T 0328/06 (Elektromagnetisches Druckventil/BOSCH) of 21.4.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T032806.20080421
Datum der Entscheidung: 21 April 2008
Aktenzeichen: T 0328/06
Anmeldenummer: 98947339.2
IPC-Klasse: G05D 16/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Elektromagnetisches Druckregelventil
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: KENDRION Binder Magnete GmbH
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (Hauptantrag) - bejaht
Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag) - verneint
Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag) - bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Ein Einspruch wurde gegen das europäische Patent Nr. 1004066 in seiner Gesamtheit gestützt auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ eingelegt. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Zwischenentscheidung vom 3. Januar 2006 festgestellt, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ und insbesondere den Erfordernissen der Artikel 54 (1), (2) und 56 EPÜ genüge.

Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des erteilten Patents von der Lehre des Dokuments

D1: DE 35 03 785 A

unter Berücksichtigung der Begriffe "Druckregelventil", wie er z.B. in

D3: DE 43 42 591 A

verwendet wird, und "Steuerkante", wie er z.B. in

D4: DE 9 202 519 U

verwendet wird, neuheitsschädlich vorweggenommen sei.

Der Gegenstand von Anspruch 1 der für gewährbar erachteten geänderten Fassung, jetzt des Hilfsantrags I, sei nach Ansicht der Einspruchsabteilung neu. Dies wurde auch von der Einsprechenden nicht anders gesehen.

Die Einspruchsabteilung kam weiterhin zu dem Ergebnis, dass der gemäß der geänderten Fassung beanspruchte Gegenstand eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der Lehre von D1 und auch unter Berücksichtigung von

D2: DE 37 22 344 C

aufweise, da keines der beiden Dokumente einen Hinweis darauf gäbe, dass eine Variation der Flächenverhältnisse der hydraulisch wirksamen Flächen der Sitzventile geeignet sei, die Kennlinie des Druckregelventils an bestimmte Arbeitsbedingungen anzupassen, um einen linearen Verlauf der Kennlinie auch bei geringen Drücken zu erzielen.

Die Einspruchsabteilung hat insbesondere darauf hingewiesen, dass sie zu diesem Schluss unabhängig von der Frage gelangt sei, was der Offenbarungsgehalt von D2 in Bezug auf konkrete numerische Flächenverhältnisse sei.

II. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin 01 (Einsprechende) mit einem am 27. Februar 2006 eingegangenen Schreiben Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde mit einem am 15. Mai 2006 eingegangenen Schreiben begründet. Es wurde sinngemäß beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Als Beweismittel wurde erstmalig eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht. Ferner wurde auf weitere Dokumente Bezug genommen.

In weiteren, am 5. Dezember 2006, am 22. März 2008 und am 16. April 2008 eingegangenen Schreiben wurden zusätzliche Argumente insbesondere im Hinblick auf die Anträge der Beschwerdeführerin 02 (siehe Punkt III) vorgebracht sowie weitere Dokumente eingeführt.

III. Eine weitere Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin 02 (Patentinhaberin) mit einem am 8. März 2006 eingegangenen Schreiben eingelegt. Es wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im ursprünglich erteilten Umfang aufrechtzuerhalten. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Die Beschwerde wurde mit einem am 3. Mai 2006 eingegangenen Schreiben begründet.

In einem weiteren, am 25. September 2006 eingegangenen Schreiben wurde weiterhin hilfsweise beantragt, als Hilfsantrag I das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der Zwischenentscheidung vom 3. Januar 2006 als gewährbar erachteten Unterlagen aufrechtzuerhalten, oder als Hilfsanträge II bis V das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der Anlage zu diesem Schreiben beigefügten Unterlagen aufrechtzuerhalten. Ferner wurde beantragt, weder die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung noch die weiteren, bis dahin zusätzlich eingeführten Dokumente in das Verfahren zuzulassen.

In einem weiteren, am 20. März 2008 eingegangenen Schreiben hat die Beschwerdeführerin 02 ihre vorhergehenden Anträge bestätigt und die Unterlagen für weitere Hilfsanträge VI bis VIII eingereicht.

