T 1540/06 () of 26.9.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T154006.20080926
Datum der Entscheidung: 26 September 2008
Aktenzeichen: T 1540/06
Anmeldenummer: 00981332.0
IPC-Klasse: B60R 1/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Außenrückspiegel für ein Fahrzeug mit einer Leuchteneinrichtung
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: FER Fahrzeugelektrik GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Zulässigkeit von neuen Dokumenten (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 240 053 wurde mit der am 22. August 2006 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung widerrufen. Dagegen hat die Patentinhaberin am 5. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 19. Dezember 2006 eingerecht.

II. Es wurde am 26. September 2008 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis der Ansprüche gemäß Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1, beide eingereicht mit Schreiben vom 19. Dezember 2006, bzw. Hilfsantrag 2, eingereicht mit Schreiben vom 26. Mai 2008 oder Hilfsantrag 3, eingereicht als Hilfsantrag 2 mit Schreiben vom 19. Dezember 2006. Zusätzlich beantragte die Beschwerdeführerin die Dokumente D9 (DE-A1-42 19 001) und D10 (US-A-5 788 357) als verspätet eingereicht nicht in das Verfahren zuzulassen. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Außenrückspiegel für ein Fahrzeug mit einem Spiegelgehäuse (1) und einem Spiegelfuß (4), wobei das Spiegelgehäuse (1) einen Spiegel (6) auf seiner Rückseite (2) und mindestens eine Leuchteneinrichtung (7) zur Realisierung einer Blinkfunktion auf seiner Vorderseite bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung (f) des Fahrzeugs mit mehreren verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) als Lichtquelle, der wenigstens eine Lichtaustrittsöffnung mit einer Abdeckscheibe (3) im Spiegelgehäuse (1) zugeordnet ist, umfasst, wobei die Leuchteneinrichtung (7) wenigstens eine erste Leuchtdiode (12), die in der Leuchteneinrichtung derart angeordnet ist, dass das von ihr abgestrahlte Licht seitlich in Bezug Längserstreckung des Fahrzeuges (5) ausgesendet wird, und mehrere zweite Leuchtdioden (13) umfasst, die in der Leuchteneinrichtung (7) derart angeordnet sind, dass das von ihnen abgestrahlte Licht in Bezug auf die Vorwärts-Fahrtrichtung (f) des Fahrzeuges (5) im wesentlichen nach vorn ausgesendet wird, und die wenigstens eine erste Leuchtdiode (12) derart angeordnet ist, dass die erste Leuchtdiode (12) bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung (f) des Fahrzeuges (5) seitlich nach hinten auf einen Winkel (alpha) von wenigstens 55º abstrahlt, bezogen auf eine parallel zur Fahrzeuglängsachse liegende, im wesentlichen außerhalb des Umrisses des Spiegelgehäuses (1) verlaufende Gerade (x), dadurch gekennzeichnet, dass

die verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) ihr Licht über Reflektoren in Richtung der Abdeckscheibe (3) abstrahlen, die Leuchtdioden (13) bandartig angeordnet sind und die Leuchteneinrichtung (7) über den wesentlichen Teil der Breite (b) des Spiegelgehäuses (1) angeordnet ist."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut:

"Außenrückspiegel für ein Fahrzeug mit einem Spiegelgehäuse (1) und einem Spiegelfuß (4), wobei das Spiegelgehäuse (1) einen Spiegel (6) auf seiner Rückseite (2) und mindestens eine Leuchteneinrichtung (7) zur Realisierung einer Blinkfunktion auf seiner Vorderseite bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung (f) des Fahrzeugs mit mehreren verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) als Lichtquelle, der wenigstens eine Lichtaustrittsöffnung mit einer Abdeckscheibe (3) im Spiegelgehäuse (1) zugeordnet ist, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass

die verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) ihr Licht über Reflektoren in Richtung der Abdeckscheibe (3) abstrahlen und mindestens eine weitere Leuchtdiode (8) vorgesehen ist, die bezogen auf die Vorwärtsrichtung (f) des Fahrzeuges (5) auf der Rückseite (2) des Spiegelgehäuses (1) angeordnet ist und in Bezug auf die Fahrtrichtung (f) Licht direkt nach hinten abstrahlt."

