T 0711/06 () of 9.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T071106.20090109
Datum der Entscheidung: 09 Januar 2009
Aktenzeichen: T 0711/06
Anmeldenummer: 01947311.5
IPC-Klasse: G08C 19/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Feldgerät mit Funkverbindung
Name des Anmelders: Endress + Hauser GmbH + Co. KG, et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nein (Hauptantrag)
Unzulässige Erweiterung - ja (Hilfsantrag)
Orientierungssatz:

siehe Punkt 5.4

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 01 947 311.5, die als WO 02/05241 A1 veröffentlicht worden ist.

II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand des damaligen Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Als Stand der Technik wurde folgendes Dokument berücksichtigt:

D1: EP-A-0 940 738.

III. Mit Schreiben vom 17. November 2008 reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag mit geänderten Ansprüchen 1 bis 12, einen Hilfsantrag mit geänderten Ansprüchen 1 bis 12 und Austauschseiten 1, 2, 2a und 3 der Beschreibung ein.

IV. Am 9. Januar 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des mit Schreiben vom 17. November 2008 eingereichten Hauptantrags oder des mit gleichem Schreiben eingereichten Hilfsantrags zu erteilen.

VI. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:

"System, bestehend aus einem Feldgerät (S1) für die Prozeßautomatisierung zur Erfassung und/oder Beinflussung [sic] von Prozessvariablen und einer Bedieneinrichtung (b) zur Dateneingabe und Anzeige, wobei die Bedieneinrichtung einen Mikroprozessor (P1) und eine mit dem Mikroprozessor (P1) verbundene Sende-/Empfangseinheit (SE1) aufweist, wobei die Bedieneinrichtung (b) als separat tragbare Einheit mit einer Anzeige (a) ausgebildet ist, wobei an dem Feldgerät eine Feldbusschnittstelle (FBS) vorgesehen ist, die über einen dem Feldgerät zugeordneten Mikroprozessor (p) mit einem Feldbus (FB) verbunden ist, wobei an dem Feldgerät eine Sende-/Empfangseinheit (SE) vorgesehen ist, über die der Mikroprozessor (p) mit der Bedieneinrichtung (b) kommuniziert, und wobei die Verbindung zwischen der Bedieneinrichtung (b) und dem Feldgerät (S1) per Funk erfolgt,

dadurch gekennzeichnet, dass die Funkverbindung auf den Nahbereich um das Feldgerät (S1) beschränkt ist, dass es sich bei den Sende-/Empfangseinheiten (SE, SE1) jeweils um eine integrierte Schaltung, die als Single-Chip oder als Chip-Satz ausgelegt ist, handelt und dass die Energieaufnahme der Sende-Empfangseinheit (SE) des Feldgeräts (S1) durch automatisches Umschalten in eine Parkphase reduziert wird, wenn längere Zeit keine Daten von der Sende-/Empfangseinheit (SE) empfangen werden."

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet wie folgt:

"System, bestehend aus einem Feldgerät (S1) für die Prozeßautomatisierung zur Erfassung und/oder Beinflussung [sic] von Prozessvariablen und einer Bedieneinrichtung (b) zur Dateneingabe und Anzeige, wobei die Bedieneinrichtung einen Mikroprozessor (P1) und eine mit dem Mikroprozessor (P1) verbundenen [sic] Sende-/Empfangseinheit (SE1) aufweist, wobei die Bedieneinrichtung (b) als separat tragbare Einheit mit einer Anzeige (a) ausgebildet ist, wobei an dem Feldgerät eine Feldbusschnittstelle (FBS) vorgesehen ist, die über einen dem Feldgerät zugeordneten Mikroprozessor (p) mit einem Feldbus (FB) verbunden ist und über den Feldbus (FB) Messdaten zu einem Prozessleitsystem (PLS) überträgt, wobei an dem Feldgerät eine Sende-/Empfangseinheit (SE) vorgesehen ist, über die der Mikroprozessor (p) mit der Bedieneinrichtung (b) kommuniziert,

dadurch gekennzeichnet, dass die Inbetriebnahme, Parametrierung oder Bedienung des Feldgeräts durch die Bedieneinrichtung (b) per Funk erfolgt, so dass hierzu kein zusätzlicher Zugriff über den Feldbus (FB) notwendig ist, dass die Funkverbindung auf den Nahbereich um das Feldgerät (S1) beschränkt ist und dass eine Darstellung einer Rückmeldung einer Eingabe vom Feldgerät (S1) her auf der Anzeige (a) der Bedieneinrichtung (b) erfolgt."

