European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T129406.20081201 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 01 Dezember 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1294/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97929307.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61K 7/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verwendung von Hydrogelbildnern und Mittel zur Behandlung keratinischer Fasern | ||||||||
Name des Anmelders: | Henkel AG & Co. KGaA | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Wella AG L'OREAL |
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Kammer: | 3.3.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (vereint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 02 richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchabteilung vom 12. Juni 2006, mit der das europäische Patent Nr. 0 909 156 in geänderter Form aufrechterhalten wurde. Das Patent mit der Anmeldenummer 97 929 307.3 wurde mit Wirkung vom 3. September 2003 erteilt. Es umfasste 20 Ansprüche; die unabhängigen Ansprüchen 1 und 12 lauteten wie folgt:
"1. Verwendung von Hydrogelbildnern in wässrigen Mitteln mit liposomalen Strukturen zur Behandlung keratinischer Fasern."
"12. Wässriges Mittel mit liposomalen Strukturen zur Behandlung von keratinischen Fasern, dadurch gekennzeichnet, dass es
a) ein anionisches Polymer mit Sulfonatgruppen als Hydrogelbildner enthält, und
b) die Liposomen aus Phospholipiden, Sphingolipiden und/oder Ceramiden aufgebaut sind."
II. Gegen die Erteilung des obigen Patentes waren zwei Einsprüche eingelegt worden, mit dem Antrag, das Patent wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischen Tätigkeit in vollem Umfang zu widerrufen (Artikel 100(a) EPÜ).
III. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung war unter anderem auf folgenden Stand der Technik gestützt (die teilweise doppelte Nummerierung in der Entscheidung wird in Klammern beibehalten):
E1: WO-A-93 06 813 (D11, D25)
E2: EP-A-0 526 289 (D12, D23)
E3: EP-A-0 433 131 (D13, D22)
E6: FR-A-2 670 673 (D21)
E8: US-B-6 858 216 (D26)
IV. Der Entscheidung lagen ein Hauptantrag sowie vier Hilfsanträge zu Grunde. Das Patent wurde in geänderter Form aufrechterhalten auf Basis des während der mündlichen Verhandlung am 25. April 2006 eingereichten Hilfsantrags 4. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 hatte folgenden Wortlaut:
"1. Verwendung von Polymeren mit mindestens einem nichtionogenen Monomer ausgewählt aus Acrylamid, Methacrylamid als Hydrogelbildner in wässrigen Mitteln mit liposomalen Strukturen zur Behandlung keratinischer Fasern."
Im Hilfsantrag 4 verblieb der erteilte Produktanspruch 12 als unhabhängiger Anspruch 10 unverändert.
V. In der angefochtenen Entscheidung wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:
a) Der Gegenstand des Hilfsantrags 4 erfülle die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
b) E6 offenbare keine Zusammensetzung zur Behandlung keratinischer Fasern, die sowohl Liposomen als auch einen der beanspruchten Gelbildner enthalte. Daher sei der Gegenstand des Hilfsantrags 1 neu.
c) Die Dokumente E6 und E2 kämen beide als nächstliegender Stand der Technik in Betracht.
Das Dokument E6 beschreibe Zusammensetzungen mit verbesserten rheologischen Eigenschaften, von denen der Gegenstand des Hilfsantrags 4 sich durch die Auswahl von Liposomen, spezifischen Gelbildnern und keratinischen Fasern als Anwendungsgebiet unterscheide. Ausgehend von D6 bestehe die technische Aufgabe darin, liposomale Zusammensetzungen zur Behandlung keratinischer Fasern mit guter Stabilität zur Verfügung zu stellen. Es gebe in E6 keinen Hinweis, die dort offenbarten Ausführungsformen so zu kombinieren, dass der Gegenstand des Hilfsantrags 4 erreicht werde.
E2 offenbare liposomale Zusammensetzungen zur Behandlung der Haare mit guter Stabilität. Der Gegenstand des Hilfsantrags 4 unterscheide sich von E2 durch die Auswahl spezifischer Gelbildner. Die technische Aufgabe, ausgehend vom Dokument E2, bestehe darin, eine alternative, liposomale Zusammensetzung zur Behandlung keratinischer Fasern mit guter Stabilität zur Verfügung zu stellen. Die beanspruchte Auswahl spezifischer Gelbildner sei in E2 nicht erwähnt und zur Lösung der technischen Aufgabe auch nicht nahegelegt. Die von der Einsprechenden 02 eingereichten Versuchsergebnisse könnten nicht belegen, dass die technische Aufgabe nicht über den gesamten Bereich des Hilfsantrags 4 gelöst werde.
