T 1746/06 () of 21.10.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T174606.20081021
Datum der Entscheidung: 21 October 2008
Aktenzeichen: T 1746/06
Anmeldenummer: 99115015.2
IPC-Klasse: B60T 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Druckluftversorgungseinrichtung für Fahrzeug-Druckluftanlagen
Name des Anmelders: KNORR-BREMSE SYSTEME FÜR NUTZFAHRZEUGE GMBH
Name des Einsprechenden: Haldex Brake Products GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 2: ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 976 636 wurde mit der am 27. Oktober 2006 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgewiesen. Dagegen wurde am 18. November 2006 Beschwerde eingereicht und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 8. Dezember 2006 eingereicht.

II. Es wurde am 21. Oktober 2008 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen oder alternativ das Patent geändert aufrechtzuerhalten auf der Basis der Ansprüche 1 bis 21 und geänderter Beschreibung gemäß Hilfsantrag 1 eingereicht mit Schreiben vom 16. März 2007 oder der Ansprüche 1 bis 18 und Beschreibung gemäß Hilfsantrag 2 eingereicht während der mündlichen Verhandlung oder der Ansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 3 eingereicht mit Schreiben vom 4. September 2008.

Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Druckluftversorgungseinrichtung für Fahrzeug-Druckluftanlagen mit einem Lufttrockner (6), einem Mehrkreisschutzventil (32), das Überströmventile (33) mit jeweils wenigstens einem Ausgang, an dem ein Ausgangsdruck anliegt, aufweist, einer Elektronikvorrichtung (7) und Drucksensoren (15-18), dadurch gekennzeichnet, daß die Ausgangsdrücke der Überströmventile (33) über einen Flansch (8) den Drucksensoren (15-18) zugeführt werden, die den Druck in elektrische Signale wandeln, wobei der Flansch (8) den Lufttrockner (6) mit dem Mehrkreisschutzventil (32) verbindet."

Der erteilte Anspruch 19 hat folgenden Wortlaut:

"Druckluftversorgungseinrichtung für Fahrzeug-Druckluftanlagen mit einem Lufttrockner (6), einem Mehrkreisschutzventil (32), das Überströmventile (33) mit jeweils wenigstens einem Ausgang, an dem ein Ausgangsdruck anliegt, aufweist, einer Elektronikvorrichtung (7) und Drucksensoren (15-18), dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von den Drucksensoren (15-18) und der Elektronikvorrichtung (7) ausbaubar ist, während die Drucksensoren (15-18) und die Elektronikvorrichtung (7) im eingebauten Zustand verbleiben."

Der erteilte Anspruch 20 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 19 durch den folgendermaßen lautenden kennzeichnenden Teil: "dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von den Drucksensoren (15-18) ausbaubar ist, während die Drucksensoren im eingebauten Zustand verbleiben".

Der erteilte Anspruch 21 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 19 durch den folgendermaßen lautenden kennzeichnenden Teil: "dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von der Elektronikvorrichtung (7) ausbaubar is, während die Elektronikvorrichtung (7) im eingebauten Zustand verbleibt".

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 bleibt gegenüber dem erteilten Anspruch 1 unverändert.

Der Anspruch 19 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 19 durch den folgendermaßen lautenden kennzeichnenden Teil : "dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von den Drucksensoren (15-18) und der Elektronikvorrichtung (7) ausbaubar ist, während die Drucksensoren (15-18) und die Elektronikvorrichtung (7) im eingebauten Zustand verbleiben, wobei ein von dem Mehrkreisschutzventil (32) getrenntes Gehäuse vorgesehen ist, das die Elektronikvorrichtung (7) und die Drucksensoren (15-18) umfasst."

Der Anspruch 20 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 19 durch den folgendermaßen lautenden kennzeichnenden Teil: "dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von den Drucksensoren (15-18) ausbaubar ist, während die Drucksensoren (15-18) im eingebauten Zustand verbleiben, wobei ein von dem Mehrkreisschutzventil (32) getrenntes Gehäuse vorgesehen ist, das die Drucksensoren (15-18) umfasst."