IV. Die Kammer hat die Parteien mit Bescheid vom 28. Dezember 2007 zur mündlichen Verhandlung geladen und in einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern zur Sache vorläufig Stellung genommen.

V. In der mündlichen Verhandlung, die am 22. April 2008 vor der Kammer stattfand, bestätigte die Beschwerdeführerin 01 ihren Antrag auf Aufhebung der Entscheidung und Widerruf des Streitpatents. Die Beschwerdeführerin 02 beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag) oder die Beschwerde der Beschwerdeführerin 01 zurückzuweisen (Hilfsantrag).

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VI. Anspruch 1 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:

"Elektromagnetisches Druckregelventil (10, 10a)` mit einem Magnetteil (12) aus wenigstens einer elektrisch ansteuerbaren Spule (15)` einem Spulenkern (16) und einem verschiebbar geführten Anker (17)` mit einem Ventilteil (11, 1la)` das einen Zulauf (36, 36a)` einen Rücklauf (37)` einen Verbraucheranschluss (38, 38a) und ein mit dem Anker (17) zusammenwirkendes Ventilelement (34, 35, 35a) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass das Ventilteil (11, 11a) ein erstes Sitzventil (45) mit einem Schließglied (34) ausbildet und ein zwischen den Anker (17) und das Schließglied (34) geschaltetes Betätigungsglied (35, 35a) aufweist, und dass das Betätigungsglied (35, 35a) eine Steuerbohrung (42, 42a) des Ventilteils (11, 1la) durchdringt und eine Steuerkante (50) aufweist, die in Wirkverbindung mit der Steuerbohrung (42) ein zweites Sitzventil (49) ausbildet."

Anspruch 1 gemäß der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung weist folgendes zusätzliches Merkmal auf, das im wesentlichen dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 2 entspricht:

"wobei die hydraulisch wirksame Druckfläche (A1) des ersten Sitzventils (45) mit der hydraulisch wirksamen Druckfläche (A2) des zweiten Sitzventils (49) ein Verhältnis bildet, das kleiner als 0,3 ist."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag: Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegenüber D1 und D2 (Artikel 54 (1), (2) und 56 EPÜ)

1.1 Das in dem Streitpatent offenbarte Magnetventil soll als Regelventil die bis dahin im Stand der Technik für diese Zwecke üblichen und z.B. aus D3 bekannten Schieberventile ersetzen (siehe Absatz [0001] des Streitpatents).

Vom Aufbau her leitet sich das beanspruchte Magnetventil aus bis dahin als Schaltventil verwendeten Ventiltypen ab (siehe Absatz [0002] des Streitpatents).

D1 zeigt ein solches Schaltventil nach dem Stand der Technik. Insbesondere zeigt D1 ein elektromagnetisches Ventil (siehe Zusammenfassung)` mit einem Magnetteil aus wenigstens einer elektrisch ansteuerbaren Spule (Figur 1, Bezugszeichen 3)` einem Spulenkern (Figur 1, Bezugszeichen 2) und einem verschiebbar geführten Anker (Figur 1, Bezugszeichen 6)` mit einem Ventilteil` das einen Zulauf (Figur 1, Bezugszeichen 16)` einen Rücklauf (Figur 1, Bezugszeichen 18)` einen Verbraucheranschluss (Figur 1, Bezugszeichen 17) und ein mit dem Anker (6) zusammenwirkendes Ventilelement (Figur 1, Bezugszeichen 13) aufweist. Dabei bildet das Ventilteil ein erstes Sitzventil (Figur 1, Bezugszeichen 15) mit einem Schließglied (Figur 1, Bezugszeichen 13) aus und weist ein zwischen den Anker (6) und das Schließglied (13) geschaltetes Betätigungsglied (Figur 1, Bezugszeichen 11 und 12 und das sich daran nach unten anschließende, nicht bezeichnete Teil) auf. Ferner durchdringt das Betätigungsglied (11) eine Steuerbohrung (Figur 1, Bezugszeichen 9) des Ventilteils.

