T 0519/06 (wk-Koeffizient II/EVONIK) of 27.9.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T051906.20120927
Datum der Entscheidung: 27 September 2012
Aktenzeichen: T 0519/06
Anmeldenummer: 98116279.5
IPC-Klasse: C01B 33/193
C08K 3/36
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 88 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Leicht dispergierbare Fällungskieselsäure
Name des Anmelders: Evonik Degussa GmbH
Name des Einsprechenden: RHODIA CHIMIE
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
Schlagwörter: Ausführbarkeit (ja): Informationslücken (nein) oder Anleitungsmangel (nein) bezüglich der Messmethodik
Erfinderische Tätigkeit (ja): Verbesserung nachgewiesen, beanspruchter Gegenstand durch Stand der Technik nicht nahegelegt
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 0 901 986 in geändertem Umfang.

II. Das Streitpatent wurde mit neun Ansprüchen erteilt. Der unabhängige Produktanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Fällungskieselsäure, gekennzeichnet durch folgende physikalisch-chemische Parameter:

| BET-Oberfläche | 120 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| CTAB-Oberfläche | 100 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| Verhältnis BET/CTAB | 0,8 - 1,3 |

| | |

| | |

|Searszahl (Verbrauch 0,1 n NaOH| 6 - 25 ml |

|) | |

| | |

| DBP-Zahl | 150 - 300 g/100 g |

| | |

| | |

|wk-Koeffizient (wie in der Besc| < 3,4 |

|hreibung definiert) | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| < 1 mym |

|rtikel (wie in der Beschreibung| |

| definiert) | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| 1,0 - 100 mym |

|rtikel (wie in der Beschreibung| |

| definiert) | |

| | |

Der unabhängige Verfahrensanspruch 2 ist auf ein Verfahren zur Herstellung von Fällungskieselsäure gerichtet, wobei die derart hergestellte Fällungskieselsäure durch dieselben chemisch-physikalischen Parameter gekennzeichnet ist, die auch in Anspruch 1 aufgelistet sind.

Der von Anspruch 1 abhängige Produkt-Anspruch 7 ist auf besondere Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Fällungskieselsäuren gerichtet.

Die von Anspruch 2 abhängigen Verfahrens-Ansprüche 3 bis 6 sind auf besondere Ausgestaltungen des Herstellungsverfahrens nach Anspruch 2 gerichtet.

Der unabhängige Verfahrensanspruch 8 ist auf ein Verfahren zur Herstellung der spezielleren Fällungskieselsäuren gemäß Anspruch 7 gerichtet.

Der unabhängige Produktanspruch 9 hat folgenden Wortlaut:

"9. Vulkanisierbare Kautschukmischungen und Vulkanisate, die die Fällungskieselsäure gemäß Anspruch 1 mit folgenden physikalisch-chemische Parametern

| BET-Oberfläche | 120 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| CTAB-Oberfläche | 100 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| Verhältnis BET/CTAB | 0,8 - 1,3 |

| | |

| | |

|Searszahl (Verbrauch 0,1 n NaOH| 6 - 25 ml |

|) | |

| | |

| DBP-Zahl | 150 - 300 g/100 g |

| | |

| | |

| wk-Koeffizient | < 3,4 |

| | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| < 1 mym |

|rtikel | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| 1,0 - 100 mym |

|rtikel | |

| | |

als Füllstoff enthalten."

III. Im Einspruchsverfahren bezogen sich die Parteien (unter anderem auf folgende Beweismittel:

D1: EP 0 520 862 A1;

D2: WO 96/30303 A1;

D3: WO 96/30304 A1;

D4: EP 0 647 591 B1;

D6a: Erste eidesstattliche Erklärung von Frau Blume vom 22. November 2004 mit den Anlagen 1 bis 4;

D6b: WO 95/09127 A1;

D7a: WO 95/09128 A1;

D9: Stellungnahme von Frau Blume vom 27. Juni 2005

D9a: H. Stocker, Taschenbuch mathematischer Formeln und moderner Verfahren, 2. Auflage, 1993, Seiten 19 und 20 (als Anlage A in D9 erwähnt)

D10: "Enhanced performance for the tire Industry", Produktinformation der Firma Rhône-Poulenc, 1995;

D11: Zusätzliches Vergleichsbeispiel (Vergleich erfindungsgemäßer Kieselsäure mit "Zeosil 1165MP")

IV. In der angefochtenen Entscheidung gelangte die Einspruchsabteilung bezüglich des Patents in seiner erteilten Fassung unter anderem zu folgenden Schlüssen. Die Ausführbarkeit der Erfindung sei zwar gegeben, jedoch sei "wegen der Schwankungen in der Wiederholbarkeit der Analyse der Proben und der Variabilität zwischen Produktionschargen ein angegebener einzelner Wert für wk-Koeffizienten als ein mittlerer oder nominaler Wert innerhalb eines kleinen Bereichs anzusehen". Eine "Interpretation von "wk < 3,4" als "wk gleich kleiner 3,3" wie sie die Patentinhaberin gegeben sieht, ist aus das [sic] Streitpatent nicht ableitbar. Dies ist eine "ex post facto" Interpretation. Zur Meßgenauigkeit befindet sich in das [sic] Streitpatent keinerlei Angaben. Wenn statt "wk < 3,4" eigentlich "wk gleich kleiner 3,3" gemeint wäre, dann hätte der Wortlaut des Anspruchs 1 auch so lauten müssen."

