T 0051/07 () of 8.12.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T005107.20091208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2009
Aktenzeichen: T 0051/07
Anmeldenummer: 99900426.0
IPC-Klasse: G02B 5/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung einer Struktur von Interferenz-Farbfiltern
Name des Anmelders: Unaxis Trading AG
Name des Einsprechenden: Schott AG et al
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
Schlagwörter: Gegenstand des 3. Hilfsantrags der Patentinhaberin ist ausführbar und neu sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung bestätigt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat in einer Zwischenentscheidung festgestellt, dass das europäische Patent Nr. 1 057 052 in der Fassung des ihr vorliegenden Hilfsantrags 2 den Erfordernissen des EPÜ 1973 genügt. Einspruch war von zwei Einsprechenden gegen das Patent im gesamten Umfang gestützt auf Einspruchsgründe unter Artikel 100(a) i. V. m. Artikel 52(1), 54(1) und 56 sowie Artikel 100(b) i. V. m. Artikel 83 EPÜ 1973 eingelegt worden. Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden 01.

II. Der Einspruch der Einsprechenden 02 wurde von der Einspruchsabteilung für nicht eingelegt erklärt, da er zu spät eingereicht worden sei. Dieser Einspruch war später als neun Monate nach dem Hinweis auf die Erteilung im Patentblatt eingereicht worden. Allerdings war er innerhalb von neun Monaten nach der Herausgabe eines Corrigendums eingegangen, mit dem in dem vorliegenden Patent die Benennung der Vertragsstaaten CH und LI durch die Benennung von DE ersetzt wurde. Die Einsprechende 02 hatte im Übrigen ihren Einspruch zurückgezogen, was aber gegenstandslos war, da der Einspruch als nicht eingelegt galt. Da die Entscheidung der Einspruchsabteilung über das Nichtvorliegen des Einspruchs 02 von der Einsprechenden 02 nicht mit einer Beschwerde angegriffen worden ist, ist die Einsprechende 01 die einzig im Verfahren verbliebene Einsprechende (im Folgenden: die Einsprechende).

III. In der vorliegenden Zwischenentscheidung wurden die folgenden Dokumente genannt:

D1: J.D. Barrie, K.A. Aitchison, G.S. Rossano, M.H.Abraham, "Patterning of multilayer dielectric optical coatings for multispectral CCDs" in Thin Solid Films 270 (1995), Seite 6 bis 9, 1995 Elsevier Sciences S.A.

D2: Lexikon Elektronik und Mikroelektronik, Zweite aktualisierte und erweiterte Ausgabe, VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf, 1993, ISBN 3-18-40l178-x, Seite 780, 781 und 784

D3: F.H. Dill, J.M.Shaw, "Thermal Effects on the Photoresist AZ1350J" in IBM J. RES. DEVEOP., Mai 1977, Seite 210 bis 218

D4: Prozessbeschreibung "Operating Procedure OP-L" für den in D2 und D3 erwähnten Photolack AZ135OJ bzw. dessen Nachfolger AZ5209

D5: Prozessbeschreibung für den in D2 erwähnten Photolack AZ 5214

D6: Prozessbeschreibung für den in D2 erwähnten Photolack AZ5214 und den Photolack AZ9245

D7: Prozessbeschreibung für den Photolack Shippley 3612

D8: US 3 771 857

D9: A. Zöller et al, "Plasma ion assisted deposition: A novel technique for the pruduction of optical coatings", SPIE Volume 2253, Seite 394 bis 402, 1994

D10: Thomas A. Mooney, "FOCAL PLANE FILTER MICROASSEMBLIES: A STATUS REPORT", SPIE Volume 3221, Seite 568 bis 580, 1997

D11: J. D. Barrie et al, "Patterning of multilayer dielectric optical coatings for multispectral CCDs", Thin Solid Films 2.0, 6-9 (1995)

D12: US 5 246 893 A

IV. Die Einsprechende hat beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Ihre Argumentation lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Das Streitpatent gehe gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aus von

1.a) einem Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsystem-Struktur auf einer Unterlage (30),

1.b) bei dem, in Lift-Off-Technik, eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt wird,

1.c) mit Lackschichtflächenbereichen und lackschichtfreien Bereichen,

1.d) dann durch ein Vakuumbeschichtungsverfahren ein Farbfilterschichtsystem (31) abgelegt wird und

1.e) danach, mit den Lackschichtflächenbereichen, die darauf abgelegten Bereiche des Farbfilterschichtsystems (31) entfernt werden,

1.f) wobei das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolgt.

Ein derartiges Verfahren solle gemäß der gestellten Aufgabe verbessert werden, siehe Absatz 13 und 14 des Streitpatents, und es solle der Lift-Off-Lack beim Abscheiden der Filterschichtsysteme weiterhin wenig thermisch beansprucht werden, d.h. weit unterhalb der Polymerisationstemperatur beispielsweise konventioneller Fotolacke, wobei dieses gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 dadurch bewirkt werden solle, dass

1.g) das Ablegen des Farbfilterschichtsystems (31) durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolgt, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen.

Da das Streitpatent auch die strukturierte Beschichtung von CCD-Sensoren umfasse, müsse dem Entwicklungsteam auch ein Fachmann angehören, dem der Umgang mit Halbleiteroberflächen sowie der strukturierten Abscheidung auf diesen Oberflächen entsprechend dem Inhalt des Dokuments D2 geläufig sei.