Daher sei der Gegenstand nach Hilfsantrag 4 erfinderisch.
VI. Am 14. August 2006 legte die Einsprechende 02 (Beschwerdeführerin) gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein. Die Gebühr wurde am 18. August 2006 entrichtet und die Beschwerdebegründung wurde am 23. Oktober 2006 eingereicht. Folgender Stand der Technik wurde neu zitiert (die Nummerierung der Beschwerdeführerin wird in Klammern beibehalten):
E13: Firmenbroschüre der Firma Seppic: "Sepigel 305", Februar 1995 (D30), 24 Seiten;
E14: Firmenbroschüre der Firma Seppic: "Baume Démêlant Fluide", Mai 1993 (D31), eine Seite;
E15: FR-A-2 710 263 (D32)
Mit Eingabe vom 12. Oktober 2009 reichte die Beschwerdeführerin einen Versuchsbericht ein. Insbesondere wurde die Stabilität wässriger, liposomale Strukturen enthaltender Mittel untersucht, die die beanspruchten Polymere bzw. Polymere gemäß dem Stand der Technik enthielten.
VII. Der Einsprechenden 01, die am 18. August 2006 eine nicht ordnungsgemäß unterzeichnete Beschwerdeschrift eingereicht hatte, wurde mit Schreiben vom 2. Februar 2007 mitgeteilt, dass ihre Beschwerde als nicht eingelegt galt und dass sie nur als Verfahrensbeteiligte gemäß Artikel 107 Satz 2 EPÜ am Beschwerdeverfahren beteiligt war. Die Einsprechende 01 nahm am Beschwerdeverfahren aktiv nicht teil.
VIII. Mit Eingabe vom 2. Januar 2007 reichte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) 10 Hilfsanträge ein. Die aufrechterhaltene Fassung wurde als Hauptantrag weiterverfolgt.
Der erteilte Anspruch 12 verblieb unverändert im Hauptantrag als Anspruch 10, in den Hilfsanträgen 1 bis 4 als Anspruch 7, in den Hilfsanträgen 5 und 6 als Anspruch 6, in den Hilfsanträgen 7 und 8 als Anspruch 5 und im Hilfsantrag 9 als Anspruch 1.
Hilfsantrag 10 enthielt einen einzigen Anspruch mit folgendem Wortlaut:
"Wässriges Mittel mit liposomalen Strukturen zur Behandlung von keratinischen Fasern, dadurch gekennzeichnet, dass es
a) ein anionisches Polymer mit Sulfonatgruppen als Hydrogelbildner enthält, und
b) die Liposomen aus Phospholipiden, Sphingolipiden und/oder Ceramiden aufgebaut sind, und
c) das Mittel weiterhin eine haaravivierende Komponente enthält, die aus kationischen Polymeren, quaternären Ammoniumverbindungen und Silikonölen ausgewählt ist."
Die Beschwerdegegnerin reichte mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 einen weiteren Versuchsbericht ein, in dem die Eigenschaften von Haaren verglichen wurden, die mit einem erfindungsgemäßen Mittel bzw. mit einem Polymere gemäß dem Stand der Technik enthaltenden Mittel behandelt wurden.
Am 30. November 2009 teilte die Beschwerdegegnerin der Kammer mit, dass sie an der vorgesehenen mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne und reichte eine angepasste Beschreibung für jeden der am 2. Januar 2007 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 10 ein.
IX. Mit einem Bescheid vom 29. Juli 2009 hatte die Beschwerdekammer zur Frage der erfinderischen Tätigkeit mitgeteilt, dass die zu lösende Aufgabe durch die vorgeschlagenen Maßnahmen gelöst werden sollte. Dabei könnten gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik erhaltene technische Effekte eine Rolle spielen. Wenn keine Verbesserung der Stabilität oder der Kämm- und Griffeigenschaften des Haares belegbar sei, wäre die zu lösende Aufgabe im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung weniger anspruchsvoll zu formulieren.
X. Eine mündliche Verhandlung fand wie vorgesehen am 1. Dezember 2009 in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin und der Einsprechenden 01 statt.
XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Da Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung die ionische Natur der Polymere nicht spezifiziere, sei der Gegenstand des europäischen Patents so geändert worden, dass er über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 123 (2) EPÜ).
b) Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit könne E2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden. E2 beschreibe Zusammensetzungen zur Behandlung von Haaren, die ionische amphiphile Lipide zur Bildung stabiler Vesikel, d.h. stabiler Liposomen, umfassten. Nach Beispiel 3 von E2, verbessere eine Zusammensetzung, die Liposomen und Hydroxyethylcellulose als Verdickungsmittel enthalte, das Entwirren und Kämmen der Haare. Der einzige Unterschied zum Anspruch 1 des Streitpatentes bestehe darin, dass ein anderes Verdickungsmittel als Gelbildner verwendet werde. Der von der Beschwerdegegnerin am 30. Oktober 2009 eingereichte Versuchsbericht beweise nicht, dass das beanspruchte Mittel in Vergleich zu den in E2 offenbarten Zusammensetzungen die Eigenschaften der behandelten Haare verbessere, weil kein Vergleichbeispiel das Beispiel 3 von E2 reproduziere, die im Versuchbericht verglichenen Zusammensetzungen mehrere Unterschiede hätten und keine quantitative Verbesserung gezeigt werde. Die Aufgabe gegenüber E2 könne daher nur darin gesehen werden, eine weitere liposomale kosmetische Zusammensetzung mit guter Stabilität zur Behandlung von Haaren zur Verfügung zu stellen. Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann das Dokument E13 in Betracht ziehen, in dem die Verwendung des Produktes Sepigel 305 für zahlreiche kosmetische Formulierungen beschrieben sei. Nach E13 sei Sepigel 305 zur Stabilisierung von Lipidphasen in wässrigen Mitteln geeignet, führe in kosmetischen Mitteln zu einem angenehmen und nicht klebenden Griff und sei im Vergleich zu anderen Verdickungsmitteln einfach zu handhaben. Nach E14 könne dieses Polymer in einem Balsam zum Entwirren der Haare verwendet werden. Der Fachmann würde daher durch E13 und E14 angeregt, die bekannten Verdickungsmittel von E2 durch Sepigel 305 zu ersetzen, um stabile Zusammensetzungen zum Entwirren der Haare zu erzielen.
Ausgehend von E1 oder E3 als nächstliegenden Stand der Technik, käme der Fachmann zum gleichen Ergebnis durch eine Kombination mit E13 oder E14.
c) Diese Argumentation beziehe sich sowohl auf die Verwendungs- als auch auf die Produktansprüche.
Für die Verwendungsansprüche könne der Fachmann auch E1, E2 oder E3 mit E6 kombinieren und für die Produktansprüche könne er auch E15 als nächstliegenden Stand der Technik betrachten, das in Kombination mit E2 den beanspruchten Gegenstand nahelege.
d) Diese Argumente bezögen sich ebenfalls auf alle Hilfsanträge.
e) Außerdem erfüllten die Ansprüche 1 und 2 gemäß den Hilfsanträgen 3 bis 6 weder die Erfordernisse von Regel 80 EPÜ noch die von Artikel 123 (2) EPÜ.
XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Zum Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ sei zu beachten, dass die ursprünglichen Ansprüche nicht auf rein anionische oder rein nichtionische Polymere beschränkt seien. Daher liege kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
b) Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von E1, E2 oder E3 auszugehen.
Nach E2 solle ein Herstellungsverfahren für ein Haarbehandlungsmittel bereitgestellt werden, in dem die Vorteile verschiedener bekannter Mittel vereint seien. Diese Mittel enthielten mindestens ein Lipid, mindestens ein Silikon und Wasser. Der einzige in E2 erwähnte Hydrogelbildner sei Hydroxyethylcellulose, die nicht unter die aufrechterhaltene Anspruchsfassung falle. Der am 30. Oktober 2009 eingereichte Versuchsbericht beweise, dass das beanspruchte Mittel in Vergleich zu den in E2 offenbarten Zusammensetzungen die Eigenschaften der behandelten Haare verbessere. Die objektive Aufgabe des Streitpatentes im Lichte von E2 bestehe darin, ein Haarbehandlungsmittel bereitzustellen, welches hohe Mengen an Liposomen enthalte und dennoch lagerstabil sei und die Trocken- und Nasskämmbarkeit sowie den Griff des nassen und trockenen Haares deutlich verbessere. E2 offenbare weder den Einsatz von Liposomen in höheren Mengen noch lasse sich ein Hinweis auf anionische Polymere mit Sulfonatgruppen noch auf (Homo- oder Co-) Polymere aus Acrylamid und/oder Methacrylamid entnehmen. Das Dokument E13 beschreibe lediglich das Handelsprodukt Sepigel 305 als Stabilisator ohne irgendeinen Hinweis auf Liposomen, so dass eine Kombination der beiden Druckschriften aus einer rückschauenden Betrachtungsweise erfolge. Das Dokument E6 beschäftige sich mit festen Gelen, die quasi Feststoffe darstellten und lagerstabil sein sollen. Solche schnittfesten Gele eigneten sich aber nicht als Haarbehandlungsmittel, so dass der Fachmann eine Kombination von E2 mit E6 nicht in Betracht gezogen hätte.
