T 0467/06 () of 13.12.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T046706.20071213
Datum der Entscheidung: 13 Dezember 2007
Aktenzeichen: T 0467/06
Anmeldenummer: 01105126.5
IPC-Klasse: F16D 3/74
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Elastische Wellenkupplung
Name des Anmelders: Centa-Antriebe Kirschey GmbH
Name des Einsprechenden: Hackforth GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 134 446 wurde mit der am 23. Dezember 2005 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgewiesen. Dagegen wurde von der Einsprechenden am 23. Februar 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 28. April 2006 eingereicht.

II. Es wurde am 13. Dezember 2007 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents im vollen Umfang. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Elastische Wellenkupplung (10) mit wenigstens zwei koaxial angeordneten, einstückigen sowie im wesentlichen V-förmigen elastischen Kupplungskörpern (11), deren jeder mit seiner etwa in Axialrichtung nach außen weisenden Ringfläche (11 a) mit einem Anschlussflansch (12; 13) und mit seiner nach innen weisenden Ringfläche (11 b) mit einem metallischen inneren Ringkörper jeweils durch Vulkanisation verbunden ist, wobei die äußeren Anschlussflansche (12; 13) von planen, ringförmigen Blechen gebildet sind und die inneren Ringkörper drehfest zu einem kegelförmigen Körper miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass

die inneren Ringkörper einen einstückigen, im Längsschnitt im wesentlichen V-förmigen Gusskörper (29) ausbilden und dass im Gusskörper (29) ein von innen nach außen durchgehender Belüftungskanal (40) vorgesehen ist."

III. Die Beschwerdeführerin trug vor, die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1 seien unstreitig in der Figur 3 und den korrespondierenden Beschreibungsteilen des Dokuments A4 (WO-A-96/35886) offenbart. Der Anspruchsgegendstand unterscheide sich von A4 dadurch, dass der Ringkörper einstückig ausgeführt sei und in dessen Gusskörper ein von innen nach außen durchgehender Belüftungskanal vorgesehen sei. Die objektive Aufgabe sei darin zu sehen, eine Wellenkupplung bereitzustellen, die hohe Leistungen zu übertragen im Stande sei und sich dennoch wirtschaftlich und kostengünstig herstellen lasse. Aus A4 (Figur 7) erhalte der Fachmann bereits den Hinweis, einen einstückig ausgebildeten inneren Ringkörper einzusetzen, was die Herstellungskosten signifikant reduziere, weil keine zusätzliche Mittel zur drehfesten Verbindung der einzelnen Bestandteile des inneren Ringkörpers mehr notwendig seien (A4, Seite 5, Zeilen 24-30). Zwischen der besonderen Ausgestaltung der äußeren Anschlussflansche in der Figur 7 aus A4, welche keine plane Bleche gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 aufweise, und der einstückigen Ausgestaltung des inneren Ringkörpers bestehe kein funktioneller Zusammenhang. Somit bestehe für den Fachmann kein Hindernis, auch bei der Wellenkupplung entsprechend Figur 3 aus A4 einen einstückigen Ringkörper vorzusehen. Weiterhin sei auch ein im Ringkörper vorgesehener, von innen nach außen durchgehender Belüftungskanal aus A1 (DE-A1-34 34 722) bekannt. A1 offenbare allgemein, dass die Luft im Wesentlichen an den der Drehachse näherliegenden Stellen axial durch die Stirnspalte zwischen zwei benachbarten Segmenten des Ringkörpers in die inneren Kanäle hineintrete, und von hier aufgrund der Fliehkraft durch die äußeren Austrittsschlitze am Umfang der Segmente wieder ins Freie gelange (A4, Seite 5, Zeile 26-Zeile 31). Dies sei ausdrücklich zur Erzielung "einer guten Kühlung" und zur Erhöhung der "thermischen Belastbarkeit" vorgesehen (A4, Seite 5, Zeilen 1-3). Folglich werde dem Fachmann auch das zweite Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 durch den Stand der Technik nahegelegt. Im Übrigen sei das Prinzip der radialen Zwangsbelüftung zum Zwecke der Kühlung dem Fachmann allgemein bekannt gewesen, wie z.B. in den Dokumenten A12 (DE-OS 24 58 048) und A13 (DE-A1-196 37 492) bei Bremsscheiben offenbart werde. Insofern als die Kombination der kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 keine Gesamtwirkung entfalte, die über die Wirkung der einzelnen Merkmale hinausgehe, könne auch keine Kombinationserfindung vorliegen. Insgesamt habe also der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann nahegelegen.

