European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T008407.20090915 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 September 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0084/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99108391.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16B 13/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Befestigungsanordnung mit einer selbstschneidenden Schraube zum Einsatz in Beton | ||||||||
Name des Anmelders: | fischerwerke GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Adolf Würth GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung (verneint) - nach Änderungen Ausführbarkeit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Zwischenentscheidung über die Aufrecht erhaltung des Europäischen Patents Nr. 0 955 476 in geändertem Umfang wurde am 29. November 2006 zur Post gegeben.
Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) und die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) haben gegen diese Entscheidung, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 10. Januar 2007, bzw. am 6. Februar 2007 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründungen wurden am 16. März 2007, bzw. am 18. April 2007 nachgereicht.
II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen,
- dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 11 (Hauptantrag) gegenüber
D1: DE-U-92 16 791.8
nicht neu sei,
- dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß des damals geltenden ersten Hilfsantrags gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße, da das Merkmal der vollständigen Befüllung des Bohrlochs isoliert aus dem Zusammenhang der Erfindung herausgenommen worden sei,
- dass aber der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß des damals geltenden zweiten Hilfsantrags die Erfordernisse des EPÜ erfülle.
III. Für die vorliegende Entscheidung haben zusätzlich zu D1 folgende Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:
D3: EP-A-0 794 336
D10: Untersuchungsbericht der TU Darmstadt, "Zustand der Vermörtelung des Ringspaltes einer Verbundankerschraube nach dem Setzen", eingereicht von der Beschwerdeführerin I am 16. Mai 2009
D11: CD mit Videoaufzeichnungen, Montageversuche von Befestigungsanordnungen, eingereicht von der Beschwerdeführerin II am 14. August 2009.
IV. Am 15. September 2009 fand eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin I beantragt die angefochtene Entscheidung der ersten Instanz aufzuheben und das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags, wie in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdeführerin II beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"Befestigungsanordnung in einem Untergrund (17) aus Beton mit einer selbstschneidenden Schraube (1) mit einem Schraubenkopf (3) und einem Schraubenschaft (2), deren Gewinde (4) sich zumindest teilweise über die Länge des Schraubenschaftes (2) erstreckt, wobei die Schraube (1) in einem Bohrloch (6) im Untergrund (17) verankert ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Bohrloch mit einer aushärtbaren Masse (5) so befüllt ist, dass ein Ringspalt (9) zwischen einer Bohrlochwandung und der Schraube (1) mit der Masse (5) vollständig befüllt ist und dass nach dem Aushärten der Masse (5) das Gewinde (4) der Schraube teilweise im Untergrund (17) und teilweise in der Mörtelschale (5) eingebettet ist."
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin II im wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Berücksichtigung des Hauptantrages
Der Hauptantrag sei verspätet eingereicht worden und solle deswegen nicht ins Verfahren zugelassen werden. Der Anspruch 1 dieses Antrags versuche nämlich einen Einwand zu beheben, der schon seit Anfang des Einspruchsverfahrens beanstandet worden sei. Da die Patentinhaberin ausreichend Zeit gehabt hätte, sowohl während des Einspruchsverfahrens als auch im schriftlichen Verfahren vor der Beschwerdekammer den Einwand zu beheben, gebe es keine Rechtfertigung für das verspätete Einreichen des Hauptantrags.