Zwischen den Parteien war strittig, ob es sich bei dem aus D1 bekannten Ventil explizit um ein Regelventil handelt und ob das dem Betätigungsglied entsprechende Verschlussstück 11 eine Steuerkante aufweist, die in Wirkverbindung mit der der Steuerbohrung entsprechenden Mittelbohrung 9 ein weiteres Sitzventil ausbildet.

Die Beschwerdeführerin 02 bestritt, dass D1 diese beiden Merkmale offenbare. In ihren schriftlichen, am 25. September 2006 eingegangenen Ausführungen hat die Beschwerdeführerin 02 auch noch bestritten, dass das in D1 gezeigte Ventil ein Ventilteil aufweist, das ein erstes Sitzventil mit einem Schließglied ausbilde.

1.2 Im Hinblick auf die fehlende Regeleigenschaft des in D1 gezeigten Ventils brachte die Beschwerdeführerin 02 unter Hinweis auf Seite 6, Zeilen 11-14 von D1 vor, dass es sich gemäß D1 um ein Schaltventil handele. Ferner sei es aufgrund der in der Figur gezeigten Ausführung insbesondere wegen einer fehlenden Tauchstufe in Form eines abschnittsweise in den Spulenkern eintauchenden Ankers unmöglich, dieses Ventil elektrisch derart anzusteuern, dass es eine Regelfunktion aufweise. Sobald der Magnetanker durch Erregung nach unten bewegt würde, würde der Rücklauf durch die entstehenden Druck- und Magnetkräfte ohne weitere Stromsteuerung sofort verschlossen. Erst bei vollständiger Trennung der Magnetspule von der Stromquelle wäre ein Öffnen des Rücklaufs möglich.

1.3 Die Kammer kann diesem Argument aus folgenden Gründen nicht folgen:

Die Regelungseigenschaft des beanspruchten Magnetventils ist nicht näher definiert. Insbesondere ergibt sich weder aus dem Anspruch noch aus dem Streitpatent insgesamt, welche Drücke geregelt werden sollen oder wie genau die Regelung erfolgen soll. Daher ist der Begriff "Regelung" in seiner allgemeinsten Form auszulegen.

Schon das Schalten zwischen druckfreiem Zustand und Arbeitsdruck in einem Schaltventil nach D1 könnte als eine Art Regelung durch das Tastverhältnis, d.h. eine Regelung in ihrer allgemeinsten Form aufgefasst werden. Auch wenn man von einer engen Definition des Begriffs Regelung ausginge, würde der Fachmann das aus D1 bekannte Ventil unter bestimmten Umständen durchaus als für eine Regelung des Arbeitsdrucks auf einen Wert zwischen einem druckfreiem Zustand und dem Arbeitsdruck geeignet und somit als Druckregelventil betrachten:

Die Argumentation der Beschwerdeführerin 02, dass es in einem Schaltventil des in D1 gezeigten Typs unmöglich sei, durch entsprechende Ansteuerung der Magnetspulen das Verschlussstück 11 in einer Zwischenstellung zwischen geöffnetem und geschlossenem Ventil zu halten, geht davon aus, dass ein Ventil dieses Typs ebenso wie das beanspruchte Ventil einen hohen Arbeitsdruck von mehreren hundert kPa schalten bzw. regeln soll. Da ein solches Merkmal aber weder beansprucht noch Teil der Beschreibung des Streitpatents ist, ist die Möglichkeit einer Druckregelung auch bei einem niedrigen Arbeitsdruck in Betracht zu ziehen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin 02 hält die Kammer es für technisch möglich, dass Verschlussstück 11 des aus Figur 1 von D1 bekannten Ventils durch entsprechende Regelung der Stromzufuhr zur Spule 3 in einer halbgeöffneten Zwischenposition zu halten, wenn der Arbeitsdruck von der Zulaufseite 16 entsprechend gering ist.

