T 0303/06 () of 17.4.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T030306.20080417
Datum der Entscheidung: 17 April 2008
Aktenzeichen: T 0303/06
Anmeldenummer: 99964516.1
IPC-Klasse: F23M 13/00
G10K 11/16
F23R 3/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verbrennungsvorrichtung und Verfahren zur Verbrennung eines Brennstoffs
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: Alstom Technology Ltd.
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 18. Januar 2006, mit der der Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. EP-B-1137899 zurückgewiesen wird.

Hiergegen hat die Einsprechende (im folgenden: Beschwerdeführerin) am 27. Februar 2006 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 26. Mai 2006 eingegangen.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II. In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin folgende Dokumente als Stand der Technik zitiert:

E1: EP-B-122526

E2: DE-C-4430697

und hat ebenfalls auf Lueger "Lexikon der Technik", 4. Auflage, Band 1, Seite 292/293, Abb. 1-3; Seite 315, Abb. 2, verwiesen.

III. Mit der Ladung vom 7. Dezember 2007 zur mündlichen Verhandlung versandte die Kammer eine Mitteilung gemäss Artikel 11(1)VOBK, in welcher sie den Parteien das vorläufige Ergebnis Ihrer Prüfung der Beschwerde mitteilte.

Auf diese Mitteilung hin reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. April 2008 neue Entgegenhaltungen DE-C-4214088 (E4) und DE-A-19653059 (E5) ein.

Die mündliche Verhandlung fand am 17. April 2008 statt.

IV. Die erteilten unabhängigen Ansprüche 1 und 11 haben folgenden Wortlaut:

"1.Verbrennungsvorrichtung (1) zur Verbrennung von Brennstoff (14) mit einem Zufuhrkanal (5) zur Zuführung von Brennstoff (14) zu einer Verbrennungszone (11), wobei der Brennstoff (14) in einem Fluidstrom (9) mit einer Strömungsrichtung (10) und einer in einem Nennbetriebsintervall liegenden Nenngeschwindigkeit durch den Kanal (5) führbar ist, wobei der Zufuhrkanal (5) in einem Entkopplungsbereich (17) verengt ist, dadurch gekennzeichnet, dass

der Entkopplungsbereich (17) als eine kontinuierliche Verengung des Zufuhrkanales (5) entlang der Strömungsrichtung (10) so ausgebildet ist, dass von der Verbrennungszone (11) im Fluidstrom (9) gegen die Strömungsrichtung (10) laufende Schallwellen (15) bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich (17) zumindest teilweise reflektiert werden."

"11. Verfahren (1) zur Verbrennung von Brennstoff bei dem ein Fluidstrom (9) mit einer Strömungsrichtung (10) und einer in einem Nennbetriebsintervall liegenden Nenngeschwindigkeit einer Verbrennugszone (11) zugeführt wird, wobei der Fluidstrom (9) in einem Entkopplungsbereich (17) verengt wird, dadurch gekennzeichnet, dass

der Fluidstrom (9) in Strömungsrichtung (8,10) kontinuierlich so verengt wird, dass von der Verbrennungszone (11) im Fluidstrom (9) gegen die Strömungsrichtung (8,10) laufende Schallwellen (15) bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich (17) reflektiert werden."

V. Die Argumente der Parteien zur Frage der erfinderischen Tätigkeiten (die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 und Anspruch 11 wird nicht bestritten) können wie folgt zusammengesfasst werden:

a) Stellungnahme der Beschwerdeführerin

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei angesichts einer Kombination von E1 und allgemeinem Fachwissen nahegelegt.

Die allgemeine Lehre der E1 und insbesondere die Angaben zum Stand der Technik, Spalte 1, Zeilen 5 bis 58, sei, dass das Problem von in der Brennkammer selbst erregten Schwingungen (siehe hierzu Spalte 1, Zeilen 6 bis 28) durch akustische Abkopplung des Brennstoffzufuhrsystems mit einer unendlich grossen Eintrittsimpedanz gelöst werden kann (siehe hierzu Spalte 1, Zeilen 39 bis 41).

Weiterhin gebe E1 die spezifische Lehre, dass die unendlich grosse Eintrittsimpedanz über eine starke Drosselung der Brennstoffzufuhr in der Nähe des Brennkammereintritts z.B. durch sonische Düsen erreicht werden kann oder, in den Worten des Anspruchs, dass der Entkopplungsbereich als eine sonische Düse ausgebildet ist. Dieser Begriff bedeute, dass die gewünschte unendlich grosse Eintrittsimpedanz durch Schallgeschwindigkeit des Fluidstroms im verengten Querschnitt der Düse erreicht werden solle.

