European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T068306.20091125 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 November 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0683/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01109089.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | H03M 1/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Anordnung zur Analog-Digital-Wandlung von Signalen | ||||||||
Name des Anmelders: | Stage Tec Entwicklungsgesellschaft für professionelle Audiotechnik mbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neufestsetzung des Anmeldetages (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 13. Dezember 2005, mit der die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
II. Die vorliegende Anmeldung ist eine Teilanmeldung. Die Stammanmeldung mit der Nummer 95250144.3 wurde in der Nacht vom 14. auf den 15. Juni 1995 per Fax der Dienststelle Berlin des Europäischen Patentamts übermittelt. Dabei gingen die Anmeldeunterlagen offenbar teils vor und teils nach Mitternacht ein. Gleichwohl erhielten sämtliche Unterlagen mit dem Lochstempel das Eingangsdatum 14. Juni 1995. Allerdings findet sich schon in der Empfangsbescheinigung des Amtes der Vermerk "Teile der Beschreibung gingen erst nach 0.00 Uhr am 15.06.95 ein". In einem internen Vermerk der Eingangsstelle in Den Haag vom 19. Juni 1995 wird, was den Eingang der Unterlagen betrifft, folgendes festgestellt:
"A) Anmeldungsunterlagen, eingegenagen [sic] am 14.06.95 (23.42 - 23.59 h):
- F 1001
- Beschreibungsseiten 1 - 2
- Patentansprüche 1 - 47 (Seiten 17 - 35)
- 2 Blatt Zeichnungen (Figuren 1 - 3)
B) Anmeldungsunterlagen, eingegangen am 15.06.95 (00.00 - 00.08 h)
- Beschreibungsseiten 3 - 16"
Ferner heißt es in dem Vermerk:
"Dem FREP [Anmerkung der Kammer: FREP ist eine im EPA benützte Abkürzung für den Anmeldervertreter] ist mitzuteilen, daß als Anmeldetag der 15.06.95 angenommen wird (=vollständiges Vorhandensein der Anmeldungsunterlagen), wobei aber die 1. Priorität (vom 14.06.94) verloren geht. Der FREP kann aber beantragen, dass ihm als DFIL [Anmerkung der Kammer: DFIL ist eine im EPA benützte Abkürzung für den Anmeldetag] der 14.06.95 (Art. 80 ist erfüllt) zuerkannt wird, muß aber dann auf die nach Mitternach [sic] eingegangenen Beschreibungsseiten 3 - 16 verzichten."
Hintergrund ist die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juni 1992, dort Ziffer 5.1, nach der bei sogenannten mitternachtsüberschreitenden Faxanmeldungen in den Fällen, in denen die vor Mitternacht eingegangenen Teile für sich allein Sinn machen und die entsprechenden Vorraussetzungen des EPÜ erfüllt sind, der Anmelder auch den früheren Tag als Anmeldetag bestimmen kann, wobei er aber auf die nach Mitternacht eingegangenen Teile der Anmeldungsunterlagen verzichten muss (Amtsblatt EPA 1992, S. 309).
III. Wegen dieser Frage des Anmeldetages gab es in der Folgezeit verschiedene Kontakte zwischen dem Amt und dem damaligen Vertreter der Anmelderin; eine definitive Entscheidung des Vertreters blieb jedoch zunächst aus. Mit Schreiben vom 3. August 1995 wandte sich die Eingangsstelle nochmals an den Vertreter. In dem Schreiben heisst es u. a. wie folgt:
"Wenn Sie den Prioritätsanspruch vom 14.06.94 beibehalten möchten, können nur die ersten beiden Seiten der Beschreibung, alle Ansprüche und die Zeichnungen als Teil der Anmeldung angesehen werden, da die Seiten 3 bis 16 der Beschreibung erst am 15.06.95, also nach Ablauf des Prioritätsjahres übermittelt wurden (s. Amtsblatt 6/92, S. 309). Sollte die Anmeldung auch diese Seiten beinhalten, müsste der 15.06. als Anmeldetag angesehen werden und Sie würden die ältere Priorität verlieren.
Aufgrund unserer Telefongespräche gehen wir jedoch davon aus, dass die Priorität beibehalten werden soll. In diesem Falle werden nur die am 14.06.95 eingereichten Teile publiziert (....)