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags, wobei dessen geändertes letztes Merkmal nun lautet, dass "die Leuchteneinrichtung (7) über den wesentlichen Teil der Breite (b) des Spiegelgehäuses (1) angeordnet ist, wobei mindestens eine weitere Leuchtdiode (8) vorgesehen ist, die bezogen auf die Vorwärtsrichtung (f) des Fahrzeuges (5) auf der Rückseite (2) des Spiegelgehäuses (1) angeordnet ist und in Bezug auf die Fahrtrichtung (f) Licht direkt nach hinten abstrahlt".

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 hat folgenden Wortlaut:

"Außenrückspiegel für ein Fahrzeug mit einem Spiegelgehäuse (1) und einem Spiegelfuß (4), wobei das Spiegelgehäuse (1) einen Spiegel (6) auf seiner Rückseite (2) und mindestens eine Leuchteneinrichtung (7) zur Realisierung einer Blinkfunktion auf seiner Vorderseite bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung (f) des Fahrzeugs mit mehreren verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) als Lichtquelle, der wenigstens eine Lichtaustrittsöffnung mit einer Abdeckscheibe (3) im Spiegelgehäuse (1) zugeordnet ist, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass

die verteilt angeordneten Leuchtdioden (13) ihr Licht über Reflektoren in Richtung der Abdeckscheibe (3) abstrahlen und mindestens eine weitere Leuchtdiode (8) vorgesehen ist, die bezogen auf die Vorwärtsrichtung (f) des Fahrzeuges (5) auf der Rückseite (2) des Spiegelgehäuses (1) angeordnet ist und in Bezug auf die Fahrtrichtung (f) Licht direkt nach hinten abstrahlt, wobei der Spiegel (6) semitransparent ausgebildet ist und wenigstens ein Teil der Leuchtdioden (8) hinter dem Spiegel (6) angeordnet ist."

III. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag gegenüber dem Dokument D1 (DE-U1-298 19 279) und dem weiter vorliegenden Stand der Technik erfinderisch sei. Insbesondere sei es aus D1 nicht bekannt, (i) die Leuchtdioden bandartig und (ii) die Leuchteneinrichtung über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses anzuordnen, noch seien diese Merkmale (i) und (ii) durch D1 nahegelegt. D1 offenbare lediglich, dass das Lichtfenster 6 einen Einbauraum abdecke, in den mindestens eine nicht dargestellte Blinkleuchte angeordnet sei (D1, Seite 6, Zeilen 5 bis 8). Das Lichtfenster 6 erstrecke sich zwar über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses, aber laut Wortlaut des Anspruchs 1 sei das Lichtfenster nicht Teil der Leuchteneinrichtung, sondern es sei dieser nur "zugeordnet". Die Leuchteinrichtung könne auch lediglich aus einer oder mehreren Leuchtdioden bestehen, die in einem Teilbereich oder an einem Ende des Lichtfensters angeordnet seien. Die genannten Anspruchsmerkmale würden zu einer gleichmäßigeren und intensiveren Ausleuchtung des Lichtfensters führen, womit auf die Verwendung von Lichtleiter verzichtet werden könne. Die Kombination von D1 mit D2 (DE-U1-298 04 489) und D6 (EP-A2-942 225) führe auch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, weil einerseits D2 eben die Verwendung von Lichtleitern offenbare und auch mehrere Möglichkeiten für die Anordnung der Leuchtdioden zeige, derart, dass sich für den Fachmann kein unmittelbarer Hinweis ergebe, eine sich über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses erstreckende Leuchteneinrichtung mit bandartig angeordneten Leuchtdioden vorzusehen. Andererseits gehe aus den Figuren von D6 hervor, dass die Dimensionen der dort offenbarten Lichtreflektoren zu groß seien, um deren eventuellen Einbau im begrenzten Bauraum des Rückspiegelgehäuses eines Kraftfahrzeugs zu ermöglichen. Die geringe Einbautiefe in einem derartigen Rückspiegelgehäuse rate dem Fachmann davon ab, Lichtreflektoren zu verwenden. Somit lege D6 dem Fachmann das Merkmal nicht nahe, wonach nämlich (iii) die verteilt angeordneten Leuchtdioden ihr Licht über Reflektoren in Richtung der Abdeckscheibe abstrahlen. Dies sei bei Betrachtung von D7 (US-A-5 471 371) auch nicht anders, da dort relativ viel Einbauraum zur Verfügung stehe. Die Kombination der Dokumente D1, D2, D6 und D7 führe somit auch nicht zum Anspruchsgegenstand. Die Erfindung erreiche dagegen durch die besondere Anordnung der Leuchtdioden und die Verwendung der Reflektoren eine optimale Ausnutzung des Einbauraumes, und eine hohe Leuchtkraft unter kostengünstigen Bedingungen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag 1 beinhalte auch eine erfinderische Tätigkeit, da, wie bereits vorgetragen, weder D6 noch D7 in naheliegender Weise zum ersten der kennzeichnenden Merkmale führen könnten, und auch kein im Verfahren befindliches Dokument eine Anregung enthalte, eine weitere Leuchtdiode vorzusehen, die bezogen auf die Vorwärtsrichtung des Fahrzeugs auf der Rückseite des Spiegelgehäuses angeordnet sei und Licht direkt nach hinten abstrahle (Merkmal (iv)). Für eine Kombination mit D9, falls in das Verfahren zugelassen, bestehe für den Fachmann keinen Anlass.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag 2 sei ebenfalls als erfinderisch anzusehen. Dies gelte einerseits im Hinblick auf die betreffend Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dargelegten Gründe und andererseits auch deswegen, weil der Fachmann keinen Anlass habe, eine weitere Leuchtdiode vorzusehen, die in Bezug auf die Fahrtrichtung, Licht direkt nach hinten abstrahle. Insbesondere sei gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bereits eine Leuchtdiode derart angeordnet, dass diese das Licht seitlich nach hinten abstrahle. Somit bestehe auch kein Grund weitere Leuchtdioden anzuordnen, um die Sichtbarkeit des Fahrzeugs für hinter dem Fahrzeug befindliche Verkehrsteilnehmer zusätzlich zu verbessern. Auch habe der Fachmann Bedenken, durch eine weitere solche Leuchtdiode den Fahrzeugfahrer zu blenden oder zu stören.

Der Gegenstand des Hilfsantrags 3 beruhe schließlich auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Gründe hierfür seien teilweise bereits vorgetragen worden (siehe Hilfsantrag 1) und darüber hinaus könne auch eine willkürliche Kombination von D1 und D10 nicht zum Anspruchsgegenstand führen, da bei dieser Kombination das Merkmal fehle, wonach eine bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung des Fahrzeuges auf der Rückseite des Spiegelgehäuses angeordnete Leuchtdiode Licht direkt nach hinten abstrahle.

Schließlich stelle sich auch allgemein die Frage, was unter Fachwissen zu verstehen sei. Die Beschwerdegegnerin versuche nämlich generell Merkmale, die aus einigen Dokumenten aus dem Stand der Technik gleichzeitig bekannt seien, fälschlicherweise als Fachwissen darzustellen.