Infolgedessen liege der einzige Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem in der E1 als herkömmlich betrachteten Stand der Technik darin, dass der Entkopplungsbereich eine kontinuierliche Verengung des Zufuhrkanales entlang der Strömungsrichtung aufweist.

Ausgehend von diesem Unterschied stehe daher der Fachmann vor dem Problem, eine geeignete sonische Düse auszuwählen.

Es sei jedoch dem Fachmann bewusst, dass bei derartigen Anlagen der Energieverlust durch Turbulenzen so gering wie möglich gehalten und daher eine Düse, die diese Erfordernisse erfüllt, gewählt werden müsse. Typische Düsen dieser Art seien Venturi-Düsen, die eine kontinuierliche Verengung des Zufuhrkanales entlang der Strömungsrichtung aufwiesen.

b) Stellungnahme der Beschwerdegegnerin

Der Fachmann habe keinerlei Veranlassung gehabt, das in sich abgeschlossene Konzept der E1 zu modifizieren. Die Argumentation der Beschwerdeführerin sei auf rückschauender Betrachtung aufgebaut.

Ausserdem führe der Einbau einer sonischen Düse in einer Verbrennungsvorrichtung gemäss dem Stand der Technik der E1 nicht zwangsläufig zu dem Gegenstand der Erfindung. Anspruch 1 verlange, dass die gegen die Strömungsrichtung laufenden Schallwellen bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich reflektiert werden, d.h. der Entkopplungsbereich müsse von der Verbrennungszone abgesetzt sein und sich innerhalb des Zufuhrkanales befinden. Bei der herkömmlichen Verwendung von sonischen Düsen in Verbrennungsvorrichtungen (siehe zum Beispiel E4, Figur 3) münde der kontinuierlich verengte Teil der Düse direkt in die Verbrennungszone, so dass sich der Entkopplungsbereich in der Verbrennungszone befinde. Bei einer derartigen Anordnung könnten die von der Verbrennungszone ausgehenden Schallwellen den Entkopplungsbereich umgehen und in den Zufuhrkanal eindringen.

Infolgedessen würden die von der Verbrennungszone im Fluidstrom gegen die Strömungsrichtung laufenden Schallwellen bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich nicht reflektiert, weil dieser sich ausserhalb des Zufuhrkanales in der Verbrennungszone selbst befinde.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdekammer sieht die E1 und dort insbesondere die Angaben zum Stand der Technik, Spalte 1, Zeilen 5 bis 58, als sehr relevant und in der Tat als nächstkommenden Stand der Technik an.

Hier wird angegeben, dass Verbrennungsvorrichtungen zur Verbrennung von Brennstoff mit einem Zufuhrkanal zur Zuführung von Brennstoff zu einer Verbrennungszone, wobei der Brennstoff in einem Fluidstrom mit einer Strömungsrichtung und einer in einem Nennbetriebsintervall liegenden Nenngeschwindigkeit durch den Kanal führbar ist, sowie ein entsprechendes Verfahren zur Verbrennung von Brennstoff allgemein bekannt sind.

Weiterhin gibt diese Textstelle an, dass das Problem der Ausbildung und der Ausbreitung von durch eine Verbrennung induzierten Schallwellen bei einer Nenngeschwindigkeit in derartigen Geräten bzw. Verfahren sowie dessen Lösung durch die Anwendung von "sonischen Düsen" in der Nähe des Brennkammereintritts bekannt sind.

Aus dem Begriff "sonische Düsen" ergibt sich eine Verengung des Zufuhrkanals bzw. des Fluidstroms derart, dass im Betrieb, also bei Nenngeschwindigkeit und entsprechenden Druckverhältnissen, in der Verengung eine Beschleunigung des Fluidstroms auf etwa Schallgeschwindigkeit erfolgen kann. In der Tat ist eine derartige Beschleunigung bereits durch den Verweis auf die "akustische Abkopplung.....mit einer unendlich grossen Eintrittsimpedanz" angesprochen, da eine derartige Abkopplung eine Schallgeschwindigkeit in der Düse voraussetzt. Die von der Verbrennungszone gegen die Strömungsrichtung laufenden Schallwellen können damit nicht weiter als bis zur Düse stromauf in den Zufuhrkanal laufen und werden an der Düse, die damit schalltechnisch einen "Entkopplungsbereich" bildet, quasi "reflektiert". Diese Düse muss auch nicht, wie die Beschwerdeführerin argumentiert, am Ende des Zufuhrkanals und damit am Eintritt in die Brennkammer angeordnet sein. Zur Lage der Düse ist in der genannten Textstelle der E1 ausgesagt, dass sie "in der Nähe des Brennkammereintritts " angeordnet sein soll. Dies deutet auf eine Lage im Zufuhrkanal etwas stromaufwärts des Brennkammereintritts hin. Zusammenfassend ist also aus der E1 auch das Merkmal entnehmbar, dass der Zufuhrkanal in einem Entkopplungsbereich derart verengt ist, dass von der Verbrennungszone im Fluidstrom gegen die Strömungszone laufende Schallwellen bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich zumindest teilweise reflektiert werden.

