T 1339/06 (Programmaktivierung/NOKIA SIEMENS) of 3.4.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T133906.20090403
Datum der Entscheidung: 03 April 2009
Aktenzeichen: T 1339/06
Anmeldenummer: 01902318.3
IPC-Klasse: G06F 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Nutzung von SW-Produkten, die über ein Netz angeboten werden
Name des Anmelders: Nokia Siemens Networks GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - unabhängiger Anspruch 1 (verneint)
Erfinderische Tätigkeit - unabhängige Ansprüche 1, 5, 11 und 14 (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Patentanmeldung mit der Nr. 01902318.3 mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ 1973 zurückzuweisen.

II. Die vorliegende Entscheidung ist auf folgende Druckschriften gestützt:

D1: US 5613089,

D2: US 5925127,

D3: US 5204897,

D4: US 5940504.

III. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung vom 25. Juli 2006 die Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung und eine Erteilung auf Basis der ursprünglichen Unterlagen beantragt. Weiter hilfsweise wurde Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

IV. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 3. März 2009 zur mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2009 geladen und ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 nicht das Erfordernis der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit erfüllt. Dabei wurden die Dokumente D3 und D4, die im Internationalen Recherchenbericht aufgeführt sind, von der Kammer gemäß Art. 114(1) EPÜ 1973 in das Verfahren eingeführt. Außerdem wurde ein Klarheitseinwand gegen den Anspruch 5 erhoben.

V. Mit Schreiben vom 4. März 2009 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, und nahm den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück. Außerdem wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin keine weiteren schriftlichen Eingaben einreichen werde, und dass eine Entscheidung nach Lage der Akte benötigt werde.

VI. Mit Schreiben vom 19. März 2009 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2009 aufgehoben wird.

VII. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist gerichtet auf ein:

"1. Verfahren zur Nutzung von SW-Produkten, die über ein Netz angeboten werden, demgemäß

a) aufgrund einer Anforderung eines Benutzers über ein Endgerät ein über einen Angebotsserver angebotenes SW-Produkt von dem Angebotsserver über das Netz auf das Endgerät des Benutzers heruntergeladen wird,

b) bei Aufruf des SW-Produkts im Endgerät des Benutzers ein[sic] SW-Komponente des SW-Produkts aktiviert wird, durch die eine Kommunikation mit einem Nutzungsbehandlungs server bezüglich der Nutzung des SW-Produkts eröffnet wird, wobei dem Nutzungsbehandlungsserver von der SW-Komponente im Rahmen dieser Kommunikation Daten mitgeteilt werden, nach deren Maßgabe von dem Nutzungsbehandlungsserver überprüft wird, ob die Nutzung des SW-Produkts für den anfordernden Benutzer freigegeben wird und/oder Vergebührung[sic]-Operationen auf den Konten des Benutzers und des Anbieters des SW-Produkts durchgeführt werden."

Die nebengeordneten Ansprüche 5, 11 und 14 sind auf einen korrespondierenden Nutzungsbehandlungsserver und ein korrespondierendes "SW-Produkt" und ein korrespondierendes Verfahren zum Erzeugen eines SW-Produkts gerichtet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die angefochtene Entscheidung

Die Prüfungsabteilung hat argumentiert, dass diesem Gegenstand des Anspruchs 1 die erfinderische Tätigkeit fehle gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D1 kombiniert mit der Lehre der D2. Während die D1 alle Merkmale des Anspruchs 1 mit Ausnahme der Software-Komponente in Merkmal b) beschreibe, sei des Ersetzen einer Hardware-Komponente durch eine entsprechende Software Folge eines generellen technischen Trends. Auch entnähme der Fachmann der D2 den Hinweis auf eine Nutzungsüberwachung mittels einem Softwaremodul. Auch wenn die Lizenzierung in der D2 unterschiedlich sei, so habe der Fachmann jedoch keine Veranlassung die dem Gegenstand von Anspruch 1 entsprechende Art der Lizenzierung aus der D1 zu ändern. Die Umsetzung auf eine Softwarekomponente sei unabhängig vom jeweiligen Lizenzierungsverfahren. Der Gegenstand sei daher nahegelegt.