Der beanspruchte Gegenstand sei jedoch gegenüber dem Stand der Technik neu. Die im Streitpatent erwähnte Fällungskieselsäure "Zeosil 1165MP" unterscheide sich jedoch bezüglich ihres wk-Koeffizienten (von 3,4) nicht vom Gegenstand des Anspruchs 1.

Ausgehend von "Zeosil 1165MP" als nächstliegendem Stand der Technik sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht erfinderisch, da es im Streitpatent keinen Hinweis darauf gebe, dass eine verbesserte Dispersion alleine auf Grund der Kombination der Parameter Searszahl und DBP-Zahl zustande käme.

V. In ihrer Beschwerdebegründung vertrat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) unter anderem die Auffassung, dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sehr wohl auch bezüglich des wk-Koeffizienten-Werts von dem im Streitpatent untersuchten Produkt "Zeosil 1165MP" unterscheide. Dieses Produkt sei jedoch nicht als Stand der Technik zu berücksichtigen. Weder ausgehend von Dokument D4 noch ausgehend von "Zeosil 1165MP" habe der beanspruchte Gegenstand nahegelegen.

Zur Untermauerung ihres Vortrags bezog sie sich auf folgende, zusätzliche Beweismittel:

D13: Produkt-Datenblatt der Firma Rhône-Poulenc, 1995, betreffend "ZS1165MP"/"ZEOSIL 1165MP(export only)";

D14: Technisches Merkblatt der Firma Rhodia aus 2001; "Precipitated Silicas for the Rubber Goods Industry", betreffend u.a. "ZS®1165MP";

D15: Rhodia Analysenzertifikat, 2005, betreffend "ZS1165MP"/"ZEOSIL 1165MP(export only)";

D16: Zweite Eidesstattliche Erklärung von Frau Blume vom 29.05.2006.

VI. Die Einsprechende (RHODIA CHIMIE) vertrat in ihrer Beschwerdebegründung (zur späteren Rücknahme ihrer Beschwerde siehe Punkt VIII) unter anderem die folgenden Standpunkte:

Das Streitpatent sei unter Artikel 100(b) EPÜ zu beanstanden, da die Methode zur Messung des erfindungswesentlichen wk-Koeffizienten nicht hinreichend klar und präzise bzw. nur unvollständig beschrieben sei. Insbesondere enthalte das Streitpatent keine Angaben zur Natur des bei der Messung verwendeten Wassers, zur Temperatur und zum Durchmesser des Endstücks der verwendeten Sonotrode, wobei jedoch jeder dieser Faktoren einen jeweils maßgeblichen Einfluss auf den erhaltenen Messwert hätten. In diesem Zusammenhang nahm die Einsprechende Bezug auf Dokument D6a.

Selbst der Gegenstand des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten, bezüglich der Obergrenze des wk-Koeffizienten-Bereichs eingeschränkten Anspruchs 1 (mit "wk <= 2,1"), sei im Hinblick auf die Kieselsäure "Zeosil 1165MP" nicht erfinderisch. Gegenüber letzterer sei im Hinblick auf das in Dokument D11 beschriebene Vergleichsbeispiel keine signifikante Verbesserung nachgewiesen worden.

VII. In einem weiteren Schreiben widersprach die Beschwerdeführerin den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Einwänden der Einsprechenden.

VIII. Die Einsprechende hat mit Schreiben vom 15. Januar 2007 ihren Einspruch und ihre Beschwerde zurückgenommen.

IX. Insoweit sie die erteilten Ansprüche betreffen, können die Argumente der Beschwerdeführerin zur Ausführbarkeit, Neuheit und erfinderischen Tätigkeit wie folgt zusammengefasst werden:

Die Einwände der Einsprechenden betreffend die angeblich unzureichende Offenbarung der Erfindung seien trotz der ihr obliegenden Beweislast durch keinerlei Beweise untermauert. Hingegen sei aus den Dokumenten D6a, D9, D9a und D16 ersichtlich, dass die Messung des wk-Koeffizienten im Streitpatent ausreichend beschrieben sei. Der wk-Koeffizient in der Angabe "< 3,4"

sei ein auf eine Nachkomma-Stelle gerundeter Wert, der von dem nächstkleineren, gerundeten Wert 3,3 auch unterschieden werden könne. Die bei der Messung auftretenden Fehlerschwankungen lägen im üblichen Rahmen und stellten keinen Offenbarungsmangel dar.

Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass eine öffentliche Vorbenutzung des im Streitpatent erwähnten Produkts "Zeosil 1165MP" gar nicht hinreichend substantiiert bzw. nachgewiesen worden sei. Insbesondere machte sie geltend, dass es im Hinblick auf die Dokumente D13 bis D15 fraglich und auf das Fehlen von Angaben zu dessen Herstellung fraglich sei, welche physikalisch-chemischen Eigenschaften das im Streitpatent untersuchte Produkt "Zeosil 1165MP" aufwies.

Als nächstliegender Stand der Technik könne die Kieselsäure gemäß Beispiel 3 des Dokuments D4 angesehen werden. Aufgrund der Kombination aller Parameter gemäß Anspruch 1 des Streitpatents sei die beanspruchte Kieselsäure besser dispergierbar und bewirke verbesserte reifentechnischen Eigenschaften. Weder ausgehend von D4, noch ausgehend von "Zeosil 1165MP" habe es für den Fachmann nahegelegen, diese Verbesserungen durch eine Herabsetzung des wk-Koeffizienten zu erreichen.

X. Die Beschwerdeführerin beantragte (schriftlich) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs sowie der Beschwerde der Einsprechenden. Da die letzteren zwischenzeitlich zurückgenommen wurden, ist der Antrag der Beschwerdeführerin zweifelsfrei als Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung zu verstehen.

Entscheidungsgründe

Spätes Vorbringen von Beweismitteln

1. Die Beweismittel D13 bis D15 wurden von der Beschwerdeführerin zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht, unter anderem um ihre Zweifel betreffend der bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgeworfenen Frage zu untermauern, ob nämlich das im Streitpatent beschriebene Produkt "Zeosil 1165MP" überhaupt als öffentlich vorbenutzt, und somit als Stand der Technik, anzusehen sei. Die zweite eidesstattliche Erklärung D16 kann als Reaktion auf in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung bezüglich der angeblichen Nicht-Ausführbarkeit vorgebrachten Argumente angesehen werden.

Aus Sicht der Kammer werfen diese Beweismittel keine zusätzlichen Fragen besonderer Komplexität auf. Entsprechendes ist auch von der Einsprechenden nicht vorgetragen worden. Die Kammer hat daher entschieden, die Beweismittel D3 bis D16 trotz ihres späten Vorbringens zum Verfahren zuzulassen (Artikel 12(1)(2)(4) VOBK).

2. Ausführbarkeit (Artikel 83 und 100(b) EPÜ)

2.1 Die Kammer sieht sich nicht veranlasst, die positive Beurteilung der Ausführbarkeit durch die Einspruchsabteilung (siehe angefochtene Entscheidung, Punkte 2 bis 10 der Gründe) in Frage zu stellen. Insbesondere vermögen auch die von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Einwände die Kammer aus folgenden Gründen nicht davon zu überzeugen, dass das Streitpatent derartig schwerwiegende Informationslücken oder einen Mangel an Anleitung aufweist, dass der Fachmann nicht in der Lage wäre, die Erfindung auszuführen:

2.2 Zunächst ist festzuhalten, dass nicht grundsätzlich die Ausführbarkeit der im Streitpatent beschriebenen Methode zur Ermittlung des wk-Koeffizienten-Werts der Fällungskieselsäure bestritten wird. Vielmehr wurde von der Einsprechenden unter Bezugnahme auf Dokument D6a die Auffassung vertreten, dass - unter anderem im Hinblick auf angeblich fehlende Angaben zu Teilaspekten der Methode - die Schwankungsbreite der erzielbaren Resultate derart groß sei, dass nicht von "simplen Messfehlern" die Rede sein könne, und dass der Fachmann demnach die beanspruchte Erfindung nicht ausführen könne. Insbesondere könne der Fachmann nicht wissen, "was den im Patent für diesen Parameter angegebenen Werten entspreche".

2.3 Letztere Aussage ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, zumal im Streitpatent (siehe Abschnitte [0009] und [0034] bis [0042] in Verbindung mit Figur 6) die zur Ermittlung des wk-Koeffizienten angewandte Methode, deren Durchführung, die Auswertung der Ergebnisse sowie die verwendeten Geräte ausführlich beschrieben sind. In Abschnitt [0041] wird zudem dargelegt, dass der wk-Koeffizient als ein Maß für die Dispergierbarkeit der Fällungskieselsäure bei der Einarbeitung in Kautschuk zu verstehen ist.