Zum Grundwissen dieses Fachmanns gehörten aber auch

Standard-Lithographieprozesse, wie sie beispielsweise in dem Dokument D1, rechte Spalte S. 7, Punkt 3 erwähnt seien. Folglich sei der Offenbarungsgehalt von D1 mit dem durch D2 belegten Grundwissen des Fachmanns im Sinne einer neuheitsschädlichen Offenbarung zu würdigen.

Die Merkmale des Anspruchs 1 ergäben sich aus D1 wie folgt:

Das Merkmal 1.a) betreffend ein Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsytem-Struktur auf einer Unterlage entnehme man bereits dem ersten Satz des Abstracts von D1, wobei diese Unterlage in D1 eine CCD bzw. einen CCD-Sensor darstelle.

Das Merkmal l.b) sei unverständlich, denn es enthalte keine ausreichend klare Lehre zu technischem Handeln, soweit bei diesem beansprucht werde, dass

in Lift-Off-Technik eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt werde. Wesen der Lift-Off-Technik sei es, nicht strukturierte Flächen auf einer Oberfläche abzulegen und erst nach dem vollflächigen Ablegen eine Struktur einzubringen.

Erst durch ein Abheben bestimmter Bereiche sei bei Lift-off-Verfahren, beispielsweise mittels Photolacken und deren Entwicklung dann die Struktur einbringbar. Sollte dieses Merkmal entgegen der Formulierung im Streitpatent so zu verstehen sein, dass eine auf der Unterlage abgelegte strukturierte Lackschicht mit Lift-Off-Technik strukturiert werde, entnehme man dies D1, Seite 7, linke Spalte, dritter Absatz, wo Multilayerstapel auf strukturierte Photolackbereiche aufgetragen würden, die dann mittels Ultraschall in einem Lift-off abgelöst würden. Sollte im Streitpatent aber mit Lift-Off-Technik bereits die Strukturierung einer einzelnen Photolackschicht bezeichnet sein, so sei dies bei jedem Photolack der Fall, bei welchem nach der Belichtung zur Strukturierung entsprechende Bereiche freigelegt würden.

Das Merkmal 1.c), wonach der Photoresist Lackschichtflächenbereiche und lackschichtfreie Bereiche aufweise, sei lediglich eine Wiederholung der Aussage, dass der Photolack strukturiert sei und sei im Übrigen aus D1 bekannt.

Die Merkmale 1.d) und 1.g) gingen aus D1, siehe Seite 7, linke Spalte, erster Absatz, hervor, da das dort für das Ablegen eines Farbfilterschichtsystems beschriebene "RF planar magnetron sputtering" zweifelsfrei ein Vakuumbeschichtungsverfahren sei.

Das Merkmal 1.e) ergebe sich ebenfalls identisch aus dem dritten Absatz der linken Spalte auf Seite 7 von D1, denn dort sei der Lift-off wörtlich beschrieben, der ein strukturiertes Filter zurücklasse.

Dass das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolge, wie es Merkmal 1.f) verlange, lasse zunächst unklar, welcher Gegenstand oder was dabei eine solche Temperatur aufweisen solle.

Sei dies die Temperatur der Oberfläche, die des Auftragungsmaterials, des Multilayerstapels, des Photoresists, des Rezipienten oder die des Plasmas?

Falls dies die Temperatur des Photoresists sei, handele es sich um Lehrbuchwissen des Fachmanns, siehe D2, Seite 781, Tabelle 2, oder D3, Seite 217, linke Spalte, wonach höhere Temperaturen bei dem aus D2 bekannten Photolack AZ1350J nachteilig seien. Typische Verarbeitungsprozesse für Photolacke seien ferner in D4 bis D7 beschrieben, alle mit Temperaturen unter 130 ºC.

Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche sowie die beanspruchte Verwendung gemäß dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen beruhten, soweit sie neu seien, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den im Verfahren befindlichen Dokumenten.

Mangelnde Offenbarung liege vor, da die Merkmale 1.b) und 1.c) sowie 1.f) keine ausreichend klare Lehre zum technischen Handeln beinhalten würden. Wesen der Lift-Off-Technik sei es, nicht strukturierte Flächen auf einer Oberfläche abzulegen und erst nach dem Ablegen eine Struktur einzubringen. Bei der Temperaturangabe sei vollkommen unklar, welcher Gegenstand zu welcher Zeit des Verfahrens eine solche Temperatur aufweisen solle.

V. Die Patentinhaberin hat zunächst folgende Anträge gestellt:

1. Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung in Bezug auf die Zurückweisung des Hauptantrages und Aufrechterhaltung des Patents in erteiltem Umfang

2. Hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents entsprechend dem Hilfsantrag 1 der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung

3. Hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in eingeschränkter Fassung

4. Hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents entsprechend der Entscheidung der Einspruchsabteilung

Die Begründung der Beschwerde durch die Patentinhaberin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Beurteilung des Hauptantrags bezüglich erfinderischer Tätigkeit mit Blick auf D1, D9 und D12 erfolge strukturiert:

o Ermittlung des nächstliegenden Standes der Technik

o Ermittlung der Differenzen zwischen beanspruchter Erfindung und nächstliegendem Stand der Technik

o Untersuchung, ob der Fachmann veranlasst ist, die weiteren Dokumente zum Stande der Technik auf der Suche nach Lösungshinweisen zu berücksichtigen, und, wenn ja, was er diesen Dokumenten entnimmt.

