T 1313/06 () of 15.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T131306.20090115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2009
Aktenzeichen: T 1313/06
Anmeldenummer: 99944328.6
IPC-Klasse: D04H 1/70
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung und Verfahren zur Herstellung von Mineralwollevlies
Name des Anmelders: URSA International GmbH
Name des Einsprechenden: ROCKWOOL INTERNATIONAL A/S
SAINT GOBAIN ISOVER
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Neuheit (Hauptantrag - nein)
Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 1 und 4) - nein
Spät eingereichte Hilfsanträge 2, 3 und 5 - nicht zugelassen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 03. August 1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 3. August 1998 eingereichte Patentanmeldung Nr. 99944328.6 ist das europäische Patent Nr. 1 115 931 erteilt worden.

II. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende I und II) haben gegen die Patenterteilung Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents beantragt mit der Begründung, die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ); ferner sei weder die beanspruchte Vorrichtung, noch das beanspruchte Verfahren neu, noch würden sie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Einspruchsgrund Artikel 100 a) EPÜ).

III. Die Einspruchsabteilung hat den Einspruch mit der am 19. Juli 2006 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen. Sie hielt die Erfindung unter Berücksichtigung der gesamten Offenbarung des Patents für ausführbar und den Gegenstand der Ansprüche des europäischen Patents für jeweils neu und erfinderisch im Sinne der Artikel 54 und 56 EPÜ.

IV. Gegen diese Entscheidung haben die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende I und II) am 1. September 2006 (Einsprechende I) und am 30. August 2006 (Einsprechende II) Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Mit den am 21. September 2006 (Einsprechende I) und am 14. November 2006 (Einsprechende II) eingegangenen Beschwerdebegründungen haben sie, gestützt auf die Gründe des Artikels 100 a) und b) EPÜ, ihren Antrag auf Widerruf des Patents weiterverfolgt und hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.

V. Am 15. Januar 2009 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Entgegenhaltungen

D4 GB-A-1 136 806

D5 EP-B-0 688 384

D6 DE-A-37 01 592

D10 WO-A-83 03092

bezüglich der Frage der erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands diskutiert wurden.

Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende I und II) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 115 931.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent auf Grundlage der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten, oder in geändertem Umfang gemäß dem Hilfsantrag 1 wie eingereicht am 1. Januar 2009 (als Hilfsantrag 3) oder einem der Hilfsanträge 2 - 5, eingereicht während der mündlichen Verhandlung.

VI. Folgende Ansprüche dieser Anträge sind entscheidungsrelevant:

Für den Hauptantrag Anspruch 9 wie erteilt, welcher lautet:

"Mineralwollebahn oder Mineralwolleplatte aus vernetzten Mineralwollefasern mit einer Dichteverteilung über die Dicke (z),

- wobei der obere Bereich (24b) und der untere Bereich (24b) der Mineralwollebahn oder Mineralwolleplatte jeweils eine höhere Dichte aufweisen als der zwischen dem oberen Beriech und dem unteren Bereich liegenden Zwischenbereich (56), und das Rohmaterial in mindestens einer Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b) zerfasert,

- jeweils in einem Sammelförderer eines Fallschachtes (10) zur Bildung eines Primärvlies (24) abgelegt ist, und

- zwei Schichten bezüglich der Faserqualität und/oder des Bindemittels identische Eigenschaften aufweisen und die Schichten identische Dichtegradienten aufweisen,

dadurch gekennzeichnet, dass die Dichteverteilung über die Dicke (z) der Bahn oder Platte in dem Zwischenbereich (56) einen Bereich konstanter Dichte aufweist und in dem oberen und unteren Bereich (24b) spiegelbildlich ansteigt."

Hilfsantrag 1 entspricht dem Hauptantrag bis auf die Ansprüche 9 bis 15, welche gestrichen wurden.

Anspruch 7 wie erteilt, welcher lautet:

"Verfahren zur Herstellung von Mineralwollevlies (52) umfassend die Schritte:

- Zerfasern des Rohmaterials in mindestens einer Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b);

- Ablegen der Fasern auf einem Sammelförderer (16) eines Fallschachtes (10) zur Bildung eines Primärvlies (24);

- Durchtrennen des Primärvlies in Längsrichtung, so dass ein erster Bahnabschnitt (38) und ein zweiter Bahnabschnitt (40) entsteht;

- Transportieren des ersten Bahnabschnitts (38) und des zweiten Bahnabschnitts (40) derart, dass ein Längsversatz der Förderwege zwischen Fallschacht und Härteofen entsteht;

- Wenden des ersten Bahnabschnittes (38), so dass die Unterseite des ersten Bahnabschnitts (38) oben zu liegen kommt;

- Ablegen des ersten Bahnabschnittes (38) auf dem zweiten Bahnabschnitt (40) zum Bilden eines Sekundärvlies (52)."

Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Hilfsantrag 1, indem der Anspruch 7 des Hilfsantrags 2 zusätzlich das Wort "vollflächig" enthält, welches dem letzten Absatz des Anspruchs 7 des Hilfsantrags 2 vorangestellt wurde, ferner dadurch, dass das Durchtrennen des Primärvlieses in Längsrichtung "mittig" und "senkrecht zur Förderrichtung" erfolgt, und dass am Ende des Anspruchs noch ergänzend hinzugefügt wurde:

"das durch den ersten Bahnabschnitt (38) und den zweiten Bahnabschnitt (40) als Lagen gebildet wird".

Der Anspruch 7 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 7 des Hilfsantrag 2, indem zusätzlich zu den bereits in Anspruch 7 des Hilfsantrags 2 erfolgten Änderungen noch die Einschränkung aufgenommen wurde, dass der vierte Verfahrensschritt des Transportierens durch das Wort "kontinuierliches" eingeleitet wird.

