European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T112106.20081106 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 November 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1121/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98107119.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B42D 15/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sicherheitspapier und Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitspapiers | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke & Devrient GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Landqart AG FABRICA NACIONAL DE MONEDA Y TIMBRE - REAL CASA DE LA MONEDA CARTIERE MILIANI FABRIANO S.p.A. |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erweiterung gegenüber dem Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2, ja) Erweiterung des Schutzbereichs (Hilfsantrag 3, ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 860 298 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf die Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ), 100 b) EPÜ und 100 c) EPÜ angegriffen worden.
II. Am 6. November 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage der folgenden Unterlagen:
- Hauptantrag: Ansprüche 1 bis 13, eingereicht am 14. September 2006,
- Erster Hilfsantrag: Ansprüche 1 bis 8, eingereicht als Hilfsantrag 1 am 2. Oktober 2008,
- Zweiter Hilfsantrag: Ansprüche 1 bis 8, eingereicht als Hilfsantrag 2 am 2. Oktober 2008,
- Dritter Hilfsantrag: Ansprüche 1 bis 8, eingereicht als Hilfsantrag 3 in der mündlichen Verhandlung.
IV. Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende 01), die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende 02) und die Beschwerdegegnerin III (Einsprechende 04) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz.
V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitspapiers (15) mit einem teilweise in das Sicherheitspapier (15) eingebetteten Sicherheitsband (7, 19), das folgende Schritte aufweist:
- auf einem Sieb (4) wird eine erste Papierbahn (6) gebildet, die eine dem Sieb (4) zugewandte Vorderseite (13) und eine vom Sieb (4) abgewandte Rückseite (14) aufweist,
- während der Blattbildung wird ein Sicherheitsband (7, 19) mit einer Breite von größer 2mm derart eingebettet, dass auf der Vorderseite (13) der ersten Papierbahn (6) definierte Fenster (16) gebildet werden, durch die das Sicherheitsband (7, 19) frei zugänglich ist, wobei auf der Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) im Bereich des Sicherheitsbandes (7, 19) bereits Fehlstellen in Form von Löchern auftreten, die Vorderseite der Papierbahn aber noch eine fehlerfreie Oberfläche aufweist,
- eine zweite Papierbahn (9) wird gebildet, die nach Fertigstellung der ersten Papierbahn (6) auf die Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) aufgebracht und mit dieser verbunden wird, so dass die zufallsbedingten Fehlstellen (18) abgedeckt werden, wobei die zweite Papierbahn (9) eine Dicke von 10 bis 50% der Gesamtdicke des Sicherheitspapiers (15) aufweist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitspapiers (15) mit einem teilweise in das Sicherheitspapier (15) eingebetteten Sicherheitsband (7, 19), das folgende Schritte aufweist:
- auf einem Sieb (4) wird eine erste Papierbahn (6) gebildet, die eine dem Sieb (4) zugewandte Vorderseite (13) und eine vom Sieb (4) abgewandte Rückseite (14) aufweist,
- während der Blattbildung wird ein Sicherheitsband (7, 19) mit einer Breite von größer 2 mm derart eingebettet, dass auf der Vorderseite (13) der ersten Papierbahn (6) definierte Fenster (16) gebildet werden, durch die das Sicherheitsband (7, 19) frei zugänglich ist, wobei auf der Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) im Bereich des Sicherheitsbandes (7, 19) zufallsbedingte Fehlstellen (18) in Form von Löchern auftreten, die Vorderseite der Papierbahn aber noch eine fehlerfreie Oberfläche aufweist,
- auf einem weiteren Sieb (11) wird eine zweite Papierbahn (9) gebildet, die nach Fertigstellung der ersten Papierbahn (6) auf die Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) aufgebracht und mit dieser verbunden wird, so dass die zufallsbedingten Fehlstellen (18) abgedeckt werden, wobei die zweite Papierbahn (9) eine Dicke von 10 bis 50 % der Gesamtdicke des Sicherheitspapiers (15) aufweist, und
