T 1454/06 () of 8.7.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T145406.20090708
Datum der Entscheidung: 08 Juli 2009
Aktenzeichen: T 1454/06
Anmeldenummer: 02019903.0
IPC-Klasse: G02B 27/01
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Head-Up-Display
Name des Anmelders: Continental Automotive GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 02 019 903.0 (Veröffentlichungsnummer EP 1 291 700 A1) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der ihr vorliegenden geänderten Fassung, soweit er überhaupt neu sei, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Entscheidung gingen zwei Bescheide voraus, in denen auf folgende Druckschriften Bezug genommen wurde:

D1: EP0516940

D2: WO00/70691

D3: EP0424950

D4: XP001096533 "Microdisplays based upon organic light-emitting diodes", W.E. Howard et al., IBM J. Res. & Dev., vol. 45, no.1, January 2001, Seiten 115-127

III. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Begründung der Beschwerde beantragt, ein Patent auf der Grundlage des der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Anspruchs 1 zu erteilen (im Folgenden: Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage einer mit der Beschwerdebegründung eingereichten Fassung eines Anspruchs 1 (im Folgenden: Hilfsantrag).

Ihre Argumentation lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Von der Prüfungsabteilung sei ausgeführt worden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und außer den Merkmalen,

a) dass die Bilderzeugungseinheit Teil eines Head-Up-Displays sei und

b) dass die von der OLED-Anzeige erzeugten Lichtstrahlen von dem Lichtrichtungselement in einem Winkel von kleiner als 30º abgestrahlt würden,

der Gegenstand des Anspruchs 1 aus der Entgegenhaltung D4 bekannt sei. Bei Nichtvorliegen mindestens dieser Merkmale liegt die Neuheit unzweifelhaft vor und sollte nicht länger in Frage gestellt werden.

Wie das Merkmal b) zu interpretieren sei, sei der vorliegenden Anmeldung, Seite 12, 1. und 2. Absatz zu entnehmen. Dort sei zur Lichtführungsstruktur des Lichtrichtungselements ausgeführt, dass "das von der OLED-Schicht emittierte Licht innerhalb eines Winkels von maximal 30º gerichtet zur Frontseite abgestrahlt wird". Figur 5 zeige darüber hinaus auch noch diesen Winkel von maximal 30º. Der Figur 4 der D4 sei an keiner Stelle zu entnehmen, dass die von dem Display erzeugten Lichtstrahlen innerhalb eines Winkels von kleiner 30º gerichtet zur Frontseite des Lichtrichtungselements abgestrahlt werden sollten. Nicht einmal annähernd werde ein derartiger Winkel der abgestrahlten Lichtstrahlen dargestellt.

Der Hinweis auf Seite 20, linke Spalte, wonach extrem hohe Leuchtdichten erreichbar seien, führe auch nicht zu dem Merkmal b). Er gebe allenfalls eine Anregung, nach Wegen zu suchen, dieses Kriterium zu erfüllen.

Auf keinen Fall gebe es auch zusammen mit Figur 4 einen Hinweis auf die mit dem Merkmal b) aufgezeigte Lösung.

Die Ausführungen der Prüfungsabteilung würden auf der Kombination einer mehrfachen Ex-Post-Betrachtung beruhen.

Da also der D4 keinerlei Hinweise mindestens auf das Merkmal b) zu entnehmen seien, sei der Anmeldungsgegenstand gegenüber der D4 nicht nur neu, sondern beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Weiterhin sei zur D2 ausgeführt worden, dass deren Offenbarung ebenfalls die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands zu nehmen scheine. Aus der D2 sei eine LED bekannt, die wenigstens ein mikrostruktuiertes Mittel aufweise, das u. a. zum Modifizieren der Intensität des emittierten Lichts diene. Keine der offenbarten Varianten der mikrostruktuierten Mittel gebe einen Hinweis auf das o. g. Merkmal b), so dass auch hier die Ausführungen der Prüfungsabteilung auf einer Ex-Post-Betrachtung beruhen würden und daher nicht zulässig seien.

Da also auch der D2 keinerlei Hinweise mindestens auf das oben mit b) bezeichnete Merkmal zu entnehmen seien, sei der Anmeldungsgegenstand auch gegenüber der D2 nicht nur neu, sondern beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Da keiner der von der Prüfungsabteilung genannten Entgegenhaltungen Hinweise zumindest auf das o. g. Merkmal b) zu entnehmen seien, könne auch eine Zusammenschau dieses Standes der Technik nicht in naheliegender Weise zum Anmeldungsgegenstand führen.

