European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T150706.20130220 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Februar 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1507/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02714142.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C03C 1/00 C03C 13/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Herstellung von Mineralwolle | ||||||||
Name des Anmelders: | Noack, Hans-Peter | ||||||||
Name des Einsprechenden: | ROCKWOOL INTERNATIONAL A/S | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 03.07.2006, den Einspruch gegen das europäische Patent EP-B1-1 373 154 zurückzuweisen.
II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage des Artikels 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit beantragt. Sie stützte ihren Einwand auf folgendes Dokument:
D1: EP-B1-1 358 133
III. Das erteilte Patent enthielt 8 Ansprüche.
Anspruch 1 des erteilten Patents lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Mineralwolle, wobei ausgehend von einer viskosen mineralischen Schmelze, die Silizium- und Metalloxide enthält, Fasern erzeugt werden, die dann zu einem Wollvlies weiterverarbeitet werden, dadurch gekennzeichnet, daß der mineralischen Schmelze ein verbrauchtes Aluminiumsilikat-Katalysatormaterial zugesetzt wird, das wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid und wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid enthält, sowie Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-%."
Ansprüche 2-7 sind auf Anspruch 1 rückbezogene abhängige Verfahrensansprüche.
Der Wortlaut des Anspruchs 8 ist wie folgt:
"8. Verwendung von pulverförmigen Cracking-Katalysator mit einem Aluminiumoxid-Gehalt wenigstens 40 Gew.-%, einem Siliziumoxid-Gehalt von wenigstens 40 Gew.-%, einem Magnesiumoxid-Gehalt von bis zu 5 Gew.-% und einem Natrium- und/oder Kaliumoxid-Gehalt von bis zu 5 Gew.-% für die Mineralwolle-Herstellung."
IV. Die Begründung der Einspruchsabteilung kann wie folgt zusammengefasst werden:
Aus dem Wortlaut der Ansprüche würde hervorgehen, dass der Katalysator Aluminiumoxid, Siliziumoxid, Magnesiumoxid sowie Natrium- und/oder Kaliumoxid enthält. Beispiel 2 aus D1 würde weder Magnesiumoxid noch Natrium- und/oder Kaliumoxid erwähnen. Das Katalysatormaterial aus Beispiel 1 aus D1 bestünde nur zu 12,5 aus Aluminiumoxid. Zudem sei nicht gezeigt, dass die in D1 erwähnten synthetischen Zeolithe auch Magnesiumoxid sowie Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalten. D1 könne deshalb nicht als neuheitsschädlich angesehen werden.
V. Gegen die Entscheidung legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.9.2006, eingegangen am 26.09.2006, Beschwerde ein. Die Einreichung der Beschwerdebegründung erfolgte mit Schreiben vom 28.11.2006.
VI. Mit Schreiben vom 06.06.07 erfolgte die Erwiderung des Patentinhabers (Beschwerdegegners).
VII. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 20.02.2013 wurde am 07.11.2012 verschickt.
VIII. Mit Schreiben vom 15.01.2013 brachte die Beschwerdeführerin weitere Argumente vor.
IX. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 20. Februar 2013 statt.
X. Die von der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:
Unter Berücksichtigung des Streitpatentes, insbesondere des Absatzes 13, müssten die Bestandteile Magnesiumoxid, Natrium- oder Kaliumoxid als optionale Bestandteile des Verfahrens gemäß Anspruch 1 angesehen werden, da kein Mindestgehalt für diese Bestandteile in Anspruch 1 angegeben sei. Diese Bestandteile seien unwesentlicher Natur und könnten nicht die Neuheit gegenüber dem Stand der Technik begründen (siehe G 2/88 sowie G 6/88). D1 und vor allem das Ausführungsbeispiel 2 würde deshalb die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Streitpatents vorwegnehmen.