In den Hilfsanträgen 4 und 5 ist der Verfahrensanspruch 7 abhängig gemacht von Anspruch 1. Der nunmehr einzige unabhängige Anspruch des Hilfsantrags 4 lautet:

"Vorrichtung zur Herstellung von Mineralwollevlies (52) umfassend:

- einen Fallschacht (10), der

- mindestens eine Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b) aufweist; sowie

- eine Fördereinrichtung (16) zum kontinuierlichen Transport des erzeugten Mineralwollevlieses (24), wobei die Fördereinrichtung den ersten Bahnabschnitt (38) so führen kann, dass der erste Bahnabschnitt (38) auf dem zweiten Bahnabschnitt (40) zur Erzeugung eines Sekundärvlies (52) derart vollflächig abgelegt wird; dass das Sekundärvlies (52)durch den ersten Bahnschnitt (38) und den zweiten Bahnabschnitt (40) als Lagen gebildet ist, wobei der Förderweg des ersten Bahnabschnitts (38) ungleich dem Förderweg des zweiten Bahnabschnitts (40) ist;

wobei

- der Fallschacht (10) doppeltbreit ist;

- eine Einrichtung (34) vorgesehen ist, um das erzeugte Mineralwollevlies in Längsrichtung mittig in einen ersten Bahnabschnitt (38) und einen zweiten Bahnabschnitt (40) zu durchtrennen; und

- die Fördereinrichtung (46, 48, 58) zum Wenden des ersten Bahnabschnitts (38) eine Wenderolle (46) umfasst, um die der erste Bahnabschnitt (38) herumführbar ist, wobei der erste Bahnabschnitt (38) so gewendet wird, dass die Unterseite des ersten Bahnabschnitts (38) oben zu liegen kommt; und

- jede der mindestens einen Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b) ein doppeltbreites Mineralwollevlies (24) erzeugt, das im Sekundärvlies (52) zwei Lagen bildet."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 in Schrägschrift) lautet:

"Vorrichtung zur Herstellung von Mineralwollevlies (52) mit einem unten liegenden Schichtbereich und einem oben liegenden Schichtbereich mit jeweils einer höheren Dichte als ein dazwischen liegender Schichtbereich, umfassend:

- einen Fallschacht (10),

- eine Absaugvorrichtung und

- mindestens eine Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b) aufweist;, wobei jede der mindestens einen Zerfaserungseinrichtung (26a, 26b) ein doppeltbreites Mineralwollevlies (24) erzeugt, das einen Dichtegradienten über die Dicke aufweist, wobei eine unten liegende Schicht eine höhere Dichte aufweist als darüberliegende Schichten und in einem Sekundärvlies (52) zwei Lagen bildet;

sowie

- eine Fördereinrichtung (16) zum kontinuierlichen Transport des erzeugten Mineralwollevlieses (24), wobei die Fördereinrichtung den ersten Bahnabschnitt (38) so führen kann, dass der erste Bahnabschnitt (38) auf dem zweiten Bahnabschnitt (40) zur Erzeugung des Sekundärvlieses (52) vollflächig abgelegt wird; so dass durch den ersten und zweiten Bahnabschnitt die unten und oben liegenden Schichtbereiche und der dazwischen liegende Schichtbereich gebildet werden,

wobei der Förderweg des ersten Bahnabschnitts (38) ungleich dem Förderweg des zweiten Bahnabschnitts (40) ist;

dadurch gekennzeichnet, dass

- der Fallschacht (10) doppeltbreit ist;

- eine Einrichtung (34) vorgesehen ist, um das erzeugte Mineralwollevlies in Längsrichtung mittig in nur einen ersten Bahnabschnitt (38) und einen zweiten Bahnabschnitt (40) zu durchtrennen; und

- die Fördereinrichtung (46, 48, 58) zum Wenden des ersten Bahnabschnitts (38) eine Wenderolle (46) umfasst, um die der erste Bahnabschnitt (38) herumführbar ist, wobei der erste Bahnabschnitt (38) so gewendet wird, dass die Unterseite des ersten Bahnabschnitts (38) oben zu liegen kommt."

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerinnen zur Stützung ihres Antrags lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Produktanspruch 9 des Hauptantrags sei nicht neu sowohl im Hinblick auf die nach dem Verfahren der Figur 8 der D5 erhaltene Mineralwollbahn, als auch im Hinblick auf die nach dem Verfahren der Figur 2 der D10 erhaltene Mineralwollbahn.

Die Erfindung sei betreffend der Vorrichtung (Anspruch 1) nicht ausreichend offenbart im Sinne des Artikels 100 (b) EPÜ, da für den Fachmann die Bedeutung des Begriffs eines "doppeltbreiten" Fallschachts nicht ersichtlich sei. Das den Fallschacht verlassende Vlies habe eine Breite, die der Breite des Fallschachtes entspräche. Es sei unbestimmt, was mit dem Begriff "doppeltbreit" gemeint sei. Zusätzlich fehle in der Vorrichtung ein Merkmal, welches sicherstelle, dass das gewünschte Ergebnis bezüglich der Dichtegradienten erzielt werden könne. Dies betreffe die versetzte Anordnung der Zerfaserungseinrichtungen im Fallschacht, da anderenfalls, wie in den Figuren 1a/5a gezeigt, keine Verteilung der Mineralfasern derart erfolge, dass die im Endprodukt gewünschte symmetrische Verteilung der Dichte erreicht werden könne. Ohne Angabe der Position der Zerfaserungseinrichtungen könne auch nicht gewährleistet werden, dass jede der Zerfaserungseinrichtungen ein Mineralwollvlies erzeuge, das im Sekundärvlies zwei Lagen bildet. Ebenso sei es um dieses Merkmal zu erreichen, nötig, die Durchtrennung des Primärvlieses mittig auszuführen. Demzufolge sei die Vorrichtung nach Anspruch 1 nicht ausführbar, zumindest würde die im Streitpatent angegebene Aufgabe nicht über den ganzen beanspruchten Bereich gelöst.

Weder die Vorrichtung nach Anspruch 1 noch das Verfahren nach Anspruch 7 beinhalte eine erfinderische Tätigkeit. Die in Figur 2 der D6 gezeigte Vorrichtung zeige einen Fallschacht und eine Fördereinrichtung, wobei das darauf abgelegte Primärvlies mittig geteilt und so ein Sekundärvlies mit halber Breite hergestellt werde. Diese Vorrichtungs- und Verfahrensmerkmale seien daher identisch mit den entsprechenden Merkmalen der Ansprüche 1 bzw. 7.