3. Argumentation der Beschwerdeführerin

In der Beschwerdebegründung tritt die Beschwerdeführerin dem entgegen und argumentiert, dass sich die D1 wie auch die D2 beide sowohl hinsichtlich der Aufgabenstellung als auch hinsichtlich der vorgeschlagenen Lösung von der vorliegenden Erfindung unterschieden. So sei es Aufgabe der Erfindung, eine im Umfang (Dauer und Anzahl) nicht begrenzte Benutzung zu ermöglichen, bei der jede (erstmalige und erneute) Benutzung registriert und ggf. vergebührt wird.

Bei der D1 werde jedoch lediglich die Benutzungsdauer einer einmaligen Benutzung registriert. Hierzu werde eine Hardware-Einrichtung (das RCM in der D1) vor das Endgerät geschaltet. Dagegen sei nach Anspruch 1 eine Software-Komponente vorgesehen, welche mit dem zu nutzenden Programm heruntergeladen wird.

Bei der D2 sei der Benutzungsumfang (die Zahl der Benutzungen oder Benutzungszeit) vor der erstmaligen Benutzung festgelegt, womit eine andere Aufgabenstellung verbunden sei. Als Lösung werde die Prüfung der Gültigkeit des von einem Server herunter geladenen Programms im Unterschied zur vorliegenden Erfindung mit Hilfe einer ausschließlich lokalen Abfrage auf dem Computer des Benutzers vorgeschlagen. Dies sei zum einen nachteilig, weil eine Manipulation durch den Benutzer sehr leicht möglich sei. Zum anderen sei dies unterschiedlich vom Gegenstand von Anspruch 1, wonach eine erstmalige sowie jede erneute Benutzung durch einen Zugriff auf den Nutzungsbehandlungsserver registriert und gegebenenfalls vergebührt wird.

Somit sei der Gegenstand von Anspruch 1 weder durch eine alleinige Betrachtung der D1 oder der D2, noch durch der Kombination nahegelegt.

4. Auffassung der Kammer

4.1 Art. 52(1) EPÜ mit Art. 54(1), (2) EPÜ 1973 - Neuheit

4.1.1 Die Kammer ist der Auffassung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 auch den Fall umfasst, dass lediglich einmalig für eine Programmaktivierung eine Verbindung zum Nutzungsbehandlungsserver durchgeführt wird und nicht bei jeder Programmaktivierung. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren eingeräumt (vgl. Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2006, S. 1, letzter Absatz). Vor diesem Hintergrund ist der Gegenstand von Anspruch 1 durch die Offenbarung der D2 in Gänze vorweggenommen.

4.1.2 So offenbart die D2 ein Verfahren zur Nutzung von SW-Produkten, die über ein Netz angeboten werden, wobei aufgrund einer Anforderung eines Benutzers über ein Endgerät ein über einen Angebotsserver angebotenes Software-Produkt von dem Angebotsserver über das Netz auf das Endgerät des Benutzers heruntergeladen wird (siehe D2, Sp. 4, Z. 38-44), wobei bei einem solchen Aufruf des Software-Produkts (der allgemeine Ausdruck "Aufruf" umfasst auch den Zugriff auf das SW-Produkt auf dem Server) im Endgerät des Benutzers eine SW-Komponente des Software-Produkts aktiviert wird (in der D2 erfolgt das Verfahren erkennbar in Form von Software Modulen), durch die eine Kommunikation mit einem Nutzungsbehandlungs server bezüglich der Nutzung des Software-Produkts eröffnet wird (Herunterladen des CICO Moduls, z.B. Sp. 4, Z. 44-46), wobei dem Nutzungsbehandlungsserver von der Software-Komponente im Rahmen dieser Kommunikation Daten mitgeteilt werden, nach deren Maßgabe von dem Nutzungsbehandlungsserver überprüft wird, ob die Nutzung des Software-Produkts für den anfordernden Benutzer freigegeben wird (das CICO Modul in der D2 beinhaltet Informationen für die Nutzung des SW-Produkts und daher müssen dem Server entsprechende Informationen zur Festlegung des Nutzungsumfangs im CICO Modul mitgeteilt worden sein, siehe z.B. Sp. 4, Z. 46-57).