Zu untersuchen sei, ob D1 oder D12 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten sei. Die gemäß Anspruch 1 des Hauptantrages beanspruchte Lehre betreffe grundsätzlich die gegenseitige Abstimmung von Lackschicht und Beschichtungsverfahren für das Farbfilterschichtsystem. D1 lehre zwei Varianten der Herstellung einer Farbfilterschichtsystem-Struktur, nämlich grundsätzlich nach dem Lift-off-Verfahren einerseits (nicht erfolgreich)` andererseits nach einem Ätzverfahren, "ion-milling" (erfolgreich). Beim Lift-off-Verfahren werde ein nicht weiter spezifiziertes und nicht variiertes Hochfrequenz-Planar-Magnetronsputtern eingesetzt. Eine Untersuchung der Wechselbeziehung von Lackschicht und Beschichtungsverfahren erfolge in D1 nicht, womit auch eine kritische Betrachtung der Temperatur bei der Filterschichtsystem-Ablegung und ihrer Auswirkung auf die Lackschicht unterbleibe. Bezüglich der an dem beanspruchten Verfahren beteiligten zwei Unterverfahren, nämlich Erstellen der strukturierten Lackschicht einerseits und Aufbringen der Farbfilterschichtsysteme andererseits, variiere D1 lediglich den einen Unterprozess, nämlich denjenigen der Lackschicht-Aufbringung, nicht jedoch den zweiten Unterprozess, nämlich die Beschichtung mit dem Farbfilterschichtsystem.

D12 hingegen diskutiere ausführlich die Wechselbeziehung der beiden erwähnten Unterprozesse, spreche dabei konsequent von "Verfahrensschritten" und erkenne - im Unterschied zu D1 -, dass der Beschichtungsprozess eine Auslegungsgröße des Gesamtverfahrens sei.

Weil nun das beanspruchte Verfahren spezielle Beschichtungsverfahren für das Ablegen des Filterschichtsystems vorschlage und deren Ausführung so, dass eine bestimmte Temperatur nicht überschritten werde, mit Auswirkung auf die davon belastete Lackschicht, sich hingegen D1 nur mit Lackschichtvariationen auseinandersetze im Gegensatz zu D12, das sich auch mit den Auswirkungen verschieden ausgeführter Beschichtungsprozesse für das Filterschichtsystem bezüglich der Lackschicht befasse, sei von D12 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen. Bei einer Entwicklung ausgehend von D1 wäre hinzugekommen, erst die dortige negative Bewertung des Lift-off-Verfahrens zu überwinden.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei zutreffend gegen D12 abgegrenzt. Der Unterschied zwischen der beanspruchten Lehre und der aus D12 bekannten sei, dass gemäß Anspruch 1 das Ablegen des Farbfilterschichtsystems durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolge, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen, während das Ablegen des Farbfilterschichtsystems gemäß D12 durch Verdampfen erfolge.

Bezüglich D12 ergebe sich als Aufgabe, ein verbessertes Verfahren für die Herstellung einer Farbfilterschichtsystem-Struktur zu finden.

Durch das beanspruchte Verfahren ergebe sich eine Verbesserung bereits aus dem Vergleich der Ausführungen in D12 und denjenigen im Streitpatent. D12 beschreibe in einer den Beispielen vorangehenden generellen Verfahrensbeschreibung, dass ein Doppelschicht-Fotolacksystem abgelegt werde, bestehend aus einer zweiten "überhängenden" Fotolackschicht 14 auf einer ersten Fotolackschicht 12, d.h. mit einem "overhang" bzw. "undercut". Wie sich aus dem Streitpatent ohne weiteres ergebe, könne die Lift-Off-Technik mit einer Lackschicht realisiert werden, ohne "undercut". Obwohl D12 in den Beispielen nicht restlos klar das Ablegen der erwähnten Doppellackschicht beschreibe, gehe der Fachmann nach Lektüre der erwähnten, den Beispielen vorangehenden generellen Verfahrensbeschreibung ohne Weiteres davon aus, dass auch die Beispiele in D12 auf der Basis einer "undercut"-bildenden Schicht-Struktur ausgeführt worden seien. Die aufgabengemäße Verbesserung des beanspruchten Verfahrens gegenüber dem in D12 bei Temperaturen von 150º beschriebenen Verfahren unter Einsatz eines Verdampfungsverfahrens für das Filterschichtsystem ergebe sich durch das beanspruchte Einsetzen des plasmaunterstützten Beschichtungsverfahrens, nämlich dem Magnetronsputtern oder plasmaunterstützten Verdampfen.

Es stelle sich nun die Frage ob der Fachmann, welchem ausgehend von D12 die Aufgabe gestellt werde, das Herstellungsverfahren zu verbessern, D1 und/oder D9 überhaupt zu Rate ziehe und, wenn ja, ob er D1 und/oder D9 naheliegenderweise einen Hinweis entnehme, die gestellte Aufgabe wie beansprucht zu lösen.

D1 spreche mit dem Titel "Patterning of multilayer dielectrical optical coatings for multispectral CCDs" ein technisches Gebiet an, welches ausgehend von D12 den Fachmann zur Lösung der Aufgabe zunächst interessieren müsste. Allerdings entnehme er bereits dem Abstract dieses Dokumentes, dass eine Ätztechnik entwickelt werde. Weil durch D12 der Fachmann dieses grundsätzlich andere Verfahren des Ätzens kenne, sei es fraglich, ob er D1 überhaupt weiter berücksichtige.