b) Zulässigkeit der Änderungen
Außerdem ginge der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Dasjenige Merkmal, wonach der Ringspalt zwischen einer Bohrlochwandung und der Schraube vollständig mit der aushärtbaren Masse befüllt sei, könne der Anmeldung nämlich nicht isoliert entnommen werden. Absatz [0014] der A2 Schrift offenbare dieses Merkmal nur im Zusammenhang mit dem Merkmal, wonach zunächst die aushärtbare Masse in das Bohrloch eingeführt und erst danach die Schraube eingedreht werde. In der Regel sei es nicht mit Artikel 123 (2) EPÜ vereinbar, aus einer ursprünglich offenbarten Merkmalskombination ein isoliertes Merkmal heraus zugreifen und zur Abgrenzung des Anspruchs gegenstands zu verwenden. Eine solche Abgrenzung verstoße nur dann nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ, wenn zwischen den betreffenden Merkmalen kein klar erkennbarer funktioneller oder struktureller Zusammenhang bestehe. Da jedoch zwischen dem Einbringen der aushärtbaren Masse in das Bohrloch und der vollständigen Befüllung des Ringspaltes ein solcher funktioneller Zusammenhang bestehe, basiere das Merkmal der vollständigen Befüllung auf einer Zwischen verallgemeinerung und genüge somit nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
Das Merkmal der vollständigen Befüllung des Ringspalts mit der aushärtbaren Masse könne auch nicht aus Figur 5 entnommen werden. Zum einen könnten Anspruchsmerkmale nur in Ausnahmefällen aus Figuren entnommen werden und zum anderen seien in Figur 5 im Ringspalt Punkte eingezeichnet, die als Bohrgranulat oder Lunker interpretiert werden könnten, so dass auch Figur 5 nicht eindeutig offenbare, dass der Ringspalt vollständig mit der aushärtbaren Masse befüllt sei. Außerdem zeige Figur 5 zwar einen Schnitt durch die Befestigungsanordnung, jedoch liefere ein einziger Schnitt keinen Nachweis, dass der komplette Ringspalt mit der aushärtbaren Masse befüllt sei.
c) Ausführbarkeit der Erfindung
Ferner sei die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass sie der Fachmann ausführen könne, weil nicht ausreichend dargelegt sei, wie das tragende Merkmal der Erfindung, nämlich die vollständige Befüllung des Ringspaltes mit der aushärtbaren Masse, erzielt werden solle. Beim Eindrehen der Schraube würden nämlich zwangläufig Lunker und Bohrgranulat in die aushärtbare Masse eingebracht, so dass der Ringspalt nicht vollständig, also ausschließlich, mit der aushärtbaren Masse befüllt sein könne.
Von der Beschwerdeführerin II durchgeführte Versuche zeigten zudem, dass beim Einsatz von Mörtel als aushärtbare Masse die Befestigungsanordnung gemäß Anspruch 1 nicht erzielt werden könne, da die Schrauben nicht komplett eingedreht werden konnten. Falls es überhaupt einen Mörtel gäbe, bei dessen Verwendung ein vollständiges Eindrehen von Schrauben möglich sei, müsse der Fachmann bei der Umsetzung der Erfindung eine Vielzahl unterschiedlicher Parameter, z.Bsp. des Mörtels und der Schraubengeometrie, aufeinander abstimmen. Die richtige Auswahl der Parametern stelle bei fehlender Anleitung jedoch einen unzumutbaren Aufwand dar.
Außerdem sei die Erfindung nicht über die gesamte beanspruchte Breite ausführbar, da nicht jeder Mörtel diejenigen Eigenschaften aufweise, die es ermöglichten, den Ringspalt vollständig zu befüllen.
Die von der Beschwerdeführerin I vorgelegten Untersuchungen der TU Darmstadt seien auch nicht geeignet nachzuweisen, dass die Erfindung ausführbar sei, da, wie aus den Fotos ersichtlich sei, nicht ein Mörtel, sondern ein klarer Kunsthartz ohne Zuschlag benutzt worden sei.
d) Erfinderische Tätigkeit
D1 bilde den nächstliegenden Stand der Technik und offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 außer der vollständigen Befüllung des Ringspalts mit der aushärtbaren Masse.
Von der Befestigungsanordnung der D1 ausgehend könne die der beanspruchten Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe somit darin gesehen werden, eine Verankerung bereitzustellen, die keine oder eine geringere Aufspreizwirkung erzeuge, wie es in Absatz [0013] des angefochtenen Patents beschrieben sei.
Bei der Suche nach einer Lösung für diese Aufgabe würde der Fachmann D3 in Betracht ziehen, weil diese Entgegenhaltung in Spalte 1, Zeilen 26 bis 35 ausdrücklich angebe, dass die erfindungsgemäße Verankerung spreizdruckfrei sei. Somit ergäbe sich für den Fachmann eine konkrete Veranlassung, D1 mit D3 zu kombinieren, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Da D3 lehre, den Ringspalt zwischen Anker und Bohrlochwandung mit aushärtbaren Masse vollständig zu befüllen, liege die Kombination von D1 und D3 den Gegenstand des Anspruchs 1 nahe.
