European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T189306.20090617 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 17 Juni 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1893/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00110667.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F24H 8/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Betreiben eines Brennwert-Heizgeräts mit Kondensatablauf | ||||||||
Name des Anmelders: | ROBERT BOSCH GMBH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Vaillant | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung (nein) Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 16. Oktober 2006, mit der der Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. EP-B-1061312 zurückgewiesen wurde.
II. Hiergegen hat die Einsprechende (im folgenden: Beschwerdeführerin) am 22. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdebegründung eingereicht. Die Beschwerdegebühr war bereits am 6. Dezember 2006 entrichtet worden.
Die Beschwerde wird darauf gestützt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 eine unzulässige Erweiterung enthalte und daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfülle sowie angesichts der DE-A-4134230 (A1) nicht neu bzw. nicht erfinderisch sei (Art. 54, Art. 56 EPÜ).
III. Mit der Ladung vom 3. Februar 2009 zur mündlichen Verhandlung versandte die Kammer eine Mitteilung gemäss Artikel 15(1) VOBK, in welcher sie den Parteien das vorläufige Ergebnis Ihrer Prüfung der Beschwerde mitteilte.
IV. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009, eingegangen am 22. Mai 2009 reichte die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) Hilfsanträge 1 bis 3 ein.
V. Die mündliche Verhandlung fand am 17. Juni 2009 statt.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der am 22. Mai 2009 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
VII. Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Betreiben eines Brennwert-Heizgerätes mit einem durch ein Brennstoff-Luftgemisch gespeisten Brenner (10), einer Brennkammer (12) und einer Wärmetauschereinheit (14) in welchem das Verbrennungsgas mindestens im unteren Leistungsbereich des Heizgeräts unter den Taupunkt des Wasserdampfes abkühlt, ferner mit einer Kondensat-Ablaufvorrichtung (17) wobei ein Teil der Ablaufvorrichtung zur Sicherung gegenüber unerwünschtem Abgasaustritt als Siphon (28) zum Speichern einer Sperrflüssigkeit, insbesondere von Abgaskondensat, ausgebildet ist, und wobei beim Vorliegen von bestimmten Randbedingungen ein Siphon-Füllprogramm aktiviert wird, dergestalt, dass das Brennwert-Heizgerät für eine bestimmte Zeitdauer mit einer minimalen Heizleistung betrieben wird, bei der der Taupunkt der Abgase unterschritten wird, so dass der Siphon (28) mit Abgaskondensat gefüllt und die Ablaufvorrichtung gegen Abgasaustritt verschlossen wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
nach dem Start des Heizgeräts das Siphon-Füllprogramm aktiviert wird, wenn innerhalb einer vorbestimmten Zeit keine Wärmeanforderung erfolgte, obwohl das Heizgerät betriebsbereit war."
VIII. Vorbringen der Beschwerdeführerin
Unzulässige Erweiterung Art. 123(2) EPÜ
Das Merkmal des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1 sei nicht in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, weil ihm der Begriff "nach dem Start des Heizgeräts" hinzugefügt worden sei.
Ursprünglich wurde die Zeit nach der Beendigung eines Heizbetriebs bei betriebsbereitem Gerät erfasst. Liege nach einer vorbestimmten Zeit keine Wärmeanforderung vor, so werde das Heizgerät gestartet und das Siphon-Füllprogramm durchlaufen.
Demgegenüber werde gemäss erteiltem Patent bei einer Wärmeanforderung zunächst geprüft, ob binnen der durch die vorgegebene Zeit bestimmten Phase in der Vergangenheit eine Wärmeanforderung vorlag, obwohl das Gerät betriebsbereit war.
Im wesentlich gehe der ursprüngliche Wortlaut davon aus, dass ein Zeitablauf Auslöser des Siphon-Füllprogramms ist und nicht eine Wärmeanforderung.
Diese Meinung werde von der Textstelle der Anmeldung in der veröffentlichten Fassung, Spalte 3, Zeilen 8 bis 12 bestätigt. Hier wird beschrieben, was der Auslöser für eine solche Aktivierung sein kann:
"Das Siphonfüllprogramm wird aktiviert, wenn das Heizgerät durch Betätigung des Haupt-bzw. Netzschalters eingeschaltet oder wenn innerhalb der letzten 48h keine Wärmeanforderung vorlag, obwohl das Heizgerät betriebsbereit war."