IV. Im Einklang mit der VOBK hatte die Kammer eine Mitteilung erlassen, in der sie zu dem vorläufigen Schluss gekommen war, dass es nicht ersichtlich sei, dass die vorliegende Anmeldung noch etwas von patentbegründender Bedeutung enthalte.

Dazu hat sich die Beschwerdeführerin schriftlich geäußert und noch eine geänderte Fassung eines Anspruchs 1 gemäß einem Hilfsantrag 2 eingereicht. Außerdem wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 als Hauptantrag und einzigem Antrag zu erteilen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

V. Der Anspruch 1, welcher der einzige unabhängige Anspruch ist, lautet in der gültigen Fassung:

"1. Head-Up-Display, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einer Bilderzeugungseinheit zur Erzeugung einer anzuzeigenden Bildinformation, die als Lichtstrahlen von der Bilderzeugungseinheit direkt oder über eine Projektionsoptik auf eine teilreflektierende Scheibe in Form einer Windschutzscheibe projizierbar ist, dadurch gekennzeichnet` dass die Bilderzeugungseinheit (1) eine OLED-Anzeige (Organic Light Emitting Diode) (8, 8', 8'', 8''') zur Erzeugung der anzuzeigenden Bildinformation aufweist, vor der ein Lichtrichtungselement (14, 14', 14'') angeordnet ist, durch das die von der OLED-Anzeige (Organic Light Emitting Diode)(8, 8', 8'', 8''') erzeugten Lichtstrahlen (2) in einen Winkel (20) von kleiner etwa 30º abgestrahlt werden."

Entscheidungsgründe

1. Die vorliegende Anmeldung geht von einem Head-Up-Display aus, wie es dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entspricht und z. B. in D3, siehe die Figur 1 mit der Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 23 bis 55, beschrieben ist.

2. Von diesem Head-Up-Display unterscheidet sich das in dem vorliegenden Anspruch im kennzeichnenden Teil definierte dadurch, dass

(i) die Bilderzeugungseinheit eine OLED-Anzeige zur Erzeugung der anzuzeigenden Bildinformation aufweist, und

(ii) vor der Anzeige ein Lichtrichtungselement angeordnet ist, von dem die von der Anzeige erzeugten Lichtstrahlen in einem Winkel kleiner etwa 30º abgestrahlt werden.

Die mit diesen Merkmalen gegenüber D3 gelöste Aufgabe kann darin gesehen werden, ein Head-Up-Display bereitzustellen, dessen Anzeige bei geringerem Energieverbrauch eine gute Darstellung des anzuzeigenden Bildes bietet.

3. Was das Merkmal (i) anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der vorliegenden Anmeldung die vielversprechenden Eigenschaften von OLED-Anzeigen hinsichtlich der optischen und elektrischen Parameter, siehe D2, Seite 6, Zeilen 18 bis 21, und auch der einfacheren Herstellbarkeit durch die Verwendung der organischen Materialien hinlänglich bekannt waren, so dass es für einen Fachmann prinzipiell naheliegend war, eine LCD-Anzeige, wie sie in D3 verwendet wird, durch OLED-Anzeigen zu ersetzen, was auch die Effizienz verbessert, da auf die Beleuchtung der LCD-Anzeige verzichtet werden kann.

4. Zu dem Merkmal (ii) ist festzustellen, dass es bei optischen Anordnungen, bei denen von einem leuchtenden oder beleuchteten Gegenstand ein reelles oder, wie im vorliegenden Fall, virtuelles Bild in einem relativ großen Abstand erzeugt wird, allgemein bekannt ist, dass die Helligkeit des Bildes erhöht wird, wenn es gelingt, die Divergenz des Strahlenbündels zu verringern, ohne das Bündel zu beschneiden, sondern durch Richten der Strahlen entlang der optischen Achse, z. B. mit Hilfe eines Kollimators. Diese Maßnahme entspricht aber der Funktion eines allgemeinen Lichtrichtungselements, das für einen reduzierten Abstrahlwinkel sorgt, wie es aus dem vorliegenden Anspruchs hervorgeht. Die Verwendung eines "Lichtrichtungselements" in einem Head-Up-Display der in D3 beschriebenen Art und die Bestimmung der oberen Grenze des Winkels von kleiner 30º waren daher für den Fachmann naheliegend.