Ausgehend von E1, das als einzigen Hydrogelbildner das Produkt Carbamer 941 erwähne, oder von E3, das auch weder ein Acrylamid und Methacrylamid enthaltendes Polymer noch ein anionisches Polymer mit Sulfonatgruppen als Hydrogelbildner offenbare, könne der beanspruchte Gegenstand auch nicht nahegelegt werden. Eine Kombination mit E13, E14 oder E15 würde aus einer rückschauenden Betrachtungsweise erfolgen.
c) In den Hilfsanträgen seien die Ansprüche auf bevorzugte Ausführungsformen gerichtet, die sich aus Kombinationen von erteilten Ansprüchen ergäben. In einigen Hilfsanträgen sei auch die Liposomenmenge aufgenommen. Für diese Hilfsanträge gelten die für den Hauptantrag aufgeführten Argumente umso mehr.
XIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
XIV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hatte schriftlich beantragt die Beschwerde zurückzuweisen oder hilfsweise das Patent gemäß den Ansprüchen eines der mit Schreiben vom 2. Januar 2007 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 10, zusammen mit der entsprechenden Beschreibung, eingereicht mit Schreiben vom 30. November 2009, aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Erfinderische Tätigkeit
2. Hauptantrag (aufrechterhaltene Fassung)
2.1 Das Streitpatent bezweckt eine Zusammensetzung zur Behandlung von Haaren, die die Eigenschaften des behandelten Haares verbessert und stabile Liposomen enthält (Absatz [0008]). Das Dokument E2 ist auch auf eine solche Zusammensetzung gerichtet (E2, Seite 2, Zeilen 46-52).
2.1.1 E2 offenbart ein Verfahren zur Herstellung einer kosmetischen Zusammensetzung zur Anwendung auf die Haare, die mindestens ein Lipid, mindesten ein Silikon und Wasser enthält, dadurch gekennzeichnet, dass man Wasser und mindestens ein amphiphiles ionisches Lipid, das mit mindestens einem Silikon Vesikeln zu bilden vermag, mischt, dass man diese Mischung einem Verfahren zur Herstellung von Vesikeln, die eine wässrige Phase einschließen, unterwirft, und dass man eine Dispersion des erhaltenen Produktes in einer wässrigen Dispersionsphase herstellt (Anspruch 1).
2.1.2 Es war zwischen den Parteien nicht strittig, dass die Vesikel von E2 unter dem Begriff "Liposomen" nach Streitpatent fallen.
2.1.3 Die Zusammensetzungen von E2 können einen Verdicker, wie Hydroxyalkylcellulose oder Polyacrylsäure enthalten (Seite 5, Zeile 46 - Seite 6, Zeile 4). Diese Verdicker entsprechen Komponente, die im Streitpatent (Absätze [0013] und [0016]) als Hydrogelbildner bezeichnet werden. Entsprechend offenbart E2, dass ein Gel bestehend aus Hydroxyethylcellulose mit Wasser zur Mischung hinzugefügt wird (Seite 7, Zeilen 49-51).
2.1.4 Beispiel 3 von E2 (Seite 7, Zeilen 33-54) offenbart insbesondere eine wässrige Zusammensetzung, die ein Hydrogel aus Hydroxyethylcellulose und Liposomen aus Lezithin enthält. Die Zusammensetzung ist stabil und wird zur Haarbehandlung angewendet, wobei das behandelte Haar gute Kämm- und Griffeigenschaften aufweist (Seite 7, Zeilen 53-54 mit Bezug auf Beispiel 1, Seite 7, Zeilen 7-9).