IV. Die Beschwerdegegnerin war auch der Auffassung, A4 repräsentiere den nächstliegenden Stand der Technik, und insbesondere zeige die Figur 3 sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1. Ausgehend hiervon sei es das Ziel der Erfindung, eine Wellenkupplung zu schaffen, die hohe Leistungen übertragen könne und dennoch kostengünstig und wirtschaftlich herzustellen sei. Durch die einstückige Ausgestaltung des Ringkörpers sei eine besonders robuste Bauweise gegeben, die keine miteinander verschraubten Bauteile enthalte und selbst für die bei Schiffsantrieben (Patentschrift, Absatz [0003]) auftretenden Dauerbelastungen geeignet sei. Im Hinblick auf die Anwendung der Wellenkupplung bei Schiffen sei weiterhin die Kühlung sehr wichtig, weil dort die Belastungen außergewöhnlich hoch seien. Nun zeige A1 konkret eine segmentierte, mehrteilige Kupplung, bei der die spezifische Ausbildung der Kühlkanäle im Ringkörper von der mehrteiligen Bauweise der Segmente des Ringkörpers abhängig sei; dies sei z.B. bei den Stirnspalten der Fall, die zwischen zwei benachbarten Segmenten angeordnet seien und zum Einleiten der Luft in das Innere des Ringkörpers dienten. Auch die inneren Belüftungskanälen seien als umfangsverteilte Zwischenräume zwischen den separaten, den zentralen Körper bildenden Segmentplatten gebildet. Die konkrete mehrteilige Ausbildung des Ringkörpers in der Wellenkupplung aus A1 und speziell die Bauweise der Belüftungskanäle seien somit nicht mit einer einstückigen Ausführung des Ringkörpers zu vereinbaren. Der Fachmann würde somit aus A1 keinen Hinweis entnehmen, Belüftungskanäle in einem einstückigen Ringkörper vorzusehen. Auch die Berücksichtigung von A12 und A13 führe zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen beträfen A12 und A13 ein anderes technisches Gebiet, welches der Fachmann im vorliegenden Fall nicht in Betrachtung ziehen würde. Zum zweiten sei es zwar richtig, dass die Anordnung von Belüftungskanälen in einstückig geformten Bremsscheiben seit geraumer Zeit bekannt sei, wie insbesondere durch das weitere Dokument P5 (US-A-1 717 522) belegt werde. Dennoch zeige gerade dies, dass die erfindungsgemäße Lösung nicht naheliegend sei, denn sonst hätte der Fachmann schon viel früher den erfindungsgemäßen Gedanken in die Praxis umsetzen müssen. Überdies gebe es auch in A4 keinen klaren Hinweis zur einteiligen Ausführung des Ringkörpers. Die Figur 7 in A4 zeige zwar einen einstückigen Ringkörper, aber in der Beschreibung sei auch ausdrücklich festgestellt, dass das Anbringen der elastischen Kupplungskörper an den Ringkörper dadurch erschwert werde (A4, Seite 5, Zeilen 24-30). Zudem sei auch in Figur 7 von A4 keine Reibungskupplung dargestellt, bei der die elastischen Kupplungskörper, wie in der vorliegenden Erfindung, sowohl mit dem jeweiligen Anschlussflansch, als auch mit dem Ringkörper durch Vulkanisation verbunden seien. Somit sei auch die einteilige Ausführung des Ringkörpers im Hinblick auf den in Figur 3 von A4 dargestellten Stand der Technik für den Fachmann nicht naheliegend gewesen. Im Übrigen sei auch durch die Dokumente P1 (WO-A-98/34039), P2 (WO-A-99/60283), P3 (WO-A-00/22313) und P4 (WO-A-01/36834) belegt, dass generell die technische Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Wellenkupplungen nicht in eine Richtung weise, die zur erfindungsgemäßen Lösung führe. Aus all den genannten Gründen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 als erfinderisch anzusehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 ist zwischen den Parteien unstreitig und es ist festzustellen, wie auch von den Parteien vorgetragen, dass sich dieser Gegenstand von der in A4 offenbarten elastischen Wellenkupplung durch die Merkmale unterscheidet, wonach (i) "die inneren Ringkörper einen einstückigen Gusskörper (29) bilden" und (ii) "im Gusskörper (29) ein von innen nach außen durchgehender Belüftungskanal (40) vorgesehen ist". Das weitere Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1, wonach die inneren Ringkörper "im Längsschnitt" einen "im wesentlichen V-förmigen" Körper ausbilden, ist aus A4 bekannt (A4, Figur 3).