Die Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 7 unterschieden sich von den in Figur 2/3 der D6 gezeigten Merkmalen nur darin, dass der erste Bahnabschnitt so gewendet werden solle, dass die Unterseite des ersten Bahnabschnitts oben zu liegen komme. Ein derartiges Ablegen sei aber dann naheliegend, wenn die im Sekundärvlies gewünschten Eigenschaften bereits im Primärvlies derart vorliegen, dass weitere Verarbeitungsschritte sich erübrigten.

Die Komprimierung einer Teilbahn werde in D6 durchge-führt um Inhomogenitäten der Oberflächen auszuschalten (Spalte 4, Zeile 40 - 53). Ein derartiger Verarbeitungs-schritt erübrige sich daher, wenn die Unterseite des abgelegten Primärvlieses beide Oberflächen bildet und die dadurch erreichte Oberflächenhomogenität und die Produktstabilität als ausreichend erachtet wird.

In dem Verfahren gemäß den Figuren 2/3 der D6 werden die Bahnabschnitte eines mittig geteilten Primärvlieses über unterschiedliche Förderwege geleitet, um dann einen Bahnabschnitt auf dem anderen abzulegen. Der Fachmann erkenne, dass falls homogene Außenseiten des Endprodukts (wie aus D10 bekannt) erwünscht sind, durch das Abdecken einer Teilbahn durch die gewendete weitere Teilbahn eine glatte Oberfläche des Sekundärvlieses erreicht werden könne. Schon daraus ergäbe sich, dass in diesem Fall lediglich die Andrückwalzen aus Figur 3 der D6 durch eine (oder mehrere) aus dem Stand der Technik bekannte Wenderolle(n) ersetzt werden müssten. Die Kombination der beanspruchten Merkmale lag daher für den Fachmann nahe; ebensolches gelte ausgehend von D10 in Verbindung mit D6.

Die Hilfsanträge 2 und 3 enthielten jeweils einen Verfahrensanspruch 7, der im wesentlichen mit dem Anspruch 7 des ersten Hilfsantrags identisch sei. Die Einschränkungen auf das "vollflächige Ablegen" des ersten Bahnabschnitts bzw. das "kontinuierliche Transportieren" des ersten und zweiten Bahnabschnitts könne dieses Verfahren nicht weiter von dem Verfahren nach D6 unterscheiden, da darin sowohl ein vollflächiges Ablegen als auch ein kontinuierlicher Transport der beiden Bahnabschnitte offenbart sei. Diese beiden Hilfsanträge seien daher nicht geeignet, die Einwände bezüglich des Mangels an erfinderischer Tätigkeit zu beseitigen, und sollten daher nicht zum Verfahren zugelassen werden.

Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 eingefügten Worte "kontinuierlich" und "vollflächig" seien der Patentschrift nicht zu entnehmen; der Gegenstand des Anspruchs 1 würde daher gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verstoßen. Ferner sei durch diese Ergänzungen dem Gegenstand des Anspruchs 1 nichts hinzugefügt worden, was über die Offenbarung der D6 hinausgehe.

Der Hilfsantrag 5 sei nicht zulässig. Die große Anzahl der Einfügungen, welche aus der Beschreibung kämen, führe zu einem unübersichtlichen Anspruch 1. Auch wenn die Absicht vorhanden sein möge, dadurch eine Einschränkung des Schutzbereiches zu erreichen, so bleibe unklar, in welchen dieser Merkmale sich die Vorrichtung dieses Anspruchs 1 von der Vorrichtung der D6 zusätzlich unterscheiden solle. Die gewählten zusätzlichen Merkmale stellten lediglich Sachverhalte klarer, welche bereits der Beurteilung des Anspruchs 1 des erteilten, ersten und vierten Hilfsantrag zugrunde gelegt wurden. Da damit auch dieser Anspruch keine weiteren erfindungsrelevanten Merkmale enthielte, sei er nicht geeignet, die Einwände bezüglich des Mangels an erfinderischer Tätigkeit zu beseitigen und sollte daher nicht zum Verfahren zugelassen werden.

VIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Der in Figur 8 der D5 gezeigte Herstellungsprozess würde keinesfalls zu einer Mineralwollbahn gemäß Anspruch 9 führen, da durch die separate Komprimierung der oberen und unteren Teilbahnen kein spiegelbildlicher kontinuierlicher Anstieg der Dichte in den oberen und unteren Bereichen vorliegen würde. In der in Figur 8 hergestellten Mineralwollbahn seien des weiteren die oberen und unteren Bereiche nicht symmetrisch ausgebildet, da einmal die Unterseite und einmal die Oberseite des Primärvlieses auf der Außenseite des Sekundärvlieses zu liegen komme.

Ebenso zeige die Figur 5 der D10 keine Mineralwollbahn mit spiegelbildlichem Anstieg der Dichte in den oberen und unteren Bereichen, da aus der Tabelle auf Seite 9 hervorgehe, dass sich die Dichtegradienten der darin beschriebenen Mineralwollbahnen im oberen und unteren Bereich unterscheiden. Auch die Dichteverteilung der oberen und unteren Bereiche der nach dem Verfahren der Figur 2 der D10 erhaltenen Mineralwollbahn sei unterschiedlich, da sie durch separate Zerfaserungseinrichtungen und unterschiedliche Förderwege erhalten werde. Daher könnten auch keine zwei Schichten mit identischen Eigenschaften der Faserqualität und/oder des Bindemittels vorhanden sein.

Die Mineralwollbahn nach Anspruch 9 sei daher neu.

