T 1334/06 (Rake-Demodulator/INFINEON) of 24.10.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T133406.20081024
Datum der Entscheidung: 24 October 2008
Aktenzeichen: T 1334/06
Anmeldenummer: 03729861.9
IPC-Klasse: H04B 1/707
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rake-Demodulator mit Multicode-Finger
Name des Anmelders: Infineon Technologies AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention R 103
Schlagwörter: Änderungen (Hauptantrag) - unzulässige Erweiterung (bejaht)
Zurückverweisung an die erste Instanz
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (abgelehnt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 03729861.9 (EP 1504541) wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs 2 zurückgewiesen wurde. Die Patentanmeldung wurde ursprünglich als internationale Anmeldung PCT/DE03/01428 (Veröffentlichungsnummer WO 03/096564 A) eingereicht.

II. In der Begründung der Entscheidung wurde auf das folgende Dokument Bezug genommen:

D1: "Wideband CDMA for Third Generation Mobile Communications", T. Ojanperä et al, Artech House Publishers, USA, 1998, Seiten 122, 128, 129, 283, 287 und 290.

Die Prüfungsabteilung hat die Zurückweisung damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 2 gegenüber dem in D1 offenbarten Stand der Technik unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens nicht erfinderisch war.

Unter "Sachverhalt und Anträge" wurden zusätzlich die folgenden Dokumente genannt:

D2: EP 1 178 614 A; und

D3: WO 03/052954 A.

III. Mit der Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis einer Anspruchsfassung nach Hauptantrag, hilfsweise auf Basis einer Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1, beide mit der Beschwerdeschrift eingereicht, zu erteilen. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin außerdem die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 67 EPÜ 1973 wegen eines Verstoßes gegen Artikel 113 (1) EPÜ.

IV. Die Beschwerdekammer hat daraufhin eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erlassen. In einem der Ladung beigefügten Bescheid wies die Kammer darauf hin, dass nach vorläufiger Auffassung der Kammer Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag nicht die Erfordernisse gemäß Artikel 123 (2) EPÜ erfüllte, und dass dieser Anspruch nicht durch die Beschreibung gestützt und, wie auch die Ansprüche 2, 6 und 7 nach Hauptantrag, unklar war. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag, im Lichte der Beschreibung interpretiert, schiene, ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit zu beruhen. Es wurde zusätzlich auf die Seiten 169 und 300 bis 302 des Dokuments D1 verwiesen. Des weiteren konnte nach vorläufiger Auffassung der Kammer dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht stattgegeben werden.

V. Bezug nehmend auf den Bescheid der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. September 2008 eine Stellungnahme zusammen mit neuen Ansprüchen 1 bis 18 und geänderten Beschreibungsseiten 3 bis 12, 21, 22 und 28 nach Hauptantrag und neuen Ansprüchen 1 bis 17 nach Hilfsantrag ein.

VI. Die mündliche Verhandlung fand am 24. Oktober 2008 statt. Im Laufe der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin den bisherigen Hauptantrag zurückgenommen und einen Anspruch nach einem neuen Hauptantrag sowie einen Anspruch nach einem neuen Hilfsantrag 1 eingereicht. Sie beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Anspruchs 1 des neuen Hauptantrags oder hilfsweise des Anspruchs 1 des neuen Hilfsantrags 1, beide eingereicht in der mündlichen Verhandlung, oder auf der Grundlage des mit Schreiben vom 24. September 2008 eingereichten, jetzt als Hilfsantrag 2 zu bezeichnenden Hilfsantrags zu erteilen. Die Beschwerdeführerin beantragte ferner die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

Am Ende der mündlichen Verhandlung, nach Beratung der Kammer, wurde die Entscheidung verkündet.

VII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Rake-Demodulator zur Demodulation von der Mehrwege-Ausbreitung unterliegenden spreizcodierten Signalen mehrerer physikalischer Kanäle, welcher eine Mehrzahl von parallel zueinander angeordneten Rake-Fingern aufweist, wobei im Betrieb ein Rake-Finger einem einzelnen Ausbreitungsweg zugeordnet ist, worin

der Rake-Demodulator wenigstens einen oder mehrere erste und einen oder mehrere zweite Multicode-Rake-Finger (10; 100) und Mittel, welche eine Zuordnung zwischen den Signalen der verschiedenen physikalischen Kanäle und den Multicode-Rake-Fingern (10; 100) bewirken, aufweist,

ein Multicode-Rake-Finger (10; 100) jeweils

- eine Einheit (12, 13, 20, 21) zur Einste1lung der gemeinsamen Wegeverzögerung für den Multicode-Rake-Finger (10; 100) und