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag betreffe nunmehr ein System, das ein Feldgerät für die Prozessautomatisierung zur Erfassung und/oder Beeinflussung von prozessvariablen und eine Bedieneinrichtung zur Dateneingabe und Anzeige umfasst. Ein System, das die im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale aufweist, sei aus D1 bekannt. Von diesem Dokument ausgehend bestehe die Aufgabe der vorliegenden Anmeldung darin, ein energieeffizientes System für die Bedienung von Feldgeräten zu schaffen. Eine solche Aufgabe werde in D1 überhaupt nicht angesprochen. Eigentlich habe Energieeffizienz zur Zeit der Veröffentlichung dieses Dokuments gar nicht im Blickfeld der Fachwelt gestanden.

Wie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegeben, bestehe die erfindungsgemäße Lösung darin, dass die Funkverbindung zwischen dem Feldgerät und der Bedieneinrichtung auf den Nahbereich um das Feldgerät beschränkt ist, dass es sich bei den Sende/Empfangseinheiten jeweils um eine integrierte, als Single-Chip oder als Chip-Satz ausgelegte Schaltung handelt, und dass die Energieaufnahme der Sende-/Empfangseinheit des Feldgeräts durch automatisches Umschalten in eine Parkphase reduziert wird, wenn längere Zeit keine Daten von der Sende-/Empfangseinheit empfangen werden.

Dokument D1 offenbare zwar tragbare Bedieneinrichtungen, die per Funk mit den Feldgeräten kommunizieren. Die Funkverbindung sei aber offensichtlich nicht auf den Nahbereich um die Feldgeräte beschränkt, da nach den Figuren 2A und 2B die drahtlosen Bedieneinrichtungen in der Leitzentrale angeordnet seien. D1 stelle sich eigentlich als Aufgabe, entweder einen zusätzlichen drahtlosen Zugriff zu den Feldgeräten zu ermöglichen oder einen nicht-redundanten sekundären Zugang von der Leitzentrale aus zu Feldgeräten bereitzustellen, die über den Feldbus nicht zugängliche Zusatzfunktionen aufweisen. D1 beabsichtige aber nicht, die in den bekannten Feldgeräten fest integrierten Bedieneinrichtungen durch drahtlose, lediglich im Nahbereich einzusetzende Bedieneinrichtungen zu ersetzen.

Die beiden anderen Merkmale des Kennzeichnens trügen auch dazu bei, den Energieverbrauch zu reduzieren und somit die Energieeffizienz des Systems zu erhöhen. Keines der vorliegenden Dokumente schlage diese Merkmale als Lösung der gestellten Aufgabe vor oder befasse sich mit dieser Problematik. Nur in Kenntnis der Erfindung könne behauptet werden, dass sich die beanspruchte Merkmalskombination in naheliegender Weise aus D1 und den allgemeinen Kenntnissen des Fachmanns ergäbe. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht nur neu. Er beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Die kennzeichnenden Merkmale des Hilfsantrags seien durch entsprechende Textstellen der Beschreibung gestützt. Es sei zwar richtig, dass in der Beschreibung die Darstellung einer Rückmeldung einer Eingabe vom Feldgerät her auf der Anzeige der Bedieneinrichtung als "möglich" bezeichnet ist und somit von der für den Anspruch gewählten Formulierung abweicht ("erfolgt"). Der Anspruchswortlaut stelle jedoch eine im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung zulässige Einschränkung dar.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2.1 Gemäß der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung besteht die wesentliche Idee der Erfindung darin, die Bedieneinrichtung eines Feldgeräts "als separat tragbare Einheit auszubilden und eine Funkverbindung zwischen Bedieneinrichtung und Feldgerät herzustellen, die relativ kurzreichweitig ist" (veröffentlichte Anmeldung, Seite 4, Zeilen 11 bis 13).

"Aufgrund der kurzen Reichweite der Funkverbindung wird nur wenig Energie auf der Seite des Feldgerätes verbraucht" (ibid. Seite 4, Zeilen 20 und 21).