Auch wenn er nämlich noch das Summary am Schluss des erwähnten Dokuments D1 zur Kenntnis nehme, erfahre er dort, dass offensichtlich dann, wenn Randstörungen relevant würden, vom Einsatz der Lift-Off-Technik abzusehen sei und stattdessen die Ätztechnik einzusetzen wäre. Damit verfolge der von D12 ausgehende Fachmann entweder das Lift-off-Verfahren nicht weiter und setze das Ätzverfahren ein, oder er beharre auf der Weiterentwicklung der Lift-Off-Technik und lege D1 beiseite. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass im erwähnten Summary die Lift-Off-Technik generell und nicht mit Bezug auf ein bestimmtes Beschichtungsverfahren für das Farbfilterschichtsystem abgehandelt sei.

Würde aber der Fachmann wider Erwarten D1 detailliert studieren, so werde ihm bezüglich der Lift-Off-Technik folgendes gelehrt:

o Zur Ablage des Filterschichtsystems werde planares Hochfrequenzmagnetronsputtern eingesetzt (Seite 7, linke Spalte: "2. Experiment and Details").

o 20 bis 30 Schichten von Silizium- und Titan-Oxid würden abgelegt, ergebend eine Dicke zwischen 1,9 und 3,6 µm.

o Eine inadäquat behandelte Unterlage führe dazu, dass die Fotolackstrukturen sich von der Unterlage ablösten.

o Unterschiedliche Fotolacke würden verwendet in variierenden Dicken, um das Optimum von Lackschichtdicke zu Filterschichtsystemdicke zu ermitteln.

o In gewissen Experimenten werde die Oberfläche des Fotolacks vor ihrer photolithografischen Weiterbehandlung gehärtet, was bei der Entwicklung zu einem "undercutting" führe.

Unter "3. Results and Discussion" würden Resultate diskutiert, die für den Fachmann wenig aussagekräftig seien, weil jeweils keine Angaben gemacht würden, bei welchem Lacktyp, bei welcher Lackdicke mit oder ohne "undercut" die diskutierten Resultate erzielt worden seien. Somit lehre D1 allenfalls, ein Verfahren zur Herstellung von Farbfilterschichtsystem-Strukturen gemäß D12 auszuprobieren. Dabei werde anstelle von dem in D12 beschriebenen Verdampfen für das Ablegen der Filterschichtsysteme gemäß D1 planares RF-Magnetronsputtern eingesetzt. An der Lackschicht würden verschiedene Parameter variiert, nämlich Lacktyp, Lackschichtdicke mit oder ohne "undercuts". Insbesondere dann, wenn den Randstörstellenbereichen an den Filterschichtsystemstrukturen aufgrund deren Größe Beachtung zu schenken sei, werde das Lift-Off-Verfahren verworfen und das Ätzverfahren eingesetzt. Somit habe der Fachmann, dem die Aufgabe gestellt sei, das Verfahren nach D12 zu verbessern, keinerlei Veranlassung, das Verdampfungsverfahren für das Ablegen des Filterschichtsystems gemäß Dl2 durch das Planar-Hochfrequenz-Magnetronsputtern gemäß D1 zu ersetzen, wenn er mitunter erkenne, dass damit trotz "undercutting", wie dies in D12 praktiziert werde, keine brauchbaren Resultate erzielt würden. Der Fachmann entnehme D1 keinesfalls, dass der Einsatz eines plasmaunterstützten Beschichtungsverfahrens zum Ablegen des Filterschichtsystems, nämlich von Magnetronsputtern oder von plasmaunterstütztem Bedampfen, bei Einhaltung einer Temperatur von höchstens 150ºC, die gestellte Aufgabe löse.

D9 beschreibe die Herstellung optischer Schichten mit einem plasmaunterstützten Verdampfungsverfahren. Die Herstellung strukturierter Filterschichtsysteme werde generell nicht angesprochen, schon gar nicht Lift-Off-Technik. Wie bereits zum nächstliegenden Stand der Technik, Dl2, ausgeführt, betrachte der Fachmann das Verfahren zur Abscheidung nicht strukturierter optischer Schichten deswegen als nicht relevant für die Entwicklung von Herstellungsverfahren für strukturierte optische Schichtsysteme, weil sie als nicht kompatibel mit Fotolack-Lift-Off-Techniken angesehen würden.

Würde der Fachmann wider Erwarten D9 in Betracht ziehen, so erkenne er, dass noch andere Verfahren bekannt seien, um, wie bereits aus dem nächstliegenden Stand der Technik bekannt, tiefe Temperaturen bei der Aufbringung optischer Schichten zu realisieren. Dass sich aber bei der Herstellung strukturierter Filterschichtsysteme gemäß D12 durch den Ersatz des daraus bekannten Verdampfens durch das aus D9 für das Ablegen unstrukturierter optischer Schichten bekannte plasmaunterstützte Verdampfungsverfahren irgendwelche Vorteile ergäben, hätte der Fachmann ausgehend von D12 naheliegenderweise in D9 nicht erkennen können.

VI. Die Patentinhaberin hat in einer weiteren Stellungnahme zur Beschwerdebegründung der Einsprechenden u. a. noch Folgendes ausgeführt:

Gegenstand der Beschwerde seitens der Einsprechenden müsse die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung sein, mit der das Streitpatent in dem aufrecht erhaltenen Umfang beschränkt worden sei. Die sich auf das durch die Prüfungsabteilung erteilte Patent gerichteten Einwände seien keine Begründung der Beschwerde und deshalb unbeachtlich. Sie wären eher als Beantwortung der Beschwerde der Patentinhaberin zu werten, mit der die Aufrechterhaltung des Patents in unverändertem Umfang beantragt worden sei.