- eine Mehrzahl parallel angeordneter Korrelatoren (14.1-4; 114.1-2), mittels welchen der diesem Rake-Finger (10; 100) zugeordnete Ausbreitungsweg der übertragenen Signale parallel mit mehreren Spreizcodes demoduliert werden kann,

umfasst, wobei

die Mittel Nutzdatenkanäle, insbesondere einen oder mehrere der im UMTS-Standard spezifizierten physikalischen Kanäle DPCH und PDSCH, stets dem oder den ersten Multicode-Rake-Fingern (10) zuteilen und Kontrollinformationskanäle, insbesondere einen oder mehrere der im UMTS-Standard spezifizierten physikalischen Kanäle PCCPCH, AICH und PICH, stets dem oder den zweiten Multicode-Rake-Fingern (100) zuteilen, wobei der oder die zweiten Multicode-Rake-Finger (100) mit Spreizcodes eines variablen Spreizfaktors betreibbar sind und ihnen ein physikalischer Kontrollkanal mit variablem Spreizfaktor, insbesondere der im UMTS-Standard spezifizierte Kanal SCCPCH zugeteilt wird."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut:

"Rake-Demodulator zur Demodulation von der Mehrwege-Ausbreitung unterliegenden spreizcodierten Signalen mehrerer physikalischer Kanäle, welcher eine Mehrzahl von parallel zueinander angeordneten Rake-Fingern aufweist, wobei im Betrieb ein Rake-Finger einem einzelnen Ausbreitungsweg zugeordnet ist, worin

der Rake-Demodulator wenigstens einen oder mehrere erste und einen oder mehrere zweite Multicode-Rake-Finger (10; 100) und Mittel, welche eine Zuordnung zwischen den Signalen der verschiedenen physikalischen Kanäle und den Multicode-Rake-Fingern (10; 100) bewirken, aufweist,

ein Multicode-Rake-Finger (10; 100) jeweils

- eine Einheit (12, 13, 20, 21) zur Einste1lung der gemeinsamen Wegeverzögerung für den Multicode-Rake-Finger (10; 100) und

- eine Mehrzahl parallel angeordneter Korrelatoren (14.1-4; 114.1-2), mittels welchen der diesem Rake-Finger (10; 100) zugeordnete Ausbreitungsweg der übertragenen Signale parallel mit mehreren Spreizcodes demoduliert werden kann,

umfasst, wobei

die Mittel Nutzdatenkanäle, insbesondere einen oder mehrere der im UMTS-Standard spezifizierten physikalischen Kanäle DPCH und PDSCH, stets dem oder den ersten Multicode-Rake-Fingern (10) zuteilen und Kontrollinformationskanäle, insbesondere einen oder mehrere der im UMTS-Standard spezifizierten physikalischen Kanäle PCCPCH, AICH und PICH, stets dem oder den zweiten Multicode-Rake-Fingern (100) zuteilen, wobei jeder Multicode-Rake-Finger (10; 100) einen Pilotsignal-Korrelator (14.4; 114.2) aufweist, welchem das Mittel zum Zuordnen der zu demodulierenden Signale einen Spreizcode zur Demodulation von Pilotdaten eines übertragenen Pilotsignals zuordnet, während der bzw. die restlichen Korrelatoren (14.1-3; 114.1) jedes Multicode-Rake-Fingers (10; 100) mit einem Spreizcode bzw. mit Spreizcodes zur Demodulation von unbekannten Daten betrieben werden, und wobei der Rake-Demodulator

- einen ersten Multicode-Rake-Finger (10) umfasst, dessen restliche Korrelatoren (14.1-3) mit Spreizcodes variabler Spreizfaktoren betreibbar sind, und

- einen zweiten Multicode-Rake-Finger (100) umfasst, der einen restlichen Korrelator (114.1) umfasst, welcher mit Spreizcodes eines variablen Spreizfaktors betreibbar ist und dem von dem Mittel zum Zuordnen der zu demodulierenden Signale ein physikalischer Kontrollkanal mit variablem Spreizfaktor, insbesondere der im UMTS-Standard spezifizierte Kanal SCCPCH, zugeteilt werden kann."

