European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T099406.20080605 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Juni 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0994/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96810862.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 77/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Deckelmaterial sowie dessen Verwendung | ||||||||
Name des Anmelders: | Alcan Technology & Management AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | TEICH Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent Nr. 0 847 933 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die Erfordernisse der Artikel 56, 123(2) und (3) EPÜ durch das Patent in geändertem Umfang erfüllt seien.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte mit ihrer Beschwerde vom 24. April 2006 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patentes Nr. 0 847 933.
In ihrer Begründung erhob sie Mängel unter Artikel 123(2) EPÜ gegen Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung und stellte die erfinderische Tätigkeit in Frage, Bezug nehmend auf den Stand der Technik aus dem Einspruchsverfahren.
IV. In ihrem Ladungsbescheid vom 5. März 2008 teilte die Kammer den Parteien ihre Bedenken zur Zulässigkeit der Änderung im Anspruch 1 (Artikel 123(2)) und zur erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von der D7 (EP 0292386 A) als nächstliegenden Stand der Technik mit. Zu den von dem Verfahren nach D7 anspruchsgemäß unterschiedlichen Merkmalen wurden im Bescheid die D2 (GB 1 536 556 A) und D3 (US 4 214 029 A) herangezogen. Diese Dokumente stammen aus dem Einspruchsverfahren.
V. Am 5. Juni 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die genannten Dokumente nochmals erörtert wurden.
Die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin war, wie bereits mit Schreiben vom 21. Mai 2008 angekündigt, nicht anwesend. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung das Patent in beschränktem Umfang auf der Basis des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchsatzes aufrechtzuerhalten.
VI. Der während der mündlichen Verhandlung eingereichte unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt: "Verfahren zur Herstellung von Deckelmaterial (10) für Behälter mit einem Schulterbereich aus einem eine transparente, opake oder lichtundurchlässige Folie oder einen Folienverbund, aus wenigstens einem Kunststoff der Reihe der Polyester, der Polyolefine, wie Polyethylenen oder Polypropylenen, der Polyamide oder aus einer Metallfolie oder einer mit Kunststoff beschichteten Metallfolie enthaltenden Trägermaterial (5) mit einer, bezogen auf den Behälter (1), an dem das Deckelmaterial (10) angewendet wird, nach aussen weisenden Bedruckung (6) und einer nach innen weisenden Siegelschicht, zum Verschliessen des Behälters, dadurch gekennzeichnet dass die nach innen weisende Siegelschicht in Form eines Druckbildes mittels eines Druckverfahrens auf dem Trägermaterial (5) angebracht wird, wobei das Druckbild dem Schulterbereich des Behälters (1) entspricht".
VII. Die Beschwerdegegnerin hat im mündlichen und schriftlichen Verfahren im Wesentlichen folgendes vorgetragen: Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 D3 beträfe eine mehrschichtige Einwickelfolie, deren Schichten durch Niedertemperatursiegelungen zusammengehalten seien. Somit sei die aus der D3 bekannte Folie gattungsfremd gegenüber der aus der D7 bekannten Deckelfolie für einen Becher. Der Fachmann würde Informationen betreffend die Herstellung zwei gattungsfremder Gegenstände, d.h. Informationen aus der D7 und D3 nicht mit einander kombinieren. Er würde daher nicht ohne erfinderisch tätig zu werden zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
Entscheidungsgründe
1. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1
Wie bereits im Ladungsbescheid mitgeteilt, ist die Kammer folgender Auffassung:
1.1 In der Ausführungsform gemäß Figur 4 der D7 wird ein Verfahren zur Herstellung von Deckelmaterial für Behälter dargestellt, wonach auf einem aus dünner Aluminiumfolie (20 - 100 µm) bestehenden Deckel, siehe Spalte 3, Zeilen 49, 50, eine dem Schulterbereich des Behälters entsprechende Siegelschicht durch lokales Aufspritzen aufgebracht wird. Dies wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Daher unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents von dem oben erwähnten, aus der D7 bekannten Verfahren dadurch, dass das Trägermaterial eine nach außen weisende Bedruckung aufweist und dass die Siegelschicht mittels eines Druckverfahrens anstatt mittels eines Aufspritzverfahrens aufgebracht wird.