IV. Die Beschwerdegegnerin führte aus, der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. D1 stelle unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik mit sämtlichen Oberbegriffsmerkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags dar. Die kennzeichnenden Merkmale (i) und (ii) seien implizit auch aus D1 herauszulesen oder zumindest durch D1 nahegelegt. Insbesondere zeige Figur 1 eine Lichtdurchtrittsscheibe, die über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses angeordnet sei. Damit bestehe für den Fachmann die nächstliegende Möglichkeit die gestellte Aufgabe zu lösen, diese breite Lichtdurchtrittsscheibe gleichmäßiger auszuleuchten darin, mehrere Leuchtdioden der breiten Erstreckung der Lichtdurchtrittsscheibe folgend nebeneinander, d.h. also bandartig und über einen wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses anzuordnen. Die Merkmale (i) und (ii) seien übrigens auch durch die Figur 3 in D2 nahegelegt, die einen Außenrückspiegel für Kraftfahrzeuge mit einer Leuchteneinrichtung und Leuchtdioden gemäß den Merkmalen (ii) bzw. (i) eindeutig offenbare. Das übrigbleibende Merkmal (iii) sei angesichts des Dokuments D6 naheliegend, welches eine Signalleuchte für Kraftfahrzeuge mit Reflektoren zur gleichmäßigen Verteilung des abgestrahlten Lichtes offenbare. Im Übrigen sei die Verwendung von Reflektoren bei Signalleuchten von Kraftfahrzeugen eine zur Erzielung einer gleichmäßigen Beleuchtung dem Fachmann allgemein bekannte Maßnahme. Dies gehe bereits aus D1 hervor (siehe Figur 1, Reflektor 13), wo ein solcher Reflektor in Verbindung mit einer Licht nach hinten abstrahlenden Leuchtdiode verwendet werde. Als weitere Beispiele seien D7, D3 (US-A-5 303 130), D4 (US-A-5 373 280), D5 (US-A-5 490 049) und D8 (DE-C2-38 35 942) zu nennen. Der beanspruchte Gegenstand sei somit im Hinblick auf die Kombination von D1 mit D6 für den Fachmann naheliegend.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruhe für den von D1 ausgehenden Fachmann ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das kennzeichnende Merkmal (iii) sei für den Fachmann, wie bei der Diskussion des Hauptantrags bereits dargelegt, im Hinblick auf D6 naheliegend. Das weitere Merkmal (iv) löse die weitere Teilaufgabe, eine verbesserte Wahrnehmung des von der (weiteren) Lichtquelle des Außenrückspiegels abgegebenen Lichts seitens der direkt hinter dem Fahrzeug befindlichen Verkehrsteilnehmer zu erzielen. Diese Teilaufgabe habe mit der erstgenannten Aufgabe nichts Gemeinsames und könne somit getrennt betrachtet werden. Deren naheliegende Lösung in Form des Merkmals (iv) sei in D9 zu finden (D9, Figur 1,3; Zusammenfassung). Insgesamt sei also der Anspruchsgegenstand im Hinblick auf die naheliegende Kombination von D1, D6 und D9 nicht erfinderisch.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 weise im Hinblick auf die naheliegende Kombination von D1 mit D6 und D9 oder D10 keine erfinderische Tätigkeit auf. Der Fachmann würde, falls notwendig, eine direkt nach hinten abstrahlende Diode im Spiegelgehäuse anordnen, siehe D9 oder D10, falls die erste, bezogen auf die Vorwärts-Fahrtrichtung Licht seitlich nach hinten abstrahlende Leuchtdiode nicht in ausreichendem Maße zur Wahrnehmung des Fahrzeugs seitens der hinter dem Fahrzeug befindlichen Verkehrsteilnehmer beitragen könnte. Die weiteren kennzeichnenden Merkmale (i)-(iii) könnten, wie bereits dargelegt, im Angesicht der Offenbarung von D1 und D6 auch keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 sei im Hinblick auf die Kombination von D1 mit D6 und D10 nicht erfinderisch. D10 zeige einen Rückspiegel für Kraftfahrzeuge, bei dem eine Leuchteneinheit 100 (Figur 5) hinter einem halbdurchlässigen Spiegel 60 angeordnet sei, so dass das abgegebene Licht durch den Spiegel hindurchtreten könne und für einen hinter dem Fahrzeug befindlichen Verkehrsteilnehmer sichtbar sei. Somit offenbare D10 das Merkmal, wonach (v) der Spiegel semitransparent ausgebildet sei und wenigstens ein Teil der Leuchtdioden hinter dem Spiegel angeordnet sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. D1 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen. Aus den Unterscheidungsmerkmalen (i)-(iii) zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und D1 geht die objektive Aufgabe hervor, die Lichtaustrittsöffnung mit der zugeordneten Abdeckscheibe besser und gleichmäßiger auszuleuchten. Das Dokument D1 liefert dem Fachmann hinsichtlich der Merkmale (i) und (ii) bereits die wesentlichen Hinweise, indem es klar aussagt (D1, Beschreibung, Seite 6, erster Absatz), dass das Lichtfenster einen Einbauraum abdeckt, in dem "mindestens eine Blinkleuchte" angeordnet ist, die "durch eine oder mehrere LEDs" gebildet sein kann. Das Lichtfenster 6 (D1, Figur 1) hat weiter offensichtlich eine längliche Form, die sich quer zu Fahrtrichtung über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses erstreckt. Somit würde der Fachmann, um eine gleichmäßige Ausleuchtung der Lichtaustrittsöffnung zu erzielen, entsprechend deren länglichen Form und deren Erstreckung, die aus den Leuchtdioden bestehende Leuchteneinrichtung unterhalb der Lichtaustrittsöffnung auf Grund einer logischen und selbstverständlichen Vorgehensweise ebenfalls über den wesentlichen Teil der Breite des Spiegelgehäuses anordnen, womit die Leuchtdioden nebeneinander bandartig angeordnet werden würden. D1 liefert gleichermaßen eine Anregung für das verbleibende Merkmal (iii), indem es für die weitere, seitlich nach hinten abstrahlende Leuchtdiode 11 (D1, Figur 1) einen Reflektor 13 vorsieht, mit dem offensichtlichen Zweck, das emittierte Licht in einem gegebenen Winkel konzentriert und gleichmäßiger zu streuen. Der Fachmann würde folglich die Verwendung von Reflektoren auch für die besagten, unterhalb der Lichtaustrittsöffnung liegenden Leuchtdioden in Erwägung ziehen, um damit die Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung der Lichtaustrittsöffnung durch die Leuchtdioden weiter zu verbessern. Die Verwendung von Reflektoren in Signalleuchten von Kraftfahrzeugen zur gleichmäßigen Verteilung des aus mehreren Lichtquellen ausgestrahlten Lichtes ist fachüblich, wie durch die Vielzahl der vorliegenden Dokumente aus dem Stand der Technik und insbesondere aus D6 hervorgeht (D6, Figuren 1,2; siehe Reflektor 3). Der Fachmann würde somit weiter durch die naheliegende Kombination von D1 mit D6 ohne erfinderisches Hinzutun unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelangen, da dieser Anspruch nichts über eine eventuelle besondere Struktur oder Anordnung der vorgesehenen Reflektoren aussagt, die auch den im Spiegelgehäuse verfügbaren Einbauraum optimal ausnutzen könnten. Der Fachmann würde jedenfalls im Rahmen des fachüblichen Handelns die Struktur und die Konfiguration der Reflektoren den spezifischen technischen Gegebenheiten, z.B. dem verfügbaren Einbauraum, anpassen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ 1973).

3. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage, was unter Fachwissen zu verstehen sei, so ist jedenfalls einleuchtend, dass nicht ausschließlich in Handbüchern enthaltene technische Sachverhalte, wie von der Beschwerdeführerin impliziert, als Fachwissen anzusehen sind. Dies resultiert z.B. bereits aus der Tatsache, dass sehr oft neue, grundlegende technische Entwicklungen nicht so schnell einen Niederschlag in einem neuen Handbuch finden können, oder dass gewisse technische Sachverhalte derart selbstverständlich sind, dass diese in keinem Handbuch aufgeführt werden. Deshalb muss es möglich sein, das Fachwissen auch auf eine andere Art und Weise zu belegen als nur durch Handbücher. Im vorliegenden Fall beweist die Vielzahl der zusätzlich zu D6 vorliegenden Dokumente aus dem Stand der Technik eindeutig, siehe z.B. D1, D3 (Figur 3, Reflektor 22), D4 (Figur 2, Reflektor 21), D5 (Figur 3, Reflektor 302) und D7 (Figur 2, Reflektoren 12,17), die allesamt das Einsetzen von Reflektoren in Signalleuchten für Kraftfahrzeuge offenbaren, und D3 sogar, wie D1, in einer in einem Rückspiegel eingebauten Signalleuchte, dass die Verwendung solcher Reflektoren als Mittel zur Erzielung einer gleichmäßigeren Beleuchtung zum allgemeinen Fachwissen gehört.