Dies sei ein wesentlicher Unterschied, weil im ursprünglichen Fall auch während längerer Pausen ohne Wärmeanforderung (z.B. aufgrund einer Urlaubsreise) das Siphon-Füllprogramm nach Ablauf der vorbestimmten Zeit durchlaufen wird. Bei der erteilten Variante jedoch sei dies nicht der Fall, vielmehr werde erst nach dem Erreichen der Mindesttemperatur (z.B. von 40**(o)C) und Sendung der übliche Wärmeanforderung an die Regelung geprüft, ob binnen der vorbestimmten Zeit eine Wärmeanforderung vorlag, und gegebenenfalls das Siphon-Füllprogramm durchlaufen.
Weiterhin heisse es in Absatz [0003] des Streitpatents, dass nach den Merkmalen des Anspruchs 1 sichergestellt sei, dass der Siphon der Kondensat-Ablaufvorrichtung auch bei Stillstand des Brenners, d.h. wenn keine Wärmeanforderung erfolgt, immer selbständig und sicher gefüllt beziehungsweise nachgefüllt wird. Demzufolge sei zur Aktivierung des Siphon-Füllprogramms keine Wärmeanforderung notwendig.
Die Figur 3B belege nicht, dass das Siphon-Füllprogramm erst nach einer Wärmeanforderung aktiviert wird, weil sie auch das Verfahren betreffe, bei dem das Siphon-Füllprogramm nach Einschaltung des Heizgeräts durch Betätigung des Haupt-bzw. Netzschalters des Heizgeräts aktiviert wird (siehe Offenlegungsschrift Spalte 3, Zeilen 8-10): der Heizkreis und/oder Brauchwasserspeicher sei demnach kalt, so dass zunächst das Füllprogramm durchfahren und anschliessend der Heizkreis und /oder der Brauchwasserspeicher gemäss Wärmeanforderung aufgeheizt wird.
Ausserdem könne die Offenbarung bezüglich der Figur 3A nicht auf die Figur 3b übertragen werden, weil sie lediglich den Stand der Technik betreffe.
Neuheit und erfinderische Tätigkeit.
Es wird davon ausgegangen, dass das bei der unzulässigen Erweiterung diskutierte Merkmal aufgenommen wurde, damit sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents mutmasslich von A1 unterscheidet.
Das Definieren von Randbedingungen für die Aktivierung des Siphon-Füllprogramms sei für den Fachmann eine nahe liegende Vorgehensweise. Im vorliegenden Fall, müsse für die Lehre der A1 auch das wie von der Beschwerdegegnerin für die Lehre des Streitpatents vorgebrachte Argument gelten, dass ein Siphon-Füllprogramm ohne Wärmeanforderung für den Fachmann verschwenderisch und unvernünftig sei und daher ausgeschlossen werde.
In der A1 heisse es, dass das Siphon-Füllprogramm "zeitweise" (vgl. Spalte 3, Zeile 10) bzw. "von Zeit zu Zeit" (vgl. Spalte 3, Zeilen 18ff) durchgeführt werden soll. Es sei bekannt, dass eine Steuerung gemäss A1 ein "Zeitglied aufweist, das in bestimmten Zeitabständen für eine vorbestimmte Zeit Steuersignale auslöst, die den Brenner in einen, bestimmten, eine Kondensatbildung ermöglichenden Betriebszustand bringen (vgl. Spalte 3, Zeile 64 bis Spalte 4, Zeile 1).
Es gebe daher zwei nahe liegende Alternativen: Entweder wird in festen Abständen, lediglich nach Vorgaben einer Uhr, das Siphon-Füllprogramm durchgeführt, oder der Zeitabstand beginnt mit Beendigung der Kondensation, also mit Sicherheit beim Abschalten des Brenners, was wiederum geschieht, wenn keine Wärmeanforderung erfolgt.
Aus der A1 seien auch Massnahmen (z.B. Füllstandsmesser, Temperatursensoren) bekannt, welche es ermöglichen, dass das Siphon-Füllprogramm nur dann aktiviert wird, wenn der Füllstand des Kondensats im Siphon unter einen bestimmten Wert abgesunken ist(Spalte 4, Zeilen 15ff).
Ausgehend von A1 stelle sich dem Fachmann die objektive Aufgabe, eine Alternative zu diesen baulichen Massnahmen zu finden, um das Siphon-Füllprogramm nur dann durchzuführen, wenn es mit hoher Wahrscheinlichkeit notwendig sei.