Somit mangelt es dem beanspruchten Gegenstand an der erforderlichen Neuheit. Der einzige Antrag ist daher nicht gewährbar und die Beschwerde muss zurückgewiesen werden.

4.2 Art. 56 EPÜ 1973 - Erfinderische Tätigkeit

In ihrer Argumentation hat die Beschwerdeführerin offenbar den Ausdruck "Aufruf" enger interpretiert als es die Kammer weiter oben getan hat. Doch auch, wenn man den Ausdruck "Aufruf" von Teilmerkmal b) im Sinne von einer Ausführung bzw. Benutzung des Software-Programms und den Gegenstand von Anspruch 1 dahingehend interpretiert, dass eine Verbindung zum Nutzungsbehandlungsserver bei jeder Programmaktivierung erfolgt, so würde die Kammer einen solchen Gegenstand aus den folgenden Gründen nicht als erfinderisch ansehen.

4.2.1 Gemäß der D2 erfolgt eine Überprüfung der Nutzungsberechtigung bei jeder Ausführung des Software-Programms durch lokales Prüfen der aus dem Check-In/Check-Out (CICO) Modul gewonnenen Nutzungsumfangsdaten durch das Software Monitor Modul (vgl. z.B. Sp. 2, Z. 20-25, Z. 28-33. Z. 37-61). Gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 1 ergibt sich für diesen Fall somit der Unterschied, dass erfindungsgemäß bei jedem Programmstart ein Zugriff über das Netzwerk auf den Nutzungsbehandlungsserver erfolgt. Der dadurch erzielte technische Effekt besteht darin, dass die Manipulationsmöglichkeiten reduziert werden (so auch die Beschwerdeführerin auf S. 3, vorletzter Absatz der Beschwerdebegründung). Die objektive technische Aufgabe dieses Unterscheidungsmerkmals kann somit darin gesehen werden, die Sicherheit bei der Berechtigungsprüfung zu erhöhen.

4.2.2 Für den Fachmann aber ergibt sich bereits aus der D2 selbst ein Hinweis auf die erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe. So findet der Fachmann in der D2 mehrfach den Hinweis "...may be rented on a pay-per-use basis" (vgl. letzter Teilsatz der Zusammenfassung und Sp. 2, Z. 4-8 und Z. 23-24), also bei jedem Programmzugriff eine Prüfung der Nutzungsberechtigung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass dieser allgemeine Hinweis der D2 im Lichte der übrigen Offenbarung als eine Benutzung mit einem vor der ersten Benutzungshandlung definierten Benutzungsumfang angesehen werden muss (vgl. S. 3, Absatz 6 der Beschwerdebegründung). Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Vielmehr lässt sich der genannte Hinweis ohne weiteres auch in Richtung der erfindungsgemäßen Lösung interpretieren. Wie sich aus der Lehre der D2 ergibt, wird nur einmalig beim Herunterladen von Programm, CICO- und Software-Modul durch den Nutzer vom Server bezahlt (pay). Die späteren lokalen Nutzungsabfragen bei jeder Nutzung (use) der Software haben zur Folge, dass das bezahlte Guthaben aufgebraucht wird. Vor diesem Hintergrund wird ein Hinweis "pay-per-use" so verstanden, dass bei jeder Nutzung der Software eine Bezahlung erfolgen soll, was bei jeder Nutzung der Software eine Kommunikation zum Server erfordert. Hinzu kommt, dass die Offenbarung der D2 auch den Fall umfasst, dass über das CICO-Modul nur eine einmalige Benutzung des Programms autorisiert wird. Jede erneute Benutzung erfordert somit das Herunterladen eines neuen CICO-Moduls und damit eine Kommunikation mit dem Nutzungsbehandlungsserver. Der Fachmann erkennt dabei ohne weiteres, dass dadurch die Sicherheit erhöht wird, indem Manipulationsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Dies entspricht exakt der Lösung nach Anspruch 1, welche daher schon aus der Offenbarung der D2 nahegelegt ist.