2.1.5 Die Verwendung von Hydroxyethylcellulose als Hydrogelbildner in wässrigen Mitteln mit liposomalen Strukturen zur Behandlung keratinischer Fasern (Haar bestehet aus keratinischen Fasern) wurde daher in E2 offenbart, was von allen Parteien nicht bestritten wurde. Die Offenbarung von E2 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 somit nur dadurch, dass Hydroxyethylcellulose als Hydrogelbildner zum Einsatz kommt statt Polymere mit mindestens einem nichtionogenen Monomer ausgewählt aus Acrylamid und Methacrylamid. E2 ist somit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als nächstliegender Stand der Technik anzusehen.
2.2 Die zulösende Aufgabe gemäß dem Streitpatent ist darin zu sehen, "ein Haarbehandlungsmittel zur Verfügung zu stellen, welches die Haare langanhaltend gepflegt erscheinen lässt, die Trocken- und Nasskämmbarkeit sowie den Griff des nassen und trockenen Haares deutlich verbessert und welches lagerstabil ist" (Absatz [0008]). Diese Aufgabe ist aber in E2 schon gelöst (vgl. Seite 2, Zeilen 46-52 und Beispiel 3), wie auch im Streitpatent bestätigt wird, da Zusammensetzungen, die Hydroxyethylcellulose als Hydrogelbildner und Liposomen aus Lezithin enthalten, unter die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 12 fielen und in der Beschreibung durch Beispiele erläutert wurden (vgl. die Haarspülung im Absatz [0097]). Es stellt sich dann die Frage, ob das Ersetzen von Hydroxyethylcellulose durch Acrylamid oder Methacrylamid enthaltende Polymere zu einer weiteren Verbesserung der Griff- und Kämmeigenschaften des behandelten Haares oder der Stabilität des Haarbehandlungsmittels führt.
2.2.1 Die im Streitpatent verfügbaren Vergleichsbeispiele (Absatz [0069], Tabelle), bei denen die Kämmeigenschaften mit Beispielen gemäß der Erfindung verglichen wurden, betreffen Zusammensetzungen, die entweder keine Liposomen (Vergleichbeispiele V1, V2 und V4) oder keinen Hydrogelbildner (Vergleichbeispiel V3) enthalten, sodass sie keinen Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik erlauben.
2.2.2 Im am 30. Oktober 2009 eingereichten Versuchsbericht werden drei Zubereitungen verglichen, die die Liposomen enthaltende Komponente Rovisome Aloe in einer Menge von 3.0 Gew.% aufweisen, und als Hydrogelbildner jeweils 0.4 Gew.% Carbopol 940, 0.4 Gew.% Natrosol 250 HR, bzw. 1.0 Gew.% Sepigel 305 enthalten. Nach den Informationen im Versuchsbericht ist Carbopol 940 Polyacrylsäure und Natrosol 250 HR Hydroxyethylcellulose, während Sepigel 305 eine Mischung von einem Polyacrylamid mit C13-14-Isoparaffin und Laureth-7 ist, davon etwa 40% Polymer. Die Zusammensetzung von Sepigel 305 wird durch E13 (Seite 3, zweiter Absatz) und E8 (Spalte 8, Zeilen 47-65) bestätigt.
2.2.3 Die dritte Zusammensetzung im Versuchbericht unterscheidet daher sich von den anderen nicht nur dadurch, dass sie als Hydrogelbildner Polyacrylamid statt Polyacrylsäure bzw. Hydroxyethylcellulose enthält, sondern auch durch die Anwesenheit in relevanter Menge von C13-14-Isoparaffin und Laureth-7 als weitere Komponente. Es bleibt deshalb unklar, ob die nur qualitativ beurteilte Verbesserung der Haareigenschaften aus dem Ersatz des Hydrogelbildners oder aus den nicht beanspruchten weiteren Komponenten hervorgeht.