- dass sich weitere Verfahrensschritte, wie Kalandrieren, Leimen, Trocknen etc. zur Fertigstellung des Papiers in bekannter Weise ausschließen."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass die Breite des Sicherheitsbandes wie folgt definiert ist:
"mit einer Breite von größer 2 mm und kleiner 5 mm"
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitspapiers (15) mit einem teilweise in das Sicherheitspapier (15) eingebetteten Sicherheitsband (7, 19), das folgende Schritte aufweist:
- auf einem Sieb (4) wird eine erste Papierbahn (6) gebildet, die eine dem Sieb (4) zugewandte Vorderseite (13) und eine vom Sieb (4) abgewandte Rückseite (14) aufweist,
- während der Blattbildung wird ein flüssigkeitsundurchlässiges Sicherheitsband (7, 19) mit einer Breite von größer 2 mm und kleiner 5 mm derart eingebettet, dass auf der Vorderseite (13) der ersten Papierbahn (6) definierte Fenster (16) gebildet werden, durch die das Sicherheitsband (7, 19) frei zugänglich ist, wobei auf der Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) im Bereich des Sicherheitsbandes (7, 19) Fehlstellen (18) in Form von Löchern auftreten, die Vorderseite der Papierbahn aber noch eine fehlerfreie Oberfläche aufweist,
- auf einem weiteren Rundsieb (11) wird parallel zum ersten Verfahrensschritt eine zweite Papierbahn (9) gebildet, die nach Fertigstellung der ersten Papierbahn (6) auf die Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) aufgebracht und mit dieser verbunden wird, so dass die Fehlstellen (18) abgedeckt werden, wobei die zweite Papierbahn (9) eine Dicke von 10 bis 50 % der Gesamtdicke des Sicherheitspapiers (15) aufweist, und
- dass sich weitere Verfahrensschritte, wie Kalandrieren, Leimen, Trocknen etc. zur Fertigstellung des Papiers in bekannter Weise ausschließen."
VI. Das Streitpatent beruht auf der europäischen Anmeldung 98107119.4, die eine Teilanmeldung der europäischen Anmeldung 94106421.4 (frühere Anmeldung) ist.
VII. Die Beschwerdeführerin hat zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ und bezüglich des Merkmals "zufallsbedingte Fehlstellen" im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Ausdruck zufallsbedingte Fehlstellen bedeute, dass die Zahl und Größe der Fehlstellen zufallsbedingt sei, nicht jedoch das Auftreten von Fehlstellen an sich. Die Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers entstünden zwangsläufig, wenn das Sicherheitsband eine Breite von 2 mm übersteige, die Zahl und Größe dieser Fehlstellen sei aber nicht voraussagbar. Diese Bedeutung des Ausdrucks zufallsbedingt ergebe sich aus Spalte 7, Zeilen 2 bis 12, der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung. Auch wenn sich diese Stelle primär auf die Fehlstellen auf der Oberseite des Papiers beziehe, die auch dort bei einer noch größeren Breite des Sicherheitsbands entstehen können, so werden dabei dennoch die Fehlstellen auf der Papierunterseite einbezogen. Der Satzteil "dass auch dort zusätzlich zu den bewusst erzeugten Fensterbereichen zufallsbedingte Löcher entstehen" verknüpfe die Eigenschaft zufallsbedingt auch mit den Löchern auf der Unterseite des Papiers. Hierbei werde auch klar differenziert zwischen zufallsbedingten Fehlstellen und bewusst erzeugten Fehlstellen. Letztere seien die definierten Fenster auf der Oberseite des Papiers. Dieser Sachverhalt ergebe sich auch aus den Figuren 3 und 4 der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, die den Figuren 3 und 4 des Streitpatents entsprächen. Bezugszeichen 16 kennzeichne dabei die bewusst erzeugten Fenster auf der Oberseite des Papiers und Bezugszeichen 18 die zufallsbedingten Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers. Das in Spalte 2, Zeilen 45 bis 52 der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung beschriebene Auftreten von Fehlstellen auf der Papierunterseite sei in Einklang mit dieser Betrachtungsweise. Der an dieser Stelle in Zusammenhang mit den Fehlstellen benutzte Ausdruck "willkürlich" bedeute dasselbe wie "zufällig". Die im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 und 2 genannten zufallsbedingten Fehlstellen seien somit in der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart, ebenso wie in der diesbezüglich gleichlautenden Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, so dass die Erfordernisse der Artikel 76(1) und 123(2) EPÜ erfüllt seien.