Der Anspruch 21 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 19 durch den folgendermaßen lautenden kennzeichnenden Teil 1: "dadurch gekennzeichnet, daß das Mehrkreisschutzventil (32) unabhängig von der Elektronikvorrichtung (7) ausbaubar ist, n Drucksensoren (15-18) ausbaubar ist, während die Elektronikvorrichtung (7) im eingebauten Zustand verbleibt, wobei ein von dem Mehrkreisschutzventil (32) getrenntes Gehäuse vorgesehen ist, das die Elektronikvorrichtung (7) umfasst".

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat denselben Wortlaut wie der erteilte Anspruch 1. Die Ansprüche 19 bis 21 sowie der von diesen Ansprüchen abhängige Anspruch 22 (siehe erteilte Fassung des Patents) wurden gestrichen.

III. Die Beschwerdeführerin vertrat den Standpunkt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf D1 (DE-A1-35 14 989) nicht erfinderisch sei. D1 offenbare im wesentlichen die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1, wobei einzig und allein das Merkmal betreffend "eine Elektronikvorrichtung und Drucksensoren" aus D1 nicht unmittelbar entnehmbar sei, da die Druckluftversorgungseinrichtung aus D1 offensichtlich eine pneumatische Steuerung vorsehe, wie es früher üblich gewesen sei. Jedoch sei, wie der weitere Stand der Technik zeige, siehe z.B. D2 (DE-A1-195 15 895), D3 (DE-C1-197 10 814) oder D4 (DE-C1-197 00 243), das Ersetzen einer solchen pneumatischen Steuerung durch eine entsprechende Elektronikvorrichtung und Drucksensoren inzwischen fachüblich. Zusätzlich zu den Oberbegriffsmerkmalen zeige D1, dass der "Flansch den Lufttrockner mit dem Mehrkreisschutzventil" verbinde (D1, Anspruch 2). Der Flansch 9 (Figur 1) verbinde nämlich gemäß D1 insgesamt den Lufttrockner und auch das daran angeordnete Gehäusegrundteil 2 mit dem Mehrkreisschutzventil. Das Gehäusegrundteil 2 enthalte seinerseits sämtliche Hilfseinrichtungen (D1, Seite 4, letzter Absatz), wie z.B. Druckluftanschluss, Rückschlagventile, Druckregler oder Auslassventile (D1, Anspruch 1, sowie Figur 8). Somit sei über den Flansch 9 die Verbindung zwischen dem Mehrkreisschutzventil und den im Gehäusegrundteil befindlichen, wesentliche Funktionen ausführende Bauteile gewährleistet. Hierfür ist gemäß D1 "wenigstens" (D1, Seite 4, letzter Absatz) ein den Verbindungsflansch durchsetzenden Druckluftverbindungskanal vorgesehen. Gleichwohl wäre es für den Fachmann naheliegend auch mehrere solche Druckluftkanäle vorzusehen, z.B. auch um den jeweiligen Drucksensoren, wo sie auch immer angeordnet seien, die Ausgangsdrücke der Überströmventile zuzuführen, da die Strömungsrichtung der Luft im jeweiligen Verbindungskanal in diesem Zusammenhang belanglos sei. Diese Maßnahme sei schließlich auch deswegen naheliegend, weil dadurch gesonderte Druckluftverbindungen vermieden werden könnten, ganz im Sinne der Lehre von D1 (Seite 4, Absatz 2).

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei aber auch im Hinblick auf die jeweilige naheliegende Kombination von D3, D2 oder D4 mit D1 naheliegend. Ausgehend von D3 stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, die umständliche Zuführung der zu messenden Ausgangsdrücke der Überströmventile zu vereinfachen. D1 lege die beanspruchte Lösung der Aufgabe nahe, weil dort nämlich der Aufbau der Druckluftversorgungseinrichtung vereinfacht sei, indem die Druckluftverbindungsleitung, wie bereits dargelegt, vom Grundgehäuse über den Verbindungsflansch zum Mehrkreisschutzventil verlaufe. Dies sei auch gemäß erteiltem Anspruch 1 der Fall, weil aus den Figuren 1 und 2 sowie aus der Beschreibung der Patentschrift hervorgehe, dass das Gehäuse des "Lufttrockners" auch das Gehäusegrundteil mit umfasse. Somit sei trotz nicht einwandfreier Begriffswahl klar, dass entsprechend dem erteilten Anspruch 1 der "Lufttrockner" auch das Gehäusegrundteil mit einschließe und folglich der Verbindungsflansch eigentlich zwischen dem Gehäusegrundteil und dem Mehrkreisschutzventil angeordnet sei. Damit würde aber der Fachmann durch die naheliegende Übertragung dieses aus D1 bekannten Gedankens auf die Einrichtung aus D3 unmittelbar zu dem Anspruchsgegenstand gelangen, zumal D3 bereits einen modulartigen Aufbau erkennen lasse, insbesondere mit einem angeflanschten elektronischen Modul.