2.2 Das Dokument D1 (EP-A-0 940 738) befasst sich u. a. mit der Aufgabe, über eine drahtlose Verbindung auf Feldgeräte für die Prozessautomatisierung zuzugreifen (siehe D1, Absatz [0001]). Figur 2A zeigt ein verteiltes Regelungssystem mit Feldgeräten 66, 68, 70 und 72, die an einen Feldbus 74 angeschlossen sind und jeweils eine Sende-/Empfangseinheit 114, 116, 118 und 120 aufweisen. Über jede der Sende-/Empfangseinheiten kann eine drahtlose Verbindung mit einer als separat tragbaren Einheit ausgebildeten Bedieneinrichtung 110 hergestellt werden, um sowohl einen Zugriff auf zusätzliche, vom Kontrollraum aus nicht zugängliche Funktionalitäten der Feldgeräte zu ermöglichen als auch dem Wartungspersonal einen direkten, vom Kontrollraum unabhängigen Zugriff auf jedes Feldgerät zu geben (D1, Spalte 8, Zeilen 1 bis 14).

Die aus D1 bekannten Feldgeräte haben somit einen "primären", mit dem Feldbus verbundenen Netzanschluss und einen "sekundären" drahtlosen Netzanschluss (D1, Absatz [0032]). Der Zugriff auf ein Feldgerät kann entweder über den Feldbus oder über die drahtlose Verbindung erfolgen (D1, Spalte 8, Zeilen 18 bis 21). Eine weitere im Feldgerät integrierte Bedieneinrichtung ist in D1 nicht vorgesehen.

2.3 Zusammenfassend offenbart D1 ein aus einem Feldgerät und einer tragbaren Bedieneinrichtung bestehendes System, das alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale aufweist. Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3.1 Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von dem aus D1 bekannten System dadurch,

a) dass die Funkverbindung auf den Nahbereich um das Feldgerät beschränkt ist,

b) dass es sich bei den Sende-/Empfangseinheiten jeweils um eine integrierte Schaltung, die als Single-Chip oder als Chip-Satz ausgelegt ist, handelt,

c) dass die Energieaufnahme der Sende-/Empfangseinheit des Feldgeräts durch automatisches Umschalten in eine Parkphase reduziert wird, wenn längere Zeit keine Daten von der Sende/Empfangseinheit empfangen werden.

Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, tragen die o. g. Merkmale a) bis c) dazu bei, die Energieeffizienz des beanspruchten Systems zu erhöhen.

3.2 Ausgehend von D1 kann die Aufgabe der vorliegenden Anmeldung darin gesehen werden, den Energieverbrauch des bekannten Systems zu reduzieren.

3.3 In der o. g. Aufgabenstellung vermag die Kammer keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit zu sehen, da der Energieverbrauch vor allem bei der Ausgestaltung gewerblich einsetzbarer Geräte oder Systeme stets im Blickfeld des Fachmanns liegt.

Im vorliegenden Fall stellt sich somit die Frage, ob der Fachmann, der das aus D1 bekannte System energieeffizient ausgestalten möchte, ohne erfinderische Tätigkeit an die o. g. Kombination der Merkmale a) bis c) gelangen würde.

4.1 D1 enthält keine Angaben über die Reichweite der Funkverbindung zwischen der Bedieneinrichtung und den Feldgeräten. Bei dem in Figur 2B dargestellten System erfolgt die drahtlose Bedienung der Feldgeräte über einen mit einer Sende-/Empfangseinheit versehenen Computer, der in der Leitzentrale, d. h. fern von den Feldgeräten, angeordnet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Funkverbindung bei dieser Ausführungsform des bekannten Systems nicht auf den Nahbereich um das Feldgerät beschränkt sein kann.

Eine andere Ausführungsform des Feldbussystems gemäß D1 (siehe Figur 3) zeigt die Funkverbindung zwischen einer tragbaren Bedieneinrichtung 154 und einem Feldbus-Konverter 136, der mit einer Sende-/Empfangseinheit ausgestattet ist und an den mehrere Feldgeräte angeschlossen sind. Zugriff auf die "sekundären" Funktionen der Feldgeräte erfolgt entweder durch die drahtlose Bedieneinrichtung 154 (D1, Absatz [0046]) oder über eine Drahtverbindung 170 zum Terminal 156 (siehe D1 Absatz [0047]).

D1 weist allerdings darauf hin, dass eine drahtlose tragbare Bedieneinrichtung die Möglichkeit eröffnet, dem Bedienpersonal einen direkten, von der Leitzentrale und dem verteilten Kontrollsystem unabhängigen Zugang zu den Feldgeräten zu gewähren (D1, Spalte 8, Zeilen 6 bis 14, und Spalte 9, Absatz [0037]) und die Feldgeräte am jeweiligen Standort ("in the field") zu warten (D1, Spalte 12, Absatz [0049]).