2.4 Eigene Beweismittel, beispielsweise Versuchsergebnisse, zur Untermauerung ihrer Einwände hat die Einsprechende nicht vorgelegt. Vielmehr hat sie sich auch im Beschwerdeverfahren lediglich auf die in D6a beschriebenen Versuche der Beschwerdeführerin bezogen. Insbesondere hat sie bemängelt, dass bei keiner der in D6a beschriebenen, an einer Probe des Produkts "Ultrasil VN3" durchgeführten Messungen jener wk-Wert (von 12,1) ermittelt wurde, der im Streitpatent (Seite 9, Zeile 4) für "Ultrasil VN3" angegeben ist. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig:

2.4.1 Die Beschwerdeführerin hat bereits im Verlauf des ihr europäisches Patent EP 0 983 966 (Einsprechende wie im vorliegenden Fall: RHODIA CHIMIE) betreffenden Einspruchs-Verfahren ausgeführt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2005, Punkt 2.1 und Punkte 2.5 und 2.6 der Entscheidung der Einspruchsabteilung), dass bei der Durchführung (in 2004) der in D6a beschriebenen Messungen die im Streitpatent untersuchte Probe von "Ultrasil VN3" (aus 1996) nicht mehr zur Verfügung stand. Diese Argumentation wurde auch im vorliegenden Verfahren vorgebracht (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2006 vor der Einspruchsabteilung; Form 2906, Seite 2 oben).

2.4.2 Die besagte Argumentation ist für die Kammer plausibel. Ferner akzeptiert die Kammer, dass es bei großtechnisch hergestellten Produkten über die Jahre durchaus zu gewissen Änderungen bezüglich nicht-spezifizierter Parameter (hier: wk-Koeffizient) kommen kann.

2.5 Der Einwand der Einsprechenden, wonach die an ein und derselben Probe ermittelten Werte für den wk-Koeffizienten streuen, ist - als solcher – nicht ausreichend um die Ausführbarkeit der Messmethode in Frage zu stellen.

2.5.1 In dem unter obigem Punkt 2.4.1 angesprochenen parallelen Verfahren ist unter Bezugnahme auf Überlegungen zur Fehlerberechnung (dort zusammengefasst in einem als "Anlage 5" bezeichneten Dokument) von der Beschwerdeführerin glaubhaft dargelegt worden, dass davon auszugehen sei, dass die Streuung der ermittelten Werte im Bereich der anspruchsgemäßen, relativ kleinen wk-Koeffizienten (< 3,4) wesentlich geringer sei als im Fall der in D6a untersuchten Kieselsäure "Ultrasil VN3" (ermittelte wk-Werte im Bereich von 10,5 bis 11,5). Dieser Argumentation hat die Einsprechende (hier wie dort RHODIA CHIMIE) nicht widersprochen.

2.5.2 Im Hinblick auf die bereits im Bereich um den wk-Wert von 10 recht geringe Streuung akzeptiert die Kammer, dass im wk-Wertebereich von 3,4 oder weniger die Streuung noch geringer und die ermittelten wk-Werte daher ausreichend präzis, reproduzierbar und auch aussagekräftig sind.

2.6 Zudem belegt Dokument D6a in überzeugender Weise, dass ein Variieren der Qualität des bei der Messung verwendeten Wassers, der Temperatur bzw. Kühlung des Wassers und des Durchmessers des Endstücks der Sonotrode keinen signifikanten Einfluss auf die gemessenen wk-Koeffizienten-Werte haben, wobei diese im Fall des untersuchten Produkts "Ultrasil VN3", wie bereits gesagt, stets in dem relativ engen Bereich von 10,5 bis 11,5 liegen. Daraus schließt die Kammer, dass der sachgerecht und vernünftig vorgehende Fachmann bei der Umsetzung der beschriebenen Messmethode in die Praxis ohne unzumutbaren Aufwand zu korrekten bzw. aussagekräftigen und untereinander vergleichbaren Werten für den wk-Koeffizienten gelangt. Die von der Einsprechenden monierte Tatsache, dass das die Beschwerdeführerin nicht angegeben hat, unter welchen genauen, diesbezüglichen Bedingungen die im Streitpatent angegebenen Messwerte erhalten wurden, ist daher nicht weiter von Belang.

2.7 Die Kammer kommt daher zur Schlussfolgerung, dass die beanspruchte Erfindung im Streitpatent so deutlich und vollständig offenbart ist, dass der Fachmann sie ausführen kann (Artikel 100(b) und 83 EPÜ).

3. Neuheit

3.1 Die Kammer sieht sich auch nicht veranlasst, die positive Beurteilung der Neuheit des Gegenstands der erteilten Ansprüche durch die Einspruchsabteilung (siehe angefochtene Entscheidung, Punkte 11 und 12 der Gründe) im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik in Frage zu stellen. Zur Frage der Neuheit trug die Einsprechende im Beschwerdeverfahren auch nichts vor.