In diesem Zusammenhang weisen wir nochmals auf die Möglichkeit eines Antrags auf beschleunigte Recherche hin, die allerdings erst beginnen kann, wenn Sie uns schriftlich bestätigen, welcher Anmeldetag festgesetzt werden soll, welche Ansprüche recherchiert werden sollen und diese Ansprüche bezahlt sind.
(.........)"
Mit Schreiben vom 6. November 1995 erklärte der damalige Vertreter der Anmelderin, "dass sich die Patentrecherche zu o.g. Patentanmeldung auf die Anmeldeunterlagen beziehen soll, die am 14.06.1995, d.h. noch vor Mitternacht per Telefax beim EPA eingegangen sind".
IV. Das Patenterteilungsverfahren betreffend die Stammanmeldung wurde in der Folgezeit entsprechend dieser Erklärung fortgesetzt und durchgeführt und endete mit der Erteilung. Der Hinweis über die Erteilung wurde im Europäischen Patentblatt vom 2. Mai 2002 bekannt gemacht. Das Patenterteilungsverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
V. Die Teilanmeldung, die den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet, wurde am 12. April 2001 eingereicht. Nach der angefochtenen Entscheidung der Prüfungsabteilung geht sie über den Inhalt der Stammanmeldung hinaus (Artikel 76 (1) EPÜ), weil die Ansprüche der Teilanmeldung ihre Stütze nur in den Teilen der Unterlagen für die Stammanmeldung finden würden, die seinerzeit nach Mitternacht am 15. Juni 1995 per Fax eingegangen waren und die nach der Entscheidung der Anmelderin für den früheren Anmeldetag nicht zu Unterlagen der Stammanmeldung geworden sind.
VI. Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Anmelderin das Ziel, den Anmeldetag der Stammanmeldung auf den 15. Juni 1995 neu festzusetzen (Hauptantrag; ein entsprechender Antrag wurde übrigens auch in dem abgeschlossenen Verfahren bezüglich der Stammanmeldung gestellt) oder jedenfalls für das vorliegende Verfahren (fiktiv) vom 14. Juni 1995 als Anmeldetag auszugehen (erster und ähnlich zweiter Hilfsantrag), oder jedenfalls, das Prüfungsverfahren auf der Basis der Unterlagen fortzusetzen, die seinerzeit schon am 14. Juni 1995 eingegangen waren (dritter Hilfsantrag).
VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen:
Eine Korrektur des Anmeldetages in der Stammanmeldung sei als die Korrektur einer Unrichtigkeit in den Unterlagen nach Regel 139 EPÜ (= Regel 88 EPÜ 1973) möglich. Eine zeitliche Beschränkung der Anwendbarkeit dieser Vorschrift bestehe nicht. Sie sei daher auch auf das abgeschlossene Verfahren bezüglich der Stammanmeldung anwendbar. Der Begriff "in den Unterlagen" sei hier grosszügig auszulegen, so dass auch die Angabe des Anmeldetags darunterfalle. Ein Vertrauensschutz der Öffentlichkeit in den Bestand des veröffentlichten Anmeldetages bestehe nicht, da bei einer Neufestsetzung des Anmeldetages keine Interessen der Öffentlichkeit berührt würden. Das Amt sei deshalb frei, den Anmeldetag neu festzusetzen.
Der Anmeldetag 14. Juni 1995 sei falsch. Das Amt sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Ziff. 5.1 der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juni 1992 ausgegangen; dort seien nur Fälle gemeint, wo es sich um eine Erfindung handele, aber nicht Fälle, wo, wie hier, in einer Anmeldung zwei Erfindungen zusammengefasst worden seien. Das gehe aus dem Kontext der Mitteilung hervor. Deshalb könne Anmeldetag nur der 15. Juni sein; insofern habe das Amt die Anmelderin auch falsch informiert.
Jedenfalls müsse man zu Gunsten der Anmelderin davon ausgehen, dass alle Unterlagen schon komplett am 14. Juni im Amt vorgelegen hätten. Die Aufteilung in Unterlagen, die vor und solche, die erst nach Mitternacht eingegangen seien, finde ausweislich der Akten nur in der Senderkennung des Faxes eine Stütze; diese dürfe aber nicht zur Grundlage der zeitlichen Einordnung gemacht werden. Sei der tatsächliche Eingang demnach nicht beweisbar, müsse zu Gunsten der Anmelderin angenommen werden, dass alle Unterlagen bereits am 14. Juni vorgelegen hätten. Schliesslich sei ja dieses Datum auch mit dem Perforationsstempel auf allen Unterlagen angebracht worden, was für sich allein genommen schon eine gewisse Rechtsqualität haben dürfte.