Darüber hinaus ist es auch bei hohen Drücken von der Zulaufseite möglich, durch periodisches Öffnen und Schließen des durch das Verschlussstück 11 gebildeten Ventils auf der Verbraucherseite einen im Zeitmittel sich ergebenden Zwischendruck einzustellen, also zu regeln. Eine solche Regelung mit einem schnell sich verändernden Druck mag zwar nicht für jede Anwendung akzeptabel sein. Da aber das Streitpatent über die Qualität der Regelung oder mögliche Anwendungen keine Aussagen macht, umfasst der Begriff Regelung auch die Einstellung des Drucks durch Tastverhältnis auf einen im Zeitmittel sich ergebenden Zwischendruck, wie er nach Meinung der Kammer mit dem aus D1 gezeigten Magnetventil einstellbar, also regelbar, ist.

Folglich ist nach Auffassung der Kammer das Merkmal der Regelbarkeit im Sinne des Anspruchs auch bei dem aus D1 bekannten Magnetventil vorhanden.

1.4 Im Hinblick auf das Argument, das in D1 gezeigte Ventil weise kein Ventilteil auf, das ein erstes Sitzventil mit einem Schließglied ausbilde, hatte die Beschwerdeführerin 02 vorgebracht, das Sitzventil sei in D1 in einem eigenen, in das Ventilteil eingesetzten Bauteil ausgebildet.

Der Anspruchswortlaut schließt ein in das Ventilteil eingesetztes Bauteil, das ein erstes Sitzventil ausbildet, nicht aus. Folglich ist dieses Merkmal aus D1 bekannt.

1.5 Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass das Merkmal, dass das Magnetventil eine Steuerkante aufweist, die in einer Wirkverbindung mit der Steuerbohrung steht, nicht aus D1 bekannt ist. Somit ist der Gegenstand von Anspruch 1 neu. Jedoch war dieses Merkmal für den Fachmann ausgehend von D1 naheliegend, so dass es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an erfinderischer Tätigkeit mangelt:

Die Kammer geht davon aus, dass die Mittelbohrung gemäß Figur 1 von D1 der beanspruchten Steuerbohrung entspricht, da sie die entsprechenden Eigenschaften aufweist. Denn sie wird von dem Element, das aus Stößel 12, Verschlussstück 11 und dem sich daran nach unten anschließenden, nicht bezeichneten Teil besteht und dem Betätigungsglied entspricht, durchdrungen und ermöglicht eine Steuerung.

Das Verschlussstück 11 des in D1 gezeigten Ventils, das das Ventil mit dem Ventilsitz 10 verschließen kann, ist in der Figur 1 ebenso wie der Ventilsitz kegelförmig ausgeführt. Das kegelförmige Verschlussstück 11 weist zwei Kanten auf: eine erste am Übergang zwischen dem kegelförmigen Bereich und dem Stößel 12 und eine zweite am Übergang zwischen dem kegelförmigen Verschlussstück 11 und dem darunterliegenden Stößel ohne Bezugszeichen. Ob und gegebenenfalls wie diese Kanten in Wirkverbindung mit dem Ventilsitz 10 treten, lässt sich dieser Figur nicht eindeutig entnehmen. Aus dem vorletzten Absatz auf Seite 4 von D1 ergibt sich, dass das Verschlussstück alternativ kugelförmig oder als Ringkörper ausgebildet sein kann. Letzterer könnte im Prinzip zwar als Ringkörper mit abgerundeten Kanten ausgeformt sein. Es war aber für den Fachmann naheliegend, einen Ringkörper mit flachen Kanten zu verwenden, da sich dieser leichter herstellen und montieren lässt und die vorgesehene Aufgabe, nämlich einen Ventilverschluss zu bilden, mindestens genauso gut löst wie ein Ringkörper mit abgerundeten Kanten. Ein solcher Ringkörper mit flachen Kanten entspräche auch dem für das untere Verschlussstück 15 alternativ vorgesehenen Flachkörper (a.a.O.). Die untere Kante eines solchen, in nahe liegender Weise als flacher Ringkörper ausgebildeten Verschlussstücks trifft, wenn er so dimensioniert ist, dass er die vorgesehene Aufgabe eines Ventilverschlusses erfüllt, in der Verschlussstellung auf den kegelförmigen Bereich des Ventilsitzes und tritt somit mit demselben in eine Wirkverbindung. Diese erfolgt auch schon vor dem eigentlichen Verschluss durch Einengung des Ventilquerschnitts zwischen der unteren Kante und dem Ventilsitz.