3.2 Frühere Behauptungen der Einsprechenden, wonach die Entgegenhaltungen D1 bis D4, D6b und D7a zumindest inhärent alle Merkmale laut Anspruch 1 - und insbesondere auch einen wk-Koeffizienten < 3,4 - offenbarten, sind nicht durch entsprechende Messungen substantiiert worden. Aus Beispiel 8 der Streitpatentschrift (Seite 9, Zeile 5 und Abschnitt [0061]) ist vielmehr ersichtlich, dass - im Gegensatz zu diesen Behauptungen - beispielsweise eine laut D4 (Beispiel 3) bevorzugte Kieselsäure (im Streitpatent mit "3370" bezeichnet) einen deutlich außerhalb des beanspruchten Bereichs liegenden wk-Koeffizienten von 14,5 aufweist.

3.3 Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass keines der den Stand der Technik darstellenden Dokumente D1 bis D4, D6b oder D7a Informationen enthält, aus denen in Ermangelung zusätzlicher Beweismittel, wie beispielsweise Messungen, oder einer schlüssigen Argumentation der Einsprechenden, unmittelbar und eindeutig auf eine Offenbarung von Kieselsäuren geschlossen werden könnte, die gleichzeitig alle kennzeichnenden Merkmale (physikalisch-chemische Parameter), und insbesondere einen wk-Koeffizienten-Wert von weniger als 3,4 aufweisen.

3.4 Bezüglich des in der Streitpatentschrift zu Vergleichs-Zwecken beschriebenen Produkts "Zeosil 1165MP" (siehe Seite 7, Zeile 12 und Seite 9, Zeile 8) ist nicht schlüssig gezeigt worden, dass dessen Searszahl und DBP-Zahl zwangsläufig innerhalb der anspruchsgemäßen Bereiche liegen. Letzteres ist jedoch von der Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren ausdrücklich bestritten worden.

3.5 Der Gegenstand aller Ansprüche des erteilten Patents ist demnach neu (Artikel 52(1) und 54(1)(2) EPÜ).

3.6 Anspruch 7 ist von Anspruch 1 abhängig. Gegenstand der Ansprüche 2 bis 6 und 8 sind Verfahren zur Herstellung von Kieselsäuren mit allen physikalisch-chemischen Parametern der Kieselsäure gemäß Anspruch 1. Anspruch 9 betrifft Produkte, welche die neue Kieselsäure nach Anspruch 1 enthalten.

Folglich ist auch der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 9 neu (Artikel 52(1) und 54(1)(2) EPÜ).

3.7 Im Rahmen der Beurteilung der Neuheit der Kieselsäuren nach Anspruch 1 gegenüber dem im Streitpatent erwähnten Produkt "Zeosil 1165MP" gelangte die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass das Merkmal "wk-Koeffizient < 3,4" kein unterscheidendes Merkmal darstelle. Dieser Auffassung folgt die Kammer aus den nachstehenden Gründen nicht.

3.7.1 Betreffend die Genauigkeit der Angabe "wk < 3,4" ist zunächst festzuhalten, dass Anspruch 1 nicht eindeutig verlangt, dass der Wert des wk-Koeffizienten zwingend kleiner sein muss als 3,4000... . Nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass der wk-Wert ein berechnetes Verhältnis zweier gemessener Längen (Peak-Höhen) ist, wird der Fachmann vielmehr davon ausgehen, dass es sich bei dieser Zahl mit nur einer Nachkommastelle um einen gerundeten Wert handeln dürfte.

3.7.2 Aufgrund dieser Uneindeutigkeit der Angabe "wk-Koeffizient < 3,4" ist bei der Beurteilung, ob eine bestimmte Fällungskieselsäure dieses Merkmal aufweist oder nicht, im Zweifelsfall die Beschreibung zu Rate zu ziehen. Nun zeigt aber unter anderem das im Einspruchsverfahren diesbezüglich aufgegriffene Beispiel 8 des Streitpatents eindeutig, dass der mit einer Nachkommastelle tabellierte Wert von 3,4 für das untersuchte Produkt "Zeosil 1165MP" dem Peakhöhen-Quotienten B/A = 38,7/11,4 entspricht, welcher streng mathematisch einen Wert von 3,3947... hat, und wobei die Peakhöhen-Ablesung auf eine Nachkomma-Stelle genau erfolgt (siehe diesbezüglich auch das gesamte Dokument D9 in Verbindung mit Dokument D9a, sowie Dokument D16, Seite 1, letzter Absatz).