Selbst für den Fall, dass das Vorhandensein der Bestandteile Magnesiumoxid, Natrium- oder Kaliumoxid wesentlich sei, müsse D1 als neuheitsschädlich angesehen werden, da D1 inhärent eine mögliche Verunreinigung der Katalysatormaterialien mit Magnesium-, Natrium- oder Kaliumoxid offenbare. Zudem würden die Schmelzen, denen die Katalysatormaterialien zugeführt werden, bereits Anteile von Magnesium-, Natrium- oder Kaliumoxid enthalten, sodass die in D1 offenbarten Mineralwollfasern mit den gemäß dem Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents erhaltenen Mineralwollfasern identisch seien.
Aus Anspruch 1 sei außerdem nicht klar, ob das Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid als Bestandteil des Katalysators der mineralischen Schmelze zugesetzt werden oder unabhängig vom Katalysator zugesetzt werden. Zudem sei keine untere Grenze für die Bestandteile Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid angegeben und diese Bestandteile könnten daher auch gänzlich fehlen.
In Anbetracht des Absatzes [0010] der Beschreibung, sei es eindeutig, dass diese Bestandteile als optional anzusehen seien, da der letzte Satz dieses Absatzes klarstelle, dass nur bei Bedarf Erdalkalimetalloxide zugesetzt würden. Des Weiteren würde die Verwendung des Ausdrucks "vorteilhaft" in den Absätzen [0013] und [0014] bestätigen, dass die Zugabe dieser Bestandteile nur optional sei. Deshalb sei Ausführungsbeispiel 2 aus D1 neuheitsschädlich.
Selbst, wenn man diese Bestandteile nicht als optional ansehen würde, was ein Fachmann bei der Auslegung des Anspruchs 1 des Streitpatents jedoch nicht tun würde, so könnten diese Bestandteile in der Schmelze vorhanden sein und nicht unbedingt Teil des zugegebenen Katalysatormaterials.
Die Schmelze gemäß Ausführungsbeispiel 2 aus D1 enthalte 20% Naturstein und 55% Kunststein, deren Zusammensetzung in Absatz [0007] weiter definiert sei. Auch enthalte Basalt Magnesiumoxid, Natriumoxid und Kaliumoxid, sodass diese Bestandteile in der Schmelze enthalten seien.
Gemäß Anspruch 4 des Streitpatents könne es sich bei dem zugesetzten Katalysatormaterial um ein synthetisches Zeolithpulver handeln. Solche Zeolithe würden auch z.B. in Absatz [0019] der D1 offenbart und es sei allgemeines Fachwissen, dass solche Zeolithe auch Oxide enthielten. Demzufolge enthalte der im zweiten Ausführungsbeispiel verwendete Katalysator auch die Oxide.
Dass es sich beim Streitpatent nur um die Verwendung eines bekannten Materials für einen bekannten Zweck handele, gehe auch aus Absatz [0021] des Streitpatents hervor, wo beschrieben würde, dass Cracking-Katalysatoren, die üblicherweise eingesetzt würden, zum Einsatz kämen.
Auch aus der EP-B1-765295, die in Absatz [0008] der D1 zitiert wird, würden aus Anspruch 15 die geringen Mengen an Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid hervorgehen.
Die spezielle Zusammensetzung des Katalysatormaterials könne auch nicht als Auswahlerfindung angesehen werden, da die Wirkung der Alkalioxide nicht über den gesamten Bereich gezeigt sei.
XI. Die Argumente des Beschwerdegegners können wie folgt zusammengefasst werden:
Der in den Ansprüchen 1 und 8 des Streitpatents vorhandene Gehalt an Magnesium-, Natrium und/oder Kaliumoxid sei ein wesentliches Merkmal, da er eine Wirkung auf die Eigenschaften der Schmelze habe. Die beanspruchte Menge von Magnesiumoxid reduziere die Kristallisationstendenz der Schmelze während die beanspruchte Menge von Natrium und/oder Kaliumoxid die Schmelztemperatur herabsetze. Der Anspruch 1 des Streitpatents könne nur so ausgelegt werden, dass Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid als Teil des zugegebenen Katalysatormaterials anzusehen seien, da sonst auch nicht klar sei, worauf sich die angegebenen Gew.-% bezögen. Zudem sei aus den Absätzen [0013] und [0014] des Streitpatents eindeutig zu entnehmen, dass das Katalysatormaterial sowohl Magnesiumoxid als auch Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalte. D1 offenbare kein Katalysatormaterial enthaltend Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-%.