Die Streichung eines Anspruchsmerkmals bedeute nicht generell eine Erweiterung des Schutzbereichs des Anspruchs. Fehlstellen im Papier entstünden durch das zu breite flüssigkeitsundurchlässige Sicherheitsband und der damit zusammenhängenden Störung des Entwässerungsprozesses. Die Zahl und Größe solcher Fehlstellen sei nicht beeinflussbar. Eine Fehlstelle könne man nicht systematisch produzieren. Sie sei zudem immer unerwünscht und werde deshalb nie bewusst erzeugt. Einer solchen Fehlstelle hafte somit inhärent die Eigenschaft der Zufälligkeit an. Somit sei eine Fehlstelle, ob sie nun explizit das Adjektiv "zufallsbedingt" trage oder nicht, immer zufallsbedingt. "Zufallsbedingte Fehlstelle" stelle also einen Pleonasmus dar. Aus diesem Grunde könne man das Adjektiv "zufallsbedingt" in den Ansprüchen weglassen, ohne gegen Artikel 123(3) EPÜ zu verstoßen.
VIII. Die Beschwerdegegnerinnen haben zum Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ und bezüglich des Merkmals "zufallsbedingte Fehlstellen" im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Ausdruck "zufallsbedingt" werde in der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nur an einer einzigen Stelle verwendet. Er beziehe sich jedoch nicht auf die Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers, sondern auf die Fehlstellen auf der Oberseite des Papiers, die dort zusätzlich zu den bewusst erzeugten Fenstern entstehen könnten. Spalte 6, Zeilen 48 bis 57 der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung beschrieben die Löcher auf der Oberseite des Papiers, die entstünden, wenn die Breite des Sicherheitsbands deutlich vergrößert werde. Die Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers seien nicht als zufallsbedingt, sondern als bewusst erzeugte Fehlstellen beschrieben. Es sei auch nirgendwo erklärt, dass sich der Ausdruck "zufallsbedingt" auf die Größe und Anzahl der Fehlstellen und nicht auf das Auftreten der Fehlstellen beziehe. Vielmehr werde in Spalte 2, Zeilen 47 bis 53, der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung erklärt, dass die Fehlstellen in eine definierte Form gebracht würden. Der in Spalte 2, Zeile 45, der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung in Zusammenhang mit der Beschreibung des Entstehens von Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers benutzte Ausdruck "willkürlich" sei nicht gleichbedeutend mit dem Ausdruck "zufallsbedingt". Somit seien zufallsbedingte Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers in der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß der Hilfsanträge 1 und 2 nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ entspreche.
Fehlstellen seien nicht in jedem Fall zufallsbedingt. Sie könnten auch bewusst erzeugt werden, z.B. mittels eines Wasserstrahls. Ein Pleonasmus liege somit bei dem Ausdruck "zufallsbedingte Fehlstellen" nicht vor. Da zufallsbedingte Fehlstellen auf der Unterseite des Papiers ursprünglich nicht offenbart worden seien, und die Aufnahme solcher Fehlstellen in den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 und 2 gegen Artikel 76(1) bzw. 123(2) EPÜ verstoße, habe der Ausdruck "zufallsbedingt" sehr wohl eine Bedeutung und könne nicht weggelassen werden, ohne den Schutzbereich des jeweiligen Anspruchs zu erweitern. Somit verletzte der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 den Artikel 123(3) EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Da das Streitpatent auf einer Teilanmeldung beruht, hat es die Erfordernisse des Artikels 76(1) EPÜ zu erfüllen.
2. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag spricht an einer Stelle und Anspruch 1 gemäß der Hilfsanträge 1 und 2 an zwei Stellen von zufallsbedingten Fehlstellen auf der Rückseite der ersten Papierbahn.
Der Ausdruck "zufallsbedingt" findet sich in der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nur an einer einzigen Stelle, nämlich in Spalte 7, Zeile 6. Im zugehörigen Beschreibungsteil wird erläutert, dass zufallsbedingte Löcher auf der Oberseite der Papierbahn zusätzlich zu den auf der Oberseite bewusst erzeugten Fensterbereichen entstehen, wenn die Breite des Sicherheitsbands deutlich vergrößert wird. Insbesondere wird dort ausgeführt, dass die Blattbildung im Schichtbereich 13 (also auf der Oberseite der Papierbahn) durch die deutliche Vergrößerung der Breite des Sicherheitsbands so beeinflusst wird, "dass auch dort zusätzlich zu den bewusst erzeugten Fensterbereichen zufallsbedingte Löcher entstehen". Die Stellung des Wortes "auch" in diesem Satzteil mag zunächst darauf hindeuten, dass woanders ebenfalls zufallsbedingte Löcher auftreten. Fehlstellen in Form von Löchern sind an anderer Stelle der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung in Zusammenhang mit der Unterseite der Papierbahn beschrieben. So heißt es in Spalte 2, Zeilen 45 bis 52 dieser Anmeldung, dass "der Sicherheitsfaden bewusst so breit ausgeführt wird, dass zwangsläufig ein Papier entsteht, das im Bereich des Sicherheitsfadens bzw. Sicherheitsbandes Fehlstellen in Form von willkürlichen Löchern aufweist". Hieraus ist zu entnehmen, dass diese Fehlstellen nun gerade kein Zufall sind, sondern bewusst dadurch erzeugt werden, dass man ein Sicherheitsband einer bestimmten Breite wählt. Der Ausdruck "willkürlich" ist nicht gleichbedeutend mit dem Ausdruck "zufallsbedingt". Willkür impliziert eine Absicht, steht also dem Zufälligen eher entgegen, und bezieht sich auf eine Handlung. Ein Loch aber ist ein unselbständiger Gegenstand, der keine Willkür ausüben kann. Demnach kann der Ausdruck "willkürlich" in der zitierten Textstelle nur als "willkürlich erzeugt" verstanden werden. In Einklang damit steht der der eben zitierten Textstelle folgende Beschreibungsteil, Spalte 2, Zeilen 52 bis 56, der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, wo es heißt, dass der Fachmann normalerweise versucht, Fehlstellen zu vermeiden, dies bei der Papierherstellung gemäß Streitpatent aber gerade nicht tut und die durch die Breite des Sicherheitsbands verursachte Fehlstellenbildung in Kauf nimmt. Auch die weiteren Stellen der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, in denen die Fehlstellen auf der Unterseite der Papierbahn erwähnt werden, zeigen, dass diese Fehlstellen nicht zufallsbedingt sind, sondern eine konkrete Ursache haben. Dies sind Spalte 3, Zeilen 3 bis 10 und 28 bis 30, Spalte 6, Zeilen 45 bis 51, Spalte 7, Zeilen 13 bis 20, und Spalte 11, Zeilen 23 bis 30. Somit wird die Bedeutung des Wortes "auch" in Spalte 7, Zeile 5, die man annehmen könnte, nicht bestätigt, sondern widerlegt. Man wird sich allerdings fragen, welche Bedeutung das Wort "zufallsbedingt", dort wo es gebraucht wird, haben kann, denn streng genommen haben auch die Löcher auf der Papieroberseite, die nicht bewusst erzeugte Fensterbereiche sind, eine Ursache. Hierbei allerdings handelt es sich tatsächlich im Gegensatz zu den Löchern der Unterseite der Papierbahn um ungewollte Löcher, die der Fachmann verhindern will. Sollten nämlich durch eine unbeabsichtigte Fehleinstellung (z.B. ein Sicherheitsband mit einer Breite im oberen Grenzbereich in Verbindung mit einer unbeabsichtigten Fehleinstellung eines weiteren Verfahrensparameters) neben den Fenstern auf der Papieroberseite weitere Löcher entstehen, würde der Fachmann sofort Korrekturen vornehmen oder den Herstellungsprozess unterbrechen.