Schliesslich habe die Anmelderin mit ihrem Schreiben vom 6. November 1995 nicht auf einen Teil der Unterlagen verzichtet. Die Erklärung beziehe sich nämlich nur auf die Unterlagen, die am 14. Juni eingegangen sind. Sie bedeute keine Entscheidung darüber, welche Unterlagen tatsächlich an diesem Tag eingegangen sind. Im Übrigen beziehe sie sich nur auf die Frage, welche Ansprüche recherchiert werden sollte und stelle keine Verzichtserklärung dar; ein solcher Verzicht müsse immer ausdrücklich erklärt werden.
Schliesslich müsse hilfsweise in geeigneter Weise festgestellt werden, welche Unterlagen tatsächlich am 14. Juni eingegangen sind, und das Prüfungsverfahren dann auf der Grundlage dieser Untersuchung fortgesetzt werden.
Letztlich und endlich habe die angefochtene Entscheidung übersehen, dass jedenfalls das Prüfungsverfahren auch auf der Grundlage der Unterlagen fortgeführt werden kann, die auch nach der Auffassung des Amtes bereits am 14. Juni eingegangen sind.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Prüfung der Patentierbarkeit des Gegenstandes der vorliegenden Teilanmeldung auf der Grundlage des Anmeldetages 15. Juni 1995 der Stammanmeldung mit der Anmeldenummer 95250144.3 fortzusetzen (Hauptantrag);
hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Prüfungsverfahren auf der Basis der mit der Teilanmeldung am 12. April 2001 eingereichten Unterlagen fortzusetzen (1. Hilfsantrag);
oder die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Prüfungsverfahren auf der Basis folgender Unterlagen fortzusetzen:
- den Patentansprüchen 1 bis 27, wie eingereicht mit der Teilanmeldung am 12. April 2001,
- den Beschreibungsteilen der mit der Teilanmeldung am 12. April 2001 eingereichten Beschreibung, die identisch zu Teilen der am 14. Juni 1995 eingereichten und am 14. Juni 1995 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Beschreibung der Stammanmeldung mit der Anmeldenummer 95250144.3 sind, sowie
- den Figuren 1 und 2, wie eingereicht mit der Teilanmeldung am 12. April 2001 (2. Hilfsantrag);
oder die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Prüfungsverfahren auf der Basis folgender Unterlagen fortzusetzen:
- den Patentansprüchen 1 bis 27, wie eingereicht mit der Teilanmeldung am 12. April 2001,
- den Beschreibungsseiten 1/26 und 2/26, wie eingereicht mit der Teilanmeldung am 12. April 2001,
- den Figuren 1 und 2, wie eingereicht mit der Teilanmeldung am 12. April 2001. (3. Hilfsantrag)
IX. Die Anmelderin hat ferner einen Beweisantrag gestellt, der zum Ziel hat festzustellen, welche Teile der Stammanmeldung tatsächlich am 14. Juni 1995 und welche am 15. Juni 1995 eingegangen sind.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
2. Die Beschwerdeführerin strebt mit ihrem Hauptantrag an, bei der Stammanmeldung den 15. Juni 1995 als Anmeldetag anzuerkennen. Dann wären alle seinerzeit per Fax eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen und die Teilanmeldung fände in der Stammanmeldung eine Stütze.
2.1 Das EPÜ sieht keine nachträgliche Verschiebung eines einmal festgesetzten Anmeldetages vor. Lediglich Regel 56 EPÜ ermöglicht die Verschiebung des Anmeldetages nach hinten, wenn fehlende Zeichnungen oder Teile der Beschreibung später nachgereicht werden.
Ansonsten kann eine Berichtigung von Fehlern in eingereichten Unterlagen gemäss Regel 139 EPÜ gegebenenfalls auch zu einer Änderung des Anmeldetages führen. Um eine solche Korrektur handelt es sich aber im vorliegenden Fall nicht. Es geht hier nicht nur darum, in den Anmeldungsunterlagen ein fehlerhaft angegebenes Datum der Stammanmeldung zu korrigieren. Vielmehr soll das Datum der Stammanmeldung anders festgesetzt werden. Regel 139 EPÜ kann daher nicht als Rechtsgrundlage für eine Neufestsetzung des Anmeldetages dienen, zumal die Vorschrift in einem abgeschlossenen Patenterteilungsverfahren nicht mehr anwendbar ist.