4.2.3 Im übrigen wird eine solche Lösung der objektiven Aufgabe auch aus dem weiteren bekannten Stand der Technik gemäß einer der Veröffentlichungen D3 oder D4 nahegelegt. So offenbart etwa die D4 aus dem gleichen technischen Fachgebiet eine Lizenzierung von Computer Software, wobei eine Nutzungsberechtigung bei jeder Benutzungshandlung der Software durch eine Kommunikation mit dem Nutzungsberechtigungsserver geprüft wird (vgl. D4, Sp. 1, Z. 15-22; Sp. 5, Z. 33-60, insbesondere Z. 47-49 "Initially, the licensee sends a request datagram 3 over the network to the licensor. The licensor then returns a reply datagram containing either an approval or denial." und Z. 57-58 "It is noted that request datagrams 3 are periodically sent while product 1 is in use."). Dadurch wird die Sicherheit erhöht und werden Manipulationsmöglichkeiten eingeschränkt.

Den gleichen Hinweis entnimmt der Fachmann alternativ auch der Druckschrift D3 (siehe z.B. Zusammenfassung, Z. 4-10 "Each licensed product upon start-up makes a call to a license server to check on whether usage is permitted, and the license server checks a database of the licenses, called product use authorizations, that it administers. If the particular use requested is permitted, a grant is returned to the requesting user node.").

4.2.4 Ein solcher Gegenstand von Anspruch 1 ist somit durch die Offenbarung der D2 allein, oder auch kombiniert mit der Lehre der D3 oder der D4 nahegelegt.

4.2.5 Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der Kammer auch die Argumentation in der angefochtenen Entscheidung (siehe Abschnitt 1 weiter oben) überzeugend erscheint, wonach der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von der D1 kombiniert mit der Lehre der D2 nahegelegt ist. Die Kammer kann dem Argument der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass die D1 lediglich lehrt, die Benutzungsdauer einer einmaligen Benutzung zu registrieren. Vielmehr registriert das 'remote control module' RCM Nutzungs- und Vergebührungsdaten für eine Mehrzahl von Benutzungshandlungen und in einem Ausführungsbeispiel werden die gesammelten Daten zu vorgegebenen Zeitpunkten zum Nutzungsbehandlungsserver "heraufgeladen" (vgl. D1, Sp. 3, Z. 23-31). In einem anderen Ausführungsbeispiel wird angeregt, die Nutzung auf einer "pay-for-use basis" vorzunehmen (vgl. D1, Sp. 3, Z. 61-62 und Sp. 1, Z. 26-27). Hinsichtlich der Interpretation dieses Hinweises durch die Kammer sei auf die Ausführungen in Abschnitt 3.2.2 weiter oben verwiesen. Damit bleibt als Unterschied zum Gegenstand von Anspruch 1 lediglich die Verwendung der RCM als Hardwareeinheit gegenüber der erfindungsgemäßen Software-Komponente. Die Verwendung einer solchen ist jedoch aus der Lehre der D2 nahegelegt (siehe Abschnitt 1 weiter oben).

4.3 Die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 5, 11 und 14 sind aus den gleichen Gründen, wie bezüglich des Anspruchs 1 im Detail erläutert, nahegelegt und daher nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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