3.7.3 Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass es sich bei dem tabellierten Wert von 3,4 um einen auf eine Nachkommastelle gerundeten Wert handelt, und nicht um einen durch Trunkierung erhaltenen Wert, was von der Einsprechenden im Hinblick auf Dokument D9a als weitere Möglichkeit angesehen wurde.

3.7.4 Daraus ergibt sich für die Kammer, dass auch die in Anspruch 1 enthaltene Angabe "wk-Koeffizient < 3,4" im Licht der Beschreibung einen Wertebereich bezeichnet, der auch durch die Formulierung wk-Koeffizient gleich 3,3 oder kleiner ausgedrückt werden kann, wobei jeweils nur auf eine Nachkommastelle gerundete Werte in Betracht zu ziehen sind. Diese Auslegung steht im Übrigen völlig im Einklang mit der offensichtlichen Absicht des Verfassers der Patentschrift, die besagte "Kieselsäure Zeosil 1165MP", die lediglich zu Vergleichszwecken untersucht wurde, aus dem Umfang der Ansprüche auszuklammern bzw. sich gegen diese Kieselsäure abzugrenzen.

3.8 Bei technisch sinnvoller Auslegung von Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich somit das im Streitpatent beschriebene Produkt mit der Bezeichnung "Zeosil 1165MP" auch aufgrund seines wk-Koeffizienten-Werts von 3,4 vom Gegenstand dieses Anspruchs.

3.9 Für die Kammer spielt der in der angefochtenen Entscheidung angesprochene Aspekt der "Variabilität der Produktchargen" bei dieser Beurteilung keine Rolle. Fakt ist, dass die im Streitpatent untersuchte Probe der Kieselsäure "Zeosil 1165MP" eben nicht einen wk-Koeffizienten < 3,4 aufweist.

Im Lichte der obigen Ausführungen ist es auch nicht weiter von Belang, ob eine Kieselsäure mit einem wk-Wert von genau 3,4 (im Sinne von 3,4000...) technisch unterscheidbar ist von einer Kieselsäure mit einem wk-Wert, der "nominal", also nicht gerundet, beispielsweise 3,39 beträgt.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die Erfindung gemäß Streitpatent (vgl. Abschnitt [0001]) betrifft leicht dispergierbare Fällungskieselsäuren, Verfahren zu deren Herstellung sowie deren Verwendung in Kautschuk-Mischungen.

4.2 Als nächstliegender Stand der Technik kann, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, die Offenbarung des Dokuments D4 angesehen werden. Dieses Dokument wird einerseits im Streitpatent (siehe Abschnitt [0006]) als Stand der Technik gewürdigt und wurde andererseits auch in der Einspruchsbegründung als möglicher Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen.

4.2.1 Dokument D4 beschreibt die Herstellung von Fällungskieselsäuren für den Einsatz als Füllstoff in vulkanisierbaren Kautschukmischungen, insbesondere in Reifen (Seite 2, Zeilen 3 und 4). Die Fällungskieselsäuren gemäß D4 sollen eine gegenüber den damals bekannten Kieselsäuren verbesserte Dispergierbarkeit aufweisen (Seite 2, Zeilen 5 bis 24; Seite 5, Zeilen 54 und 55). Die Kieselsäuren gemäß D4 (siehe Anspruch 1 und Seite 2, Zeilen 40 bis 50) sind unter anderem durch fünf jener Parameter gekennzeichnet, die auch in den vorliegenden Ansprüchen zur Kennzeichnung der Kieselsäuren dienen, wobei die verwendeten Meßmethoden die gleichen sind. Die in D4 bezüglich dieser fünf Parameter vorgeschriebenen Wertebereiche sind im Vergleich zu jenen gemäß vorliegendem Anspruch 1 teils breiter (BET und CTAB Oberfläche), teils gleich (DBP-Zahl) und teils enger (Verhältnis BET/CTAB und Searszahl).

4.2.2 Das Beispiel 3 von D4 beschreibt eine Fällungskieselsäure mit folgenden Eigenschaften:

BET-Oberfläche: 184 m**(2)/g

CTAB-Oberfläche: 165 m**(2)/g

BET:CTAB: 1,1 (gerundet)

Sears-Zahl: 15,7 ml

DBP-Zahl: 255 ml/100g

Die Beschwerdeführin hat eingeräumt, dass somit alle genannten Parameter in die im erteilten Anspruch 1 angegebenen Bereiche fallen.

Darüber hinaus wird in Beispiel 8 der Druckschrift D4 (Seite 11) diese Kieselsäure auch untersucht im Hinblick auf die reifentechnischen Eigenschaften in einer Reifenlauffläche.

4.3 Ausgehend von Dokument D4 (Beispiel 3) als nächstliegendem Stand der Technik kann die technische Aufgabe in der Bereitstellung von bezüglich ihrer Eignung als Füllstoff für Kautschukmischungen, insbesondere für Reifenelastomeren, verbesserten Fällungskieselsäuren gesehen werden.

