European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T139706.20071130 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 November 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1397/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01984790.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23K 35/38 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweissen | ||||||||
Name des Anmelders: | Linde Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - bejaht | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die am 19. Mai 2006 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Europäischen Patentanmeldung Nr. 01 984 790.4 am 12. Juli 2004 Beschwerde eingelegt und am 11. Juli 2006 die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 15. September 2006 eingereicht.
II. Der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweißen mit einem auf ein zu schweißendes Werkstück fokussierten Laserstrahl, wobei das Prozessgas gegen die Werkstückoberfläche geleitet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Prozessgas neben zwischen 5 und 50 Vol.-% Helium und neben Stickstoff zumindest Kohlendioxid mit einem Anteil von 1 bis zu 40 Vol.-% enthält."
III. Als Zurückweisungsgrund gab die Prüfungsabteilung mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 an im Hinblick auf
D2: US-A-3 824 368.
D2 offenbare die Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweißen mit einem auf ein zu schweißendes Werkstück fokussierten Laserstrahl, wobei das Prozessgas gegen die Werkstückoberfläche geleitet werde und wobei das Prozessgas neben Helium und neben Stickstoff auch Kohlendioxid enthalte. Der Gegenstand des Anspruchs 1 bestehe in der Auswahl von Vol.-% aus den in Dokument D2 beschriebenen Bereichen der Komponenten des Prozessgases. Eine solche Auswahl könne nur dann als erfinderisch angesehen werden, wenn das Prozessgas unerwartete Wirkungen oder Eigenschaften gegenüber dem Rest des Bereichs aufweise. Derartige Wirkungen oder Eigenschaften seien jedoch nicht ersichtlich.
IV. Auf eine telefonische Rücksprache mit dem Berichterstatter der Kammer hin, wobei auf die Bedenken der Kammer über die Zulässigkeit der vorliegenden Anträge unter Artikel 84 EPÜ hingewiesen wurde, hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 einen geänderten Haupt- und einen Hilfsantrag eingereicht. Mit Schreiben vom 27. November 2007 hat sie einen neuen Anspruchsatz mit einem korrigierten Anspruch 4 sowie überarbeitete Seiten 2 und 4 der Beschreibung gemäß Hauptantrag eingereicht.
Sie beantragt, die Entscheidung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung aufzuheben und - sinngemäß - das nachgesuchte europäische Patent auf der Grundlage der zuletzt eingereichten Ansprüche 1 bis 5 sowie der Beschreibungsseiten 1, 1a, 2 bis 4, gemäß dem Haupt- oder dem Hilfsantrag zu erteilen.
V. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweißen mit einem auf ein zu schweißendes Werkstuck fokussierten Laserstrahl, wobei das Prozessgas gegen die Werkstuckoberfläche geleitet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Prozessgas aus einem
o ternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff und Kohlendioxid,
o quaternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff mit einem Anteil von bis zu 30 Vol.-% enthalten ist,
o quaternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Argon und Kohlendioxid
oder
o quinternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Argon, Kohlendioxid und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff mit einem Anteil von bis zu 30 Vol.-% enthalten ist,
besteht,
wobei das Prozessgas zwischen 15 und 50 Vol.-% Helium und Kohlendioxid mit einem Anteil von 5 bis zu 25 Vol.-% enthält."
VI. Zur Stützung ihres Hauptantrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:
D2 beinhalte ein Verfahren zum Laserschweißen, bei welchem ein Gas an die Bearbeitungsstelle geleitet werde, um die beim Laserschweißen sich bildende Plasmawolke aus ionisierten Luftteilchen zu verhindern. D2 offenbare allgemein, als geeignetes Gas Helium oder Mischungen aus Helium mit Stickstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff oder ähnlichen Gasen zu verwenden. Die Offenbarung einer spezifischen Gasmischung sei in der D2 nicht zu finden. Im Unterschied zu D2 werde jedoch in der vorliegenden Patentanmeldung eine Mischung verwendet, die zumindest aus den drei Komponenten Helium, Kohlendioxid und Stickstoff bestehe, mit den Anteilen 15 bis 50 Vol.-% für Helium und 5 bis 25 Vol.-% für Kohlendioxid. Dadurch werde ein verbesserten Laserschweißen ermöglicht. Insbesondere könnten eine Erhöhung der Schweißgeschwindigkeit und eine Verbesserung der Qualität erreicht werden, da der Heliumanteil von 5 bis 50% Vol.-% für eine wirksame Plasmakontrolle ausreichend sei und der Kohlendioxidanteil von 5 bis 25 Vol.-% den Schmelzfluss beeinflusse und dadurch hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten ermögliche. Von der allgemeinen Lehre der D2 auf Gedanken zu kommen, mittels im richtigen Anteilen in die Schweißstelle eingebrachten Heliums und Kohlendioxids das Laserschweißen zu verbessern, bedürfe erfinderischer Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag basiert auf den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 4, 5, 8 und 10 und beinhaltet zusätzlich eine Untergrenze von 15 Vol.% für Helium und eine Obergrenze von 25 Vol.-% für Kohlendioxid. Die Untergrenze des Volumenanteils für Helium findet sich in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen auf Seite 2, Zeile 28, wo es heißt "25 Vol.-% +/- 10%", also eine Untergrenze von 15 Vol.% genannt wird. Die Obergrenze des Volumenanteils für Kohlendioxid findet sich in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen auf Seite 3, Zeile 7.
Die abhängigen Ansprüchen 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Ansprüche 6, 7, 9 und 10.
Die Beschreibung ist an die geänderten Ansprüche angepasst worden. Ferner sind in der Beschreibung Angaben zum Stand der Technik aufgenommen worden.