Ähnliche Überlegungen würden den von D2 oder D4 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung von D1 in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand führen. Insbesondere unterscheide sich die Einrichtung aus D2 oder D4, genauso wie diejenige aus D3, vom Anspruchsgegenstand dadurch, dass gemäß Anspruch 1 der Flansch den Lufttrockner mit dem Mehrkreisschutzventil verbinde und die Zuführung der Ausgangsdrücke der Überströmventile über den Flansch erfolge. Diese Unterschiede könnten aber aus analog zu den in Verbindung mit D3 dargelegten Gründen im Hinblick auf die Offenbarung von D1 keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Der Gegenstand der erteilten Ansprüche 19 bis 21 sei im Hinblick auf D3 nicht neu. D3 zeige in der Figur 1 eine Druckluftversorgungseinrichtung in der die Überströmventile 46 unabhängig von der elektronischen Steuereinrichtung und auch unabhängig von den Drucksensoren ausbaubar seien. Damit sei aber auch das Mehrkreisschutzventil, ebenso von der elektronischen Steuereinrichtung und von den Drucksensoren ausbaubar, da die Überströmventile dessen wesentliches Bestandteil seien. Die in den Ansprüchen 19 bis 21 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmale könnten im Hinblick auf D3 keine erfinderische Tätigkeit begründen.

IV. Die Beschwerdegegnerin brachte zunächst vor, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 weise im Hinblick auf D1 eine erfinderische Tätigkeit auf. Der von D1 ausgehende Fachmann habe keine Veranlassung, die Einrichtung aus D1 mit Drucksensoren und mit einer elektronischen Steuerung zu versehen, da dies zu einem wesentlichen Umbau der gezeigten Einrichtung führen würde. Falls der Fachmann dies dennoch in Betracht ziehen würde, dann sei folgendes zu beachten. In der Einrichtung aus D1 seien die Druckluftkanäle lediglich für die Versorgung des Mehrkreisschutzventils mit Druckluft zuständig und es sei keine Druckluftverbindung in umgekehrter Durchflussrichtung vorgesehen. Der Fachmann habe somit keinen Hinweis, eine weitere Druckluftverbindung durch den Flansch vorzusehen, die zudem auch Druckluft vom Mehrkreisschutzventil zurück auf die andere Seite des Flansches führen würde. Es gebe denkbar viele Möglichkeiten eine elektronische Steuerung mit Drucksensoren in der Einrichtung aus D1 anzuordnen, so dass sich nicht zwingend die beanspruchte Anordnung ergebe. Insbesondere würde der Fachmann, wie in D2 gezeigt (D2, Figur 1), den Drucksensor in unmittelbarer Nähe des Überströmventils anordnen, da dies auch für die Genauigkeit der Messung von Vorteil sei. Insgesamt könne also der Fachmann von D1 ausgehend nicht in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand gelangen.

Zum selben Schluss gelange man, falls der Fachmann D3, D4 oder D2 zum Ausgangspunkt mache. Diese Einrichtungen zeigten allesamt eine integrierte Bauweise, bei der die Drucksensoren und die elektronische Steuerung eine Gesamteinheit bildeten. Es sei weder in D3 noch in D2 oder D4 offenbart, dass die elektronische Steuerung ausbaubar sei. Der Fachmann habe somit keine Veranlassung in der Einrichtung aus D3, D2 oder D4 einen Flansch vorzusehen, da dies mit dem integrierten Aufbau der Einrichtung nicht zu vereinbaren sei. Selbst wenn der Fachmann D3, D2 oder D4, mit D1 kombinieren würde, könnte zudem diese Kombination nicht zum beanspruchten Gegenstand führen, da aus D3, D2 oder D4 nicht ersichtlich sei, auf welche Art und Weise und an welcher Stelle in den bekannten Einrichtungen ein Flansch anzubringen sei.