Im Hinblick auf die nachstehenden Entscheidungsgründe wird der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 hier nicht wiedergegeben.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Änderungen

1.1 Anspruch 1 nach Hauptantrag wurde im Laufe der mündlichen Verhandlung so geändert, dass das Merkmal "wobei der oder die zweiten Multicode-Rake-Finger (100) mit Spreizcodes eines variablen Spreizfaktors betreibbar sind und ihnen ein physikalischer Kontrollkanal mit variablem Spreizfaktor, insbesondere der im UMTS-Standard spezifizierte Kanal SCCPCH zugeteilt wird" hinzugefügt wurde.

1.2 Das hinzugefügte Merkmal ist Gegenstand des Anspruchs 11 in der ursprünglichen Fassung und wird auch in der Beschreibung in der ursprünglichen Fassung auf Seite 8, Zeilen 11 bis 16, beschrieben.

1.3 Anspruch 11 in der ursprünglichen Fassung ist jedoch abhängig von Anspruch 7. Dieser Anspruch 7 umfasst das Merkmal, dass beide Multicode-Rake-Finger einen Pilotsignalkorrelator aufweisen, welchem das Mittel zum Zuordnen der zu demodulierenden Signale einen Spreizcode zur Demodulation von im Empfänger bekannten Pilotdaten eines übertragenen Pilotsignals zuordnet, während der bzw. die restlichen Korrelatoren des Multicode-Rake-Fingers mit einem Spreizcode bzw. mit Spreizcodes zur Demodulation von im Empfänger unbekannten Daten betrieben werden.

Auf der oben genannten Seite 8 der Beschreibung wird das hinzugefügte Merkmal ebenso nur in Zusammenhang mit dem Vorhandensein eines Pilotsignalkorrelators im ersten Multicode-Rake-Finger beschrieben (siehe Seite 8, Zeilen 6 bis 10 ("restliche Korrelatoren"), und Seite 6, Zeilen 16 bis 24). Auf Seite 10, 2. Absatz, wird im Zusammenhang mit dem neu hinzugefügten Merkmal ebenso auf die Verarbeitung des Pilotkanals (pCPICH und/oder sCPICH) Bezug genommen. Dies trifft auch auf die anhand der Figuren 3 bis 6 beschriebenen Ausführungsformen des Multicodes-Rake-Fingers bzw. des Rake-Empfängers zu (vgl. Seite 21, Zeilen 7 bis 14, und Seite 25, Zeilen 15 bis 19).

1.4 Der Rake-Demodulator gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 muss jedoch keine Pilotsignalkorrelatoren enthalten. Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 stellt somit eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung der gemäß dem ursprünglichen Anspruch 11 und den entsprechenden Textabschnitten der ursprünglichen Beschreibung gegebenen Offenbarung dar.

1.5 Anspruch 1 erfüllt deshalb nicht das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ, gemäß welchem die Patentanmeldung nicht in der Weise geändert werden darf, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der Hauptantrag ist demzufolge nicht gewährbar.

2. Hilfsantrag 1

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 basiert auf einer Kombination der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 5, 7, 9 und 11, wobei auf der Grundlage der ursprünglichen Beschreibung, Seite 5, Zeilen 3 bis 24, und Seite 8, 2. Absatz, klargestellt wurde, dass die Mittel zum Zuordnen der zu demodulierenden Signale so eingerichtet sind, dass alle Nutzdatenkanäle dem oder den ersten Multicode-Rake-Fingern und alle Kontrollinformationskanäle dem oder den zweiten Multicode-Rake-Fingern zugeteilt werden.

2.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des der Zurückweisungsentscheidung zugrunde liegenden Anspruchs 2 im wesentlichen dadurch, dass die Mittel zum Zuordnen der zu demodulierenden Signale Kontrollinformationskanäle stets dem oder den zweiten Multicode-Rake-Fingern zuteilen. Damit ist klargestellt, dass diese Mittel so eingerichtet sind, dass nicht nur alle Nutzdatenkanäle dem oder den ersten Multicode-Rake-Fingern zugeteilt werden, sondern auch, dass alle Kontrollinformationskanäle, d.h. nicht nur einen Kontrollinformationskanal von mehreren Kontrollinformationskanälen, dem oder den zweiten Multicode-Rake-Fingern zugeteilt werden.