4. Zur Frage, ob die mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung vorgelegten Dokumente D9 und D10 in das Verfahren zugelassen werden können, ist Folgendes festzustellen. D9 und D10 wurden von der Beschwerdegegnerin als Reaktion auf die neuen mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 (jetzt als Hilfsantrag 3 umbenannt) eingereicht. Diese Hilfsanträge waren nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung. Zudem hatte die Beschwerdegegnerin schon im Einspruchsverfahren mit der Einspruchsschrift den im Anspruch 1 der genannten Hilfsanträge neu aufgenommenen Merkmalen jegliche erfinderische Tätigkeit abgestritten (siehe erteilte Ansprüche 3 und 11). Folglich wird mit den Dokumenten D9 und D10 auch nur die Angriffslinie des erstinstanzlichen Verfahrens weiterverfolgt und es werden die Argumente weiter untermauert, die dort schon vorgetragen wurden. Demnach wird durch die Einführung dieser Dokumente auch der rechtliche und faktische Rahmen des Verfahrens nicht geändert. Insgesamt ist also festzustellen, dass diese Dokumente nach den genannten Kriterien nicht als verspätet angesehen werden können und dass deren Einführung in das Verfahren zulässig ist.

5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruht im Hinblick auf die naheliegende Kombination von D1 mit D6 und D9 oder D10 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 laut Hauptantrag neu aufgenommene Merkmal (iv) kann, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen, keinen erfinderischen Beitrag leisten. Tatsächlich wird in D1, wie unter Punkt 2 erwähnt, dem Fachmann schon vorgeschlagen, zum Zwecke einer besseren Sichtbarkeit oder Wahrnehmung des Fahrzeugs durch andere Verkehrsteilnehmer, eine Leuchtdiode 11 im Rückspiegel einzubauen, "deren Licht in Fahrtrichtung F im wesentlichen nach hinten, z.T. aber auch ...seitlich abgestrahlt wird" (D1, Beschreibung, Seite 6). Hiermit ist für den Fachmann klar, dass unter Umständen, um die Wahrnehmung des Fahrzeuges für hinter dem Fahrzeug befindliche Verkehrsteilnehmer zu verbessern, zusätzliche Leuchtdioden vorgesehen werden können, bspw. auch solche, die ihr Licht direkt nach hinten abstrahlen. Solche Lichtquellen zeigt z.B. D9 (Figur 3, Lichtquelle 11) oder D10 (Spalte 8, Zeile 14 bis Spalte 9, Zeile 1), wobei zusätzlich durch Lichtabschirmwände 7 dafür gesorgt wird, dass Streulicht von der Lichtquelle die Funktion des Rückspiegels und damit die Sicht des Fahrers nicht beeinträchtigt. Demnach wäre die Kombination von D1 mit D6 und D9 oder D10 für den Fachmann naheliegend und diese würde ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 führen.

6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 weist gegenüber der naheliegenden Kombination von D1 mit D6 und D9 oder D10 keine erfinderische Tätigkeit auf. Dies ergibt sich unmittelbar aus den unter Punkt 2 und 5 angegebenen Gründen, da die Merkmale (i)-(iii) bzw. das Merkmal (iv) Lösungen verschiedener Teilaufgaben darstellen, die für sich betrachtet nicht als erfinderisch gelten können und auch in der Kombination nicht miteinander in Wechselwirkung stehen, womit durch die Kombination kein zusätzlicher technischer Effekt entsteht, welcher die Anwesenheit einer erfinderischen Tätigkeit begründen könnte.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 enthält gegenüber demjenigen des Hilfsantrags 1 zusätzlich das Merkmal (v), wonach der Spiegel semitransparent ausgebildet und wenigstens ein Teil der Leuchtdioden hinter dem Spiegel angeordnet ist (vgl. Seite 9 unten). Dieses Merkmal ist aber bereits aus dem Dokument D10 bekannt, vgl. Punkt 5. Aus den dort und in Punkt 6 dargelegten Gründen weist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 gegenüber der Kombination von D1 mit D6 und D10 keine erfinderische Tätigkeit auf.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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