Der Fachmann wisse aus der A1, dass eine Füllung des Siphons sowohl bei der ersten Inbetriebnahme, als auch nach längeren Betriebspausen wegen Flüssigkeitsverlust durch Verdunstung (vgl. Spalte 2, Zeile 51, Spalte 3, Zeilen 20ff) notwendig ist.
Damit werde der Fachmann zu dem Schluss kommen, dass das Siphon-Füllprogramm unterbleiben kann, wenn das Gerät in dem vorgegebenen Zeitabstand gemäss dem Verfahren von A1 betrieben wurde, da er weiss, dass im Heizbetrieb Kondensat anfällt.
Sollte der Fachmann dieses Wissen implizieren, so wäre Anspruch 1 nicht neu.
Somit gelange der Fachmann allein durch die Lehre der A1 in nahe liegender Weise zu den Randbedingungen für die Aktivierung des Siphon-Füllpramms des Anspruchs 1.
Darüberhinaus sei es nach der Lehre A1 möglich, dass sich das Gerät nach Ablauf einer vorgegebenen Zeit in einem durch eine Wärmeanforderung initiierten Heizbetrieb befindet, der Brenner daher zunächst in einem einen Kondensatanfall ermöglichenden Teillastbereich betrieben wird und sich anschliessend wieder in einem gemäss anliegender Wärmeanforderung initiierten Heizbetrieb befindet.
In Spalte 7, Zeilen 10 bis 15 der A1 heisst es: "Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Kondensat, das während eines Betriebs des Brenners 53, bei welchem kein Kondensat anfällt, wie zum Beispiel bei Vollast-Betrieb oder hoher Vorlauftemperatur, in siphonartigen Abschnitt verdunstet, in bestimmten Zeitabständen wieder aufgefüllt wird".
Somit sei aus A1 ein Zustand bekannt, bei dem das Gerät aufgrund einer konventionellen Wärmeanforderung gestartet wird und dann aufgrund der individuellen Wärmeanforderung zunächst im Siphon-Füllprogramm-Modus betrieben wird.
Ausgehend von A1 stelle sich daher für den Fachmann die Frage, wie zu verfahren sei, wenn zu den bestimmten Zeitabständen keine Wärmeanforderung vorläge und keine Möglichkeit der Wärmeabfuhr bestünde. Es sei dann für den Fachmann nahe liegend, auf die nächste Wärmeanforderung zu warten und somit zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
IX. Vorbringen der Beschwerdegegnerin
Unzulässige Erweiterung Art. 123(2) EPÜ
Figur 3B deutet auf eine Aktivierung des Siphon-Füllprogramms nach dem Start des Heizgerätes hin, weil anschliessend an den 15 Minuten dauernden Betrieb mit niedriger Brennerleistung zur Füllung des Siphons die Brennerleistung der Wärmeanforderung entsprechend hochgeregelt wird - siehe hierzu Spalte 3, Zeilen 1 bis 12 der Anmeldeschrift in der veröffentlichten Fassung. Dadurch sei eine Verbindung zwischen Starten des Heizgerätes und Wärmeanforderung und daher auch die Verbindung zwischen Siphon-Füllprogramm und Starten belegt. Somit seien die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
Die Lehre der Figur 3A sei auch auf die Figur 3B zu übertragen, weil sie ein Diagramm des aus dem Stand der Technik bekannte Startvorgangs beim Vorliegen einer Wärmeanforderung darstelle. Der Fachmann lese mit, dass die Figur 3B ebenfalls einen Vorgang beim Vorliegen einer Wärmeanforderung betreffe.
Ausserdem werde die Durchführung eines Siphon-Füllprogramms ohne Wärmeanforderung bei dem Fachmann als verschwenderisch und unvernünftig ausgeschlossen.
Neuheit
Es werde nicht bestritten, dass A1 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 zeigt.
A1 offenbare jedoch nicht ein Verfahren, bei dem nach dem Start das Siphon-Füllprogramm aktiviert wird, "wenn innerhalb einer vorbestimmten Zeit keine Wärmeanforderung erfolgte, obwohl das Heizgerät betriebsbereit war".