2.4 Dieses Merkmal ist nach Auffassung der Kammer aus D1 nicht bekannt. Die Kammer sieht auch keine Gründe anzunehmen, dass dieses Merkmal zum allgemeinen Fachwissen eines Fachmanns auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik gehört. Die Prüfungsabteilung hat zwar argumentiert, dass es dem Fachmann bekannt war, dass "es mehrere unterschiedliche Kanäle gibt, und dass er die Wahl zwischen mehreren spezifischen Hardware Einheiten für spezifische Aufgaben oder wenigen konfigurierbaren Hardware Einheiten für mehrere Aufgaben hat" (siehe Entscheidung, Seite 12, letzter Absatz). Inwieweit sich diese behaupteten, aber nicht dokumentierten Kenntnisse auf einen Rake-Demodulator übertragen lassen und aus welchen Gründen der Fachmann sich eine derartige Übertragung, ohne Ex-post-facto-Analyse, überlegen würde, wird in der Zurückweisungsentscheidung jedoch nicht näher erörtert.

Die von der Prüfungsabteilung gegebene Begründung ist nach Auffassung der Kammer demzufolge unzureichend, um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des vorliegenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 in Frage zu stellen. Demzufolge ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

3. Zurückverweisung

3.1 Die Kammer stellt fest, dass in der Begründung der angefochtenen Entscheidung das Dokument D2 nicht berücksichtigt wurde. Dieses Dokument scheint jedoch aus folgenden Gründen für den beanspruchten Gegenstand relevant zu sein:

Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass D2 zwar eine Zuordnung von Rake-Fingern zu Aufgabenstellungen der Datenverarbeitung beschreibe, diese Zuordnung der Rake-Finger sich jedoch auf den Diensttyp (service type) beziehe, d.h. jedem Rake-Finger werde ein bestimmter Dienst oder Diensttyp (beispielsweise Paketdatenverarbeitung, Hochgeschwindigkeits-Datenverarbeitung, Sprach- oder Niedergeschwindigkeits-Datenverarbeitung) zugeordnet, und somit nicht mit der Zuordnung von Rake-Fingern zu Nutzdatenempfang bzw. Kontrolldatenempfang identisch sei.

Nach Ansicht der Kammer beschreibt D2 jedoch auch, dass innerhalb des Sprach- oder Niedergeschwindigkeits-Datenverarbeitungsblocks 4 eine feste Zuordnung von Rake-Fingern 42 bzw. 43 zu Nutzdaten bzw. Kontrolldaten durchgeführt wird, siehe Figur 1 und Absatz [0047].

Darüber hinaus ist nach Ansicht der Kammer, im Hinblick darauf, dass Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegt wurde, nicht auszuschließen, dass weitere Dokumente zu der Frage der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands dieses Anspruchs zu berücksichtigen sind.

3.2 Damit der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer kompletten Prüfung ihrer Angelegenheit durch zwei Instanzen erhalten bleibt, macht die Kammer von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch, die Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zurückzuverweisen.

4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

4.1 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass die Zurückweisungsentscheidung auf einen neuen Grund gestützt wurde. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung sei ihr nämlich nicht mitgeteilt worden, dass der Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchs 2 deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte, weil nicht angegeben war, dass der Empfang von Kontrollinformation allein im zweiten Multicode-Rake-Finger erfolgte. Aus Punkt 5 des Ladungsbescheids ging sogar hervor, dass eine Merkmalskombination ohne das Merkmal, dass der Empfang von Kontrollinformation allein im zweiten Multicode-Rake-Finger erfolgte, ausdrücklich als erfinderisch bezeichnet wurde. Die Zurückweisungsentscheidung verstoße somit gegen Artikel 113 (1) EPÜ.

In der Beschwerdebegründung trug die Beschwerdeführerin außerdem folgendes vor:

"Es erscheint uns mit dem Grundsatz eines fairen Verfahrens nicht vereinbar, der Anmelderin zwei Tage vor einer mündlichen Verhandlung eine vollständig neue Einschätzung der Frage der Patentfähigkeit der geltenden unabhängigen Ansprüche sowie neue Gründe (bezüglich des Anspruchs 1 basierend auf einer neu in das Erteilungsverfahren eingeführten Schrift) vorzulegen und ihr nicht die Möglichkeit zu geben, auf diese Gründe in angemessener Zeit schriftlich zu erwidern. Das europäische Patenterteilungsverfahren ist primär als schriftliches Verfahren ausgestattet und wir sind der Auffassung, dass die Anmelderin unter den vorliegenden Umständen (Kurzfristigkeit der "Diskussionsgrundlage für die mündliche Verhandlung am 2. Februar 2006" vom 31. Januar 2006 vor dem Verhandlungstermin in Anbetracht seines für die Anmelderin überraschenden Inhalts), die nicht von der Anmelderin zu vertreten sind, nach dem allgemeinen Grundsatz der Verfahrensfairness ein Anspruch auf eine schriftliche Erwiderung der in der Diskussionsgrundlage vom 31. Januar 2006 angeführten neuen Gründe hätte haben müssen."