Ein solches Katalysatormaterial würde auch nicht implizit in D1 offenbart, da nicht nachgewiesen sei, dass alle Aluminiumsilikat-Katalysatormaterialien, die in Dl erwähnt sind und wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid sowie wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid enthalten, außerdem immer auch bis zu 5 Gew.-% Magnesiumoxid und bis zu 5 Gew.-% Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalten. Zudem würde die Angabe, dass das Katalysator-Material aus Ausführungsbeispiel 2 aus D1 des Weiteren sonstige oxidische Bestandteile wie seltene Erden und Metalle aufweisen kann, nicht implizieren, dass Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid vorhanden seien. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass die in D1 offenbarten Katalysator-Materialien immer auch bis zu 5 Gew.-% Magnesiumoxid und bis zu 5 Gew.-% Natrium- und/oder Kaliumoxid als Verunreinigungen enthielten.
Es sei nicht bestritten, dass Aluminiumsilikat-Katalysatormaterialien enthaltend bis zu 5 Gew.-% Magnesiumoxid und bis zu 5 Gew.-% Natrium- und/oder Kaliumoxid bekannt seien. Speziell diese würden ausgewählt, um dann zur Herstellung von Mineralwolle verwendet zu werden. Dies sei jedoch nicht in D1 offenbart.
XII. Anträge:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Der Beschwerdegegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder alternativ die Aufrechterhaltung des Patents in geändeter Fassung auf der Grundlage des Hilfsantrags 1 eingereicht mit Schreiben vom 11. Oktober 2005 oder der Hilfsanträge 2 bis 5 eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ: Neuheit
1.1 Von der Beschwerdeführerin wurde nur die Neuheit gegenüber der Patentschrift D1 bestritten. Der Inhalt der D1, der identisch mit dem Inhalt der WO-A-02/057194 ist, die unter Berücksichtigung des Artikels 150(3) EPÜ 1973 als europäische Anmeldung anzusehen ist und die europäische Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung darstellt, gilt als Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ.
1.2 EPÜ 1973 vs EPÜ 2000
Nach den Übergangsbestimmungen zum EPÜ 2000 ist, wenn die einem Patent zugrunde liegende Anmeldung vor dem Tag des Inkrafttretens des EPÜ 2000 (13.12.2007) eingereicht wurde, der kollidierende Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ 2000 zu bestimmen. Es gilt aber auch weiterhin die Vorschrift des Artikels 54 (4) EPÜ 1973 und damit das unter dem EPÜ 1973 geltende System der gemeinsamen Benennungen (siehe Art. 1, Nr. 1, Sätze 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der Akte zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens vom 29. November 2000, ABl. EPA 2003, Sonderausgabe Nr. 1, 202). Demzufolge gilt D1 bzw. die ihr zu Grunde liegende Anmeldung WO-A-02/057194 nur als Stand der Technik für die Staaten, die sowohl in D1 als auch im vorliegenden Streitpatent genannt sind. Da D1 die gleichen Staaten benennt wie das Streitpatent ist der Inhalt der D1 somit Stand der Technik für alle benannten Staaten.
1.3 Auslegung der Ansprüche 1 und 8
1.3.1 Anspruch 1 des Streitpatents betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Mineralwolle, dadurch gekennzeichnet, dass der mineralischen Schmelze ein verbrauchtes Aluminiumsilikat-Katalysatormaterial zugesetzt wird, das wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid und wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid enthält, sowie Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-%.
Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass ein Fachmann den Anspruch 1 so auslegen würde, dass Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid entweder als Teil des Katalysators oder unabhängig vom Katalysator der Schmelze zugegeben werden kann. Diese breite Auslegung ergibt sich daraus, dass der Konjunktion "sowie" ein Komma vorangeht, sodass der Fachmann den Anspruch so versteht, dass der mineralischen Schmelze ein verbrauchtes Aluminiumsilikat-Katalysatormaterial zugesetzt wird und Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-%.
Obwohl Anspruch 1 keine Untergrenze für die Menge an Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid enthält, ist es für den Fachmann eindeutig vom Wortlaut des Anspruchs 1 entnehmbar, dass sowohl Magnesiumoxid als auch Natrium- und/oder Kaliumoxid vorhanden sein müssen. Der Anspruch 1 gibt nämlich an, dass ein Aluminiumsilikat-Katalysatormaterial der Schmelze sowie Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid zugesetzt wird. Dies bedeutet, dass die Zugabe von Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid als Verfahrensschritt anzusehen ist und es keinen technischen Sinn machen würde, wenn in diesem Verfahrensschritt nichts zugegeben wird.
Anspruch 1 legt also fest, dass Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid zugegeben werden muss. Deren maximale Menge wird zudem angegeben und deren Gewichtsprozente müssen sich auf die mineralische Schmelze beziehen, da die Oxide nicht unbedingt Teil des Katalysators sind. Dass Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid der Schmelze zugeführt werden müssen, ist auch im Einklang mit der Beschreibung, worin in den Absätzen [0013] und [0014] angegeben wird, dass das gemäß der Erfindung zugesetzte Katalysatormaterial bis zu 5 Gew.-% Magnesiumoxid und bis zu 5 Gew.-% Natrium- und/oder Kaliumoxid enthält. Magnesiumoxid wird für die Reduktion der Kristallisationstendenz zugegeben, während Natrium- und/oder Kaliumoxid zur Herabsetzung der Schmelztemperatur zugegeben werden sollen. Die Anspruchsformulierung schließt nicht aus, dass bei Bedarf Erdalkalimetalloxide zugesetzt werden können, wenn die Viskosität der Schmelze gesenkt werden soll, wie dies in Absatz [0010] der Streitpatentschrift erwähnt ist.
Zudem ist die Anspruchsformulierung mit Angabe der Maximalmenge gängige Praxis in der Erstellung von Patentansprüchen (siehe auch T 988/07, Begründung 2.1.2).
Die Kammer kommt deshalb zum Schluss, dass Anspruch 1 so auszulegen ist, dass sowohl Magnesiumoxid als auch Natrium- und/oder Kaliumoxid in irgend einer Weise der mineralischen Schmelze zugeführt werden muss.
1.3.2 Anspruch 8 betrifft die Verwendung von einem pulverförmigen Cracking-Katalysator. Hier ist es eindeutig vom Wortlaut des Anspruchs, dass der Katalysator sowohl wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid und wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid als auch Magnesiumoxid von bis zu 5 Gew.-% und außerdem Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% enthalten muss.
Während im Verfahren gemäß Anspruch 1 ein verbrauchtes Aluminiumsilikat-Katalysatormaterial zugesetzt werden kann, das wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid und wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid enthält, während Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid auf andere Art und Weise in die Schmelze gelangen kann, betrifft Anspruch 8 die Verwendung von Katalysatoren die sowohl wenigstens 40 Gew.-% Aluminiumoxid und wenigstens 40 Gew.-% Siliziumoxid als auch Magnesiumoxid von bis zu 5 Gew.-% und außerdem Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% enthalten. Anspruch 8 ist also eingeschränkter als Anspruch 1, da er Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid als Teil der Zusammensetzung des Katalysatormaterials definiert.