4.4 Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent die Bereitstellung von Fällungskieselsäure gemäß dem erteilten Anspruch 1 vor, welche durch folgende physikalisch-chemische Parameter gekennzeichnet ist:

| BET-Oberfläche | 120 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| CTAB-Oberfläche | 100 - 300 m**(2)/g|

| | |

| | |

| Verhältnis BET/CTAB | 0,8 - 1,3 |

| | |

| | |

|Searszahl (Verbrauch 0,1 n NaOH| 6 - 25 ml |

|) | |

| | |

| DBP-Zahl | 150 - 300 g/100 g |

| | |

| | |

|wk-Koeffizient (wie in der Besc| < 3,4 |

|hreibung definiert) | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| < 1 mym |

|rtikel (wie in der Beschreibung| |

| definiert) | |

| | |

|Partikelgröße der abgebauten Pa| 1,0 - 100 mym |

|rtikel (wie in der Beschreibung| |

| definiert). | |

| | |

4.5 Dass die oben angegebene Aufgabe durch die Fällungskieselsäuren gemäß dem erteilten Anspruch 1 auch tatsächlich gelöst ist, wird durch das vorliegende Datenmaterial glaubhaft belegt.

4.5.1 So zeigt (Vergleichs-)Beispiel 10 des Streitpatents (siehe Tabelle in Abschnitt [0063] sowie deren Auswertung in Abschnitt [0064]) die Vorteilhaftigkeit einer erfindungsgemäßen Fällungskieselsäure gemäß Beispiel 4 des Streitpatents, welche in Kombination mit den fünf anderen Parametern auch einen wk-Koeffizienten < 3,4 aufweist, im Vergleich zu den bekannten Fällungskieselsäuren "Ultrasil VN3" bzw. "Ultrasil 3370" (letztere entspricht dem Produkt gemäß Beispiel 3 von Dokument D4; siehe Streitpatent, Seite 9, Zeilen 17 und 18). Die erfindungsgemäße Kieselsäure kann besser dispergiert werden (siehe Seite 10, Zeilen 6 und 7: Dispersionskoeffizient von 97,7% im Vergleich zu 61,6 bzw. 82,7 %) und bewirkt (siehe Abschnitt [0064]) verbesserte Verarbeitungseigenschaften (z.B. eine geringere Mooney-Viskosität) und/oder Endprodukteigenschaften (z.B. Bruchdehnung, Nassrutschfestigkeit, Rollwiderstand).

4.5.2 Das (Vergleichs-)Beispiel 11 (siehe Streitpatent, Tabelle in Abschnitt [0064] und deren Auswertung in Abschnitt [0065]), und das nachgereichte Vergleichsbeispiel (Dokument D11: siehe Tabelle und deren Auswertung) belegen zusätzlich die Vorteilhaftigkeit (erhöhter Dispersionskoeffizient, verbesserte Verarbeitungs- und/oder Endprodukteigenschaften) der erfindungsgemäßen Fällungskieselsäuren gemäß den Beispielen 1 bzw. 5 des Streitpatents, welche ebenfalls in Kombination mit den fünf anderen Parametern auch wk-Koeffizienten < 3,4 aufweisen, im Vergleich zu der bekannten Fällungskieselsäure "Ultrasil VN2" und zu dem im Streitpatent ebenfalls untersuchten Produkt "Zeosil 1165MP", welche wk-Koeffizienten-Werte von mehr als 3,4 respektive 3,4 aufweisen. Die in Dokument D11 unter anderem gezeigte Verbesserung des Dispersions-Koeffizienten von 93 % auf 99 % wertet die Kammer, entgegen einer durch nichts untermauerten Behauptung der Einsprechenden, durchaus als signifikant.

4.6 Es bleibt demnach zu untersuchen, ob sich, ausgehend von den bekannten, gut dispergierbaren Fällungskieselsäuren wie den in D4 offenbarten, die beanspruchte Lösung der technischen Aufgabe in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

4.6.1 Seitens der Einsprechenden ist im Beschwerdeverfahren diesbezüglich nichts vorgetragen worden. Insbesondere ist nicht vorgetragen worden, ob bzw. aus welchen Gründen der von ihr im Einspruchsverfahren herangezogene druckschriftliche Stand der Technik (Dokumente D1 bis D4, D6b und D7b) den Fachmann zum Ergreifen spezieller Maßnahmen zur Erzielung eines wk-Koeffizienten < 3,4 anregen könnte.