Ferner sieht D1 für die drahtlose Verbindung zwischen einer Bedieneinrichtung und den Feldgeräten Ausführungen vor, die naturgemäß eine begrenzte Reichweite haben, da sie Infrarot, sichtbares Licht oder Ultraschall verwenden (D1, Absatz [0034]).

Die Lehre von D1 bezieht sich somit auf eine drahtlose Verbindung zwischen Bedieneinrichtung und Feldgeräten, die entweder im Fernbereich oder im Nahbereich der Feldgeräte erfolgen kann.

4.2 Es ist an sich bekannt, dass Funkverbindungen über größere Distanzen eine stärkere Sendeleistung erfordern, und dass dies mit einem erhöhten Energieverbrauch der Sende-/Empfangseinheit einhergeht.

Da die Feldgeräte eines Feldbussystems über den Feldbus versorgt werden, ist die zur Verfügung stehende Energie begrenzt. Bei der Ausgestaltung eines Feldbussystems, das gemäß der Lehre von D1 über drahtlose Bedienelemente verfügt, wäre es für den Fachmann naheliegend, eine Funkverbindung zu wählen, die lediglich über die tatsächlich erforderliche Reichweite wirksam ist, um u. a. die dafür aufgewandte Energie zu begrenzen. In der Tat gäbe es keinen Grund, eine Funkverbindung bereitzustellen, die über den Nahbereich um die Feldgeräte hinaus wirksam ist, wenn die Feldgeräte vor Ort bedient werden können oder sogar müssen (siehe veröffentlichte Anmeldung, Seite 6, Zeilen 24 bis 27).

4.3 Was das Merkmal b) angeht, ist anzumerken, dass der Fachmann bei der Ausgestaltung elektronischer Geräte bekanntlich bestrebt ist, eine hohe Integration der elektronischen Komponenten zu erzielen, da dies u. a. eine Reduzierung der Verlustleistung und somit des Stromverbrauchs bewirkt.

Das dem Merkmal c) entsprechende Umschalten eines elektronischen Geräts in eine Parkphase, wenn längere Zeit seine Funktion nicht gebraucht wird, ist eine allgemein bekannte Maßnahme, die auf den unterschiedlichsten technischen Gebieten Verwendung findet. So wäre es wenig sinnvoll, die volle Sendeleistung einer Sende-/Empfangseinheit aufrechterhalten zu wollen, wenn eigentlich keine Daten zu übertragen sind.

4.4 Die Merkmale a) bis c) entsprechen somit Maßnahmen zur Reduzierung des Stromverbrauchs und zur Steigerung der Energieeffizienz, welche voneinander unabhängig und an sich bekannt sind. Nach Meinung der Kammer würde weder deren Kombination noch deren Anwendung auf ein Feldbussystem dem Fachmann eine erfinderische Leistung abverlangen.

4.5 Zusammenfassend ist die Kammer der Auffassung, dass es für den Fachmann, der von D1 ausgehend ein energieeffizientes System zur drahtlosen Bedienung von Feldgeräten entwickeln möchte, naheliegend wäre, zu einem System zu gelangen, das unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fällt. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPC.

Hilfsantrag

5.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im Wesentlichen durch seinen kennzeichnenden Teil, der folgende Merkmale enthält:

i) "dass die Inbetriebnahme, Parametrierung oder Bedienung des Feldgeräts durch die Bedieneinrichtung (b) per Funk erfolgt, so dass hierzu kein zusätzlicher Zugriff über den Feldbus (FB) notwendig ist,

ii) dass die Funkverbindung auf den Nahbereich um das Feldgerät (S1) beschränkt ist und

iii)dass eine Darstellung einer Rückmeldung einer Eingabe vom Feldgerät (S1) her auf der Anzeige (a) der Bedieneinrichtung (b) erfolgt."

5.2 Zur Stützung des Merkmals i) hat die Beschwerdeführerin auf folgende Textstellen der ursprünglich eingereichten Beschreibung hingewiesen:

i') "Bei der Inbetriebnahme, Parametrierung oder Bedienung des Feldgerätes F werden die relevanten Daten per Funk zwischen der Bedieneinrichtung B und dem Feldgerät F übertragen " (Seite 6, Zeilen 15 bis 17).

i'')"Der Feldbus wird nicht für die Sevice-Daten-Abfrage [sic] bzw. -Übertragung benötigt, so daß kein zusätzlicher Buszugriff notwendig wird" (Seite 9, Zeilen 17 und 18).