VII. Die Beschwerdeführerin I hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin II widersprochen und im wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Berücksichtigung des Hauptantrages
Die Vorlage des geltenden Hauptantrags erst während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer sei gerechtfertigt. Sie diene nämlich zur Behebung einer unzulässigen Änderung, die zwar von der Beschwerdeführerin II seit langem beanstandet wurde, aber amtsseitig erstmals während der mündlichen Verhandlung von der Kammer bestätigt wurde. Folglich habe es davor keinen Grund gegeben, diesen Antrag vorzulegen.
b) Zulässigkeit der Änderungen
Das Merkmal, wonach der Ringspalt zwischen der Bohrlochwandung und der Schraube vollständig mit der aushärtbaren Masse befüllt sei, stehe nicht derart mit dem Merkmal, wonach zunächst die aushärtbare Masse in das Bohrloch eingeführt und erst danach die Schraube eingedreht werde, im Zusammenhang, dass es nicht alleine im Anspruch genannt werden könne.
Absatz [0014] der A2 Schrift gehöre zum einführenden Teil der Beschreibung und stelle kein Ausführungs beispiel dar, sondern gäbe lediglich allgemeine Angaben zur Erfindung wider. Zudem könne der Fachmann aus Figur 5 erkennen, dass der Ringspalt vollständig mit der aushärtbaren Masse befüllt sei, ohne berücksichtigen zu müssen, wie und wann diese Masse in den Spalt gelangt sei. Deswegen könne von einer Zwischen verallgemeinerung nicht die Rede sein.
c) Ausführbarkeit der Erfindung
Der Fachmann sei ohne weiteres in der Lage, die Erfindung auszuführen. Selbst wenn beim Eindrehen der Schraube Bohrgranulat in die aushärtbare Masse gelange und dabei Lunker entstehen sollten, sei es für ihn klar, dass auch in diesem Fall immer noch eine vollständige Befüllung des Ringspalts mit der aushärtbaren Masse vorliege.
Ferner sei es für den Fachmann auch ohne weiteres möglich, geeignete Schrauben und Mörtel auszuwählen, mit denen die Erfindung ausführbar sei. Dies belegten z.Bsp. die von der TU Darmstadt durchgeführten Untersuchungen, bei denen als aushärtbare Masse Verbundmörtel verwendet worden sei. Selbst die Versuche der Beschwerdeführerin II zeigten, dass die Erfindung ausführbar sei, da das komplette Eindrehen der Schraube nicht Teil der Erfindung und auch nicht beansprucht sei. Somit könne die in den Versuchen gezeigte unvollständige Einschraubbarkeit nicht die Ausführbarkeit der Erfindung in Frage stellen.
Außerdem würde der Fachmann selbstverständlich all diejenige Werte der einzustellenden Parameter ausschließen, die offensichtlich nicht zum gewünschten Ergebnis führen können, und würde nur diejenigen in Betracht ziehen, die mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führten. Um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen, wäre deswegen allenfalls eine beschränkte Anzahl von Versuchen notwendig, die aber keinen unzumutbaren Aufwand darstellten.