Die Kammer vermag auch der Interpretation der Beschwerdeführerin, dass "zufallsbedingte Fehlstellen" bedeute, dass Größe und Zahl der Fehlstellen zufallsbedingt seien, nicht aber das Auftreten der Fehlstellen an sich zufallsbedingt sei, nicht zu folgen. Eine entsprechende Aussage findet sich in der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht. Zwar heißt es in Spalte 3, Zeilen 10 bis 12, und Spalte 7, Zeilen 7 bis 12, dass Zahl und Größe der Löcher mit der Breite des Sicherheitsbands zunehmen, daraus lässt sich aber die Interpretation der Beschwerdeführerin selbst bei isolierter Betrachtung dieser Textstellen nicht entnehmen. Wäre dies gemeint gewesen, so hätte dies nicht nur in der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, sondern auch im jeweiligen Anspruch 1 entsprechend ausgedrückt werden müssen, da man "zufallsbedingte Fehlstellen" ohne zusätzliche Erklärungen so interpretiert, dass das Auftreten der Fehlstellen zufallsbedingt ist. Daran ändert auch der Ausdruck "willkürliche Löcher" nichts. Dieser mag bedeuten, dass Zahl und Größe der Löcher der Willkür unterliegen, aber sie unterliegen nicht dem Zufall.
Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass zufallsbedingte Fehlstellen auf der Unterseite der Papierbahn in der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart sind, sodass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß der Hilfsanträge 1 und 2 über den Inhalt dieser Anmeldung hinausgeht. Die Erfordernisse des Artikels 76(1) EPÜ sind somit nicht erfüllt.
3. Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung enthält bei zwei seiner Merkmale zufallsbedingte Fehlstellen, nämlich einmal "wobei auf der Rückseite (14) der ersten Papierbahn (6) im Bereich des Sicherheitsbandes (7,19) zufallsbedingte Fehlstellen (18) in Form von Löchern in Kauf genommen werden" und zum anderen, wie in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 und 2, "so dass die zufallsbedingten Fehlstellen (18) abgedeckt werden". In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gibt es nur noch Fehlstellen, der Ausdruck "zufallsbedingt" wurde gestrichen. In einem üblichen Verfahren zur Papierherstellung sind Fehlstellen normalerweise nicht gewollt und werden durch entsprechende Einstellung der Verfahrensparameter zu vermeiden versucht, so dass dennoch auftretende Fehlstellen als zufällig zu bezeichnen sein mögen und die Zufälligkeit dabei somit ein inhärentes Merkmal von Fehlstellen sein mag. Das Verfahren des Streitpatents wird aber bewusst so außerhalb der üblichen Einstellungen betrieben, nämlich durch Verwendung eines Sicherheitsbands, das eine Breite zwischen 2 und 5 mm aufweist, dass Fehlstellen zwangsläufig und gewollt auftreten (vgl. Punkt 2 oben). Es wird also durch das Verfahren des Streitpatents eine neue Kategorie von Fehlstellen eingeführt, nämlich bewusst erzeugte Fehlstellen. Damit hat, zumindest für das Streitpatent, eine Fehlstelle nicht mehr die implizite Eigenschaft der Zufälligkeit und das Wort "zufallsbedingt" bekommt eine einschränkende Bedeutung. Damit ergibt sich umgekehrt eine Erweiterung der Bedeutung, wenn, wie im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, offen gelassen wird, ob eine Fehlstelle zufallsbedingt ist oder nicht. Der Schutzbereich dieses Anspruchs ist somit weiter als der Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1. Somit entspricht der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht den Erfordernissen des Artikels 123(3) EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.