Die Merkmale des Vorrichtungsanspruchs 1 seien für den Fachmann aufgrund seines allgemeinen Wissensstandes auf dem betreffenden Gebiet ohne weiteres klar, sowie nachvollziehbar und folglich ausführbar. Die diesbezüglich vorgebrachten Argumente beträfen die Klarheit des Anspruchs, aber nicht die Ausführbarkeit der Erfindung. Insbesondere sei bezüglich des Begriffs "doppeltbreit" in der Beschreibung erläutert, dass es sich um die doppelte Breite des Sekundärvlieses handle. Bei den Figuren 1a/5a handle es sich um Ausführungs-formen der Erfindung, auch wenn die Dichteverteilung weiter optimierbar sei, wie in den Figuren 1b/5b gezeigt.

Ferner sei die Erfindung nicht nahegelegt, da in keiner der zitierten Entgegenhaltungen eine Vorrichtung oder ein Verfahren offenbart sei, in welcher ein Bahnabschnitt eines mittig getrennten Primärvlieses über Wenderollen auf ungleichen Förderwegen transportiert werde, um in gewendeter Form auf dem anderen Bahnabschnitt abgelegt zu werden.

D6 offenbare eine Vorrichtung in Figur 2, welche ein doppeltbreites Primärvlies zeige. Eine Teilbahn werde jedoch im folgenden über Andrückwalzen geleitet, was weder in der Vorrichtung nach Anspruch 1 noch im Verfahren nach Anspruch 7 erfolge. Daher würde die Dichte über die Dicke des Vlieses gemäß D6 nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft ansteigen. Das Verfahren sei daher konzeptionell unterschiedlich und ein Wenden der Teilbahn nicht erforderlich.

Ebenso verfolge D10 ein völlig anderes Konzept zur Herstellung und Führung der separaten Mineralwollbahnen. Ferner offenbare D10 weder eine Vorrichtung noch ein Verfahren, welches ein "Wenden" des Primärvlieses beinhalte. Die beiden Primärvliese würden lediglich umgelenkt. Zudem würden die beiden Primärvliese auf verschiedenen Förderwegen hergestellt und daher nicht identische Eigenschaften erhalten; ein spiegelbildlicher Anstieg der Dichte vom Zentralbereich zu den Außenflächen sei daher nicht gegeben. Daher würde der Fachmann eine Kombination dieser beiden Verfahren nicht in Erwägung ziehen und somit sei es für den Fachmann nicht ohne erfinderischen Tätigkeit möglich, zu der Merkmalskombination des Anspruchs 1 zu gelangen.

Die Hilfsanträge 2 und 3 sollten zugelassen werden. Durch die Einschränkung des Verfahrens auf ein "kontinuierliches" Transportieren des ersten und zweiten Bahnabschnitts, sowie auf das "vollflächige" Ablegen des gewendeten ersten Bahnabschnitts auf dem zweiten Bahnabschnitt sei das Verfahren exakt definiert.

Im Hilfsantrag 4 sei auf die Vorrichtung beschränkt. Die Ergänzungen des Anspruchs 1 ("kontinuierlicher" Transport des erzeugten Mineralwollevlieses sowie "vollflächig" abgelegt) seien der Gesamtoffenbarung der Streitpatentschrift zu entnehmen, insbesondere den Figuren. Die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ seien daher erfüllt. Durch diese Merkmale werde zudem eine Einschränkung des Schutzumfangs durch diesen Anspruch erreicht. Der Hilfsantrag 4 sei daher zulässig. Eine Vorrichtung mit den beanspruchten Merkmalen sei aus dem Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt.

Hilfsantrag 5 sollte zum Verfahren zugelassen werden. Der darin vorgelegte Anspruch 1 beinhalte nunmehr sämtliche Vorrichtungsmerkmale, um ein erfindungsgemäßes Mineralwollvlies zu erhalten. Der Fachmann erhielte aus den Dokumenten D6 oder D10 keinen Hinweis, eine derartige Vorrichtung vorzusehen. Die erfinderische Tätigkeit würde durch die zugefügten Merkmale noch unterstrichen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 9

2.1 Wie die offenbarten Dichtewerte erläutern, handelt es sich bei den beanspruchten Mineralwollbahnen des Streitpatents um solche, welche eine relativ geringe Dichte besitzen (bevorzugt wie in Anspruch 10 dargestellt: 4 - 25 kg/m**(3)) und deren Oberflächeneigenschaften dennoch eine Verarbeitung der Bahnen oder Platten ohne weitere Verstärkung der Steifheit ermöglichen.

2.2 D10 offenbart in Figur 5 eine Mineralwollbahn, welche wie in der diesbezüglichen Beschreibung erläutert wird, im Mittelbereich eine Dichte aufweist, die kleiner ist als die Dichte in den oberen und unteren Bereichen der Bahn (Seite 9, Z. 11 - 17: "the laminated pack of the invention has its pack interior 78 at a density below the density of the top and bottom portions of the pack"). Es liegt damit eine Dichteverteilung über die Dicke (z) der Mineralwollbahn vor. Die Dichtegradienten sollen sich in etwa in der Mittellinie der Bahn treffen oder schneiden (Seite 9, Z. 15 - 17). Dementsprechend, liegt ein spiegelbildlicher Anstieg der Dichteverteilung vor. Die beispielhaft erläuterten R-19-Mineralwollbahnen haben eine mittlere Dichte von 9.6 kg/m**(3) (Seite 2, Z. 18).

D10 offenbart in der Tabelle auf Seite 9 die prozentuale Gewichtsverteilung zweier exemplarischer (R-19 und R-30) Mineralwollbahnen. Anhand dieser beiden Beispiele wird aufgezeigt, dass in der Praxis keine 100%ig spiegelbildlichen Verhältnisse in Bezug auf die Dichteverteilung erreicht werden.

Die obere Oberfläche und die untere Oberfläche sollen gemäß D10 eine vergleichbare Gleichheit und Steifheit aufweisen (Seite 9, Z. 13 - 15), beide Oberflächen dementsprechend glatt sein und keine Löcher, Vertiefungen oder Lücken aufweisen, welche die Stabilität des Endprodukts beeinflussen würden.