VII. In einer Anlage zur Ladung zu der von beiden Beteiligten hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung hat die Kammer im Einklang mit Artikel 11(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) den Beteiligten u. a. Folgendes mitgeteilt:

Da die Patentinhaberin eine Beschwerde mit dem Ziel eingelegt habe, die Aufhebung der von der Einspruchsabteilung erlassenen Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang zu erreichen und als Hauptantrag die Aufrechterhaltung in der erteilten Fassung beantragt habe, sei es zulässig, dass die Einsprechende in ihrer Beschwerdebegründung auch zum Hauptantrag der Patentinhaberin Stellung nehme.

Zu ihrem zweiten Antrag (Hilfsantrag 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung) habe die Patentinhaberin keine Begründung abgegeben, warum die Entscheidung, wonach der Gegenstand des Anspruchs 9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, aufzuheben wäre.

Der dritte Hilfsantrag der Patentinhaberin sei offensichtlich unzulässig, da nicht angegeben sei, in welchem Umfang das Patent geändert aufrechterhalten werden solle.

Es folgten weitere Ausführungen zu den Einspruchsgründen unter Artikel 100 a) und b) EPÜ 1973 hinsichtlich des für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit relevanten Standes der Technik bzw. der Offenbarung der Erfindung, insbesondere "Lift-Off"-Technik und Wahl der Temperatur.

VIII. In der mündlichen Verhandlung am 08.12.2009 hat die Patentinhaberin gemäß einem Hauptantrag beantragt, das Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 bis 5 aufrecht zu erhalten.

Die Einsprechende hat beantragt, das Patent zu widerrufen.

IX. Die Fassungen der unabhängigen Ansprüche gemäß den jeweiligen Anträgen der Patentinhaberin, die dieser Entscheidung zugrunde liegen, lauten wie folgt:

Hauptantrag

1. Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsytem-Struktur auf einer Unterlage (30), bei dem, in Lift-Off-Technik, eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt wird, mit Lackschichtflächenbereichen und lackschichtfreien Bereichen, dann durch ein Vakuumbeschichtungsverfahren ein Farbfilterschichtsystem (31) abgelegt wird und danach, mit den Lackschichtflächenbereichen, die darauf abgelegten Bereiche des Farbfilterschichtsystems (31) entfernt werden, wobei das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Ablegen des Farbfilterschichtsystems (31) durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolgt, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen.

1. Hilfsantrag

1. Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsytem-Struktur auf einer Unterlage (30), bei dem, in Lift-Off-Technik, eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt wird, mit Lackschichtflächenbereichen und lackschichtfreien Bereichen, dann durch ein Vakuumbeschichtungsverfahren ein Farbfilterschichtsystem (31) abgelegt wird und danach, mit den Lackschichtflächenbereichen, die darauf abgelegten Bereiche des Farbfilterschichtsystems (31) entfernt werden, wobei das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Ablegen des Farbfilterschichtsystems (31) durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolgt, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen, und dass keine überhängenden Seitenwände der Lackschichtflächenbereiche vorgesehen werden.

2. Hilfsantrag

1. Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsytem-Struktur auf einer Unterlage (30), bei dem, in Lift-Off-Technik, eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt wird, mit Lackschichtflächenbereichen und lackschichtfreien Bereichen, dann durch ein Vakuumbeschichtungsverfahren ein Farbfilterschichtsystem (31) abgelegt wird und danach, mit den Lackschichtflächenbereichen, die darauf abgelegten Bereiche des Farbfilterschichtsystems (31) entfernt werden, wobei das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Ablegen des Farbfilterschichtsystems (31) durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolgt, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen und die erste Schicht des Farbfilterschichtsystems (31) nicht-reaktiv unter ausschließlicher Verwendung eine Arbeitsgases auf der strukturierten Lackschicht (32) abgelegt wird.

9. Verfahren zur Herstellung einer Farbfilterschichtsystem-Struktur auf einer Unterlage (30), bei dem, in Lift-Off-Technik, eine strukturierte Lackschicht (32) auf der Unterlage (30) abgelegt wird, mit Lackschichtflächenbereichen und lackschichtfreien Bereichen, dann durch ein Vakuumbeschichtungsverfahren ein Farbfilterschichtsystem (31) abgelegt wird und danach, mit den Lackschichtflächenbereichen, die darauf abgelegten Bereiche des Farbfilterschichtsystems (31) entfernt werden, wobei das Vakuumbeschichtungsverfahren bei einer Temperatur von höchstens 150ºC erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Ablegen des Farbfilterschichtsystems (31) durch ein plasmaunterstütztes Beschichten erfolgt, nämlich durch Magnetronsputtern oder plasmaunterstütztes Bedampfen, wobei als erste Schicht auf der Lackschicht eine optisch im wesentlichen neutrale Zwischenschicht (45) aufgebracht wird, welche bezüglich der nachfolgend eingesetzten Beschichtungs-Atmosphäre stabiler ist als die Lackschicht, die vorzugsweise 5 nm bis 10 nm dick ist und weiter vorzugsweise aus SiO oder Si02 besteht.