Die Änderungen nach dem Hauptantrag erfüllen daher die formalen Erfordernisse des EPÜ, insbesondere des Artikels 123 (2) EPÜ.
3. Neuheit
Da in der angefochtenen Entscheidung die Neuheit des Anspruchs 1 gemäß damaligem Antrag nicht in Frage gestellt wird, der jetzige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag gegenüber diesem Anspruch eingeschränkt ist und ferner die Kammer keinen Anlass sieht, diese Bewertung in Frage zu stellen, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag als neu anzusehen.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 D2, welches den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart die Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweißen mit einem auf ein zu schweißendes Werkstück fokussierten Laserstrahl, wobei das Prozessgas gegen die Werkstückoberfläche geleitet wird (siehe Fig. 2, Spalte 3, Zeilen 65-67).
D2 offenbart ferner auf Spalte 3, Zeilen 50-53, dass als Prozessgas ein Inertgas "wie Helium oder eine Mischung aus Inertgasen wie Helium und Stickstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff oder dgl." verwendet wird. Entgegen der Auffassung der Prüfungsabteilung stellt diese Textstelle keine eindeutige Offenbarung einer spezifische Mischung aus Helium, Stickstoff und Kohlendioxid dar, sondern lediglich eine Liste von Gasen, die in unspezifizierter Weise gemischt werden können. Mit anderer Worten stellt die oben genannte Textstelle von D2 eine allgemeine Offenbarung dar, welche die spezifische Kombination von Helium, Stickstoff und Kohlendioxid nicht neuheitschädlich vorwegnimmt.
Daher unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag von der aus D2 bekannten Verwendung durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils, nämlich dass das Prozessgas aus einem
o ternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff und Kohlendioxid,
o quaternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff mit einem Anteil von bis zu 30 Vol.-% enthalten ist,
o quaternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Argon und Kohlendioxid
oder
o quinternären Gasgemisch mit den Komponenten Helium, Stickstoff, Argon, Kohlendioxid und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff mit einem Anteil von bis zu 30 Vol.-% enthalten ist,
besteht,
wobei das Prozessgas zwischen 15 und 50 Vol.-% Helium und Kohlendioxid mit einem Anteil von 5 bis zu 25 Vol.-% enthält.
4.2 Der Heliumanteil sorgt für eine wirksame Plasmakontrolle (siehe ursprüngliche Anmeldunterlagen, Seite 2, Zeilen 27 bis 34). Der Kohlendioxidanteil unterstützt den Schmelzfluss (siehe ursprüngliche Anmeldunterlagen, Seite 4, Zeilen 12, 13) und ermöglicht dadurch hohe Bearbeitungsgeschwindigkeiten.
Somit ermöglichen die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag ein verbessertes Laserschweißen (siehe ursprüngliche Anmeldunterlagen, Seite 2, Zeilen 9 bis 11).
4.3 D2 gibt dem Fachmann weder einen Hinweis, eine Mischung aus mindestens drei Komponenten zu verwenden, und zwar mit den zwingenden Bestandteilen Helium, Kohlendioxid und Stickstoff, noch einen Hinweis, den Anteil für Helium zwischen 15 und 50 Vol.-% und den Anteil für Kohlendioxid von 5 bis zu 25 Vol.-% zu wählen.
Irgendwelche Hinweise, die den Fachmann veranlassen könnten, bei der Verwendung des Prozessgas gemäß D2 die Anteile für Helium und Kohlendioxid in den beanspruchten Bereichen auszuwählen, sind in den restlichen im Verfahren befindlichen Dokumente nicht zu finden.
Tatsächlich betrifft das Dokument D1 (EG-Sicherheitsdatenblatt gemäß TRGS 220- Air Liquide, 24. Januar 2002, Seiten 1-2), welches in der angefochtenen Entscheidung genannt wird (vgl. Seite 3), ausschließlich die Verwendung eines Gases in Laser-Resonatoren und ist somit für die beanspruchte Verwendung irrelevant. Die anderen, im Recherchenbericht genannten Dokumente offenbaren weder einen Heliumanteil im Bereich von 15 und 50 Vol.-%, noch einen Kohlendioxidanteil im Bereich von 5 bis zu 25 Vol.-%, mit der einzigen Ausnahme des Dokuments US-A-3 939 323 hinsichtlich des Kohlendioxidanteils. Dieses Dokument offenbart insbesondere die Verwendung eines Prozessgases zum Laserschweißen bestehend aus Helium, bis 10 Vol.-% Kohlendioxid und einem elektronegativen Gas, insbesondere Sauerstoff oder Wasserstoff (siehe Anspruch 3; Spalte 1, Zeilen 59 - 63 und Spalte 2, Zeilen 15, 16). Dieses Dokument betrifft jedoch in erster Linie das Laserschweißen mit einem Prozessgas bestehend hauptsächlich aus Helium (siehe Spalte 2, Zeilen 20 bis 23; siehe auch Anspruch 1 mit einem Heliumanteil > 80 Vol.-%) und enthält keine Anregung, den angegeben Bereich für Kohlendioxid von bis 10 Vol.-% mit einem Heliumanteil in den Bereich von 15 und 50 Vol.-% zu kombinieren.
4.4 Aus diesen Gründen ergibt sich, dass der genannte Stand der Technik dem Fachmann die Verwendung nach Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag nicht nahelegte. Der Gegenstand dieses Anspruchs, sowie der der von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 5, beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5. Daher können die Unterlagen nach dem Hauptantrag als Grundlage für die Erteilung eines Patents dienen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
- Beschreibung: Seiten 1, 1a, 3, eingereicht mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 und Seiten 2, 4, eingereicht mit Schreiben vom 27. November 2007;
- Ansprüche: 1 bis 5, eingereicht mit Schreiben vom 27. November 2007.