2.3 Die Beschwerdegegnerin war der Meinung, dass sich die beanspruchte Mineralwollbahn von der Mineralwollbahn der D10 dadurch unterscheiden würde, dass

a) die beanspruchte Dichteverteilung der oberen und unteren Bereiche mit spiegelbildlichem Anstieg in der Mineralwollbahn der D10 nicht vorliege, was sich insbesondere aus der Tabelle ablesen lasse, und

b) D10 nicht zwei Schichten in dieser Mineralwollbahn offenbare, die bezüglich der Faserqualität und/oder des Bindemittels identische Eigenschaften aufweisen und die identische Dichtegradienten aufweisen würden.

2.4 Bezüglich des Einwandes betreffend den spiegelbildlichen Anstieg der Dichteverteilung vom mittleren zum oberen und zum unteren Bereich, ist zu bemerken, dass auch im Streitpatent dieser Anstieg nicht für jede erfindungsgemäße Mineralwollbahn in dem Sinne offenbart ist, dass "spiegelbildlich" im wörtlichen Sinne zu nehmen wäre. Dazu findet sich keine Definition oder Erläuterung und auch kein Ausführungsbeispiel. Die Figuren 1a/b und 5a/b des Streitpatents zeigen ferner, dass die Querverteilung der Fasern im Fallschacht keineswegs darauf beschränkt sein soll, zu einer Mineralwollbahn mit einer identischen symmetrischen Dichteverteilung über die Dicke wie in Figur 4 gezeigt zu gelangen, sondern auch annähernd "symmetrische" Dichteverteilungen als der Erfindung zugehörig gedacht sind.

Bei Figur 4 handelt es sich um eine schematische Darstellung, die nicht die Verhältnisse in einer real hergestellten Mineralwollbahn darstellt. Das Merkmal des Anspruchs 9, dass "die Dichteverteilung ... in dem oberen und unterem Bereich (24b) spiegelbildlich ansteigt" kann daher nur so interpretiert werden, dass im Zentralbereich ein Bereich konstanter Dichte vorhanden ist, und die daran anschließenden Bereiche kontinuierlich höhere Dichtewerte aufweisen. Dies ist jedoch bei einer Mineralwollbahn gemäß D10 ebenso der Fall, wie bereits unter Punkt 2.1 erläutert.

Die in der Tabelle der D10 (Seite 9) offenbarte Dichteverteilung stellt den diesbezüglich praktisch erreichbaren Stand der Technik in Bezug auf "symmetrische Dichteverteilung" dar und somit das, was der Fachmann darunter verstehen würde. Da keine Definition vorliegt, die dieser Lehre widerspricht und auch nicht erläutert wird, wie eine darüber hinausgehende Symmetrie des oberen und unteren Dichtegradienten praktisch erreicht werden sollte, ist das Verständnis einer derartig "symmetrischen" Verteilung auch dem Wortlaut des Anspruchs 9 zugrunde zulegen.

2.5 Bezüglich des weiteren strittigen Merkmals der identischen Eigenschaften der Faserqualität der beiden Schichten, ist festzustellen, dass in der Herstellungsvorrichtung nach Figur 1 der D10 die Mineralfasern (Glasfasern) aus einer gemeinsamen Zuführeinrichtung entnommen werden, welche oberhalb der Vielzahl von identischen Zerfaserungseinrichtungen angeordnet ist. Damit offenbart D10, dass die beiden erzeugten Lagen bezüglich der Faserqualität identische Eigenschaften aufweisen.

2.6 Da somit alle Merkmale des Anspruchs 9 aus D10 bekannt sind, genügt der Gegenstand dieses Anspruchs nicht dem Erfordernis der Neuheit (Artikel 54 EPÜ).

3. Hilfsantrag 1

3.1 In Hilfsantrag 1 wurden die Produktansprüche 9 bis 15 gestrichen. Die Beschwerdeführerin OII brachte Einwände bezüglich der Ausführbarkeit des Anspruchs 1 vor. Die Kammer betrachtet den Fachmann jedoch als fähig, die Streitpatentschrift mit seinem fachlichen Wissen und Können derart zu ergänzen, dass er die beanspruchte Lehre nacharbeiten kann. Des weiteren wurde die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 7 bestritten. Da jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit in Bezug auf das Verfahren des Anspruchs 7 vorliegt (s. unten), ist es nicht erforderlich, die Ausführbarkeit der Vorrichtung ausführlich zu erörtern.

3.2 Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 7

3.2.1 D6 offenbart den nächstliegenden Stand der Technik. In den Figuren 2 und 3 der D6 wird ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Mineralwollvlies dargestellt, wobei in einer Sammelkammer ein Primärvlies gebildet wird (was üblicherweise mittels mindestens einer Zerfaserungseinrichtung geschieht). Dieses Primärvlies ist doppelt so breit wie das Endprodukt. Eine kontinuierliche Fördereinrichtung dient zum Transport des erzeugten Primärvlieses. Dieses Primärvlies wird in Längsrichtung mittig in einen ersten und einen zweiten Bahnabschnitt durchtrennt (Figur 2, Sp. 5, Z. 15 - 23); anschließend wird der erste Bahnabschnitt über Andrückwalzen geführt, und danach horizontal auf dem zweiten Bahnabschnitt abgelegt (Sp. 5, Z. 20 - 22) um das (Sekundär-) Mineralwollvlies zu erzeugen. Der Förderweg des ersten Bahnabschnitts ist daher "ungleich" dem Förderweg des zweiten Bahnabschnitts. Die Länge der Förderwege ist technisch bedingt nicht exakt identisch, so dass ein Längsversatz der Förderwege zwischen Fallschacht und Härteofen entsteht. Die Unterseite des ersten Bahnabschnitts wird auf der Oberseite der anderen Teilbahn abgelegt. Somit bildet das Primärvlies im Sekundär-Mineralwollvlies zwei Lagen.

3.2.2 Das Verfahren nach Anspruch 7 unterscheidet sich daher von dem in D6 gezeigten Verfahren dadurch, dass der erste Bahnabschnitt gewendet wird, so dass die Unterseite des ersten Bahnabschnitts oben zu liegen kommt.