Der Gegenstand der Ansprüche 19 bis 21 sei neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. In keinem der Dokumente D2 bis D4 sei offenbart oder nahegelegt, eine Druckluftversorgungseinrichtung derart modular aufzubauen, dass ein Mehrkreisschutzventil unabhängig von der Elektronikvorrichtung und/oder von den Drucksensoren ausgebaut werden könne, wobei die Elektronikvorrichtung und/oder die Drucksensoren im eingebauten Zustand verblieben. Ein Hinweis in dieser Richtung sei auch nicht aus D1 entnehmbar. Damit habe der Fachmann auch in einer Kombination dieser Dokumente keine Veranlassung, eine technische Maßnahme entsprechend den Merkmalen aus dem jeweiligen kennzeichnenden Teil der Ansprüche 19 bis 21 in den bekannten Einrichtungen aus D2 bis D4 zu ergreifen. Dies gelte umso mehr für den Gegenstand der Ansprüche 19 bis 21 nach Hilfsantrag 1, da kein vorliegendes Dokument aus dem Stand der Technik ein eine Elektronikvorrichtung und/oder Drucksensoren umfassendes getrenntes Gehäuse offenbare.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheidet sich unstreitig von D1 dadurch, dass dieser (i) eine Elektronikvorrichtung und Drucksensoren umfasst, die den Druck in elektrische Signale wandeln, sowie auch dadurch, dass (ii) die Ausgangsdrücke der Überströmventile über einen Flansch den Drucksensoren zugeführt werden. Das erste Merkmal (i) ergibt sich als eine Folge der allgemeinen technischen Entwicklung und hiermit insbesondere auch auf dem Gebiet der Druckluftversorgungseinrichtungen. Dies wird z.B. durch die Dokumente D2 (Figur 1, Bezugszeichen 54.1-54.3, 57), D3 (Figur 1, Steuereinrichtung 62, Drucksensoren 59) und D4 (Figur 1, Steuerelektronik 43, Drucksensoren 40, 40',40") belegt. Folglich würde der Fachmann in seinem Bestreben, die Einrichtung durch eine Reduktion der mechanischen Komponenten zu vereinfachen, sich für eine elektronische Steuerung mit entsprechenden Drucksensoren an Stelle einer pneumatischen Steuerung entscheiden. Damit ist auch durch unterschiedliche Programmierung der elektronischen Steuerung zusätzliche Flexibilität gegeben. Demzufolge ist für den Fachmann von D1 ausgehend auf Grund seines Allgemeinwissens das Merkmal (i) naheliegend. Die Verwendung einer elektronischen Einrichtung mit entsprechenden Drucksensoren in der bekannten Einrichtung aus D1 hat nun zur Folge, dass zur Überwachung des Druckes in den Druckluft-Verbraucherkreisen der Ausgangsdruck der Überströmventile durch die Drucksensoren zu messen ist und der gemessene Wert an die elektronische Steuerung entsprechend auch weiterzugeben ist. Auf welche Art und Weise dies zu bewerkstelligen ist, dazu lassen sich aus D1 sicher keine Hinweise entnehmen. Jedenfalls steht fest, dass sich eine Messung des Ausgangsdruckes der Überströmventile in der Druckluftleitung in unmittelbarer Nähe der Anschlüsse 17 bis 20 der Druckluft-Verbraucherkreise (D1, Figur 1,8), die sich direkt am Ausgang der Überströmventile befinden, dem Fachmann in naheliegender Weise anbietet. Insbesondere würde somit keine Notwendigkeit für zusätzliche Druckluftleitungen bestehen, die den Aufbau der Einrichtung komplizierter machen würde. Folglich würde es für den Fachmann auf der Hand liegen, die Drucksensoren in unmittelbarer Nähe der besagten Druckluftleitungen anzuordnen, die zu den Anschlüssen der Druckluft-Verbraucherkreise führen. Die erfindungsgemäße Lösung ist dagegen ausgehend von D1 in dieser Hinsicht umständlicher und aufwendiger, weil demnach mehrere separate Druckluftmessleitungen von den genannten Druckluftleitungen ausgehend, in der Nähe der Anschlüsse 17 bis 20, durch das Gehäuse des Mehrkreisschutzventils und durch den Verbindungsflansch 9 bis zum Gehäusegrundteil 2 hindurchgeführt werden müssen. Folglich würde der Fachmann diesen Weg auch nicht gehen. Insgesamt ist also der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf D1 für den Fachmann nicht naheliegend (Art. 56 EPÜ 1973).