Somit war der beanspruchte Gegenstand für den von D1 ausgehenden Fachmann unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens naheliegend.

1.6 Die gleichen Argumente treffen auch im Hinblick auf das aus D2 bekannte Magnetventil zu.

Dieses Magnetventil, bei dem es sich um eine Weiterentwicklung des aus D1 bekannten Magnetventils handelt (Spalte 1, Zeilen 24-38), ist ebenfalls ein Schaltventil ohne explizite Regelungsfunktion (Spalte 2, Zeile 61 - Spalte 3, Zeile 14). In D2 entspricht das Verschlussstück 17 einem Teil des beanspruchten Betätigungsgliedes. Dieses Verschlussstück ist in der Figur als Kugel ausgebildet, kann aber alternativ auch als Scheibe ausgebildet sein (Spalte 1, Zeilen 55-57). Ein als Scheibe ausgebildetes Verschlussstück weist, wie schon oben unter Punkt 1.5 ausgeführt, eine Kante auf, die auf Grund ihrer Verschlussfunktion auch eine Steuerungsfunktion hat. Bei einer ihrer Funktion entsprechenden Dimensionierung würde die untere Kante der Scheibe, wie ebenfalls bereits unter Punkt 1.5 ausgeführt, in Wirkverbindung mit der den Ventilsitz 15 bildenden Bohrung treten, die dann die Funktion einer Steuerbohrung aufweist.

1.7 Aus den oben ausgeführten Gründen beruht der Gegenstand des Anspruches 1 des erteilten Patents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) gegenüber der Lehre von D1 bzw. D2 und dem allgemeinen fachmännischen Wissen. Der Hauptantrag ist somit nicht gewährbar.

2. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag: Erfinderische Tätigkeit gegenüber D2 (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung unterscheidet sich von dem des Anspruchs 1 des erteilten Patents dadurch, dass die hydraulisch wirksame Druckfläche des ersten Sitzventils mit der hydraulisch wirksamen Druckfläche des zweiten Sitzventils ein Verhältnis bildet, das kleiner als 0,3 ist.

Dieses Merkmal erlaubt gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin 02 eine Verringerung der Druckschwankungen am Verbraucheranschluss bei Druckschwankungen im Zulauf.

2.2 Als nächstliegender Stand der Technik zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dieses Gegenstandes wurde von der Beschwerdeführerin 01 D2 herangezogen.

Das dort gezeigte Magnetventil weist Ventilsitze 15 und 21 auf, deren hydraulisch wirksame Druckflächen, so wie sie die Beschwerdeführerin 01 aus der Zeichnung entnommen hat, ihren Berechnungen zufolge ungefähr 0,5 betrage.

Die Beschwerdeführerin 01 argumentierte, dass es für den Fachmann naheliegend gewesen sei, im Hinblick auf eine Verkleinerung der verwendeten Magnete, die zum Ventilsitz 21 gehörende Druckfläche wenn möglich weiter zu verkleinern. Der Fachmann würde dann routinemäßig bei der Modellierung eines Ventils ausgehend von dem in der Figur gezeigten Ventil auch kleinere Druckflächen in seine Überlegungen mit einbeziehen und im Rahmen dieses routinemäßigen Handelns auch den beanspruchten Bereich in Betracht ziehen. Der Ausgangspunkt eines Druckflächenverhältnisses von ungefähr 0,5 und die für den Fachmann naheliegende Untersuchung auch von kleineren Flächenverhältnissen würden auch bei Verwendung eines scheibenförmigen Ventilverschlussstücks für den ersten Ventilsitz mit einer in für den Fachmann naheliegender Weise ausgebildeten, mit dem Ventilsitz in Wirkverbindung stehenden Steuerkante bestehen bleiben.