3.2.3 Ausgehend von Figur 2 der D6 als nächstliegendem Stand der Technik ist daher zunächst die Aufgabe zu bestimmen, die durch das unterscheidende Merkmal gelöst wird. Die in Absatz [0015] des Streitpatents genannte Aufgabe ("... eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zur Herstellung von Mineralwollevlies dahingehend zu verbessern, dass sich bei einem geringen Energieaufwand ein Produkt mit verbesserten Produkteigenschaften herstellen lässt") kann nicht die objektive technische Aufgabe darstellen, da auch in D6 bereits ein Produkt mit geringem Energieaufwand hergestellt wird und die Produkteigenschaften durch die Zuführung komprimierter Teilbahn(en) individuell angepasst werden können.

3.2.4 Ausgehend von dem aus D6 bekannten Verfahren ist die dem Streitpatent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe vielmehr darin zu sehen, ein zweischichtiges Mineralwollvlies mit verbesserten Oberflächen-eigenschaften herzustellen.

3.2.5 Gelöst wird diese technische Aufgabe durch das in Anspruch 7 definierte Verfahren, insbesondere durch den Verfahrensschritt des Wendens des ersten Bahnabschnittes in der Art und Weise, dass beim anschließenden Zusammenführen der Teilbahnen die Unterseiten der beiden Bahnabschnitte die Außenflächen des Mineralwollvlieses bilden.

3.2.6 Dem Fachmann ist bekannt, dass die untere Oberfläche eines Primärvlieses im Gegensatz zur oberen Oberfläche eine homogenere und eine glatte Oberfläche besitzt. Diese Oberflächenbeschaffenheit eines Primärvlieses wird im wesentlichen durch die Förderbandauflagefläche und die Absaugvorrichtung bestimmt, wobei der Grad der Verdichtung der unteren Oberfläche abhängig ist von der Dicke des erzeugten Primärvlieses, von der Geschwindigkeit und Durchlässigkeit des Förderbands, sowie von der Art und Qualität der Mineralfasern und Bindemittel. Bedingt durch insbesondere die Absaugvorrichtung baut sich des weiteren ein Dichtegradient über die Dicke der Primärvliesschicht auf, der von der unteren Lage zur oberen Lage abfällt. Löcher an der oberen Oberfläche des Primärvlieses, welche sich dadurch ergeben, sind an den Außenflächen der Endprodukte jedoch unerwünscht. Dieses Grundlagenwissen bezüglich der Herstellung von Mineralwollvliesen wird beispielsweise der Lehre der D10 als Stand der Technik vorausgesetzt (D10: S. 2, Z. 21 - S. 3, Z. 11). D10 weist speziell darauf hin, dass aus diesen Gründen die Dichte der oberen Lage eines Primärvlieses um 50 % von der Dichte der unteren Lage des Primärvlieses abweichen kann. (S. 2, Z. 16 - 21).

3.2.7 Dem Fachmann ist ebenso bekannt, dass die Eigenschaften wie Bruchfestigkeit, Steifheit und Spannungstoleranz der Mineralwollbahn oder -platte im wesentlichen von den Oberflächen bestimmt werden, während die inneren Bereiche der Dämmschicht darauf weniger Einfluss nehmen. Diese Informationen sind ebenfalls der D10 zu entnehmen, welche Halbfertig-Produkte aus dem Stand der Technik diesbezüglich charakterisiert und kritisch betrachtet, insofern als die obere Oberfläche derartiger Vliese die genannten Eigenschaften nicht aufweist (Figur 4, S. 9, Z. 1 - 10).

3.2.8 Alleine aus diesen Überlegungen heraus erkennt der Fachmann sofort die Vorteile des Vorschlags der D10, die untere Oberfläche des Primärvlieses zu den Außenflächen des Endprodukts zu machen.

3.2.9 Ausgehend von dem Verfahren wie in Figur 2 der D6 offenbart, liegt es daher nahe, eine Teilbahn derart auf der anderen Teilbahn abzulegen, dass die Unterseite des Primärvlieses die Außenflächen des Sekundärvlieses bildet. Dies umso mehr, wenn die Steifheit der unteren Oberfläche des Primärvlieses für die Steifheit der Außenflächen des gewünschten Endprodukts des Verfahrens ausreichend ist. Die notwendige Verwendung von Wenderollen stellt kein Hindernis dar, da derartige Fördereinrichtungen zum Stand der Technik gehören. Das Fachwissen eines Fachmanns, der in Fördertechnik geschult ist (zumindest ein Fachhochschulabsolvent Maschinenbau oder Verfahrenstechnik) und welcher über einige Jahre Berufserfahrung in der Herstellung von Mineralwollbahnen verfügt, umfasst selbstverständlich die Umlenkung von Teilbahnen eines derartigen Förderprozesses mit dem gewünschten Umlenkungsgrad.

3.2.10 Die in Figur 3 der D6 gezeigte Komprimierung einer Teilbahn mit dem Ziel, einen schichtweisen Aufbau mit unterschiedlichen Dichten zu erhalten, führt den Fachmann nicht weg von der allgemeinen Lehre der D6 die Teilbahnen eines Primärvlieses zusammenzufügen, um den schichtweisen Aufbau eines Vlieses zu ermöglichen. In Kenntnis der Vorteile, welche die alternative Schichtzusammenführung hat, wie sie in Figur 2 der D10 gezeigt wird, wird er zweifelsfrei ein derartiges Zusammenführen der einzeln hergestellten Bahnen in Betracht ziehen.

3.2.11 Es ist ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass es bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht ausschlaggebend ist, ob der Fachmann den Gegenstand des Streitpatents hätte ausführen können, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrunde liegenden technischen Aufgabe bzw. gerade in der Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch getan hätte. Im vorliegenden Fall ist die Hoffnung auf eine Lösung der Aufgabe explizit in der D10 begründet durch den Hinweis, dass durch das Zusammenfügen der Teilbahnen in etwa symmetrischer Form die Außenflächen in homogener und glatter Ausgestaltung erhalten werden. Da dies die Lösung der vorliegenden Aufgabenstellung bedeutet, beinhaltet das Verfahren nach Anspruch 7 keine erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4. Hilfsantrag 2

4.1 Der Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Hilfsantrag 1 unter anderem darin, dass in Anspruch 7 die Verfahrensmerkmale präzisiert wurden, so dass nun ein "mittiges Durchtrennen des Primärvlieses senkrecht zur Förderrichtung" beansprucht wird und der gewendete erste Bahnabschnitt "vollflächig" auf dem zweiten Bahnabschnitt abgelegt werden soll.