Auch eine Korrektur nach Regel 140 EPÜ, möglich bei sprachlichen Fehlern, Schreibfehlern und offenbaren Unrichtigkeiten in Entscheidungen des Europäischen Patentamts, kommt nicht in Betracht. Die Angabe des 14. Juni 1995 als Anmeldetag in den entsprechenden Unterlagen des Amtes ist, wie die Geschichte des Falles eindeutig zeigt, keineswegs ein Fehler oder eine offenbare Unrichtigkeit, sondern spiegelt das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses wider. Es kann deshalb auf diesem Wege selbst dann nicht korrigiert werden, wenn das Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses falsch sein sollte.
2.2 Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, es bedürfe für die Neufestsetzung eines Anmeldetages keiner Rechtsgrundlage, weil die Festsetzung des Anmeldetages nur das Amt selbst binde und Interessen der Öffentlichkeit nicht berührt würden. Der Anmeldetag ist vielmehr von zentraler Bedeutung im Patentsystem insgesamt und hat zahlreiche Wirkungen auf das konkrete Erteilungsverfahren einschliesslich von Fernwirkungen auf etwaige Teilanmeldungen. Gerade das vorliegende Beschwerdeverfahren zeigt besonders deutlich die Bedeutung des Anmeldetages auf.
2.3 Die Kammer sieht sich daher nicht in der Lage, den Anmeldetag in dem abgeschlossenen Verfahren über die Stammanmeldung neu festzusetzen.
2.4 Abschliessend ist anzumerken, dass die Regelung bei "mitternachtsüberschreitenden" Faxanmeldungen nach der Ziff. 5.1 der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juni 1992 nach Ansicht der Kammer auf den vorliegenden Fall anwendbar ist; wieso diese Regelung nicht auf Fälle anwendbar sein sollte, bei denen eine Anmeldung zwei Erfindungen umfasst (wenn dies hier ein solcher Fall wäre), ist nicht ersichtlich. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Regelung dem Anmelder nicht die Möglichkeit bietet, den Anmeldetag subjektiv zu bestimmen, sondern nur, zwischen zwei objektiv denkbaren Möglichkeiten eine interessengerechte Auswahl zu treffen.
3. Mit dem ersten Hilfsantrag will die Beschwerdeführerin erreichen, dass zu Gunsten der Beschwerdeführerin für das vorliegende Verfahren davon ausgegangen wird, dass seinerzeit alle Unterlagen schon am 14. Juni 1995 eingegangen sind, weil anderes nicht feststellbar sei.
3.1 Es ist bereits fraglich, ob es möglich ist, bei einer Teilanmeldung, was den Eingang der Unterlagen der Stammanmeldung betrifft, von einem anderen Datum auszugehen, als es in der Stammanmeldung selbst als Anmeldedatum festgesetzt worden ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dies bezüglich des Eingangstages der Anmeldungsunterlagen "fiktiv" grundsätzlich möglich wäre, kann dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Festlegung des Eingangsdatums der Unterlagen auf den 14. Juni 1995 führen.
3.2 In dem internen Vermerk der Eingangsstelle vom 19. Juni 1995 ist festgestellt worden, welche Teile der Unterlagen für die Stammanmeldung noch am 14. Juni 1995 (alle bis auf die Beschreibungsseiten 3 bis 16) und welche erst nach Mitternacht am 15. Juni 1995 eingegangen sind. Dementsprechend wurde die Anmelderin auch unterrichtet, z. B. mit dem Schreiben vom 3. August 1995. Auch wenn solche Fakten angezweifelt werden, wird sie die Kammer als vom Amt festgestellt zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen, es sei denn, es gäbe berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder sonstige Umstände, die geeignet sein könnten, sie in Frage zu stellen.
3.3 In der Tat gibt es im vorliegenden Fall derartige Umstände. Auf den entsprechenden Seiten der amtlichen elektronischen Akte sind nämlich keine Aufdrucke eines Faxgerätes zu sehen, die Datum und Zeit des Eingangs im EPA dokumentieren, also des empfangenden Faxes. Zu sehen sind dagegen die Sendevermerke des Büros der damaligen Vertreter der Anmelderin.