Die Kammer ist auch der Meinung, dass der Fachmann aus diesem Offenbarungsgehalt dem Fachmann ohne weiteres ein bekanntes, aber von der Vorrichtung gemäss der Erfindung der E1 unabhängiges und verschiedenes Gerät entnimmt.

Von diesem herkömmlichen Gerät unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, dass der Entkopplungsbereich bzw. die sonische Düse eine kontinuierliche Verengung des Zufuhrkanales entlang der Strömungsrichtung aufweist.

Ausgehend von diesem Unterschied steht daher der Fachmann vor dem Problem, eine geeignete sonische Düse auszuwählen, um die erwünschte akustische Abkopplung zu erreichen.

Sonische Düsen können eine sehr verschiedene Gestalt, von scharf-kantigen Drosselblenden bis zu klassischen Venturidüsen oder Lavaldüsen mit konvergierenden und divergierenden Abschnitten aufweisen. Eine einfache Drosselblende ist billig und hat den Vorteil, wenig Platz einzunehmen; dagegen ist sie sehr ineffizient, weil sie keine kontinuierliche Verengung ihres Strömungsquerschnitts, sondern scharfe Kanten aufweist. Eine Venturidüse ist im Vergleich teuerer und benötigt eine gewisse Länge zum Einbau, bietet aber durch ihre konvergierenden (oder kontinuierliche Verengung) und divergierenden Abschnitte den Vorteil, eine turbulenzarme Strömung zu begünstigen. Alle andere Varianten liegen zwischen diese Extremen.

In dem vorliegenden Fall ist die Verbrennungsvorrichtung mit einem Zufuhrkanal ausgestattet, so dass die erforderliche Länge zum Einbau einer zu einer Venturidüse tendierenden sonischen Düse vorhanden ist.

Die Kammer teilt ebenfalls der Meinung der Beschwerdeführerin, dass es dem Fachmann bewusst ist, bei derartigen Anlagen die Energieverluste durch Turbulenzen so gering wie möglich zu halten. Weiterhin beachtet der Fachmann nach Meinung der Kammer immer die Frage der Kosten derartiger Bauteile.

Es wäre daher für den Fachmann naheliegend, eine einen Kompromiss zwischen Kosten und Leistung darstellende sonische Düse im Zufuhrkanal in der Nähe des Brennkammereintritts einzubauen. Eine mit zumindest eine kontinuierliche Verengung aufweisende Düse erfüllt diese Bedingungen. Damit erzielt der Fachmann auf naheliegende Weise die erwünschte starke Drosselung der Brennstoffzufuhr, so dass sich ein Entkopplungsbereich ergibt, wobei die gegen die Strömungsrichtung laufenden Schallwellen bei der Nenngeschwindigkeit zumindest teilweise reflektiert werden.

Der Beschwerdegegnerin ist insofern zuzustimmen, als Anspruch 1 verlangt, dass die Schallwellen bei der Nenngeschwindigkeit im Entkopplungsbereich reflektiert werden und daher der Entkopplungsbereich von der Verbrennungszone abgesetzt sein und sich innerhalb des Zufuhrkanales befinden muss.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Einbau einer sonischen Düse in einer Verbrennungsvorrichtung gemäss dem Stand der Technik der E1 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führt. Wie oben ausgeführt gibt E1 an, dass die akustische Abkopplung durch die Erzeugung einer unendlich grossen Eintrittsimpedanz (oder Entkopplungsbereich) bei der Anwendung von sonischen Düsen "in der Nähe des Brennkammereintritts" erreicht werden soll. Infolgedessen wird der Fachmann durch E1 ohne erfinderische Zutun angeleitet, die sonische Düse in die entsprechende Lage innerhalb des Zufuhrkanales zubringen, um die notwendige unendlich grosse Eintrittsimpedanz zu erzielen.

Damit erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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