d) Erfinderische Tätigkeit
Schließlich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von D1 löse die vorliegende Erfindung nicht nur die Aufgabe eine Spreizwirkung zu unterbinden, sondern auch ein geringeres Drehmoment beim Eindrehen der Schraube zu ermöglichen. Letztere Aufgabe könne vom Befestigungsanker gemäß D3 schon deshalb nicht gelöst werden, weil er gar nicht in das Bohrloch eingedreht werde. D3 stamme nämlich aus dem Gebiet der chemischen Verankerungen, bei denen die Ankerstange nicht mal mit der Bohrlochwandung in Berührung komme. Die in D3 offenbarte Ankerstange weise außerdem kein Gewinde auf, sondern eine Helix mit abnehmender Gewindesteigung, die unmöglich in eine Wand eingedreht werden könne. Da D1 und D3 aus grundsätzlich unterschiedlichen technischen Gebieten stammten, würde der Fachmann die Lehre der zwei Druckschriften niemals kombinieren.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Berücksichtigung des neuen Hauptantrags
Die Einführung des während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hauptantrags der Beschwerdeführerin I in das Verfahren wurde aus folgenden Gründen zugelassen. Als einzige Änderung gegenüber dem zuletzt geltenden Hauptantrag wurde in Anspruch 1 der Begriff "ausgehärtete Masse" durch "Mörtelschale" ersetzt, um so einen Einwand nach Artikel 100 (c) EP Ü zu beheben. Dieser war zwar schon im Einspruchsverfahren von der Beschwerdeführerin II vorgebracht worden, die Einspruchsabteilung ist ihm aber nicht gefolgt. Erst während der mündlichen Verhandlung im Beschwerde verfahren hat die Kammer mitgeteilt, dass der Einwand zurecht vorgebracht wurde. Daher ist das Einreichen des neuen Hauptantrags als Reaktion auf die Feststellung der Kammer zu werten, die nicht früher erfolgen konnte. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die einzige Änderung einfach ist und lediglich wieder einen Begriff einführt, der bereits im Anspruch 1 der Anmeldung enthalten war.
3. Zulässigkeit der Änderungen
3.1 Im vorliegenden Fall ist die Frage zu beantworten, ob die alleinige Aufnahme des Merkmals in den Anspruch, wonach der Ringspalt zwischen einer Bohrlochwandung und der Schraube vollständig mit der aushärtbaren Masse befüllt ist, ohne zusätzliche Angabe, dass zunächst die aushärtbare Masse in das Bohrloch eingeführt und erst danach die Schraube eingedreht wird, eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung darstellt oder nicht.
3.2 In Absatz [0014] der A2 Schrift wird ein Verfahren beschrieben, das zur erfindungsgemäßen Befestigungs anordnung führt. Es stimmt zwar, dass nach diesem Verfahren vor dem Schritt der vollständigen Befüllung des Ringspaltes der Schritt des Einbringens einer definierten Menge aushärtbarer Masse in das Bohrloch durchgeführt wird und dass diese zwei Schritte im unmittelbaren funktionellen Zusammenhang stehen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 betrifft jedoch eine fertige Befestigungsanordnung und nicht ein Verfahren zu deren Herstellung. Da es im Hinblick auf die Befestigungsanordnung in ihrem Endzustand keine Rolle spielt, wann und auf welche Weise die aushärtbare Masse in den Ringspalt gelangt, ist es für die Frage, ob eine Zwischenverallgemeinerung vorliegt, unerheblich, dass zwischen den verschiedenen in Absatz [0014] beschriebenen Verfahrensschritten ein funktioneller Zusammenhang besteht.
3.3 Darüber hinaus kann der Fachmann aus Figur 5 eindeutig die vollständige Befüllung des Ringspaltes ohne eine Anleitung zu derer Befüllung entnehmen. Figur 5 zeigt nämlich eine erfindungsgemäße Befestigungs anordnung, bei der das Gewinde der Schraube teilweise in der Bohrlochwandung und teilweise in der aushärtbaren Masse (5) eingebettet ist. Die aushärtbare Masse ist in der Schnittdarstellung der Befestigungsanordnung schematisch gesprenkelt (als eine weiße Fläche mit unregelmäßig verteilten schwarzen Punkten) dargestellt. Der Annahme, dass die unregelmäßig verteilten Punkte zur Darstellung von Lunkern oder von Bohrgranulat dienen, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil in der Beschreibung keinerlei Angabe zu Lunkern oder Bohrgranulat gemacht werden und mit der Bezugsziffer 5 die gesamte gesprenkelte Fläche bezeichnet ist.
Außerdem ist anzunehmen, wenn nichts anderes angegeben wird, dass jeder Schnitt eines achssymmetrischen Gegenstandes gleich ist. Die Darstellung eines einzigen Schnittes reicht daher aus, um alle weiteren implizit zu beschreiben. Somit ist es realitätsfern anzunehmen, dass die in einem Schnitt gezeigte vollständige Befüllung des Ringspaltes nicht zu der Schlussfolgerung führen könne, dass der gesamte Ringspalt vollständig befüllt sei.
