T 1161/06 () of 21.5.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T116106.20080521
Datum der Entscheidung: 21 Mai 2008
Aktenzeichen: T 1161/06
Anmeldenummer: 99972167.3
IPC-Klasse: B60R 21/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Erfassen der Belegung eines Fahrzeugsitzes mittels eines stereoskopischen Bildaufnahmesensors
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: VDO Automotive AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 131 230 wurde mit der am 26. Mai 2006 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgewiesen. Dagegen wurde von der Einsprechenden am 25. Juli 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde ebenfalls zusammen mit der Beschwerdeschrift eingereicht.

II. Es wurde am 21. Mai 2008 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schreiben vom 20. Oktober 2006, oder gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht mit Schreiben vom 25. März 2008.

Der erteilte Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:

"Vorrichtung zum Erfassen der Belegung eines Fahrzeugsitzes, wobei eine stereoskopische Bildaufnahmeeinrichtung mit mindestens einem optischen Sensor (3,4,13) die Szene des Fahrzeugsitzes (2) aufnimmt und daraus eine in mehrere Zonen aufgeteilte Tiefenkarte (21,25) ableitet, die für jede Zone den Abstand gegenüber einem Referenzpunkt angibt, dadurch gekennzeichnet, dass

der mindestens eine optische Sensor (3,4,13) eine den Zusammenhang zwischen der einfallenden Lichtstärke (l) und seinem elektrischen Ausgangssignal (U,I) beschreibende, nichtlineare Wandlerkennlinie im gesamten Arbeitsbereich aufweist, deren Kennliniensteilheit mit zunehmender Lichtstärke (l) abnimmt, dass eine Lichtquelle (10) zur Ausleuchtung der Szene des Fahrzeugsitzes (2) vorhanden ist, die synchron mit der Aktivierung der Bildaufnahmeeinrichtung (3,4,13) Licht ausstrahlt und dass die Lichtquelle (10) Licht im Infrarotbereich ausstrahlt."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass der Wortlaut "Licht im Infrarotbereich ausstrahlt" durch den Wortlaut "Licht im Infrarotbereich ausstrahlt, dass vor dem mindestens einen optischen Sensor (3,4,13) ein Infrarot-Bandpassfilter (12) angeordnet ist, dessen Durchlassbereich innerhalb des lichtempfindlichen Bereichs des mindestens einen optischen Sensors liegt" ersetzt wird.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass der Wortlaut "Licht im Infrarotbereich ausstrahlt" durch den Wortlaut "Licht im Infrarotbereich ausstrahlt, wobei die Lichtquelle (10) mehrere Infrarotlicht abstrahlenden Leuchtdioden (11) besitzt" ersetzt wird.

III. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf den nächstliegenden Stand der Technik D1 (DE-A1-197 41 393) und auf den weiteren vorliegenden Stand der Technik nicht erfinderisch sei. Insbesondere unterscheide sich die beanspruchte Erfindung von D1 lediglich durch folgende Merkmale: a) die Wandlerkennlinie ist im gesamten Arbeitsbereich nichtlinear, b) die Wandlerkennlinie nimmt mit zunehmender Lichtstärke ab, d) die Lichtquelle strahlt Licht im Infrarotbereich aus. Das weitere kennzeichnende Merkmal, wonach c) die Lichtquelle synchron mit der Aktivierung der Bildaufnahmeeinrichtung ausstrahlt, sei nämlich aus D1 bereits bekannt. Dies folge unmittelbar aus Spalte 9, Zeilen 33-40 und Figur 20 in D1, insbesondere aus der gezeigten Zeitsteuerung der Hilfslichtquelle in Figur 20 (b) und den erzeugten Sensorsignalen gemäß Figur 20 (c). Ausgehend von der objektiven Aufgabe, eine zuverlässige Erfassung der Belegung des Fahrzeugsitzes trotz hoher Helligkeitsdynamik zu ermöglichen und gleichzeitig auch keine für die Passagiere störende Beleuchtung zu erzeugen, würde der Fachmann in naheliegender Weise zu den Merkmalen a), b) und d) gelangen. Die Dokumente D2 (DE-A1-42 09 536) und D5 (Paper for the "Advanced Microsystems for Automotive Applications" conference, Berlin-Hilton, 26-27 März 1998, "A wide dynamic range CMOS stereo camera", G. Menants et al.) würden klar belegen, dass optische Bildaufnahmesensoren bekannt, und, wie bei D5, sogar explizit für die Verwendung im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik vorgesehen seien, die bei Situationen kritischer Helligkeitsdynamik einsetzbar seien, um eine sichere Erfassung der Belegung des Fahrzeugsitzes zu gewährleisten. Die Verwendung eines optischen Sensors gemäß D2 oder D5, welcher die Merkmale a) und b) des Anspruchs aufweise (siehe z.B. D5, Absatz 2.3), sei somit für den von D1 ausgehenden Fachmann naheliegend. Das Merkmal d) könne schließlich auch nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen, denn im Infrarotbereich arbeitende Sensoren seien allgemein bekannt, und besonders im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik kämen diese Sensoren zur Anwendung, weil störende Wirkungen auf die Fahrgäste damit wesentlich reduziert seien, wie z.B. aus D3 zu entnehmen sei (D3, Spalte 2, Zeilen 27-31).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weise auch keine erfinderische Tätigkeit auf, da die Verwendung eines vor dem optischen Sensor angeordneten Infrarot-Bandpassfilters bekannt sei, wie z.B. aus D6 (US-A-5 528 698) hervorgehe und bereits in D1 zumindest suggeriert werde (Spalte 6, Zeilen 59-62). Die Anpassung des Empfindlichkeitsbereichs des Sensors sei lediglich eine notwendige technische Maßnahme. Die Einführung des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokuments D6 in das Verfahren sei zulässig, da das im Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal teilweise auf die Beschreibung gestützt sei und der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidung der Einspruchsabteilung gewesen sei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 könne ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit begründen, da das hinzugefügte Merkmal eine Maßnahme darstelle, die im Belieben des Fachmanns liege und beispielsweise aus D6 bekannt sei (D6, Spalte 5, Zeilen 13-15).

IV. Die Beschwerdegegnerin führte zunächst aus, die von der Beschwerdeführerin formulierte Erfindungsaufgabe entspreche nicht der tatsächlichen objektiven Aufgabe, die eigentlich darin zu sehen sei, eine verbesserte Vorrichtung zum Erfassen der Belegung eines Fahrzeugsitzes zu schaffen, die den sehr extremen Beleuchtungsverhältnissen im Kraftfahrzeug besser Rechnung trage. Somit würden auch alle kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gleichermaßen zur Lösung dieser Aufgabe beitragen und diese würden auch Vorteile bringen, die in enger Beziehung zueinander stünden. So führe die Verwendung einer Infrarotlichtquelle, die zusätzlich nur bei eingeschaltetem Sensor aktiv sei, allgemein zu einer Reduzierung der mittleren abgestrahlten Lichtleistung, und der Einsatz eines Sensors für Infrarotlicht stelle auch gegenüber den bekannten Sensoren für sichtbares Licht eine bedeutende Vereinfachung dar. Folglich könnten die Merkmale a) bis d) nicht als eine reine Aggregation angesehen werden. Weiterhin sei das Merkmal c) aus den vorliegenden Dokumenten, insbesondere D1 oder D3, nicht bekannt. In D1 sei nämlich offenbart, dass der Bildaufnahmesensor auch ohne gleichzeitiges Einschalten der Lichtquelle aktiviert sei (D1, Figur 20 (c), Spalte 9, Zeile 40-45), was erfindungsgemäß nicht möglich sei. In D3 werde der genaue Zeitpunkt der Aktivierung der Lichtquelle relativ zur Aktivierung des optischen Sensors nicht angegeben. Selbst die Kombination von D1 mit D2 oder D5 und mit D3 führe also nicht zum beanspruchten Gegenstand, und diese Kombination sei ohnehin nicht naheliegend, weil für den Fachmann dazu keine Veranlassung bestehe. Insbesondere sei D5 ein Bericht über spezifische Forschungs- und Entwicklungsergebnisse, welcher der Durchschnittsfachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe nicht ohne Weiteres heranziehen würde. In D2 werde nicht auf die spezifische Anwendung des optischen Sensors im Sinne der Erfindung hingewiesen, sondern lediglich auf dessen Anwendung in anderen technischen Bereichen. Die weitere Kombination mit D3 sei ausgehend von D1 gleichermaßen als nicht naheliegend anzusehen, da D1 die Verwendung einer leistungsstärkeren Hilfslichtquelle offenbare, im Gegensatz zur in D3 offenbarten leistungsschwächeren Infrarotlichtquelle. Schließlich zeige D3 auch keine stereoskopische Bildaufnahmeeinrichtung, im Gegensatz zu D1 und zur vorliegenden Erfindung. Insgesamt sei also die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegeben.