Gemäß der Textstelle i') werden die Daten, die zur Inbetriebnahme, Parametrierung oder Bedienung eines Feldgeräts relevant sind, per Funk zwischen der Bedieneinrichtung und dem Feldgerät übertragen. Dies kann tatsächlich implizieren, dass die o. g. Datenübertragung keinen Zugriff über den Feldbus erfordert. Daraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig, dass auch die Inbetriebnahme selbst, Parametrierung oder Bedienung eines Feldgeräts ausschließlich von der drahtlosen Bedieneinrichtung aus und ohne jegliche Beteiligung der Leitzentrale vorgenommen werden kann.

Eigentlich bezieht sich die Textstelle i'') lediglich auf eine "Statusabfrage" bzw. "Prüfung" der Feldgeräte ohne Beeinflussung der Messdatenübertragung über den Feldbus. So weist die Beschreibung darauf hin, dass die Daten für die Prüfung bzw. die Statusabfrage (Service-Daten) unabhängig von den Messdaten auf einem völlig anderen Weg übertragen werden.

Da sich das Merkmal, dass kein zusätzlicher Zugriff über den Feldbus notwendig ist, in Anspruch 1 auf die Inbetriebnahme, Parametrierung oder allgemeine Bedienung des Feldgerätes und nicht nur auf die Prüfung bzw. Statusabfrage bezieht, stellt es eine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung dar.

5.3 Was das Merkmal iii) angeht, wird in der entsprechenden Textstelle der Beschreibung lediglich darauf hingewiesen, dass eine Rückmeldung der Eingabe vom Feldgerät her "möglich" ist, da die Bedieneinrichtung B eine Anzeige A als Bildschirm besitzt. Dies bedeutet aber nicht, dass eine solche Rückmeldung routinemäßig erfolgen soll oder sogar immer erwünscht ist, wie der Anspruchswortlaut nun impliziert.

5.4 Darüber hinaus stellt die Kammer fest, dass die Merkmale i) bis iii) in der vorliegenden Anmeldung lediglich als voneinander unabhängige Ausführungsvarianten erwähnt sind. Abgesehen von einer möglichen Erweiterung der Funktionalität des beanspruchten Systems ergeben sich keine überraschenden Vorteile aus der Merkmalskombination des kennzeichnenden Teils. Sie trägt auch nicht unmittelbar zur Lösung einer der in der ursprünglich offenbarten Beschreibung erwähnten Aufgaben bei. In der Tat sind die Merkmale i) und iii) in keinem der ursprünglich eingereichten Ansprüche aufgeführt.

Nach Meinung der Kammer steht es aber der Anmelderin nicht frei, eine beliebige Kombination von einigen, in der ursprünglichen Anmeldung erwähnten Merkmalen auszuwählen, wenn der Beschreibung keine Lehre zu entnehmen ist, auf die sich eine solche Auswahl von Merkmalen stützen kann. In der vorliegenden Anmeldung lassen weder die Aufgabenstellung noch die Ausführungsbeispiele die nun beanspruchte Merkmalskombination als mögliche praktische Umsetzung der ursprünglich offenbarten Lehre erkennen. Im Gegenteil ist es für den Fachmann eher überraschend, dass die "Erfindung" ausgerechnet in dieser Merkmalskombination bestehen soll.

Mit anderen Worten ist die Kammer der Auffassung, dass eine Kombination von willkürlich ausgewählten Merkmalen aus der Beschreibung gegen Artikel 123(2) EPÜ verstoßen kann.

6.1 In der mündlichen Verhandlung bat die Beschwerdeführerin die Kammer, die Sache an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen, falls sie sich aufgrund des geänderten und womöglich unrecherchierten Sachverhalts des Hilfsantrags nicht imstande sähe, ein Patent zu erteilen.

6.2 Bei Vorliegen eines neuen Sachverhalts ist tatsächlich üblich, die Sache an die Vorinstanz mit der Auflage, die Prüfung auf der Basis von zulässigen Unterlagen fortzusetzen, zurückzuverweisen. Da die von der Beschwerdeführerin als Hilfsantrag eingereichten Unterlagen gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen und somit unzulässig im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ sind, ist das Ersuchen der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die Vorinstanz gegenstandlos.

7. Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass keiner der von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge eine Basis für die Erteilung eines Patents bieten kann.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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