T 1044/06 () of 18.7.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T104406.20070718
Datum der Entscheidung: 18 Juli 2007
Aktenzeichen: T 1044/06
Anmeldenummer: 00100294.8
IPC-Klasse: F16H 48/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Ausgleichsgetriebe
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: ThyssenKrupp Präzisionsschmiede GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Änderung - Zulässigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0003/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Einsprechenden gegen das europäische Patent Nr. 1 028 273 eingelegte Einspruch, der unter anderem auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ gestützt wurde, führte mit der am 11. Mai 2006 zur Post gegebenen Entscheidung zum Widerruf des Patents.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Inhalt der Anmeldung erweitert wurde. Sie befand, dass die Weglassung des Merkmals des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 "einen Kurzbolzen, der mit einem seiner Enden an mindestens einem der übrigen Bolzen gelagert ist" (Merkmal (i)) sowie die Einführung im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 des Merkmals "zu dessen Lagerung an einem weiteren Bolzen (61 `62) ist ein Stützelement (50) vorgesehen" (Merkmal (ii)) über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausging.

III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 5. Juli 2006 Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 20. September 2006 eingereicht.

IV. Mit Schreiben vom 31. Juli 2006 beantragte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

V. Mit Schreiben vom 27. Februar 2007 waren die Parteien zu einer für den 25. Mai 2007 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. In der Anlage zur Ladung stellte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung zur Frage der unzulässigen Erweiterung dar.

Eine Zurückverweisung an die erste Instanz zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens wurde in Aussicht gestellt, sollten neu eingereichte Ansprüche die Einwände in Bezug auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ ausräumen.

VI. Mit Schreiben vom 28. März 2007 beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des neuen nachfolgenden Anspruchs 1:

"Ausgleichsgetriebe mit einem Planetenträger (1), einem ersten Kegelrad (8) sowie einem zweiten Kegelrad(25), welche jeweils relativ zueinander drehbar auf einer zentralen Rotationsachse (z) angeordnet sind, mit mindestens drei Ausgleichsrädern (67, 68, 69, 70), welche in einer senkrecht zur zentralen Rotationsachse (z) und zwischen den beiden Kegelrädern (8, 25) liegenden Ebene zueinander beabstandet um die zentrale Rotationsachse (z) herum angeordnet sind und jeweils das erste und das zweite Kegelrad (8, 25) miteinander koppeln, mit mindestens drei Bolzen (40, 61, 62), welche an ihrem einen Ende jeweils am Planetenträger (1) gelagert sind und auf denen die Ausgleichsräder (67, 68, 69, 70) um ihre jeweilige eigene Rotationssachse drehbar angeordnet sind, wobei das Ausgleichsgetriebe einen Hauptbolzen (40) besitzt, der an beiden seiner Enden am Planetenträger (1) gelagert ist, und mindestens einen Kurzbolzen (61, 62), zu dessen Lagerung mit seinem anderen Ende an einem der oder dem übrigen Kurzbolzen (61` 62) ein Stützelement (50) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Stützelement (50) zum Hauptbolzen (40) beabstandet abgestützt ist."

Zur Stützung ihres Vorbringen hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, dass die in den Ansprüchen durchgeführten Änderungen die Bedenken der Beschwerdekammer sowie die Einwände der Beschwerdegegnerin berücksichtigen und in jedem Fall im Umfang der ursprünglichen Offenbarung lägen.

VII. Nach der Übermittlung der Eingabe vom 28. März 2007 hat die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 7. Mai 2007 mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würde. Sie hat sich sachlich zum geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 nicht geäußert.

VIII. Mit Schreiben vom 23. Mai 2007 hat die Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der mit diesem Schreiben eingereichten Ansprüche 1 bis 3 beantragt, wobei der Anspruch 1 mit dem mit Eingabe vom 28. März 2007 eingereichten Anspruch 1 identisch ist. Sie hat die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung beantragt und den eingangs hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen.

IX. Mit Verfügung vom 23. Mai 2007 wurde die mündliche Verhandlung aufgehoben.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Die Erklärung der Beschwerdegegnerin in ihrem Schreiben vom 7. Mai 2007, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, hat die Kammer als Zurücknahme des Antrags auf mündlichen Verhandlung ausgelegt (vgl. T 3/90, ABl. EPA 1992, 737). Es wird daher aufgrund des schriftlichen Vorbringens der Beschwerdegegnerin entschieden.