Die Einreichung des Dokuments D6 mit der Beschwerdebegründung sei verspätet, weil die Patentinhaberin keinen neuen Sachverhalt vorgetragen habe. Zudem sei D6 auch nicht relevant. Das im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hinzugefügte Merkmal trage jedenfalls selbst bei Berücksichtigung von D6 zur erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstands bei, weil dieses Merkmal zusätzlich angebe, dass der Durchlassbereich innerhalb des lichtempfindlichen Bereichs des "mindestens einen optischen Sensors" liege.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil die beanspruchte besondere Ausbildung der Lichtquelle sich speziell weder aus D6 noch aus dem weiteren vorliegenden Stand der Technik ergebe.

Entscheidungsgründe

1. Diese Entscheidung erging nachdem die revidierte Fassung des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ 2000) am 13. Dezember 2007 in Kraft getreten ist. Da das Streitpatent zu diesem Zeitpunkt bereits erteilt war, finden die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 (1), Satz 2, der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 und die Entscheidungen des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 (Sonderausgabe Nr. 1, ABl. EPA 2007, 197) and 7. Dezember 2006 (Sonderausgabe Nr. 1, ABl. EPA 2007, 89) vorliegend Anwendung. Nachfolgend zitierte Artikel und Regeln ohne Zusatz beziehen sich auf die revidierte Fassung. Vorschriften mit dem Zusatz "1973" sind die der bis zu dem genannten Zeitpunkt geltenden Fassung des Europäischen Patentübereinkommens.

2. Die Beschwerde ist zulässig.

3. Das Dokument D1 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar, welches sämtliche Oberbegriffsmerkmale des erteilten Anspruchs 1 aufweist. Es ist aber strittig, ob das oben genannte, im kennzeichnenden Teil des Anspruchs aufgeführte Merkmal c), wonach die Lichtquelle "synchron mit der Aktivierung der Bildaufnahmeeinrichtung Licht ausstrahlt", in D1 offenbart ist. Hierzu ist festzustellen, dass die Auslegung dieses Merkmals durch die Beschwerdegegnerin über den eigentlichen Wortlaut des Merkmals c) hinausgeht. Dieser Wortlaut lässt nämlich nicht den Umkehrschluss zu, dass auch die Aktivierung der Bildaufnahmeeinrichtung ausschließlich synchron mit der Aktivierung der Lichtquelle zu geschehen hat. Die Beschreibung der Patentschrift (Absatz [0016], Zeilen 16-21) bestätigt voll und ganz diese Auslegung des Merkmals c) und widerspricht somit der Auslegung dieses Merkmals durch die Beschwerdegegnerin. Auf der Grundlage der korrekten Auslegung dieses Merkmals, wonach also die Lichtquelle nur dann aktiv ist, wenn auch gleichzeitig die optischen Sensoren für eine Bildaufnahme aktiv sind, lässt sich folglich auch feststellen, dass dieses Merkmal in Fig. 20 (b),(c) und Spalte 9 (Zeilen 33-40) in D1 offenbart ist.