Auch die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass keines dieser Dokumente dem von D4 , Beispiel 3, ausgehenden Fachmann einen Hinweis darauf gibt, dass eine Verbesserung der Anwendungseigenschaften der Fällungs-Kieselsäure durch das Einstellen eines wk-Koeffizienten von < 3,4, unter Beibehaltung von Werten innerhalb der Grenzen gemäß Anspruch 1 für die anderen fünf Parameter, erreicht werden könnte.

4.6.2 Die Einsprechende ist vielmehr im Beschwerdeverfahren, wie auch die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, von der im Streitpatent als Vergleichsprodukt beschriebenen und untersuchten Kieselsäure "Zeosil 1165MP" (siehe Seite 7, Zeile 12 und Seite 9, Zeile 8) als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Die Beschwerdeführerin hat hingegen die mangelnde Substantiierung der behaupteten Vorbenutzung von "Zeosil 1165MP" geltend gemacht und vertrat demnach die Auffassung, dass das im Patent untersuchte Vergleichsprodukt dieses Namens nicht dem Stand der Technik zuzurechnen sei. Diesbezüglich ist die Kammer zu folgendem Schluss gelangt.

i) Die Kammer sieht keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das im Patent beschriebene und untersuchte Vergleichsprodukt mit dem "Produktnamen" Zeosil 1165 MP "der Rhone-Poulenc" ohne Geheimhaltungsverpflichtung in die Hände der Patentinhaberin gelangt ist, und zwar bereits vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents (siehe diesbezüglich die deutsche Patentanmeldung Nr. 197 40 440.5, deren Priorität in Anspruch genommen wird: Seite 11, Zeilen 9 und 10; Seite 15, vierte Datenzeile der Tabelle). Aus einer Gesamtschau der Dokumente D10, D13, D14 und D15 ergibt sich, dass zumindest seit 1995, und in den Jahren danach, unter dem Produktnamen "Zeosil 1165MP" Fällungskieselsäuren der Firma Rhône-Poulenc bzw. Rhodia kommerzialisiert wurden.

ii) Jedoch selbst wenn zu Lasten der Beschwerdeführerin davon ausgegangen würde, dass das Vergleichsprodukt "Zeosil 1165MP", ebenso wie seine Herstellungsweise (D10 spricht zwar von "Zs precipitated silicas", enthält aber abgesehen von diesem Hinweis auf eine Fällung keine Details des Herstellungsverfahrens), seine inhärenten Produkteigenschaften (laut Streitpatent eine BET-Oberfläche von 160 m**(2)/g, eine CTAB-Oberfläche von 150 g**(2)/m und ein wk-Koeffizient von 3,4) und seine Anwendungseigenschaften (D10 spricht von hoher Dispergierbarkeit und der besonderen Eignung zur Verstärkung von Hochleistungsreifen) vor dem Prioritätstag bekannt und der Öffentlichkeit zugänglich waren, und daher im Sinn der Stellungnahme G 0001/92 (ABl. 1993, 277; Punkt 1 der Schlussfolgerung), als Stand der Technik zu betrachten wären, bedeutete dies für die Kammer nicht, dass der Gegenstand von Anspruch 1 deshalb naheliegend wäre:

iii) Unabhängig davon, ob man das im Streitpatent beschriebene "Zeosil 1165MP" als nächstliegenden Stand der Technik ansähe oder, ausgehend von beispielsweise Dokument D4, als zusätzlichen Stand der Technik heranzöge, gibt weder das Produkt "Zeosil 1165MP" als solches, noch das vorpublizierte Dokument D10, eine Anregung zum Ergreifen von Maßnahmen zur Veränderung der Dispergierbarkeit in Richtung eines wk-Koeffizienten mit einem Wert von weniger als 3,4 unter Einhaltung der in Anspruch 1 angegebenen Bereichsgrenzen für die Werte der anderen fünf Parameter. Das angeblich verfügbare Produkt als solches lässt ja ebenso wenig wie der Inhalt des Dokuments D10 erkennen, dass sich ein Absenken des wk-Koeffizienten auf Werte kleiner als 3,4 positiv auf das Gesamtwertebild von damit gefülltem Reifenkautschuk auswirken würde.

4.7 Die Bereitstellung von Fällungskieselsäuren gemäß Anspruch 1 ergibt sich für den Fachmann daher nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

4.8 Daher beruht der Gegenstand des Produktanspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ.

4.9 Anspruch 7 ist von Anspruch 1 abhängig. Gegenstand der Ansprüche 2 bis 6 und 8 sind Verfahren zur Herstellung von Kieselsäuren mit allen physikalisch-chemischen Parametern der Kieselsäure gemäß Anspruch 1. Anspruch 9 betrifft Produkte, welche die neue Kieselsäure nach Anspruch 1 enthalten.

Folglich beruht auch der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 9 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52(1) und 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in seiner erteilten Fassung aufrechterhalten.

Quick Navigation