3. Hilfsantrag: wie 2. Hilfsantrag ohne den Anspruch 9.

Entscheidungsgründe

1. Offenbarung der Erfindung

1.1 Grundsätzlich bezieht sich die Offenbarung der Erfindung auf die durch das Patent insgesamt gegebene Lehre. Das Patent kann hinsichtlich einzelner Merkmale in Ansprüchen unter dem Einwand mangelnder Offenbarung nur angegriffen werden, wenn es Widersprüche zwischen diesen Merkmalen und der Beschreibung oder den Figuren gibt. Eine solche Situation liegt hier nicht vor. "Lift-Off" ist ein Begriff, der in dem vorliegenden Fachgebiet der Beschichtungstechnik allgemein bekannt ist. Für den einschlägigen Fachmann ist klar, dass bei dieser Technik zunächst eine Lift-Off-Maske z.B. aus Fotolack auf einem Substrat abgeschieden wird, über die ganzflächig z.B. ein Farbfilterschichtsystem abgeschieden wird. Durch Entfernen der strukturierten Lackschicht werden die darüber liegenden Farbfilterschichten durch "Lift-Off" mit entfernt, siehe Streitpatent, Absatz 0003. Es entsteht ein strukturiertes Farbfilterschichtsystem. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß allen Anträgen der Patentinhaberin bezieht sich eindeutig auf diese Technik.

1.2 Für den Fachmann ist außerdem klar, dass sich der durch Kommas abgetrennte Einschub im Wortlaut des Anspruchs 1 "in Lift-Off-Technik" nicht nur auf die unmittelbar nachstehende Strukturierung der Lackschicht bezieht, sondern insbesondere auf das weiter beschriebene Entfernen des auf die strukturierte Lackschicht aufgebrachten Farbfilterschichtsystems durch Entfernen der Lackschichtflächenbereiche. Das Strukturieren der Fotolackschicht erfolgt üblicherweise durch Belichten durch eine Maske mit nachfolgendem Ätzen der belichteten bzw. unbelichteten Bereiche, was im Allgemeinen nicht als "Lift-Off" bezeichnet wird.

1.3 Das unter Punkt 1.1 Gesagte trifft prinzipiell auch für die von der Einsprechenden bemängelte Auswahl der Temperatur zu. Da zwischen der Angabe "höchstens 150ºC" im Anspruch 1 und den in der Beschreibung offenbarten Temperaturwerten bzw. Temperaturbereichen kein Widerspruch besteht, kommt es lediglich darauf an, ob der Fachmann in der Lage war, geeignete Temperaturen aus dem beanspruchten Bereich auszuwählen. Die dabei zu berücksichtigenden Gesichtspunkte finden sich in den Absätzen 0013 bis 0015 und insbesondere 0022 des Streitpatents.

1.4 Während die Einsprechende zur Lift-Off-Technik zuletzt keine Einwände mehr hatte, gab sie im Zusammenhang mit der Temperaturangabe zu bedenken, dass es für den Fachmann nicht ersichtlich sei, wo die Temperatur in der relativ komplizierten Apparatur zu messen wäre und wie diese Temperatur zu bestimmen wäre.

1.5 Die Patentinhaberin hat jedoch glaubhaft erläutert, dass der Fachmann in der Lage ist, in geeigneter Weise Ort und Art der Temperaturmessung für den vorliegenden Anwendungsfall zu bestimmen. Die Temperatur könne mit Thermoelementen direkt an dem zu beschichtenden Werkstück gemessen werden.

1.6 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Erfindung im Sinne von Art. 100 b) EPÜ 1973 so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

2. Patentfähigkeit

2.1 Hauptantrag

2.1.1 Das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Hauptantrags ist neu, wie sich aus den folgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt. Die in Oberbegriff und Kennzeichen zweigeteilte Form des Anspruchs 1 legt zwar nahe, von der Druckschrift D12 auszugehen, nachdem diese ein Beschichtungsverfahren in Lift-Off-Technik mit allen Merkmalen des Oberbegriffs offenbart, während die kennzeichnenden Merkmale (plasmaunterstütztes Beschichten durch Magnetronsputtern und plasmaunterstütztes Bedampfen) in D12 nicht verwendet werden. Die Beschichtung erfolgt in D12 durch einfaches Verdampfen von Material aus Tiegeln. Die Substrate werden bei der Beschichtung auf 150ºC erhitzt (siehe Sp. 4, Z. 32-36) bzw. auf einer Temperatur von unter 150ºC gehalten (siehe Sp. 6, Z. 11 im Anspruch 1). Beide Angaben fallen in den in dem vorliegenden Anspruch 1 angegebenen Bereich "höchstens 150ºC". Dennoch ist es überzeugender, von dem in der Druckschrift D1 beschriebenem Verfahren als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, das die genannten speziellen Beschichtungsverfahren verwendet.

2.1.2 Eine Beschichtungstemperatur geht aus D1 nicht hervor. Daher stellt sich die Frage, was der Fachmann bei einer Verwendung des aus D1 bekannten Verfahrens als Beschichtungstemperatur auswählen würde. Die damit gelöste Aufgabe richtet sich daher auf die Vermeidung thermischer Beanspruchung der für die Lift-Off-Technik benötigten strukturierten Lackschicht.

2.1.3 Hierzu ist festzustellen, dass es allgemein bekannt war, dass die in Frage kommenden Fotolacke temperaturempfindlich sind, siehe z. B. D3, Abstract, und die Aufzählung möglicher Temperatureffekte in "Introduction" auf Seite 210. Die in D3 genannten Temperaturen von 100ºC für "prebake" und "post-exposure bake" (Seite 214, rechte Spalte, 2. Absatz bzw. Seite 215, linke Spalte, 3. Absatz) und 140ºC für "post-development bake" (Seite 215, linke Spalte, vorletzter Absatz) liegen tendenziell alle unter 150ºC, der in dem vorliegenden Anspruch 1 definierten oberen Grenze. Es war daher naheliegend, bei dem aus D1 bekannten Verfahren, das Fotolackschichten in einer Lift-Off-Technik verwendet, relativ niedrige Temperaturen einzuhalten, wie sie in D3 angegeben sind und in den beanspruchten Bereich fallen.

