T 1358/06 () of 17.10.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T135806.20081017
Datum der Entscheidung: 17 October 2008
Aktenzeichen: T 1358/06
Anmeldenummer: 98101017.6
IPC-Klasse: B60R 1/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Aussenrückblickspiegel für Fahrzeuge, vorzugsweise für Kraftfahrzeuge
Name des Anmelders: Schefenacker Vision Systems Germany GmbH & Co.KG
Name des Einsprechenden: FER Fahrzeugelektrik GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden II richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 11. Juli 2006, dass die Unterlagen gemäß Hilfsantrag (Einspruchsverfahren) den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Die Beschwerde wurde unter gleichzeitiger Beschwerdegebührentrichtung am 22. August 2006 eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 21. November 2006 eingereicht.

II. Die Einsprechende I hatte mit Schreiben vom 21. Juni 2004 ihren Einspruch zurückgezogen.

III. Eine mündliche Verhandlung fand am 17. Oktober 2008 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde oder alternativ das Patent gemäß den Hilfsanträgen I bis X, eingereicht mit Schreiben vom 16. September 2008, geändert aufrechtzuerhalten.

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin, abweichend von ihren im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Argumenten, ihr Vorbringen explizit auf mangelnde erfinderische Tätigkeit gegenüber D9 allein oder in Kombination mit D10 beschränkt.

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin dem Einführen in das Verfahren von den spät vorgebrachten Schriften D9 und D10 zugestimmt.

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (Beschwerdeverfahren) lautet wie folgt :

"Außenrückblickspiegel für Fahrzeuge, vorzugsweise für Kraftfahrzeuge, mit einem Spiegelgehäuse (2), in dem eine Glasträgerplatte verstellbar untergebracht ist und das eine Wiederholblinkleuchte mit mindestens einer Lichtquelle (15) aufweist, der wenigstens eine Lichtaustrittsöffnung (5) im Spiegelgehäuse (2) zugeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Lichtaustrittsöffnung (5) zumindest teilweise mit einem Lichtleiter (6) ausgefüllt ist, der einen Teil der Außenkontur des Spiegelgehäuses (2) bildet und innerhalb des Spiegelgehäuses (2) mit der Lichtquelle (15) derart verbunden ist, dass die Lichtquelle (15) ihr Licht in den Lichtleiter (6) einstrahlt, der das Licht zu einer Auslenkprofilierung (19) des Lichtleiters (6) leitet."

V. Folgende Dokumente haben in dem Beschwerdeverfahren eine Rolle gespielt:

D8 : DE-A-3542292

D9 : CN-Y-2176933 bzw. englische Übersetzung.

D10: US-A-2580014

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin betreffend den Hauptantrag können wie folgt zusammengefasst werden :

D9 offenbare einen Außenspiegel gemäß Anspruch 1. Dieser Spiegel sei offensichtlich für Fahrzeuge gedacht, und besitze ein Gehäuse, in dem eine Glasträgerplatte untergebracht sei. In diesem Außenspiegel sei eine Wiederhol-Blinkleuchte vorgesehen, der eine Lichtaustrittsöffnung zugeordnet sei. Diese Lichtaustrittsöffnung sei auch mit einem Lichtleiter ausgefüllt. Es sei in dieser Hinsicht zu bemerken, dass in der Übersetzung der D9 das Teil 30 explizit als Lichtleiter (lightguide) bezeichnet werde. Dieser Lichtleiter 30 bilde auch einen Teil der Außenkontur des Spiegelgehäuses. Insbesondere müssten die lichtübertragenden säulenartigen Elemente 33 der Abdeckung 30 auch als Lichtleiterelemente im Sinne des Streitpatents verstanden werden, denn das von der Glühlampe ausgestrahlte Licht trete nämlich in die Elemente ein, es werde dann von der Zwischenfläche reflektiert bevor es auf der anderen Seite des säulenartigen Elements wieder austrete. Diese Elemente würden also nichts anderes tun als das Licht von der Eintrittsfläche bis zur Austrittsfläche leiten, so dass sie auf jeden Fall als Lichtleiter angesehen werden müssten. Eine Auslenkprofilierung sei auch vorhanden in Form der Außenstruktur des Lichtleiters.

Das einzige nicht explizit vorhandene Merkmal sei daher, dass die Glasträgerplatte verstellbar im Spiegelgehäuse untergebracht sei. Dies sei jedoch so allgemein verbreitet, dass es als implizit anzusehen sei bzw. auf keinen Fall eine erfinderische Leistung begründen könne.