Bei dem Verfahren gemäss A1 werde das Siphon-Füllprogramm durch ein Zeitglied 60 aktiviert. In Spalte 3, Zeile 65 bis Spalte 4, Zeile 1 der Beschreibung (siehe auch Anspruch 10) von A1 werde bestimmt, dass eine Steuerung ein Zeitglied aufweist, das
"in bestimmten Zeitabständen für eine vorbestimmte Zeit Steuersignale auslöst, die den Brenner in einen bestimmten, eine Kondensatbildung ermöglichenden Betriebszustand bringen".
In Spalte 7, Zeilen 10 bis 19 werde beschrieben, dass während eines Betriebs des Brenners, bei welchem kein Kondensat anfällt, wie zum Beispiel bei Vollast-Betrieb, der Siphon in bestimmten Zeitabständen wieder aufgefüllt wird.
Demzufolge sei es eindeutig, dass gemäss dem Betriebsverfahren von A1 ein fester Zeitablauf Auslöser des Siphon-Füllprogramms ist und nicht eine Wärmeanforderung.
Damit sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu.
Erfinderische Tätigkeit.
Die technische Wirkung des Unterschiedsmerkmals liege darin, dass die Anwendung des Siphon-Füllprogramms besser an den tatsächlichen Betrieb des Geräts angepasst ist, so dass z.B. insbesondere nach dem Start des Heizgeräts nach längeren Stillstandzeiten des Brenners, aber auch nur dann, schnell eine ausreichende Menge Abgaskondensat entsteht (siehe Spalte 2, Zeilen 56 bis 58 und Spalte 3, Zeilen 15 bis 17).
A1 gibt keinen Hinweis auf eine derartige Lösung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
2. Unzulässige Erweiterung Artikel 123(2) EPÜ
Figur 3B der Anmeldung zeigt zweifellos einen Startvorgang, bei dem, anschliessend an den 15 Minuten dauernden Betrieb mit niedriger Brennerleistung zur Füllung des Siphons die Brennerleistung der Wärmeanforderung entsprechend hochgeregelt wird (vgl. Spalte 3, Zeilen 1 bis 3 der Anmeldeschrift in der veröffentlichten Fassung). Für die Kammer steht es ebenfalls ausser Frage, dass die Figuren 3A und 3B miteinander verknüpft sind, weil zwischen beiden ein direkter Vergleich gezogen wird (vgl. Spalte 2, Zeile 57 bis Spalte 3, Zeile 3 der Anmeldeschrift in der veröffentlichten Fassung). Ein derartiger Vergleich macht nur dann Sinn, wenn die Randbedingungen in den beiden Fällen gleich sind. Infolgedessen wird der Fachmann mitlesen, dass wie bei dem Startvorgang gemäss Figur 3A der Startvorgang gemäss Figur 3B sich auf einen solchen beim Vorliegen einer Wärmeanforderung bezieht (vgl. Spalte 2, Zeilen 28 bis 31 der Anmeldeschrift in der veröffentlichten Fassung).
Die Kammer schliesst sich ebenfalls der Auffassung der Einspruchsabteilung an, dass Anspruch 3 sowie die Beschreibung Spalte 3, Zeilen 8 bis 12 der Anmeldeschrift in der veröffentlichten Fassung, nicht allein und ohne den Zusammenhang zu der im selben Absatz beschriebenen Vorgehensweise ausgelegt werden können. Die Bedingung "Wärmeanforderung innerhalb einer vorbestimmten Zeit" kann nur als eine zusätzliche Bedingung zu der beschriebenen Vorgehensweise, wobei nach dem Start das Siphon-Füllprogramm durchlaufen wird, betrachtet werden (vgl. Punkt 2.3. der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung).
Weiterhin ist festzustellen, dass der von der Beschwerdeführerin erwähnte Abschnitt [0003] der Beschreibung des Streitpatents dem entsprechenden Abschnitt [0002] der Anmeldeschrift nicht exakt entspricht. Im Streitpatent heisst es "auch bei Stillstand des Brenners", was den Eindruck erwecken könnte, dass das Siphon-Füllprogramms auch nach Ablauf einer bestimmten Zeit und vor einem Start des Geräts bei einer Wärmeanforderung erfolgen kann. Dieser Satz erscheint jedoch nicht in der Anmelderschrift. Hierin könnte ein Mangel an Klarheit gesehen werden, der jedoch keinen Einspruchsgrund gegen das Patent darstellt.