3. Im Hinblick auf die oben genannten Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem nächstliegenden Stand der Technik A4 ergibt sich als objektive Aufgabe, eine elastische Wellenkupplung zu schaffen, die hohe Leistungen zu übertragen im Stande ist und sich dennoch wirtschaftlich und kostengünstig herstellen lässt (Patentschrift, Absatz [0008]). Vor dieser Aufgabe stehend würde dem Fachmann bei Betrachtung der elastischen Wellenkupplung aus Figur 3 in A4 insbesondere auffallen, dass der Ringkörper radial zur Wellenachse mittig in zwei Teilen aufgeteilt ist, wobei diese Teile durch separate Verbindungsmittel zusammengehalten werden. Bereits in A4 wird aber darauf hingewiesen, dass eine einteilige Ausführung des Ringkörpers, wie in Fig. 7 aus demselben Dokument A4 gezeigt, wegen der Vereinfachung des Montageverfahrens zu einer erheblichen Kostensenkung führen kann (A4, Seite 5, Zeilen 24-30). Zusätzlich ist auch für den Fachmann offensichtlich, dass eine einstückige Ausführung des Ringkörpers, wegen des Wegfallens der Verbindungsmittel, besonders bei der Übertragung großer Leistungen weniger störanfällig ist.

Obwohl eine solche Ausführung die Verbindung der elastischen Kupplungskörper an den Ringkörper durch Vulkanisation erschwert (A4, Seite 5, Zeilen 24-30), würde der Fachmann bei der gestellten Aufgabe dennoch diese Nachteile aus den folgenden Gründen in Kauf nehmen. Zum einen erkennt der Fachmann, dass eine einstückige Ausführung des Ringkörpers aus den genannten Gründen wesentlich zur Lösung der gestellten Aufgabe beiträgt. Zum anderen impliziert die Wahl zwischen einer zweiteiligen und einer einteiligen Ausführung des Ringkörpers lediglich, wie im Übrigen auch aus A4 hervorgeht (Seite 5, Zeilen 24-30), eine Abwägung der Vor- und Nachteile von alternativen technischen Lösungen wie sie vom Fachmann routinemäßig in einer Vielfalt von Situationen vorgenommen wird. Im vorliegenden Fall würde die Wahl des Fachmanns, aufgrund der gestellten Aufgabe, zugunsten einer einteiligen Ausführung des Ringkörpers, z.B. als Gusskörper, ausfallen.