1.4 Offenbarung der D1
1.4.1 Gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, ist der Stand der Technik neuheitsschädlich für den Gegenstand eines Anspruchs, wenn dieser eindeutig und unmittelbar von einem Fachmann aus dem Stand der Technik abgeleitet werden kann.
1.4.2 D1 offenbart im zweiten Ausführungsbeispiel, dass ein grobstückiges Aufgabegut, das zu 25% aus einem Katalysator-Material, zu 20% aus Naturstein und 55% aus Kunststeinen besteht, einem Kupolofen zur Erzeugung einer silikatischen Schmelze zugegeben wird. Das Katalysatormaterial besteht zu 45 Masse-% aus Siliziumoxid und zu 40 Masse-% aus Aluminiumoxid und enthält zudem sonstige oxidische Bestandteile, wie seltene Erden und Metalle (Spalte 8, Zeilen 28-46). Das Aufgabegut wird als gemischte Fraktion aus Naturstein und grobstückigen Körpern aus Katalysator-Material und Kunststein dem Kupolofen zugeführt, in dem das Aufgabegut geschmolzen und anschließend einem Zerfaserungsaggregat zugeführt wird, in dem die Schmelze in mikrofeine Fasern zerfasert wird, welche Fasern dann auf einem Förderband in Form eines Mineralfaservlieses abgelegt werden (Spalte 8, Zeilen 50-58).
Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass Ausführungsbeispiel 2 aus D1 eindeutig und unmittelbar alle Merkmale der Ansprüche 1 und 8 des Streitpatentes offenbart, außer dem Merkmal "Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-%". Es muss also untersucht werden, ob diese zusätzliche Merkmalskombination auch unmittelbar und eindeutig (in Kombination) mit den bekannten Merkmalen aus D1 hervorgehen.
1.4.3 Wie bereits oben erwähnt, enthält der im Ausführungsbeispiel 2 der D1 verwendete Katalysator, sonstige oxidische Bestandteile, wie seltene Erden und Metalle. Es ist jedoch nicht angegeben, um welchen Katalysatortypen und um welche Metalle es sich hier handelt. Es bleibt also zu bestimmen, ob dies unmittelbar und eindeutig aus der Beschreibung abgeleitet werden kann.
Die Beschreibung der D1 offenbart nur in Absatz [0025] spezifische Metalle, wie Nickel und Wolfram und zudem in Absatz [0040] Kobalt und Molybdän als Teil von Katalysatoren. Zudem werden Zeolithe der Typen Linde in den Absätzen [0019] und [0028] erwähnt, wobei jedoch keine Angaben über den Gehalt an Metallen dieser Katalysatoren gemacht werden. Es geht also aus keinem Teil der Beschreibung hervor, welche Metalle als oxidische Bestandteile gemeint sind und welche Katalysatoren im Ausführungsbeispiel 2 eingesetzt werden.
Zudem gibt es keinen Hinweis in D1 oder im allgemeinen Fachwissen, dass alle Zeolithe der Typen Linde oder alle in Anspruch 15 der D1 erwähnten Katalysatoren aus Crack- und/oder Hydrocrackverfahren Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalten. Es mag sein, dass es sich bei den gemäß Streitpatent eingesetzten Katalysatoren vor allem um verbrauchte Cracking-Katalysatoren handelt (siehe auch Spalte 3, Zeilen 19-22 der Streitpatentschrift). Dies impliziert jedoch nicht, dass alle bekannten Cracking-Katalysatoren Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalten und lässt somit nicht den Schluss zu, dass alle in D1 erwähnten Cracking- und Hydrocracking-Katalysatoren implizit Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid enthalten.
Der Fachmann kann also nicht unmittelbar und eindeutig aus D1 erkennen, dass der in Beispiel 2 verwendete Katalysator außer dem Silizium- und Aluminiumoxid auch noch Magnesiumoxid sowie Natrium- und/oder Kaliumoxid enthält.