Daher zeigt der in Figur 5 dargestellte Schnitt eine vollständige Befüllung des Ringspalts und kann als Basis für das entsprechende Merkmal des Anspruchs dienen.
Folglich liegt keine Zwischen verallgemeinerung vor.
4. Ausführbarkeit der Erfindung
4.1 Bei der Auslegung des Begriffes "vollständig befüllt" muss das technische Gebiet berücksichtigt werden, in dem die Erfindung zum Einsatz kommt. Da es sich im vorliegenden Fall um das Gebiet des Bauwesens handelt, versteht der Fachmann unter einer vollständigen Befüllung keine 100%ige Füllung sondern eine "im Wesentlichen" vollständige Befüllung. Auch wenn beim Eindrehen der Schraube in das Bohrloch Lunker und Bohrgranulat entstehen, ist der Ringspalt daher trotzdem als vollständig mit der aushärtbaren Masse ausgefüllt anzusehen.
4.2 Die von der Beschwerdeführerin II durchgeführten Versuche zeigen, dass es möglich ist, Schrauben so in einen Untergrund aus Beton zu schrauben, dass eine Befestigungsvorrichtung gemäß Anspruch 1 entsteht. Auch wenn die Schrauben nicht vollständig in die Bohrlöcher einschraubbar waren, widerspricht dies nicht der Ausführbarkeit der Erfindung, da das Ausmaß des Eindrehens der Schraube nicht Bestandteil der Erfindung gemäß Anspruch 1 ist.
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen der TU Darmstadt, dass es mindestes eine Ausführungs möglichkeit der Erfindung gibt, bei der die Schraube unter Verwendung eines Verbundmörtels vollständig in einen Betonuntergrund einschraubbar ist, wobei der Spalt zwischen Schraube und Bohrung vollständig mit dem ausgehärteten Verbundmörtel gefüllt ist. Für die von der Beschwerdeführerin II vorgetragene Annahme, dass hier kein Mörtel, sondern ein Kunstharz als aushärtbarer Masse benutzt worden sei, gibt es keinen Nachweis. Vielmehr gibt der Untersuchungsbericht explizit an, dass ein Verbundmörtel eingesetzt worden ist.
4.3 Bei der Umsetzung der Erfindung müssen in der Tat mehrere Parameter berücksichtigt werden. Jedoch kann der Fachmann von vornherein eine Vielzahl von Parameter kombinationen ausschließen, da sie offensichtlich nicht zu einer ausführbaren Lösung führen würden. Somit wird die Anzahl der Versuche, die der Fachmann durchführen muss, um zu einer erfindungs kompatiblen Auswahl der Parameter zu gelangen, nicht von der vollständigen Permutation aller Parameter bestimmt, sondern reduziert sich auf eine übersichtliche, begrenzte Menge. Der Aufwand für die Auswahl geeigneter Parameter ist daher auch ohne Anleitung als zumutbar anzusehen.
4.4 Im Hinblick auf den Einwand der Beschwerdeführerin II, dass die beanspruchte Erfindung nicht über die gesamte Breite ausführbar sei, ist darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Anspruch 1 lediglich eine Befestigungsanordnung mit einer bestimmten Ausgestaltung definiert. Es ist zwar richtig, dass die einzelnen Elemente dieser Anordnung, wie z. Bsp. die selbstschneidende Schraube oder die aushärtbare Masse, aus einem breiten Angebot ausgewählt werden können, so dass die Erfindung eine gewisse Breite hat und nicht auf ein einzelnes Ausführungsbeispiel beschränkt ist. Der Fachmann, der gewillt ist die Erfindung zu verstehen und umzusetzen, wird aber selbstverständlich nur solche Elemente berücksichtigen, die eine Lösung der gestellten Aufgabe erwarten lassen und wird solche Elemente ausschließen, die dafür offensichtlich ungeeignet sind. Anderenfalls wäre so gut wie jede, eine Vorrichtung betreffende Erfindung nicht über ihre gesamte Breite ausführbar, weil der Fachmann, wenn er es so möchte, immer Elemente finden wird, die dem Sinn der Erfindung entgegen gerichtet sind, und mit denen sie dann nicht ausführbar wäre.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 D1, die unstrittig den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart (siehe insbesondere Figur 1, Seite 10, letzter Absatz bis Seite 12, 1. Absatz) eine
Befestigungsanordnung in einem Untergrund aus Beton (siehe Seite 1, 2. Zeile des 2. Absatzes; Seite 6, 2. Zeile des 2. vollständigen Absatzes)
mit einer selbstschneidenden Schraube (1) mit einem Schraubenkopf (2) und einem Schraubenschaft (4), deren Gewinde (6) sich zumindest teilweise über die Länge des Schraubenschaftes (4) erstreckt,
wobei die Schraube (1) in einem Bohrloch (Seite 11, Zeile 7) im Untergrund verankert ist.