Im Gegenteil ist vielmehr in den ursprünglichen Unterlagen die Auslösung des Siphon-Füllprogramms ohne Wärmeanforderung nach einer bestimmten Zeit nicht offenbart, nicht nur weil eine explizite Beschreibung oder ein Diagramm eines derartige Vorgangs nicht vorliegt, sondern auch weil der technische Sinn dieses Vorgangs nicht auf der Hand liegt, so dass eine zusätzliche Erklärung unbedingt notwendig wäre.
Somit sind die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
3. Neuheit
Es wird nicht bestritten, dass A1 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 zeigt.
Wie oben bei der Frage der unzulässigen Erweiterung deutlich gemacht, ist die Kammer der Meinung, dass beim Streitpatent das Siphon-Füllprogramms erst nach dem Start des Heizgerätes in Folge einer Wärmeanforderung aktiviert wird.
Somit versteht die Kammer den Anspruch 1 so, dass die vorbestimmte Zeit dem Start vorausgeht, weil der Start durch eine Wärmeanforderung bestimmt ist und daher zum Startpunkt der Wärmeanforderung erfolgt.
Bei dem Verfahren gemäss A1 wird das Siphon-Füllprogramm durch ein Zeitglied 60 in bestimmten Zeitabständen aktiviert. In Spalte 3, Zeile 65 bis Spalte 4, Zeile 1 der Beschreibung (siehe auch Anspruch 10) von A1 wird bestimmt, dass eine Steuerung ein Zeitglied aufweist, das
"in bestimmten Zeitabständen für eine vorbestimmte Zeit Steuersignale auslöst, die den Brenner in einen bestimmten, eine Kondensatbildung ermöglichenden Betriebszustand bringen".
A1 gibt keinen Hinweis, dass nach einem durch eine Wärmeanforderung verursachten Start eine Überprüfung des Abstands zum letzten Wärmeanforderungszeitpunkt erfolgt. Ausserdem wird bei dem Verfahren gemäss A1 das Siphon-Füllprogramm nach dem Start immer in bestimmten Zeitabständen durchgeführt, auch bei durchgehender Wärmeanforderung wie z.B. bei einem Vollast-Betrieb (siehe Spalte 7, Zeile 10 bis 15).
Es kann somit zwar sein, dass das Gerät aufgrund einer konventionellen Wärmeanforderung gestartet und dann zunächst im Siphon-Füllprogramm-Modus betrieben wird, weil die vorbestimmte Zeitspanne abgelaufen ist. Dies wäre jedoch reiner Zufall und nicht das Ergebnis eines entsprechend festgelegten Verfahrens.
Bei dem Verfahren gemäss A1 ist daher nach dem Start des Heizgerätes das Siphon-Füllprogramm aktiviert, wenn eine vorbestimmte Zeit abgelaufen ist, unabhängig von irgendwelchen früheren Wärmeanforderungen.
Demzufolge ist klar, dass gemäss dem Betriebsverfahren von A1 ein Zeitablauf Auslöser des Siphon-Füllprogramms ist und nicht eine Wärmeanforderung.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von dem bekannten Verfahren gemäss A1 dadurch, dass nach dem Start des Heizgerätes das Siphon-Füllprogramm aktiviert wird, wenn innerhalb einer vorbestimmten Zeit keine Wärmeanforderung erfolgte, obwohl das Heizgerät betriebsbereit war.
Es ist auch zu erwähnen, dass der einzige Unterschied zwischen den Verfahren gemäss Figur 3A und 3B des Streitpatents in der verschiedenen Zeitdauer des Teillastbetriebs nach dem Start liegt. Diese Zeitdauer ist jedoch im Anspruch nicht explizit festgelegt. Dennoch kann dieser Teillastbereich in Figur 3A nicht als Siphon-Füllprogramm angesehen werden, da die Dauer des Teillastbetriebs lediglich 90 Sekunden beträgt und daher nicht ausreicht, die Erfordernisse eines Siphon-Füllprogramms zu erfüllen. Er dient vielmehr gemäss Spalte 2, Zeilen 34 bis 42 der Veröffentlichten Anmeldung nur als Testphase, um eine Überhitzungsgefahr des Heizgeräts bei zu geringer Wärmeabfuhr auszuschliessen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt damit die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit
Durch das Verfahren gemäss Anspruch 1 kann die Anzahl der Siphon-Füllprogramme auf ein Minimum reduziert werden, weil die Entscheidung zur Anwendung des Siphon-Füllprogramms gleich nach dem Start des Geräts nach einer Wärmeanforderung auf Basis des vorangehenden Betriebsverlaufs getroffen wird und somit besser an die tatsächlichen Betriebsbedingungen des Geräts angepasst ist, wodurch unnötige Siphon-Füllvorgänge vermieden werden.