2.2.4 Was die Stabilität der Liposomen enthaltenden Zusammensetzungen betrifft, bestätigen die im Streitpatent verfügbaren Tests (Absätze [0088]-[0090]), dass sowohl Polyacrylsäure als auch Sepigel 305 enthaltende Zubereitungen eine gute Stabilität aufweisen, wobei mit Gelen auf Basis von Polyacrylsäure bei einer Lagertemperatur von -20ºC eine Veränderung der Teilchengröße beobachtet wurde und hohe Electrolytgehalte sich als ungünstig für die Stabilität erwiesen und für Sepigel 305 enthaltende Zusammensetzungen ein akzeptierbares Anwachsen der Teilchengröße bei zunehmender Lagerungsdauer und Lagertemperatur beobachtet wurde. Die Stabilität einer Hydroxyethylcellulose enthaltenden Zusammensetzung wurde nicht gestestet und nicht mit der Stabilität eines Acrylamid enthaltenden Mittels verglichen.
2.2.5 Es liegt deshalb kein Beweis vor, dass sich aus dem Ersetzen von Hydroxyethylcellulose in einer Zusammensetzung gemäß Beispiel 3 von E2 durch Acrylamid oder Methacrylamid enthaltende Polymere eine weitere Verbesserung der Griff- und Kämmeigenschaften des behandelten Haares oder der Stabilität des Haarbehandlungsmittels ergibt.
2.2.6 Die Beschwerdegegnerin führte zusätzlich aus, dass das Patent ein Haarbehandlungsmittel zur Verfügung stelle, das hohe Menge an Liposomen enthalte und dennoch lagerstabil sei. Sie hat trotzdem weder durch Beispiele bewiesen, dass ein Mittel gemäß E2 bei hohen Mengen an Liposomen nicht stabil ist, noch im Anspruch 1 eine Beschränkung des Liposomengehalt angegeben, sodass auch eine Verbesserung der Stabilität bei höheren Mengen an Liposomen nicht als gelöste Aufgabe der Erfindung betrachtet werden kann.
2.2.7 Die objektive Aufgabe kann somit nur darin angesehen werden, ausgehend von der Zusammensetzung und Haarbehandlung von E2, ein weiteres Haarbehandlungsverfahren zu entwickeln.
2.3 E2 selbst gibt keinerlei Hinweis auf die Verwendung von Polymeren mit mindestens Acrylamid oder Methacrylamid als Hydrogelbildner in Liposomen enthaltenden Haarzusammensetzungen.
2.3.1 E13 offenbart, dass das Handelsprodukt Sepigel 305 auf Basis von Polyacrylamid ein Verdicker und Stabilisierungsmittel ist, (Seite 3, erste zwei Absätze). Das Produkt ist einfach zu handhaben, bildet bei Zusatz von Wasser unmittelbar ein Gel (Seite 3, dritter Absatz), stabilisiert Gelen und Emulsionen durch Zusatz zur fetten Phase (Seite 4, erste Hälfte), ist kompatibel mit den meisten kosmetischen Bestandteilen (Seite 6, zweiter Absatz) und weist hervorragende kosmetische Eigenschaften auf (Seite 8, vorletzter Absatz). Es ist daher sehr geeignet für zahlreiche Anwendungen in kosmetischen Formulierungen (Seiten 11-23).
2.3.2 E14 bestätigt, dass Sepigel 305 ein Hydrogelbildner ist, der einfach zu handhaben ist (vgl. "Commentaire") und der vorteilhaft einem Haarbehandlungsmittel (Balsam zum Entwirren der Haare) hinzugefügt wird. Die Zugänglichmachung der E13 und E14 wurde von Beschwerdegegnerin nicht bestritten.
2.3.3 Im Hinblick auf die Offenbarung von E13 oder E14 würde der Fachmann, der auf der Suche nach einer weiteren Zusammensetzung für die Behandlung von Haaren ist, Polymere auf Basis von Acrylamid als vorteilhafte Hydrogelbildner für solche Zusammensetzungen in Betracht ziehen. Die Verwendung von Polymeren mit mindestens einem nichtionogenen Monomer ausgewählt aus Acrylamid und Methacrylamid als Hydrogelbildner in wässrigen Mitteln mit liposomalen Strukturen zur Behandlung keratinischer Fasern des Anspruchs 1 beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.4 Aus ähnlichen Gründen ist auch das Produkt des Anspruchs 10 gemäß dem Hauptantrag als nicht erfinderisch anzusehen.
2.4.1 E2 offenbart die kosmetischen Zusammensetzungen zusammen mit deren Verwendung zur Behandlung von Haaren (Punkte 2.1.1 - 2.1.4, supra). In E2 sind die Liposomen aus Phospholipiden, Sphingolipiden und/oder Ceramiden aufgebaut (Seite 3, Zeilen 15-21; Beispiel 3, Seite 7, Zeilen 36-37). Das Produkt des Anspruchs 10 unterscheidet sich von der Offenbarung in E2 daher ebenfalls nur durch die Auswahl des Hydrogelbildners, der gemäß Anspruch 10 ein anionisches Polymer mit Sulfonatgruppen ist.
