehend im Abschnitt 5 dargelegten Beurteilung gelangt ist und diese den Parteien auch mitgeteilt hat, wäre die erste Instanz bei einer Zurückverweisung an diese Beurteilung gebunden. Bei einer möglichen Beschwerde gegen eine Entscheidung der ersten Instanz müsste dann die zweite Instanz über ihre eigene Entscheidung erneut entscheiden. Ein solches Vorgehen könnte auch als Missbrauch des Verfahrens angesehen werden. Daher wurde der Antrag abgelehnt.
Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin II, dass im Hinblick auf die neu in den Anspruch aufgenommenen Merkmale, wonach genau drei Längsnuten in der zweiten Kappe mit drei Anschlagteilen des Kanülenträgers zusammenwirken, noch eine Nachrecherche nötig wäre, kann eine Zurückverweisung an die erste Instanz zur erneuten Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht rechtfertigen. Aus dem vorangehenden Abschnitt 3 ist zu entnehmen, dass die Zahl der Nuten und Anschlagteile keine Rolle für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gespielt hat. Eine zusätzliche Recherche mit dem Ziel das Naheliegen von genau drei Nuten und damit zusammenwirkenden Teilen nachzuweisen, würde daher zu keiner anderen Beurteilung führen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags III sowie den daran anzupassenden Ansprüchen 2 - 13, der ebenfalls anzupassenden Beschreibung und den erteilten Zeichnungen aufrechtzuerhalten.