3. Zulässigkeit der Änderungen

3.1 Das geänderte Patentbegehren

In der Anmeldung in seiner ursprünglich eingereichten Fassung waren zwei Ausführungsbeispiele des Ausgleichsgetriebes beschrieben. Wegen der Relevanz der Entgegenhaltung DE-U-1 851 426 (vgl. das in Figur 2 dieser Gebrauchsmusteranmeldung dargestellte Ausgleichsgetriebe) sind im Laufe des Prüfungsverfahrens die Patentansprüche auf die Ausführungsform des Ausgleichsgetriebes eingeschränkt worden, bei der gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 und entsprechend dem ursprünglich eingereichten Anspruch 6 das Stützelement 50 des Getriebes zum Hauptbolzen 40 beabstandet abgestützt ist. Dadurch, dass das Stützelement 50 eine vergrößerte Bohrung aufweist und somit nicht in Kontakt mit dem Hauptbolzen 40 kommt, erfolgt keine Abstützung des Stützelementes 50 am Hauptbolzen 40. Der Hauptbolzen 40 wird umgegangen, indem die beiden Kurzbolzen 61, 62 über das Abstützelement 50 an ihren Enden miteinander verbunden sind und sich so aneinander abstützen. Auf diese Weise ist der Hauptbolzen 40 entlastet (siehe Absatz [0033] der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung).

3.2 In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung im Einklang mit der Einsprechenden (Beschwerdegegnerin) gerügt, dass der Wortlaut des Merkmals (ii) ("einen Kurzbolzen, zu dessen Lagerung an einem weiteren Bolzen (61 `62) ein Stützelement (50) vorgesehen ist") eine Lagerung über einen beliebigen weiteren Bolzen einschließe, der kein Kurzbolzen im Sinne des Oberbegriffs des Anspruchs sein müsse, kein Ausgleichsrad tragen müsse und dessen Ende nicht am Planetenträger gelagert werden müsse, wogegen die ursprünglichen Unterlagen zwingend verlangten (vgl. Merkmal (i)), dass die beanspruchte Lagerung am anderen Ende des Kurzbolzens über ein Stützelement erfolge, das sich an mindestens einem der übrigen Kurzbolzen abstütze. Eine Abstützung des Stützelements über einen beliebigen "weiteren Bolzen" gemäß Merkmal (ii) sei in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht offenbart.

3.3 Der geänderte Wortlaut des Patentanspruchs 1 stellt nunmehr klar, dass der Kurzbolzen mit seinem anderen Ende über das Stützelement lediglich an einem der oder dem übrigen Kurzbolzen gelagert sein kann, wobei das hiermit gemeinte "andere Ende" des Kurzbolzens das gegenüberliegende Ende von dessen Ende ist, das am Planetenträger gelagert ist (vgl. Oberbegriff des Anspruchs).

3.4 Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 entsprechen jeweils den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 5 und 7.

3.5 Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die vorliegende Fassung der Ansprüche den mit dem Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ gerügten Verstoß der unzulässigen Erweiterung behebt. Der Schutzbereich der Ansprüche ist durch die durchgeführten Änderungen auch nicht erweitert worden, so dass die Ansprüche die formalen Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllen.

4. Im Hinblick auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ hat die Einspruchsabteilung die Frage der Offenkundigkeit der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Vorbenutzung eines in Lastkraftwagen der Firma IVECO eingebauten Getriebes offen gelassen. Weil das Patent aus einem anderen Einspruchsgrund (Artikel 100 c) EPÜ) widerrufen wurde, hat sie insbesondere davon abgesehen, Zeugen zu laden, die zu der Behauptung der Einsprechenden benannt worden sind, dass zwischen Hauptbolzen und Stützelement des angeblich vorbenutzten Getriebes ein Abstand bestehe.

Die Kammer hält es daher für angebracht, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ an die erste Instanz zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens zurückzuverweisen.

Die Beschreibung ist an die geänderten Ansprüche nicht angepasst worden. Möglicherweise wären im Hinblick auf Artikel 84 und 69 EPÜ Übereinstimmungsmängel zu beseitigen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der mit Schreiben vom 23. Mai 2007 eingereichten Patentansprüche 1 bis 3 zurückverwiesen.

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