2.1.4 Die Patentinhaberin hat eingewandt, dass in D3 nur ein Fotoresist beschrieben werde, das zudem nicht in einer Lift-Off-Technik verwendet werde und im "post-development-bake" einer relativ hohen Temperatur ausgesetzt werde. Eine relativ hohe Temperatur werde auch in D1 im Zusammenhang mit fotoreaktivem Polyimid verwendet, siehe Seite 7, linke Spalte, 2. Absatz, letzter Satz.

2.1.5 Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass dem Fachmann klar sein musste, dass er bei den für die Lift-Off-Technik geeigneten, d. h. leicht ablösbaren Fotolacken Sorge tragen musste, dass diese nicht zu hohen Temperaturen ausgesetzt werden, wie sie möglicherweise bei der Beschichtung mittels plasmaunterstützter Verfahren auftreten.

2.1.6 Geht man von dem Dokument D12 aus, das eine Lift-Off-Technik mit Fotolacken bei niedrigen Temperaturen offenbart, siehe Spalte 3, "Summary of the Invention", so stellt sich die Aufgabe, eine Alternative zu dem verwendeten Beschichtungsverfahren des einfachen Aufdampfens aus Tiegeln anzugeben. Hier bot sich ohne weiteres eine plasmaunterstützte Beschichtungstechnik an, wie sie aus D9 hervorgeht und gegenüber einfacher Verdampfung viele Vorteile in der Handhabung (siehe Seite 396, erster Absatz), aber auch hinsichtlich der Eigenschaften der Schichten wie Dichte und Struktur des Materials (siehe Seite 394, "2. Introduction") aufweist. Es war daher naheliegend, bei dem in D12 offenbarten Verfahren die in D9 beschriebene plasmaunterstützte Beschichtungstechnik einzusetzen.

2.1.7 Die Patentinhaberin hat hierzu vorgebracht, dass es in D12 darum ginge, strukturierte Filterschichten direkt auf die Oberfläche von z. B. Bildsensoren aufzubringen, so dass dort niedrige Temperaturen angestrebt würden, nicht nur zur Schonung der Resists. Als Lösung sei einfaches Verdampfen verwendet worden. Daher sei es auch nicht naheliegend gewesen, die für großflächige Substrate in D9 angewandten aggressiven plasmunterstützten Beschichtungsverfahren auf D12 zu übertragen und das Verdampfen zu ersetzen. Das sei auch durch D1 nicht nahegelegt worden, denn dort sei angegeben, dass Resiststrukturen mit Überhängen ("undercuts") und nachfolgendem "Lift-Off" strukturierte Vielfachschichten von minderer Qualität erzeugt hätten, als sie mit Ionenstrahlätzen ("Ion-milling") von photolithographisch strukturierten Vielfachschichten erhalten worden seien.

2.1.8 Die Kammer möchte jedoch darauf hinweisen, dass ein plasmaunterstütztes Beschichtungsverfahren nicht notwendigerweise eine hohe Temperatur des Substrats verlangt, siehe D9, insbesondere Seite 396, Zeilen 8 bis 13. Dort sind die Vorzüge dieses Verfahrens aufgeführt - u. a. die geringe thermische Belastung der Substrate -, die den Fachmann veranlassen mussten, solche Verfahren zur Beschichtung von empfindlichen Resiststrukturen, wie sie für eine Lift-Off-Technik in D12 beschrieben sind, einzusetzen.

2.1.9 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das in dem Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag beanspruchte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2.2 1. Hilfsantrag

2.2.1 Der Anspruch 1 dieses Antrags enthält zusätzlich das Merkmal, dass keine überhängenden Seitenwände der Lackschichtflächenbereiche vorgesehen werden. Dieses Merkmal geht allerdings schon aus der als den nächstliegenden Stand der Technik verkörpernden Druckschrift D1 hervor, nachdem dort angegeben ist, dass dielektrische Vielfachschichtfilter mit Lift-Off-Technik entwickelt wurden, die ziemlich scharfe Kanten aufwiesen, siehe Seite 7, rechte Spalte, "3. Results and discussion", 1. Absatz und Figur 1. Daher gelten die oben im Zusammenhang mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags angestellten Überlegungen zur Auswahl der Beschichtungstemperatur in gleicher Weise.

2.2.2 Die Patentinhaberin hat darauf hingewiesen, dass die in dem Dokument D12 offenbarte Beschichtungstemperatur an die dort offenbarte Überhangstruktur gekoppelt sei. Da solche Überhänge in dem vorliegenden Anspruch vermieden würden, sei auch die Auswahl der Beschichtungstemperatur wieder neu zu treffen.

2.2.3 Dieses Argument ist für die Kammer nicht überzeugend, da die Beschichtungstemperatur durch D3 nahegelegt wurde.

2.3 2. Hilfsantrag

2.3.1 Dieser Antrag bezieht sich auf zwei unabhängige Ansprüche, nämlich 1 und 9. Die Kammer hat in der Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung Zweifel geäußert, dass dieser Antrag zulässig ist, nachdem die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdebegründung hierzu keine Begründung abgegeben hat. Die Beteiligten haben es jedoch vorgezogen, sachlich zu diesem Antrag Stellung zu nehmen, so dass die Frage der Zulassung zum Verfahren zunächst offen bleiben soll.