4.2 Diese Argumente überzeugen die Kammer nicht.

Im Ladungsbescheid der Prüfungsabteilung wurde bereits der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit in Bezug auf die am 16. August 2005 eingereichten Ansprüche 1 und 3 erhoben (siehe Ladungsbescheid, Punkte 4, 4.1 und 4.3). Der der Zurückweisung zugrunde liegende Anspruch 2 ist jedoch, auch nach Aussage der Beschwerdeführerin gemäß Schreiben vom 28. Dezember 2005, eine Kombination dieser Ansprüche 1 und 3.

Dass der Gegenstand des Anspruchs 2 ausdrücklich als gewährbar bezeichnet wurde, kann Punkt 5 des Ladungsbescheids nicht entnommen werden. Punkt 5 bezieht sich nämlich auf eine Ausführungsform, in der "der erste Multicode-RAKE-Finger mit Spreizcodes variabler Spreizfaktoren betreibbar ist und der zweite Multicode-RAKE-Finger ausschließlich mit Spreizcodes fester Spreizfaktoren betreibbar ist. Nutzdatenempfang erfolgt allein im ersten Multicode-RAKE-Finger und der Empfang von Kontrollinformation im zweiten Multicode-RAKE-Finger." (Unterstreichung durch die Kammer). Nach der damaligen Auffassung der Prüfungsabteilung war diese Merkmalskombination aus dem vorliegenden Stand der Technik weder bekannt, noch wurde sie durch ihn nahegelegt. Die Prüfungsabteilung schlug damals deshalb vor, einen neuen unabhängigen Anspruch zu formulieren, der diese Merkmale einschloss.

Der der Zurückweisung zugrunde liegende Anspruch 2 ist jedoch nicht auf diese Ausführungsform gerichtet, da gemäß diesem Anspruch "der restliche Korrelator (114.1) eines zweiten MulticodeRake-Fingers (100) mit Spreizcodes eines variablen Spreizfaktors betreibbar ist" (Unterstreichung durch die Kammer).

Zwar befasst sich die Prüfungsabteilung in der Zurückweisungsentscheidung mit der Tatsache, dass gemäß Anspruch 2 nicht ausgeschlossen werden kann, dass andere Kontrollinformationskanäle dem ersten Multicode-Rake-Finger zugeteilt werden können. Dies geschah jedoch nur im Rahmen der Frage, ob die Merkmale des Anspruchs 2 die in der Beschreibung auf Seite 8 erwähnte (subjektive) Aufgabe, die sich auf Stromsparen bezieht, löst oder nicht. Die von der Prüfungsabteilung in der Entscheidung formulierte objektive Aufgabe wurde dagegen bereits im Ladungsbescheid der Anmelderin mitgeteilt (siehe Ladungsbescheid, Punkt 4.1).

Die Zurückweisungsentscheidung basiert nicht auf dem erst im Fax vom 31. Januar 2006 zum ersten Mal erwähnten Neuheitsmangel des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber D3 nach Artikel 54 (3) EPÜ 1973. Dieses Fax machte es auch nicht notwendig, im Sinne von Artikel 113 (1) EPÜ die mündliche Verhandlung zu verschieben oder das Erteilungsverfahren schriftlich fortzusetzen, da dies erst dann erforderlich gewesen wäre, wenn die Zurückweisungsentscheidung auf den neuen Grund gestützt hätte werden sollen. Dies trifft hier jedoch nicht zu.

Die Kammer sieht auch keine weiteren Gründe, die die Tatsache, dass die Entscheidung nur auf Gründe gestützt wurde, zu denen die Anmelderin sich äußern konnte, in Frage stellen und demzufolge zu einem Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ führen könnten.

4.3 Ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne der Regel 103 (1) a) EPÜ liegt somit nicht vor.

4.4 Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist somit zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, zurückverwiesen.

3. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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