5.2 Ausgehend von dieser Befestigungsanordnung kann die der beanspruchten Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe durchaus darin gesehen werden, eine Befestigungs einrichtung bereitzustellen, die eine geringere Aufspreizwirkung im Untergrund hervorruft, wie es im Absatz [0013] des angefochtenen Patents beschrieben wird.
5.3 Zur Lösung dieser Aufgabe umfasst die Befestigungsanordnung des Anspruchs 1 folgende Merkmale:
- das Bohrloch ist so mit einer aushärtbaren Masse befüllt, dass der Ringspalt zwischen der Bohrlochwandung und der Schraube mit der Masse vollständig befüllt ist, und
- nach dem Aushärten der Masse ist das Gewinde der Schraube teilweise im Untergrund und teilweise in der ausgehärteten Masse eingebettet.
5.4 D3 betrifft einen Befestigungsanker, der zusammen mit einer Mörtelmasse ebenfalls eine spreizdruckfreie Verbindung erzeugt. Dabei wird eine Ankerstange in ein vorgebohrtes Loch eingesetzt, das einen größeren Durchmesser hat, als die Stange selbst. Die Ankerstange weist eine gewindeartige Helix auf, bei der die Gewindesteigung von der Spitze der Stange bis zu ihrem Kopf abnimmt, so dass beim Eindrehen der Stange in die Mörtelmasse diese vom Grund der Aufnahmebohrung gefördert und über den Verankerungsbereich verteilt wird, die Komponenten der Mörtelmasse innig gemischt werden, und ein Austreten der Mörtelmasse aus der Bohrung verhindert wird (siehe Spalte 2, Zeilen 30 bis 40). Ein Einschrauben der Helix in die Bohrwand ist weder beabsichtigt, noch ist die Helix so ausgestaltet, dass sie in die Wand eine Bohrung eingeschraubt werden kann.
Da die Befestigungsanordnung gemäß D3 auf einer gänzlich unterschiedlichen Technik als die im Streitpatent benutzte selbstschneidende Schraube beruht, würde der Fachmann D3 nicht berücksichtigen, um die oben genannte Aufgabe zu lösen.
Aber selbst wenn er D3 berücksichtigen sollte, würde er die Lehren von D1 und D3 nicht kombinieren. Aus D3 geht nämlich hervor, dass sich für die Erstellung von weitgehend spreizdruckfreien Befestigungen Methoden bewährt haben, bei denen Ankerstangen entweder durch Haltesegmente oder einfacher durch Mörtel in einer Aufnahmebohrung verankert werden. Da es für den Fachmann offensichtlich ist, dass eine Befestigung mit einer selbstschneidenden Schraube zwangsläufig nicht spreizdruckfrei ist, hätte er keinen Anlass gehabt, zur Lösung der o.g. Aufgabe, die Lehre der D3 auf die selbstschneidende Schraube D1 anzuwenden. Vielmehr würde er hierzu unmittelbar die Ankerstange gemäß D3 vorsehen.
5.5 Folglich führt die Kombination der Lehren von D1 und D3 nicht in naheliegender Weise zur Befestigungsanordnung nach Anspruch 1, und der Gegenstand dieses Anspruchs beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: 1 gemäß Hauptantrag eingereicht während der mündlichen Verhandlung,
2 bis 6 wie erteilt.
Beschreibung: Spalten 1 bis 6 wie erteilt.
Zeichnungen: Figuren 1, 2, 2a, 3, 4, 5 wie erteilt.