4.2 D6 zeigt in den Figuren 2 und 3, dass die mittig getrennten Teilbahnen, wie in Spalte 5, Z. 20 - 22 erläutert, "nach unterschiedlicher Komprimierung horizontal übereinander geführt und miteinander verbunden werden". Der Fachmann kann hier nur von einem vollflächigen Ablegen der einen Teilbahn auf der anderen ausgehen, da nur so die gewünschte homogene Oberfläche und ein stabiles Endprodukts erreicht wird. Daher offenbart auch die D6 ein vollflächiges Ablegen der oberen Teilbahn auf der unteren Teilbahn. Des weiteren ist die Trennvorrichtung 11 der Figur 2 mit einem Antrieb 12 für einen vertikalen mittigen Schnitt vorgesehen (Spalte 9, Zeile 21/22).

4.3 Die zusätzlichen Merkmale sind daher aus der D6 bekannt und nicht geeignet, den für das Verfahren des Anspruchs 7 des Hilfsantrags 1 dargelegten Mangel an erfinderischer Tätigkeit zu beheben. In einem so späten Stadium des Verfahrens muss aus Gründen der Verfahrensökonomie ein Antrag um noch zugelassen zu werden, einen erfolgversprechenden Versuch zur Ausräumung des erhobenen Einwands darstellen. Dies ist hier aus den genannten Gründen nicht gegeben. Daher wurde dieser Antrag in Ausübung des Ermessens der Kammer nach Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) nicht zugelassen.

5. Hilfsantrag 3

5.1 Der Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Hilfsantrag 2 dadurch, dass in Anspruch 7 das Verfahren weiter präzisiert wurde, indem im vorvorletzten Merkmal dieses Verfahrens ein "kontinuierliches" Transportieren des ersten und zweiten Bahnabschnitts beansprucht wird.

5.2 Da auch das Verfahren der D6 eine kontinuierliche Herstellung der Mineralwollbahnen zeigt (siehe Spalte 6, Z. 45), ist auch dieses Merkmal nicht geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Daher wurde auch dieser Antrag in Ausübung des Ermessens der Kammer nach Artikel 13(1) (VOBK) nicht zugelassen.

6. Hilfsantrag 4

6.1 Der Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von den vorhergehenden Anträgen darin, dass er nur einen unabhängigen, auf die Vorrichtung gerichteten Anspruch enthält.

6.2 Änderungen

6.2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 enthält in Ergänzung der Merkmale des erteilten Anspruchs 1, unter anderem die weitere Kennzeichnung der Fördereinrichtung zum einen durch den "kontinuierlichen" Transport des Primärvlieses und des weiteren durch die Ablage des ersten Bahnabschnitts "vollflächig" auf dem zweiten Bahnabschnitt. Die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Form enthält diese Formulierungen nicht.

6.2.2 Der Fachmann ist imstande, die Streitpatentschrift mit seinem fachlichen Wissen und Können derart zu ergänzen und zu interpretieren, um die beanspruchte Lehre nacharbeiten zu können (s. oben Punkt 3.1); insbesondere in Bezug auf die Anordnung und Einstellung der Zerfaserungseinrichtungen und das damit verbundene Erreichen eines Produkts mit annähernd symmetrischen Dichtegradienten. Da ausschließlich ein "vollflächiges" Abdecken des unteren Bahnabschnitts durch den oberen Bahnabschnitts zum im Streitpatent gewünschten Resultat einer homogenen und glatten Oberfläche und zu einem stabilen Endprodukt führt, erkennt der Fachmann, dass nur ein derartiges Abdecken im Streitpatent gemeint ist. Anderenfalls wäre es weder möglich annähernd symmetrische Dichtegradienten im Endprodukt über die gesamte Breite zu erreichen, noch könnte eine vollständige glatte Oberfläche des Endprodukts erreicht werden; exakt diese Eigenschaften sind jedoch durch die Erfindung angestrebt.

6.2.3 Der zuständige Fachmann hat (siehe auch Punkt 3.2.9) Erfahrung in Fördertechniken. Die im Stand der Technik zur Herstellung der Mineralwollvliese üblicherweise verwendeten Verfahren sind kontinuierlich, da nur so Produktionsgeschwindigkeiten erreicht werden können, die eine optimale Nutzung der vorhandenen Förderbänder und Absaugvorrichtungen erlauben. Eine diskontinuierliche Nutzung dieser Einrichtungen würde einen höheren Verschleiß und zusätzliche Kalibrierungs- und Wartungsarbeiten bedeuten. Daher kann das Streitpatent - ebenso wie D6 oder D10 - vom Fachmann nur so verstanden werden, dass es ein kontinuierliches Verfahren betrifft. Die individuelle Auswahl der Maße einer Mineralwollplatte kann nach der Fertigstellung des Flächengebildes geschehen.

6.2.4 Daher beinhalten die vorgenommenen Änderungen lediglich eine exakte Definition der offenbarten Vorrichtung. Da genau die Vorrichtung beansprucht wird, welche in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung vom Fachmann als offenbart verstanden wird, liegt keine Verletzung des Artikels 123(2) EPÜ vor.

6.3 Erfinderische Tätigkeit

6.3.1 Da sowohl die Vorrichtung der D6 als auch die Vorrichtung der D10 einen kontinuierlichen Transport der/des erzeugten Mineralwollvliese/s und ebenso ein vollflächiges Ablegen des (mittig durchtrennten) Teilabschnitts des Primärvlieses auf dem weiteren Teilabschnitt betreffen, tragen die Änderungen nicht zu einer weiteren Abgrenzung von diesen Dokumenten bei.