Entsprechend dem weiteren Teil der zu lösenden Aufgabe würde der Fachmann in einem zweiten Schritt nach technischen Mitteln suchen, die eine Erhöhung der Leistung der Wellenkupplung ermöglichen. Es ist allgemein bei Kupplungen bekannt, dass die Entstehung von Wärme ein wichtiger Begrenzungsfaktor für die Übertragung größerer Leistungen und für die Funktionsfähigkeit überhaupt darstellen kann. Generell wird im Maschinenbau bei Bauteilen, die durch die Beanspruchung im Betrieb unter ständiger thermischer Belastung stehen, und insbesondere dort, wo es auch möglich und sinnvoll erscheint, die Abführung der Wärme durch Maßnahmen zur Kühlung dieser Bauteile erreicht, wie dies z.B. bei Bremsen der Fall ist (siehe z.B. A12 (DE-A-24 58 048) und A13 (DE-A-196 37 492)). Auch bei Wellenkupplungen sind solche Kühlungsmaßnahmen bekannt, wie aus dem Dokument A1 zu ersehen ist, die zur Erhöhung der thermischen Belastbarkeit der Wellenkupplung dienen sollen (A1, Seite 5, Zeilen 1-3). Gemäß A1 wird an den Stoßstellen der Segmentplatten, die den Ringkörper bilden, ein radialer Stirnspalt freigelassen, wodurch die Luft im Wesentlichen an den der Drehachse näherliegenden Stoßstellen axial in die inneren Kanäle zwischen die den Ringkörper bildenden Segmentplatten gelangt (A1, Seite 5). Der Fachmann, der zur Übertragung einer höheren Leistung eine höhere thermische Belastbarkeit der Wellenkupplung erzielen muss, wird also in den gemäß A1 vorgeschlagenen Kühlungsmaßnahmen eine Lösung des weiteren Teils der gestellten Aufgabe erkennen. Dabei ist für den Fachmann auch das Wesentliche der technischen Lehre aus A1 klar, nämlich die Ausbildung von luftgekühlten, radial im Ringkörper von innen nach außen verlaufenden Kanälen, so dass die Luft aufgrund ihrer Fliehkraft von den nahe an der Drehachse gelegenen Eintrittsöffnungen bis zu den Austrittsöffnungen am äußeren Umfang des Ringkörpers hindurchströmen kann. Offensichtlich ist dieses allgemeine Prinzip ohne Weiteres auch bei einem einteiligen Ringkörper in Form eines Gusskörpers zu verwirklichen und der Fachmann würde darin keine besonderen Schwierigkeiten sehen, die im Übrigen auch nicht von der Beschwerdegegnerin genannt wurden. Somit würde der Fachmann in naheliegender Weise in einem zweiten Schritt "im Gusskörper (29) ein von innen nach außen durchgehender Belüftungskanal (40)" vorsehen, gemäß dem genannten Merkmal (ii) des Anspruchs 1, und hiermit zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangen (Art. 56 EPÜ).

4. Die von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumente P1 bis P5 können keine überzeugenden Argumente liefern, die für die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 sprechen. Im Gegenteil, P2 bis P4 zeigen allesamt, dass der Fachmann die Verwendung von Kühlelementen oder Kühlkanälen in jedem Falle als notwendig ansehen würde. Wo diese Kühlmittel oder Kühlkanäle in der Wellenkupplung genau anzuordnen sind, hängt natürlich von der spezifischen Beschaffenheit der Wellenkupplung ab und von den thermischen Belastungen, die sich im Betrieb ergeben. Bei der in P2, P3 oder P4 gezeigten Wellenkupplung fehlt ein mittlerer Ringkörper, so dass die Kühlkanäle im elastischen Kupplungskörper angeordnet worden sind. Gemäß P1 sind Kühlmittel im elastischen Kupplungskörper angeordnet, obwohl ein Ringkörper vorhanden ist. Diese Maßnahme ist offensichtlich als eine zu der in A1 gezeigten alternative oder als zusätzliche Maßnahme anzusehen und würde den Fachmann nicht davon abhalten, gemäß A1 Kühlkanäle im Ringkörper vorzusehen, falls eine solche Lösung bereits ausreichen würde, um der thermischen Belastung der Wellenkupplung im spezifischen Fall wirkungsvoll entgegenzutreten. Insgesamt ergeben sich also aus der Betrachtung der genannten Dokumente keine stichhaltigen Gründe, die an den Darlegungen unter Punkt 3 etwas ändern könnten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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