3. Es ist weiterhin ebenfalls nicht zu ersehen, wie der von D2, D3 oder D4 ausgehende Fachmann im Hinblick auf D1 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen sollte. D3 zeigt bspw. gemäß der Figur 1 und den weiteren Offenbarungsstellen (D3, Anspruch 1; Beschreibung, Spalte 2, Zeilen 24-46) eine Baueinheit mit integrierter Bauweise, in der also einige Baukomponenten zusammenfasst sind, um so die Anzahl der Einzelteile zu verringern (D3, Spalte 2, Zeilen 42-46). Insbesondere weist das Mehrkreisschutzventil 45 eine integrierte Bauweise auf (D3, Anspruch 1; Beschreibung Spalte 6, Zeilen 14-16) und die Steuerelektronik 62 selbst ist auch als integrierter Bestandteil der Druckluftaufbereitungseinrichtung beschrieben (D3, Spalte 6, Zeilen 46-49), wobei diese bei rein pneumatischer Steuerung nicht mehr notwendig ist (D3, Figur 7). Folglich ist es für den Fachmann zwar möglich, angesichts der Figuren 1 und 7 und den Ausführungen in D3, die Steuerelektronik als vom Mehrkreisschutzventil abtrennbar vorzusehen. Hierfür aber speziell eine zusätzliche lösbare Flanschverbindung zu verwenden, wie in D1 offenbart, ist für den Fachmann angesichts der in D3 gezeigten integrierten und kompakten Bauweise nicht zwingend. Jedenfalls würde dies offensichtlich auch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen, denn dieser verlangt nämlich, dass der Flansch zwischen dem Mehrkreisschutzventil und dem Lufttrocknergehäuse anzuordnen ist, und dass die Ausgangsdrücke der Übersströmventile über diesen Flansch den Drucksensoren zugeführt werden. Selbst wenn man, wie die Beschwerdeführerin es tut, unterstellt, dass das Lufttrocknergehäuse eigentlich auch das Gehäusegrundteil enthält, so besteht für den Fachmann auf Grund der integrierten Bauweise des Mehrkreisschutzventils in der Einrichtung aus D3, welches auch das Gehäusegrundteil mit umfasst, keinen Grund auf irgend eine Weise ein solches Gehäusegrundteil vom übrigen Mehrkreisschutzventil zu trennen, um zwischen diesen beiden Teilen einen Verbindungsflansch auszubilden. Für den Fachmann besteht offensichtlich hierfür keine konkrete Veranlassung und es gibt auch keinen Hinweis hinsichtlich der Art und Weise, wie dies eventuell zu bewerkstelligen wäre. Der einzige Hinweis in dieser Richtung betrifft, wie bereits dargelegt, die Abtrennung der Steuerelektronik 62 entlang der in Figur 1, ggf. auch in Verbindung mit Figur 7, eindeutig gezeigten Trennlinie. Dieser Hinweis führt jedoch nicht zum beanspruchten Anspruchsgegenstand.

Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ergeben sich, falls der Fachmann von D2 oder D4 ausgehen sollte, im wesentlichen ähnliche Schlussfolgerungen wie bei der Wahl von D3 als Ausgangspunkt. Diese Dokumente offenbaren Druckluftaufbereitungseinrichtungen, die eine integrierte Struktur aufweisen oder zumindest explizit nahelegen (D1, Figur 1; Beschreibung Spalte 5, Zeilen 48-52; Spalte 6, Zeilen 37-42; D4, Figur 1), und in denen die Ausgangsdrücke der Überströmventile durch Drucksensoren gemessen werden, die in unmittelbarer Nähe des Auslasses des jeweiligen Überströmventils angeordnet sind (D2, Figur 1, Bezugszeichen 54.1-54.3; D4, Figur 1, Bezugszeichen 40,54). Die gemessenen Druckwerte werden über elektrische Leitungen an die Steuerelektronik weitergegeben. Angesichts der genannten integrierten und kompakten Konfiguration der Einrichtungen aus D2 und D4, die eine verringerte Anzahl von Einzelkomponenten impliziert, und bei der auch die einzelnen Baueinheiten optimal aufeinander abgestimmt sind, um den baulichen Aufwand so gering wie möglich zu halten, ist die Ausbildung eines zusätzlichen Flansches nicht naheliegend. Es ist für den Fachmann aus den in den Figuren von D2 und D4 dargestellten Einrichtungen nicht konkret zu ersehen, an welcher Stelle der Einrichtung und aus welchem Grunde ein Verbindungsflansch auszubilden wäre. Darüber hinaus ist die Zuführung der Ausgangsdrücke der Überströmventile über mehrere separate Druckluftmessleitungen zu den Drucksensoren durch diesen Flansch für den Fachmann auch nicht naheliegend, weil dies einen aufwendigen Umbau der bekannten Einrichtungen ohne einen offensichtlichen Vorteil mit sich bringen würde.