4. Die der Erfindung zugrundeliegende objektive Aufgabe lässt sich im Prinzip aus den verbleibenden Unterscheidungsmerkmalen a),b) und d) des erteilten Anspruchs 1 gegenüber D1 ableiten. Hierbei kann man jedoch zuweilen zunächst, wie im vorliegenden Fall, zu unterschiedlichen Auffassungen gelangen. Gleichwohl haben die Formulierungen der objektiven Aufgabe durch die Beschwerdeführerin bzw. durch die Beschwerdegegnerin offensichtlich den einen Punkt gemeinsam, dass der Fachmann ausgehend von D1 eine Vorrichtung zum Erfassen der Belegung eines Fahrzeugsitzes anstreben würde, die den extremen Beleuchtungsverhältnissen im Kraftfahrzeug, sprich der kritischen Helligkeitsdynamik, besser Rechnung trägt. Dem schließt sich die Kammer an.

Zur Lösung dieser Aufgabe würde sich dem Fachmann die Verwendung eines Bildaufnahmesensors gemäß D2 oder D5 geradezu anbieten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin offenbaren D2 und D5 offensichtlich einen Bildaufnahmesensor, welcher sich vor dem Prioritätsdatum der Erfindung nicht etwa in einem Forschungs- oder Entwicklungsstadium befunden hat, sondern mit einer Ausleselogik versehen, anwendungsreif für den Einsatz in einem integrierten digitalen Bildverarbeitungssystem gewesen ist. Es wird besonders darauf hingewiesen, dass D2 über fünf Jahre vor dem Prioritätsdatum der Erfindung veröffentlicht wurde. Folglich ist davon auszugehen, dass der hier in Frage kommende Fachmann, der sich im Bereich der integrierten digitalen Bildverarbeitung besonders gut auskennt, die in D2 und D5 offenbarten Bildaufnahmesensoren in eine nähere Betrachtung einbeziehen würde.

Die besagten Sensoren besitzen insbesondere die Eigenschaften gemäß den Merkmalen a) und b) des vorliegenden Anspruchs, da diese die einfallende Lichtintensität logarithmisch in eine Ausgangsspannung umwandeln (siehe D5, Seite 4, Absatz 2.3, Figur 3; D2, Figur 3, Seite 2, Zeilen 50-53; Seite 4, Zeilen 40-46). Damit ist auch der auflösbare Kontrast unabhängig von der Beleuchtungsstärke konstant, während er bei herkömmlichen Bildzellen mit linearer Lichtempfindlichkeit mit zunehmender Intensität sinkt und auf geringe Werte zurückgeht (D2, Seite 4, Zeilen 47-56, Figur 4a,b). Dem Fachmann ist somit klar, dass sich der Bildsensor aus D2 oder D5 besonders für die Anwendung in technischen Gebieten eignet, in denen der dynamische Bereich besonders kritisch ist (D2, Seite 2, Zeilen 6-14), d.h. insbesondere bei Kraftfahrzeugen (D5, Seite 4, Absatz 2.3, Zeilen 1-2). D5 gibt sogar, wie das Streitpatent (Absatz [0002]), als einen möglichen Anwendungsbereich dieser Bildaufnahmesensoren mit nichtlinearer Lichtempfindlichkeit speziell das Auslösesystem eines Airbags in einem Kraftfahrzeug an (D5, Seite 9, Absatz 4). Obwohl in D2 nicht explizit die in D5 angegebene Verwendung im Kraftfahrzeuginnenbereich genannt wird, wird dennoch besonders die Eignung des Bildaufnahmesensors allgemein für die integrierte digitale Bildverarbeitung betont (D2, Seite 4, Zeilen 57-61). Im Lichte dieser Fakten ist die Kammer der Auffassung, dass die Verwendung eines Bildaufnahmesensors gemäß D2 oder D5 für den von D1 ausgehenden Fachmann zur Lösung des Problems der hohen Helligkeitsdynamik naheliegend ist.