Ausgehend von A1 stellt sich daher dem Fachmann die objektive Aufgabe, die Anzahl der Siphon-Füllprogramme zu reduzieren.
Die Kammer ist der Ansicht, dass die Druckschrift A1 den Fachmann eher von der Erfindung wegführt, weil ihr die Aufgabe zugrunde liegt, einen Mindest-Füllstand im Siphon aufrechtzuerhalten (siehe Spalte 1, Zeilen 25 bis 27), um dessen Austrocknen zu vermeiden. A1, insbesondere die Figur 7, zeigt ein Gerät, bei dem zum diesem Zweck während des Betriebs der Brenner zeitweise (Spalte 3, Zeilen 10 bis 12; Spalte 6, Zeile 66 bis Spalte 7, Zeile 19) oder nach Feststellung der Absenkung des Füllstandes mittels eines Niveaufühlers (Spalte 4, Zeilen 11 bis 14; Spalte 7, Zeilen 30 bis 38) in einen einen Kondensatanfall ermöglichenden Teillastbetrieb geschaltet wird. A1 beschreibt jedoch nicht die Aktivierung des Siphon-Füllprogramms in Fällen, in denen der Siphon ausgetrocknet sein könnte, z.B. bei Inbetriebnahme oder nach längeren Betriebspausen.
Für diese Fälle schlägt A1 eine andere Lösung vor, nämlich die Anwendung eines Temperaturfühlers (28,38), um den mit dem Austritt von Rauchgas verbundene Temperaturanstieg zu erkennen, die Abschaltung des Brenners und die Füllung des Siphons durch eine an dem Entlüftungsventil in den Siphon mündende Leitung (siehe Spalte 2, Zeilen 40 bis 43).
A1 lehrt daher eher, dass immer ein Mindest-Füllstand im Siphon aufrechterhalten werden soll und, falls dies nicht gesichert ist, der Brenner ausser Betrieb genommen und der Siphon von aussen gefüllt werden soll.
Dagegen wird bei der Erfindung die Gefahr eines Rauchgasaustritts im Kauf genommen, so dass trotz eines eventuell ausgetrockneten Siphons der Brenner in Betrieb genommen werden kann, aber sofort auf Teillast gestellt wird, um den Siphon wiederzufüllen. Dem Nachteil, dass die Brennerleistung nicht sofort auf die vom Benutzer verlangte Wärmeanforderung geregelt wird (siehe Figur 3B des Streitpatents) steht jedoch der Vorteil gegenüber, dass die Sensoren zur Erkennung des Füllstandes nicht notwendig sind, weil ein Mindestfüllstand nicht mehr ständig, sondern nur bei Wärmeanforderung, also im Heizbetrieb gewährleistet werden muss.
Ein Hinweis auf die beanspruchte Lösung findet sich in A1 nicht. Sie ist auch ausgehend von A1 nicht naheliegend, da sie sich von der Lehre der A1, den Siphon bei Austrocknung entweder regelmässig im Betrieb, beispielweise bei Vollast, oder immer bei längeren Betriebspausen aufzufüllen, abwendet und stattdessen das Ende einer Betriebspause abwartet und bei Wärmeanforderung den Siphon mittels des Siphon-Füllprogramms nur dann auffüllt, wenn aufgrund der Länge der vorangegangenen Betriebspause, also der vorherigen Zeit ohne Wärmeanforderung, anzunehmen ist, dass der Siphon nicht gefüllt ist. Damit wird die Zahl der Siphon-Füllprogramme reduziert. Dass dabei in Kauf genommen werden muss, dass die Wärmeanforderung des Benutzers nicht sofort in voller Höhe erfüllt werden kann, kann als Nachteil angesehen werden, der den Fachmann auch eher von dieser Lösung abhalten würde.
Infolgedessen kann die Kammer die Argumentation der Einsprechenden, dass der Fachmann bei der A1 den Brenner bei einer Wärmeanforderung zunächst in Teillastbetrieb umschalten würde, um den Siphon zu füllen, nicht folgen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesem Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.