6.3.2 Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von der Vorrichtung in den bereits oben (siehe Punkt 3.2.1) diskutierten Figuren 2 und 3 der D6 darin, dass bei letzterer zum Wenden des ersten Bahnabschnitts eine Wenderolle vorgesehen ist, um die der erste Bahnabschnitt herumführbar ist, wobei der erste Bahnabschnitt so gewendet wird, dass durch die Unterseiten der beiden Bahnabschnitte die Außenflächen des Mineralwollvlieses gebildet werden.

6.3.3 Ausgehend von diesem Stand der Technik, ist die dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin zu sehen, eine Vorrichtung zur Herstellung eines zweischichtigen Mineralwollvlieses mit optisch und technisch verbesserten Oberflächeneigenschaften bereitzustellen.

6.3.4 Gelöst wird diese technische Aufgabe durch die in Anspruch 1 definierte Vorrichtung, insbesondere durch die Wenderolle, welche das Wendens des ersten Bahnabschnitts ermöglicht, so dass der untere Bahnabschnitt oben zu liegen kommt.

6.3.5 Eine Vorrichtung, welche das Positionieren der Teilbahnen in der gewünschten Art und Weise ermöglicht, und somit sicherstellt, dass die beiden Oberflächen des Produkts homogen und glatt sind, erreicht zusätzlich, dass die Stabilität des Mineralwollvlieses günstig beeinflusst wird und das Produkt ästhetisch ansprechender ist.

6.3.6 Der Fachmann kennt - wie bereits oben unter Punkt 2.2 erläutert - diese Vorteile der glatten Oberflächen von symmetrischen Mineralwollbahnen aus D10.

6.3.7 Figur 2 der D6 zeigt die mittige Trennung des Primärvlieses. Um eine glatte und homogene Oberfläche des Endprodukts zu erreichen, ist es erforderlich, die beiden Bahnabschnitte in der Weise zusammenzuführen, dass die Unterseiten der Bahnabschnitte zur Außenfläche des Endprodukts werden.

Eine Vorrichtung, welche das dementsprechende Positionieren der Teilbahnen ermöglicht, erfordert es, im Anschluss an die in Figur 2 der D6 gezeigte Vorrichtung eine Wenderolle anzubringen. Der Fachmann würde dies auch tun, da alleine durch diese Maßnahme die bereits erwähnten Vorteile im Endprodukt zum Tragen kommen.

6.3.8 Eine erfinderische Tätigkeit kann darin nicht erkannt werden, da die in Figur 2 der D6 gezeigte Vorrichtung bereits durch die mittige Teilung des Primärvlieses die Voraussetzung in Form von zwei Teilbahnen liefert. Um die aus D10 bekannten Vorteile zu erlangen, ist es lediglich erforderlich, im folgenden eine Wendevorrichtung vorzusehen. Für die Vorrichtung bedeutet das den Einsatz eines Bauteils, welches zu einem Ablegen der ersten Teilbahn in der gewünschten Orientierung auf der anderen Teilbahn führt. Da der Fachmann alle Arten der Fördertechnik kennt (Förderrollen/ Andrückrollen/ Umlenkrollen/ Wenderollen), was durch die im Verfahren befindlichen Dokumente ausreichend dokumentiert wurde, würde er, um die gewünschten Vorteile zu erzielen, notwendigerweise eine Teilbahn wenden. Die Auswahl einer Wenderolle aus den bekannten Förderrollen zur Ergänzung der Vorrichtung der Figur 2 der D6, ist daher naheliegend.

6.3.9 Daher treffen die in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit des Verfahrensanspruchs 7 des Hilfsantrags 1 (siehe Punkt 2 oben) erläuterten Argumente und Gründe auch auf die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Vorrichtungsanspruchs 1 des Hilfsantrags 4 zu.

7. Hilfsantrag 5

7.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 betrifft eine Vorrichtung, die durch weitere Merkmale aus der Beschreibung ergänzt wurde.

a) So wird das durch die Vorrichtung zu erhaltende Endprodukt (Sekundär-Mineralwollvlies) eingegrenzt als einen unten liegenden Schichtbereich und einen oben liegenden Schichtbereich mit jeweils einer höheren Dichte als ein dazwischen liegender Schichtbereich umfassend.

b) Das erzeugte Primärvlies wird charakterisiert, dass es einen "Dichtegradienten über die Dicke aufweist, wobei eine unten liegende Schicht eine höhere Dichte aufweist als darüberliegende Schichten".

c) Des weiteren wird das Merkmal einer "Absaugvorrichtung" aufgenommen.

d) Die Vorrichtung beinhaltet, dass im Sekundärvlies durch den ersten und zweiten Bahnabschnitt die unten und oben liegenden Schichtbereiche und der dazwischen liegende Schichtbereich gebildet werden.

e) Die Einrichtung (34) trennt das erzeugte Mineralwollevlies in Längsrichtung mittig in nur einen ersten Bahnabschnitt (38) und einen zweiten Bahnabschnitt (40).

7.2 Alle diese zusätzlichen Merkmale der Vorrichtung wurden jedoch - auch wenn sie nicht explizit in der Vorrichtung des vorhergehenden Hilfsantrags beansprucht waren - bereits der Beurteilung des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 zugrunde gelegt. Die zusätzlichen Merkmale würden daher lediglich der Klarstellung dienen. Ein technisches Merkmal, das die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit beeinflussen würde, ist nicht zugefügt worden. Damit stellt auch dieser Anspruchswortlaut keinen erfolgversprechender Versuch zur Ausräumung des erhobenen Einwands dar, weshalb dieser Antrag in Ausübung des Ermessens der Kammer nach Artikel 13(1) (VOBK) ebenfalls nicht zugelassen wurde.

8. Zusammenfassend kommt die Kammer daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 9 des Hauptantrages nicht neu ist, dass der Gegenstand des Anspruchs 7 des Hilfsantrags 1 und der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 keine erfinderische Tätigkeit beinhaltet. Die Anträge 2, 3 und 5 wurden nicht in das Verfahren zugelassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

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