5. Zum verbleibenden Unterscheidungsmerkmal d) des erteilten Anspruchs 1 ist Folgendes zu bemerken. D1 offenbart eindeutig (D1, Spalte 7, erster Absatz), dass bei der Aufnahme der Szene des Fahrzeugsitzes durch den Bildaufnahmesensor eine Hilfslichtquelle zur Abgabe von Licht hoher Intensität veranlasst wird, um dadurch eine genauere Entfernungsmessung zwischen dem einen Referenzpunkt und dem jeweiligen Punkt in der Szene des Fahrzeugsitzes zu erhalten. Bei der durch den Fachmann vorgenommenen Wahl des nichtlinearen Sensors ist die Verwendung einer Hilfslichtquelle hoher Intensität, insbesondere bei Dunkelheit, nicht mehr notwendig, weil dieser Sensor der kritischen Helligkeitsdynamik im Kraftfahrzeug besser Rechnung trägt und somit die Entfernungsmessung mittels des Bildaufnahmesensors trotz Streulichter vorbeifahrender Fahrzeuge zuverlässig ist. Folglich würde der Fachmann nun eine Lichtquelle wählen, die den Fahrkomfort erhöht und sich nicht störend auf die Fahrgäste auswirkt. Solche Lichtquellen sind z.B. Infrarotlichtquellen, die im Stand der Technik allgemein bekannt sind und gerade aus dem angegebenen Grunde auch in einer Vorrichtung zum Erfassen der Belegung eines Fahrzeugsitzes zum Einsatz kommen können (D3, Spalte 2, Zeilen 27-29). Zusätzlich hat eine solche Lichtquelle offensichtlich auch den Vorteil, dass der dazugehörige, im Infrarotlichtbereich arbeitende optische Sensor dem störenden Einfluss durch Streulichter vorbeifahrender Fahrzeuge in viel geringerem Masse ausgesetzt ist. Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf die naheliegende Kombination von D1 mit D2 oder D5 und im Hinblick auf die allgemeinen Kenntnisse des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

6. Betreffend die Zulässigkeit der Einführung des Dokuments D6 in das Beschwerdeverfahren wird festgehalten, dass das zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hinzugefügte Merkmal teilweise der Beschreibung entnommen ist (siehe Patentschrift, Absatz [0012]), und dass der Gegenstand dieses Anspruchs während des Einspruchsverfahrens vor der Einspruchsabteilung nicht diskutiert wurde, da der Hilfsantrag 1 erst in Reaktion auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht wurde und der Einspruch zurückgewiesen wurde. Es kann von der Einsprechenden nicht erwartet werden, dass sie bereits beim Einlegen des Einspruchs eine Recherche für sämtliche in der Beschreibung der Patentschrift aufgeführten Merkmale ausführt oder dies kurzfristig für einen geänderten Anspruch mit einem aus der Beschreibung entnommenen Merkmal tut, der sehr spät im Verfahren eingereicht wurde. Folglich entscheidet die Kammer, dieses Dokument, welches mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, nach Artikel 12 (4) VOBK (ABl. EPA, 2007, 536) zum Verfahren zuzulassen.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil das hinzugefügte Merkmal, bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Gründe unter Punkt 4, keinen erfinderischen Beitrag über den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 hinaus leistet. Es ist für den Fachmann offensichtlich, dass der Empfindlichkeitsbereich des Sensors mit dem Wellenbereich der Lichtquelle abzustimmen ist, und insbesondere ist es sinnvoll, den Empfindlichkeitsbereich des Sensors durch einen Bandpassfilter auf den Wellenbereich der Infrarotlichtquelle zu begrenzen, weil damit etwaige störende Effekte durch andere Lichtquellen weitgehend vermieden werden. Dies wird z.B. in D6 (Spalte 5, Zeilen 19-23) offenbart.

8. Dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 wurde gegenüber dem erteilten Anspruchsgegenstand hinzugefügt, dass "die Lichtquelle mehrere Infrarotlicht abstrahlende Leuchtdioden besitzt". Die Verwendung mehrerer Leuchtdioden kann z.B. für die Erzielung einer für die Messung ausreichenden Beleuchtung notwendig sein und kann in Verbindung mit den weiteren Anspruchsmerkmalen, unter Berücksichtigung der unter Punkt 4 angegebenen Gründe, nicht eine erfinderische Tätigkeit begründen. Im Übrigen wird diese Maßnahme z.B. in D6 offenbart (Spalte 5, Zeilen 12-17).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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