Im Endergebnis ist also für den Fachmann die Kombination von D2, D3 oder D4 mit D1 nicht naheliegend und sie würde auch nicht zum beanspruchten Gegenstand führen.

4. Der Gegenstand der erteilten Ansprüche 19-21 beruht im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik D1 oder D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Insbesondere ist zunächst festzuhalten, dass durch den Gegenstand dieser Ansprüche lediglich definiert wird, dass das Mehrkreisschutzventil zumindest Überströmventile aufweist und dass beim Ausbauen des Mehrkreisschutzventils zumindest die Elektronik und die Drucksensoren (Anspruch 19), die Drucksensoren, (Anspruch 20) oder die Elektronik (Anspruch 21) im eingebauten Zustand verbleiben. Der Wortlaut der Ansprüche ist somit insofern unklar, als nicht angegeben wird, ob und welche weiteren Komponenten das Mehrkreisschutzventil bilden, und ob und welche weiteren Komponenten, außer den angegebenen, beim Ausbauen des Mehrkreisschutzventils im eingebauten Zustand verbleiben. Dies hat zur Folge, dass der Gegenstand dieser Ansprüche sehr breit und allgemein ist und dass der Begriff "ausbaubar" nur die eine allgemeine Auslegung erlaubt, wonach das Mehrkreisschutzventil, welches zumindest die Überströmventile enthalten soll, von der Elektronik und/oder den Drucksensoren abmontierbar ist. Die Figur 1 aus D3 zeigt nun aber eindeutig (siehe Punkt 3), dass das Gehäuse des Mehrkreisschutzventils 45, welches die Überströmventile sowie auch andere Komponenten enthält, ein von der Elektronik und von den Drucksensoren separater, aber integrierter Bestandteil der Einrichtung bildet. Somit würde der Fachmann in naheliegender Weise dieses Gehäuse als von der Elektronik und von den Drucksensoren trennbar oder abmontierbar ausbilden. Damit beruht der Gegenstand dieser Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum selben Ergebnis gelangt man bei Betrachtung der Offenbarung von D1. Dies ergibt sich unmittelbar daraus, dass das Mehrkreisschutzventil gemäß D1 bereits lösbar über den Verbindungsflansch 9 mit dem Lufttrockner und dem Gehäusegrundteil verbunden ist. Beim Austausch der pneumatischen Steuerung aus D1 gegen eine elektronische Steuerung (siehe Punkt 2) würde der Fachmann somit dafür sorgen, der in dieser Hinsicht bereits vorhandene vorteilhafte modulare Aufbau der Einrichtung aus D1 beizubehalten.

5. Der Gegenstand der Ansprüche 19 bis 21 nach Hilfsantrag 1 unterschiedet von den erteilten Ansprüchen lediglich durch die zusätzliche Angabe, dass für die Elektronik und/oder die Drucksensoren jeweils ein getrenntes Gehäuse vorgesehen ist. Dieses Merkmal kann nicht zur erfinderischen Tätigkeit der Ansprüche beitragen, da es im Rahmen des üblichen fachmännischen Handelns liegt und zudem durch die Figur 1 aus D3 nahegelegt wird.

6. Insgesamt ergibt sich, dass aus den angegebenen Gründen, wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 19 bis 21 der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 nicht als Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents dienen können. Dagegen ist das Patent auf der Basis des Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Basis folgender Unterlagen geändert aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 18

- Beschreibung Seiten 1 bis 10

jeweils eingereicht als Hilfsantrag 2 während der mündlichen Verhandlung und

- Figuren 1 und 2 der Patentschrift.

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