Anregungen hierzu entnahm der Fachmann auch schon D3. Dort ist anhand der Figur 2 die abbildende Beleuchtungsquelle 20 beschrieben, in der mittels eines ebenen Faltungsspiegels 113 und eines asphärischen, in einer "Off-Axis"-Position angeordneten Spiegels 115 die abbildende Beleuchtung der LCD-Bildquelle 111 durch das Fenster 117 zu dem Bildüberlagerungselement 11 gerichtet wird. Da der abbildende Spiegel 115 die Größe des virtuellen Bildes bestimmt, siehe Spalte 5, Zeilen 39 bis 42, bestimmt er auch die Divergenz des Strahlenbündels und damit den Abstrahlwinkel entsprechend der Definition in dem vorliegenden Anspruch. Folglich könnte auch die Spiegelanordnung in D3 als "Lichtrichtungselement" bezeichnet werden mit der entsprechenden Auswahl des Abstrahlwinkels durch den Fachmann.

5. Die Beschwerdeführerin hat eingewandt, dass es in D2 um die Erhöhung der Lichtausbeute der OLED selbst gehe und nicht um ihre Anpassung an einen bestimmten Anwendungsfall, z. B. an ein Head-Up-Display. So sei es der Zweck der in D2 beschriebenen Mikrostruktur, die unmittelbare Ausstrahlung des Lichts zu manipulieren, siehe D2, das Abstract. Mit einer OLED-Anzeige zur Erzeugung und Anzeige eines Bildes habe das nichts zu tun.

6. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass es im Zuge einer normalen Entwicklung lag, LCD-Anzeigen mit dem Nachteil der notwendigen Hintergrundbeleuchtung durch selbstleuchtende Elemente zu ersetzen, sobald diese mit den entsprechenden optischen und elektrischen Eigenschaften verfügbar waren. Dies zeichnete sich hinsichtlich der OLEDs anscheinend zum Prioritätszeitpunkt der vorliegenden Anmeldung ab, der weniger als ein Jahr nach den Veröffentlichung von D2 liegt. Dies gilt auch für das ein Mikrodisplay auf der Grundlage von OLEDs betreffende Dokument D4.

7. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin noch vorgetragen, dass der Fachmann am Anmeldetag die Verwendung von OLEDs in einem Head-Up-Display für Fahrzeuge schon deshalb nicht ernsthaft in Betracht gezogen hätte, weil ihre Langzeitbeständigkeit damals und bis heute nicht gegeben gewesen sei, was in unzumutbarer Weise ein häufiges Austauschen der OLEDs notwendig gemacht hätte.

8. Dieses Argument kann die Kammer jedoch nicht überzeugen, da die bewusste Inkaufnahme von Nachteilen - hier: die relativ kurze Standzeit der OLEDs - eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann. Es sei denn, diese Nachteile würden durch die Erfindung zumindest verringert oder erwiesen sich in überraschender Weise als nicht gegeben. In diesem Fall wäre mit der Erfindung ein technisches Vorurteil überwunden worden. Derartiges hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht vorgetragen.

9. In der Diskussion des Merkmals (ii) hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass D3 kein Lichtrichtungselement im Sinne der vorliegenden Anmeldung offenbare. Das in D1 beschriebene Element wiederum diene zur räumlichen Trennung zweier verschiedener Bilder, was nicht Gegenstand der vorliegenden Anmeldung sei. Auch in D4 habe die als Strahlrichtungselement in Frage kommende Optik eine andere Funktion, nämlich die Anpassung der Ausgangspupille der Optik an das Auge.

10. Die Kammer kann sich der Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Interpretation der Dokumente D1 und D4 anschließen, auch wenn hier anzumerken ist, dass Mikroprismenfilter (5) in D1, siehe Figur 2 und Spalte 1, Zeilen 1 bis 5, dort als "an sich bekannt" beschrieben sind. Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass der Begriff "Lichtrichtungselement" recht allgemein ist, auch wenn er durch die angegebene Funktion, den Abstrahlwinkel einzuengen, ergänzt ist, so dass das oben unter Punkt 4 bezüglich D3 Gesagte aufrechterhalten werden muss, wonach der Fachmann schon aus Intensitätsgründen zu dem Schluss kommen musste, Maßnahmen zu ergreifen, die dafür sorgen, dass die Divergenz der Strahlenbündel nicht zu groß wird, also wie auch immer geartete Lichtrichtungselemente, von denen ein Kollimator das Geläufigste ist, vorzusehen.

11. Unter Berücksichtigung der Argumente der Bechwerdeführerin kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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