2.3.2 Der Anspruch 1 dieses Antrags enthält zusätzlich zum Anspruch 1 des Hauptantrags das Merkmal, dass die erste Schicht des Farbfilterschichtsystems (31) nicht-reaktiv unter ausschließlicher Verwendung eines Arbeitsgases auf der strukturierten Lackschicht (32) abgelegt wird. Keines der im Verfahren befindlichen Dokumente offenbart ein Verfahren mit diesem zusätzlichen Schritt.

2.3.3 Dieser Verfahrensschritt, bei dem nur ein Arbeitsgas eingesetzt wird (z. B. Argon, siehe vorliegendes Patent, Absätze 27 und 28), unterstützt eine schonende Behandlung der für den "Lift-Off" nötigen Lackstruktur auf dem Substrat, die sonst bei Verwendung eines reaktiven, also Sauerstoff enthaltenden Gases angegriffen würde.

2.3.4 Die Einsprechende hat in diesem Zusammenhang keine neuen Argumente vorgebracht, sondern auf ihre Argumente vor der Einspruchsabteilung verwiesen. Was die Aussage in D9, S. 394, "2. Introduction", letzter Satz anbelangt, wonach mit der dort beschriebenen plasmaunterstützten Methode Oxidschichten ohne reaktive Gase hergestellt werden können, so bezieht sich das zunächst nur auf unstrukturierte Schichten im Gegensatz zu den mit Lift-Off-Technik strukturierten Farbfiltersystemen des vorliegenden Patents. Die Kammer schließt sich im Übrigen der Beurteilung der Einspruchsabteilung an, wonach das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags durch den Stand der Technik nicht nahegelegt ist.

2.3.5 Der Anspruch 9 dieses Antrags enthält zusätzlich zum Anspruch 1 des Hauptantrags das Merkmal, dass als erste Schicht auf der Lackschicht eine optisch im Wesentlichen neutrale Zwischenschicht (45) aufgebracht wird, welche bezüglich der nachfolgend eingesetzten Beschichtungs-Atmosphäre stabiler als die Lackschicht ist, welche vorzugsweise 5 nm bis 10 nm dick ist und weiter vorzugsweise aus SiO oder SiO2 besteht.

2.3.6 Es handelt sich also um eine Alternative zu der nicht-reaktiven Arbeitsweise gemäß dem Anspruch 1. Da allerdings die fakultativen Angaben nicht einschränkend sind und der Wortlaut durch die unpräzise Definitionen "optisch im wesentlichen neutrale Zwischenschicht" sehr breit ist, fällt auch ein normales Farbfilterschichtsystem unter den Anspruchswortlaut, bei dem die erste Filterschicht aus SiO bzw. SiO2 besteht, wie es durchaus üblich ist und auch aus D1, siehe die Erläuterung der Figur 5 in dem Absatz, der die Seiten 8 und 9 überbrückt, hervorgeht ("titania layers shielding the silica layers").

2.3.7 Die Patentinhaberin hat eingewandt, dass der Fachmann neutrale, d. h. inaktive Schichten möglichst vermeiden würde, da sie kostenintensiv seien. In D1 sei die erste Schicht eine Filterschicht und daher nicht inaktiv oder neutral. Die Kammer stimmt jedoch der Einsprechenden zu, dass jedes sich im Strahlengang befindende Element optisch aktiv ist. Die Patentinhaberin hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Zwischenschicht "im Wesentlichen" neutral sei. Es ist offensichtlich, dass eine solche Definition zu Unklarheiten führt.

2.3.8 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das in dem Anspruch 9 definierte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Auf die Frage der Zulassung des 2. Hilfsantrags zum Verfahren kommt es daher nicht mehr an.

2.4 3. Hilfsantrag

2.4.1 Dieser Antrag ist durch Streichung des Anspruchs 9 aus dem 2. Hilfsantrag hervorgegangen. Das bedeutet, dass die Fassung des Anspruchs 1 in den beiden Hilfsanträgen identisch ist. Aufgrund der zum 2. Hilfsantrag im Zusammenhang mit dem Anspruch 1 gegebenen Begründung ist daher der 3. Hilfsantrag, der auf diesen Anspruch 1 als einzigem unabhängigen Anspruch beschränkt ist, gewährbar. Es liegen hierzu auch angepasste abhängige Ansprüche sowie eine angepasste Beschreibung vor, nachdem die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Zwischenentscheidung entschieden hatte, dass das Patent in der Fassung dieser Unterlagen aufrechterhalten werden kann.

2.5 Da dem 3. Hilfsantrag der Patentinhaberin entsprochen wurde, brauchten der 4. und der 5. Hilfsantrag nicht untersucht zu werden.

3. Schlussbemerkung

3.1 Da das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der gemäß dem 3. Hilfsantrag der Patentinhaberin vorgenommenen Änderungen, die schon die Grundlage für die angefochtene Entscheidung bildeten, den Erfordernissen des EPÜ in der jeweils geltenden Fassung genügen und dies für den Hauptantrag sowie den 1. und den 2. Hilfsantrag nicht der Fall ist, war es nur folgerichtig, beide Beschwerden, die der Einsprechenden und die der Patentinhaberin zurückzuweisen. Damit wird die Zwischenentscheidung hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang rechtskräftig.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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