2.4.2 Diese Definition des Hydrogelbildners in Anspruch 10, die etwas von der Definition in Verwendungsanspruch 1 abweicht, ändert jedoch nichts in der Analyse der erfinderischen Tätigkeit, da aus E8 hervorgeht, dass das in den Dokumenten E13 und E14 beschriebene Sepigel 305 ein anionisches Copolymer bestehend aus Acrylamid und 2-Acrylamido-2-Methylpropansulfonsäure enthält, also ein anionisches Polymer mit Sulfonatgruppen (E8, Spalte 3, Zeilen 47-65). Dies wird bestätigt im am 30. Oktober 2009 von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsbericht, in dem Sepigel 305 als "Acrylamid/Natriumacryloyldimethyltauratcopolymer (ca. 45-49% Festkörper, davon ca. 40% Polymer; INCI-Bezeichnung: Polyacrylamide, C13-14 Isoparaffin, Laureth-7) (Seppic)" beschrieben wird.
2.4.3 Es ist zusätzlich zu bemerken, dass sowohl in der angefochtenen Entscheidung als auch in den Ausführungen der Beschwerdegegnerin die erfinderische Tätigkeit des Streitspatents ohne Differenzierung zwischen den Verwendungsansprüchen und den Produktansprüchen behandelt wurde.
2.4.4 Der Begründung unter den Punkten 2.1 bis 2.3.3 (supra) folgend, beruht somit auch das Produkt von Anspruch 10 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.5 Da der Hauptantrag aufgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit den Erfordernissen des EPÜ nicht genügt, ist es nicht notwendig, zu weiteren Einwänden Stellung zu nehmen.
3. Hilfsanträge 1 bis 9
3.1 Produktanspruch 10 gemäß dem Hauptantrag, der erteilten Anspruch 12 entspricht, verbleibt unverändert als Anspruch 7 in den Hilfsanträgen 1 bis 4, als Anspruch 6 in den Hilfsanträgen 5 und 6, als Anspruch 5 in den Hilfsanträgen 7 und 8 und als Anspruch 1 im Hilfsantrag 9. Diese Produktansprüche beruhen demzufolge nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit aus den unter dem Punkt 2.4 (supra) aufgeführten Gründen.
3.2 Da die Hilfsanträge 1 bis 9 schon aufgrund der fehlenden erfinderischen Tätigkeit den Erfordernissen des EPÜ nicht genügen, können die weiteren Einwände gegen diese Anträge unentschieden bleiben.
4. Hilfsantrag 10
4.1 Der einzige Anspruch des Hilfsantrags 10 entspricht Anspruch 10 des Hauptantrags mit dem zusätzlichen Merkmal, dass "das Mittel weiterhin eine haaravivierende Komponente enthält, die aus kationischen Polymeren, quaternären Ammoniumverbindungen und Silikonölen ausgewählt ist".
4.2 Die in E2 offenbarten Zusammensetzungen enthalten auch Silikonöle (Anspruch 1; Seite 4, Zeilen 8-49 und Beispiel 3 auf Seite 7, Zeilen 37-38), die den im Absatz [0043] des Streitpatents genannten Silikonölen entsprechen. Auch quaternäre Ammoniumverbindungen werden beschrieben (Anspruch 14; Seite 4, Zeile 50 bis Seite 5, Zeile 24, und Beispiel 3 auf Seiten 7, Zeilen 45-47) und zwar in Kombination mit Liposomen aus Phospholipiden und Hydroxyethylcellulose als Verdicker (vgl. insbesondere Beispiel 3).
4.3 Der Gegenstand des einzigen Anspruchs des Hilfsantrags 10 unterscheidet sich daher von der Offenbarung in E2, nur durch die Auswahl des Hydrogelbildners. Deshalb gelten die gleichen Argumente wie für Anspruch 10 des Hauptantrags und die jeweiligen Produktansprüche der Hilfsanträge 1 bis 9, mit der gleichen Schlussfolgerung, dass die Kombination von E2 mit E13 oder E14 zum beanspruchten Gegenstand führt. Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.