3.4 Die Akte der Stammanmeldung ist nachträglich gescannt worden ("backscanning"). Es lässt sich an Hand der elektronischen Akte nicht feststellen, ob die Empfangsvermerke des Amtsfaxes auf den einzelnen Seiten in der elektronischen Akte nur nicht zu sehen sind, oder ob sie tatsächlich fehlen. Andererseits fällt auf, dass sich die Zuordnung der Unterlagen zu den beiden Daten 14. und 15. Juni 1995, wie sie vom Amt vorgenommen wurde, exakt mit den aus den Sendevermerken ersichtlichen Zeiten deckt.
3.5 Daher liegt der Gedanke nahe, dass die Eingangsstelle seinerzeit - aus welchen Gründen auch immer - die zeitliche Zuordnung der Unterlagen an Hand der Sendevermerke des Faxgeräts der Patentanwaltskanzlei vorgenommen hat. Das allerdings dürfte kaum für eine ausreichend sichere Zuordnung genügen. Sollte es auf die Frage des exakten Eingangs der Unterlagen zur Entscheidung des Falles ankommen, müsste deshalb im Sinne des von der Beschwerdeführerin gestellten Beweisantrags die Originalakte beigezogen und gegebenenfalls weiter ermittelt werden.
4. Auf die Frage des exakten Zeitpunkts des Eingangs der einzelnen Unterlagen kommt es aber nach Auffassung der Kammer nicht entscheidend an. Die Anmelderin hat nämlich mit Schreiben vom 6. November 1995 ausdrücklich und eindeutig den Gegenstand des Erteilungsverfahrens präzisiert und bestimmt.
4.1 Im Schreiben vom 3. August 1995 hat die Eingangsstelle dem damaligen Vertreter der Anmelderin im einzelnen dargelegt, von welchen Unterlagen bei welchen Varianten auszugehen sei und um Auskunft gebeten, welcher Anmeldetag festgesetzt werden soll und welche Ansprüche recherchiert werden sollen. Darauf hat der Vertreter mit Schreiben vom 6. November 1995 geantwortet, dass sich die Recherche auf die Unterlagen beziehen soll, die noch vor Mitternacht am 14. Juni 1995 eingegangen sind.
4.2 Diese Festlegung ist eindeutig. Sie ist auch in Kenntnis aller relevanten Fakten erfolgt. Sie bedeutet die Festlegung auf den 14. Juni 1995 als Anmeldetag; anders kann sie bei vernünftiger Würdigung nicht verstanden werden. Gleichzeitig bedeutet sie vor dem Hintergrund der Regelung in Ziff. 5.1 der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juni 1992 den Verzicht auf die übrigen Unterlagen. Darüber muss sich der damalige Vertreter der Anmelderin im Klaren gewesen sein. An dieser Erklärung muss sich die Beschwerdeführerin auch heute noch festhalten lassen. Das bedeutet, dass die Seiten 3 bis 16 der damals eingegangenen Seiten der Beschreibung nicht relevant sind.
5. Aus den gleichen Gründen kann auch dem zweiten Hilfsantrag, der auf eine Aufteilung der Unterlagen nach noch zu ermittelndem genauen Eingangsdatum abzielt, nicht stattgegeben werden. Auch der Beweisantrag der Beschwerdeführerin ist damit für die Entscheidung des Falles unerheblich und musste daher zurückgewiesen werden.
6. Der 3. Hilfsantrag führt schliesslich zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die 1. Instanz zur weiteren Entscheidung.
Er bezweckt die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Grundlage des Offenbarungsgehalts der Unterlagen, die nach den Feststellungen des Amtes bis Mitternacht des 14. Juni 1995 eingegangen waren, also des Formulars F 1001, der Ansprüche 1 bis 27 der Teilanmeldung, die fast identisch sind mit den Ansprüchen 1 bis 27 der Stammanmeldung, der Beschreibungsseiten 1/26 und 2/26 der Teilanmeldung sowie der Fig. 1 und 2. Die Kammer sieht keine Gründe, die der Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Grundlage des Offenbarungsgehalts dieser Unterlagen entgegenstünden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL:
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die 1. Instanz zurückverwiesen.