1.2 Das Trägermaterial eines Behälterdeckels mit einer nach außen weisenden Bedruckung vorzusehen war für den Fachmann vor dem Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung eine Selbstverständlichkeit, siehe hierzu auch D2, Seite 1, Zeilen 51 bis 56, in dem eine nach außen weisende Bedruckung auf der äußeren Aluminiumschicht eines Becherdeckels, welcher mittels Heißversiegelung auf z.B. einen Joghurtbecher angebracht wird, siehe Seite 1, Zeilen 10 bis 13, vorgesehen ist. Es ist daher in diesem Unterscheidungsmerkmal kein erfinderischer Überschuss zu erkennen. Dies wurde auch seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
1.3 Es ist daher zu untersuchen, ob das Aufbringen der Siegelschicht auf das Trägermaterial dieses Behälterdeckels mittels eines Druckverfahrens anstatt, wie bereits aus der D7 bekannt, mittels eines Aufspritzverfahrens, dem Fachmann die Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit abverlangt. Das Ergebnis beider Verfahren ist in technischer Hinsicht gleich. Die zu lösende Aufgabe ist daher darin zu sehen, eine alternative bzw. eine vereinfachte Art der Aufbringung der Siegelschicht auf das Trägermaterial des Deckels zu verwenden.
1.4 Die Applizierung einer Siegel- bzw. Klebeschicht auf einer Verpackungsfolie entlang eines bestimmten Musters mittels eines Druckverfahrens ist ein allgemein bekanntes Verfahren auf dem Verpackungsgebiet. Als Beleg dafür dient die D3, welche eine mehrlagige Folie zur Verpackung von Genussmitteln beschreibt, siehe Spalte 1, Zeilen 5 bis 16; Anspruch 1. Bei dieser Folie wird auf der äußeren Schicht 12 eine mittels eines Druckverfahrens applizierte Siegelschicht in Form eines, dem jeweiligen Objekt bzw. der jeweiligen Anwendung angepassten Musters aufgetragen, siehe Spalte 2, Zeilen 3 bis 12 und 38 bis 49. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Fachmann - auf der Suche nach einem alternativen Verfahren zur Applizierung der entsprechenden Siegelschicht auf das Trägermaterial für diese Deckel - das aus der D3 bekannte Druckverfahren zur Applizierung einer Siegelschicht auf eine Verpackungsfolie auf das aus der D7 bekannte Verfahren übertragen würde, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden.
1.5 Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, dass die D3 eine Einwickelfolie beschreibe. Bei einer solchen Folie werden durch Niedertemperatursiegelung mehrere Schichten zusammen gehalten. Der Fachmann - auf der Suche nach einem alternativen Verfahren zur Applizierung der Siegelschicht auf das Trägermaterial für die Becherdeckel - würde daher die D3 gar nicht in Betracht ziehen, da diese nicht auf das Deckelmaterial eines Behälters, wie es der Fall im Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung sei, gerichtet und somit einen gattungsfremden Gegenstand beträfe. Die Kammer kann der von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Argumentation aus folgenden Gründen nicht folgen: Es ist allgemein bekannt, dass zwei der gängigsten Methoden, Lebensmittel zu verpacken entweder die mittels eines Bechers mit entsprechender Deckelfolie sind, wie in der D7 offenbart, oder die mittels des direkten Einwickelns mit einer Folie, wie es in der D3 der Fall ist. Demzufolge beschreiben beide Druckschriften Gegenstände der gleichen Gattung, nämlich Folien, welche in Verbindung mit einer Verpackung von Lebensmitteln, eingesetzt werden. Dabei beschreibt die D3 eine Verpackungsfolie, welche ein lokal begrenztes, d.h. entlang eines Musters Auftragen der Siegelschicht offenbart. Die Tatsache, dass in der D3 von Einwickeln ("wrapping") der Produkte (Lebensmittel) mittels der Folie die Rede ist, würde den Fachmann nicht davon abhalten, die darin beschriebene Art der Applizierung der Siegelschicht - nämlich durch ein Druckverfahren - auch auf eine Folie zu übertragen, welche später als Deckel für einen Lebensmittel enthaltenden Becher fungieren wird. In beiden Fällen handelt es sich um die Verpackung und den Schutz der verpackten Mittel vor äußeren Einflüssen, und insbesondere vor Feuchtigkeit. Der Fachmann würde es daher, für den Fall, dass er nach einer Alternativen für die Applizierung der Siegel-schicht auf das Trägermaterial der Deckel der D7 suchen würde, es als selbstverständlich erachten, die aus der D3 bekannte Art der Applizierung der Siegelschicht, nämlich die mittels eines Druckverfahrens, zu verwenden. Daraus folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und dass die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ somit nicht erfüllt sind.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.