Folglich sei der beanspruchte Gegenstand für den von D2 ausgehenden Fachmann im Rahmen seines fachmännischen Handelns naheliegend.

2.3 Die Kammer akzeptiert, dass die Zeichnung in D2 den Eindruck der Darstellung des Aufbaus eines funktionsfähigen Magnetventils gibt. Daher war es nicht notwendig, den in diesem Zusammenhang angebotenen Zeugenbeweis zu erheben.

Davon ausgehend, war es für den Fachmann naheliegend, die sich aus dieser Figur ergebenden Abmessungen als Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen zu nehmen. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin 02 nicht in Zweifel gezogen.

2.4 Dennoch konnte die von der Beschwerdeführerin 01 vorgebrachte Argumentation die Kammer aus folgenden Gründen nicht überzeugen.

Die zum Ventilsitz 21 gehörende hydraulisch wirksame Druckfläche kann nicht beliebig klein gemacht werden, sonst würde der Durchflussquerschnitt für die Hydraulikflüssigkeit zu gering werden (D2, Spalte 2, Zeilen 53-55). Es gibt also hinsichtlich dieser Druckfläche einen Zielkonflikt zwischen dem Streben nach einer Verkleinerung der Gesamtabmessungen und dem Streben nach einem ausreichenden und ausreichend schnellen Durchfluss von Hydraulikflüssigkeit. Dieser Zielkonflikt würde den Fachmann davon abhalten oder zumindest nicht ohne weiteres dazu bringen, Druckflächenverhältnisse zu untersuchen, die erheblich von dem gezeigten Verhältnis abweichen würden, wie zum Beispiel das beanspruchte Verhältnis von kleiner als 0,3.

Hinzu kommt, dass das in der Figur gezeigte Magnetventil und die aus der Figur entnehmbaren Abmessungen ein Magnetventil betreffen, bei dem das Verschlussstück für den Ventilsitz 15 eine Kugel ist und somit nicht die beanspruchte Steuerkante aufweist. Würde der Fachmann in naheliegender Weise (siehe Punkt 1.5) das kugelförmige Verschlussstück durch ein scheibenförmiges ersetzen, würden sich die Strömungsverhältnisse für ein derart verändertes Ventil insbesondere durch die dann entstehende Wirkverbindung zwischen der Scheibenkante und dem Ventilsitz deutlich verändern. Im Ergebnis würde der Fachmann vor der Aufgabe stehen, das Magnetventil neu dimensionieren zu müssen.

Die Lösung dieser Aufgabe gemäß dem Gegenstand des Anspruchs 1 involviert eine erfinderische Tätigkeit, da D2 keinerlei Angaben macht, aus denen der Fachmann eine Anregung hätte entnehmen können, welche Flächenverhältnisse für eine veränderte Bauform möglicherweise relevant sein könnten.

2.5 Keines der weiteren von der Beschwerdeführerin 01 zitierten Dokumente zeigt ein Ventil mit einem Flächenverhältnis ähnlich dem beanspruchten oder würde dem Fachmann eine Anregung geben, die Flächenverhältnisse im beanspruchten Bereich zu untersuchen, um zum Beispiel eine Verringerung der Druckschwankungen am Verbraucheranschluss bei Druckschwankungen im Zulauf zu erreichen.

2.6 Folglich beruht der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ.

Da sonst keine Einwände gegen den beanspruchten Gegenstand dieses Anspruchs und der davon abhängigen Ansprüche geltend gemacht wurden, wurde von der Einspruchsabteilung zu Recht entschieden, dass das Patent in dieser geänderten Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt.

3. Da keine der Beschwerden zum Erfolg führt, sind sie beide zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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