1.4.4 Die genaue Zusammensetzung des Natursteines und/oder des Kunststeines, die im Ausführungsbeispiel 2 verwendet werden, wird in der D1 nicht offenbart. In Absatz [0007] der D1 wird die typische Zusammensetzung von biolöslichen Mineralfasern aus Steinwolle beschrieben; es wird jedoch nicht angegeben, aus welchem Anteil Naturstein und aus welchem Anteil Kunststein die typische Steinwolle zusammengesetzt ist. Der Fachmann weiß also nicht, ob diese Zusammensetzung auch der Zusammensetzung des in Beispiel 2 verwendeten Natursteines und Kunststeines entspricht. Zudem wird in Absatz [0007] die Menge an Magnesiumoxid nur in Kombination mit Calciumoxid erwähnt, woraus der Fachmann die Menge an Magnesiumoxid nicht eindeutig ableiten kann. Auch die in Spalte 2 (Zeile 53) in der D1 erwähnte Patentschrift EP-B-765295 offenbart keine genaue Zusammensetzung von Naturstein und/oder Kunststein. Vielmehr wird dort in Anspruch 15 nur die Zusammensetzung der speziell in der Schrift beanspruchten Fasern angegeben. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass diese Zusammensetzung für alle Natursteine und Kunststeine gilt, die zur Herstellung von Mineralwolle verwendet werden.
1.4.5 Basalt enthält sowohl Magnesiumoxid als auch Natrium- und Kaliumoxid und wird als möglicher Naturstein, der im Ausführungsbeispiel 2 der D1 verwendet werden kann, angegeben (Spalte 8, Zeilen 39-40). Es ist jedoch nicht eindeutig und unmittelbar erkennbar, dass Basalt wirklich eingesetzt wurde oder, ob einer der anderen angegebenen Steine verwendet wurde. Nicht alle diese Natursteine enthalten sowohl Magnesiumoxid als auch Natrium- und/oder Kaliumoxid.
Selbst wenn Basalt für das Verfahren gemäß Ausführungsbeispiel 2 gewählt worden wäre, wäre es immer noch nicht eindeutig, ob Basalt in Kombination mit anderen Natursteinen oder alleine eingesetzt wurde. Zudem ist die Zusammensetzung des eingesetzten Kunststeins nicht bekannt, sodass der Fachmann nicht weiß, wie viel Magnesiumoxid und Natrium- und/oder Kaliumoxid schlussendlich in der Schmelze vorhanden sind. Es ist also nicht eindeutig und unmittelbar festzustellen, dass die in den Ansprüchen 1 und 8 des Streitpatents angegebenen Obergrenzen für Magnesiumoxid bzw. Natrium und/oder Kaliumoxid im Ausführungsbeispiel von D1 eingehalten werden.
1.4.6 Der im Ausführungsbeispiel 1 der D1 eingesetzte Katalysator enthält nur 12.5 Masse-% Aluminiumoxid; über die weitere Zusammensetzung ist nichts offenbart. Ebenso wenig ist die Zusammensetzung des im dritten Ausführungsbeispiel der D1 verwendeten Katalysators beschrieben.
1.4.7 Mit dem Argument der Auswahlerfindung braucht sich die Kammer nicht auseinanderzusetzen, da die Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin zum Vorliegen einer angeblichen Auswahlerfindung nicht entscheidungserheblich ist.
1.5 Schlussfolgerung
Die Zugabe zur mineralischen Schmelze von Magnesiumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% und Natrium- und/oder Kaliumoxid mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% als Teil des Katalysators oder als Teil der Ausgangsmaterialien der Schmelze geht nicht eindeutig und unmittelbar aus der D1 hervor, sodass D1 die Neuheit der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 nicht vorwegnehmen kann.
Die Kammer kommt deshalb zum Schluss, dass der Gegenstand der Ansprüche 1-8 des Streitpatents neu gegenüber dem Inhalt der D1 ist. Da der Einspruch nur auf dem Einspruchsgrund "mangelnde Neuheit" gestützt wurde, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.