Betrachte man die Außenstruktur des Lichtleiters nicht als Auslenkprofilierung, so sei es für den Fachmann kein Problem eine Auslenkprofilierung, wie sie zum Beispiel aus der D10 bekannt sei, in den Lichtleiter des Außenspiegels gemäß D9 zu integrieren. Im Übrigen stehe im Anspruch auch nicht, wie weit der Lichtleiter das Licht leiten solle.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden :

Die D9 zeige keinen Lichtleiter im Sinne des Streitpatents. Das Teil 30 sei eine reine Abdeckung in Form einer Lichtdurchtrittsscheibe, durch welche das von der Glühlampe 14 ausgestrahlte Licht in üblicherweise nach außen hindurchtrete. Die Elemente 32,33 stellten eine Art Linsenelemente dar, die das Licht ablenkten, so dass Verkehrsteilnehmer eine Richtungsänderung besser wahrnehmen könnten. Dies sei aber mit einem Lichtleiter nicht vergleichbar, da Lichtleiter die Aufgabe hätten, Licht durch Totalreflexion bis zu einer Auslenkprofilierung zu leiten, die das Licht derart umlenkt, dass es aus dem Lichtleiter austreten könne. Diese Funktion werde auch im letzten Merkmal des Anspruchs deutlich gemacht, indem erwähnt werde, dass der Lichtleiter das Licht bis zur Auslenkprofilierung leite.

Die Abdeckung 30 der D9 habe eine solche Funktion überhaupt nicht. Kein Fachmann würde eine solche Abdeckung als Lichtleiter bezeichnen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Gegenüber der erteilten Version wurden in Anspruch 1 die Merkmale hinzugefügt, dass das Spiegelgehäuse eine Wiederholblinkleuchte mit mindestens einer Lichtquelle aufweist und, dass die Lichtquelle ihr Licht in den Lichtleiter einstrahlt, der das Licht zu einer Auslenkprofilierung des Lichtleiters leitet.

Beide Merkmale wurden in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart: siehe Spalte 1, Zeilen 32 bis 34 für das erste Merkmal, und Spalte 3, Zeilen 13 bis 16, 24 bis 26 für das zweite Merkmal. Diese zusätzlichen Merkmale sind auch aus den Figuren zu entnehmen.

Da das Hinzufügen von diesen beiden Merkmalen auch eine Einschränkung des Schutzbereiches bewirkt, sind die Erfordernisse des Artikels 123(2) und (3) EPÜ erfüllt.

3. Die Erfindung betrifft einen Außenrückspiegel, in dessen Gehäuse eine Blinkleuchte montiert ist. Um eine einfachere und kostengünstigere Montage zu gewährleisten, füllt ein Lichtleiter zumindest teilweise eine Öffnung des Gehäuses aus, der mit einer Lichtquelle derart verbunden ist, dass die Lichtquelle ihr Licht in den Lichtleiter einstrahlt. Das Licht wird zu einer Auslenkprofilierung des Lichtleiters geleitet. Somit ist z.B. trotz eines Ausstrahlens des Lichtstrahles an einem von der Lichtquelle entfernten Punkt, eine günstige Montage der Lichtquelle in unmittelbare Nähe des Befestigungspunkts des Spiegels möglich.

Da dieser Lichtleiter einen Teil der Außenkontur des Spiegelgehäuses bildet, wird auch das allgemeine Erscheinungsbild des Außenrückspiegels nicht gestört.

4. Das Dokument D9 zeigt einen Außenrückspiegel für Fahrzeuge. Ziel der in dieser Schrift offenbarten Erfindung ist es, die Unfallwahrscheinlichkeit bei abbiegenden Fahrzeugen zu verringern. Es wird zu diesem Zweck in dem Gehäuse der Außenrückspiegel eine Öffnung vorgesehen, in der eine Lichtquelle angeordnet ist, die gleichzeitig mit den anderen Blinkleuchten aufleuchten soll. Die Öffnung, in der sich diese Lichtquelle befindet, wird durch eine Abdeckung 30 aus transparentem Material geschlossen. Das Licht der Lichtquelle wird durch diese Abdeckung nach außen gestrahlt. Um eine bessere Sichtbarkeit des blinkenden Lichtes aus verschiedenen Richtungen zu gewährleisten, wird der mittlere Bereich der Abdeckung in parallele säulenartige Elemente unterteilt, die miteinander über schräge Verbindungsflächen verbunden werden. Diese Verbindungsflächen reflektieren einen Teil der einfallenden Lichtstrahlen, so dass diese nicht wie die anderen nach vorne strahlen, sondern bei richtig gewählter Schräge der Verbindungsflächen seitwärts strahlen.

Somit ist das Blinklicht nicht nur von vorne sichtbar, sondern über einen breiteren Bereich, der sich in Richtung der Seite des Fahrzeugs erstreckt. Durch diese bessere Sichtbarkeit des Blinklichts soll die Unfallwahrscheinlichkeit beim Abbiegen reduziert werden.

5. Diese Patentschrift offenbart somit einen Außenrückblickspiegel für Fahrzeuge mit einem Spiegelgehäuse 10, in dem eine Glasträgerplatte 20 untergebracht ist und das eine Wiederholblinkleuchte mit mindestens einer Lichtquelle 14 aufweist, der wenigstens eine Lichtaustrittsöffnung 13 im Spiegelgehäuse 10 zugeordnet ist.

Die Lichtaustrittsöffnung 13 ist mit einer Abdeckung 30 ausgefüllt, die einen Teil der Außenkontur des Spiegelgehäuses 10 bildet.

6. In der D9 wird eine Verstellbarkeit der Glasträgerplatte nicht angesprochen, und die Abdeckung 30 ist auch kein Lichtleiter, so dass die Lichtaustrittsöffnung nicht zumindest teilweise mit einem Lichtleiter ausgefüllt ist, der einen Teil der Außenkontur des Spiegelgehäuses bildet und innerhalb des Spiegelgehäuses mit der Lichtquelle derart verbunden ist, dass die Lichtquelle ihr Licht in den Lichtleiter einstrahlt, der das Licht zu einer Auslenkprofilierung des Lichtleiters leitet.

7. Die Beschwerdeführerin behauptet, dass die Abdeckung auch als Lichtleiter angesehen werde müsse, weil sie das Licht von der Innenseite zur Außenseite der Abdeckung leite, und sich im Anspruch 1 des Streitpatents keine Angabe darüber befindet, wie weit das Licht geleitet werden solle.

Die Kammer kann diese Auffassung nicht teilen. Auch wenn in dem Rückblickspiegel gemäß D9 offensichtlich das von der Glühlampe ausgestrahlte Licht durch die Dicke der Abdeckung nach außen treten muss, und insofern "geleitet" wird, um überhaupt von außen sichtbar zu werden, bedeutet dies noch lange nicht, dass ein Fachmann eine solche Abdeckung als einen Lichtleiter bezeichnen würde.

Für den Fachmann bezeichnet der Begriff "Lichtleiter" ein optisches Element, das die Fähigkeit besitzt, eingestrahltes Licht durch Totalreflexion über eine bestimmte Strecke bis zu einer Austrittsstelle zu leiten. Der Fachmann wird auch in keiner Weise durch die Beschreibung des Patents dazu geleitet, anzunehmen, dass dieser Begriff im Zusammenhang mit der im Streitpatent beschriebenen Erfindung eine andere Bedeutung haben könnte. Im Gegenteil wird der Lichtleiter gemäß der Erfindung in typischer Weise derart benutzt, dass die Lichtquelle das Licht in die Dicke des Lichtleiters einstrahlt, und das Licht dann zwischen den zueinander parallel laufenden Außenflächen bis zu einer Auslenkprofilierung geleitet wird, die das Licht durch Reflektion in eine Richtung umlenkt, die es ihm ermöglicht nach außen zu strahlen.

Es gibt daher keinen Grund, diesen in der Patentschrift benutzten Begriff abweichend von dem fachüblichen Verständnis zu verstehen.

Die in D9 gezeigte Abdeckung der Lichtaustrittsöffnung hingegen ist eine normale transparente Kunststoffabdeckung, die, wie bei solchen Abdeckungen üblich, den Großteil des Lichtstrahles ganz normal durchscheinen lässt.

8. Auch wenn die Verstellbarkeit der Glasträgerplatte in Außenrückblickspiegeln wegen deren im Stand der Technik breit bekannten Benutzung keine erfinderische Tätigkeit begründen kann, so ist die Benutzung und erfindungsgemäße Anordnung eines Lichtleiters im Zusammenhang mit einer in einem Außenrückblickspiegel angeordneten Blinkleuchte aus dem zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.

Insbesondere kann die D10 den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahelegen. In der D10 wird ein Rückblickspiegel mit einer integrierten Blinkleuchte 12 beschrieben. Dieser Rückblickspiegel besteht im Wesentlichen aus einem transparenten Spiegelglas 8, einer Acrylglasplatte 9 und einer Halterung 5 dafür. Auf einer Seite (die die nach vorne gerichtet ist) wird die Acrylglasplatte 9 durch eine Abdeckplatte 15 abgedeckt. In die Dicke dieser Acrylglasplatte wird mittels einer Lichtquelle 12 Licht eingestrahlt. Die Acrylglasplatte ist mit im Schnitt V-förmigen Einkerbungen 10 in der Form eines Pfeils versehen. Das in die Dicke eingestrahlte Licht trifft somit die diese Einkerbungen bildenden Schrägflächen, und wird dadurch sichtbar.

Abgesehen davon, dass das Spiegelglas dieses Rückblickspiegels in seinem Gehäuse nicht verstellbar ist, lehrt die D10 auch nicht, den Lichtleiter als Teil des Spiegelgehäuses zu gestalten.

Die D10 kann daher die kennzeichnenden Merkmale nicht nahelegen.

9. Da in der mündlichen Verhandlung die Beschwerdeführerin ihre im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Einwände explizit zurückgenommen hat, sieht die Kammer keinen Grund, sich in dieser Entscheidung mit diesen Einwänden ausführlich zu befassen. Die Kammer möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Einwendungen die Gewährbarkeit des Anspruchs 1 nicht in Frage stellen können. Insbesondere schließt sich die Kammer der Auffassung der Einspruchsabteilung an, wonach keine der Entgegenhaltungen, insbesondere die D8, nahelegt, einen Lichtleiter in einem Rückblickspiegelgehäuse zu integrieren und ihn so anzuordnen wie es das kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 verlangt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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