T 0229/06 () of 9.12.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T022906.20081209
Datum der Entscheidung: 09 Dezember 2008
Aktenzeichen: T 0229/06
Anmeldenummer: 96916090.2
IPC-Klasse: A61F 2/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Höhenverstellbarer Wirbelkörperersatz
Name des Anmelders: Biedermann, Lutz, und Harms, Jürgen
Name des Einsprechenden: Ulrich GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
European Patent Convention 1973 Art 54(4)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Öffentliche Zugänglichkeit einer früheren mündlichen Offenbarung (nein)
Implizite Geheimhaltungsverpflichtung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0906/01
T 1081/01
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 26. Januar 2006 widerrief die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0828463 mit der Begründung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 für die Staaten AT, CH, ES und LI gegenüber dem aus einer mündlichen Offenbarung bestehenden Stand der Technik nicht neu und für die Staaten DE, FR und GB gegenüber dieser mündlichen Offenbarung in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nicht erfinderisch sei.

II. Bei der geltend gemachten mündlichen Offenbarung handelt es sich um eine Präsentation mehrerer Prototypen eines Wirbelkörperersatzes von Dr. H. Schönhöffer gegenüber Dr. P. Kluger während eines Arbeitsessens im Dezember 1994. Diese Prototypen wiesen angeblich Merkmale auf, die mit denen der Vorrichtung identisch waren, die in der früheren europäischen Anmeldung D1 (EP-A-0693274) beschrieben wird und deren Erfinder Dr. Schönhöffer ist. Diese Entgegenhaltung gehört im Sinne des Artikels 54 (3) und (4) EPÜ 1973 zum Stand der Technik.

Die Umstände der Offenbarung und die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden vorgenannten Personen gehen aus folgenden Dokumenten hervor:

- eidesstattliche Versicherung vom 17. November 2003 von Dr. P. Kluger und

- Niederschrift über die Einvernahme der Zeugen Dr. H. Schönhöffer und Dr. P. Kluger in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 3. November 2005, Seiten 1 bis 8.

Die Einspruchsabteilung kam zu dem Schluss, dass keine Geheimhaltungsvereinbarung zwischen den Teilnehmern der Präsentation getroffen worden und die frühere mündliche Offenbarung somit der Öffentlichkeit zugänglich gewesen sei.

III. Die Beschwerdeführer (Patentinhaber) legten am 15. Februar 2006 Beschwerde gegen die Widerrufsentscheidung ein und entrichteten am selben Tag die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung reichten sie am 24. Mai 2006 ein.

IV. Am 9. Dezember 2008 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der es hauptsächlich um die öffentliche Zugänglichkeit der während des Arbeitsessens im Dezember 1994 ausgetauschten Informationen ging.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurden folgende Anträge gestellt:

Die Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Die Beteiligten brachten Folgendes vor:

i) Die Beschwerdeführer argumentierten, Dr. Kluger sei zwar vertraglich an die Firma Endotec gebunden gewesen, diese und die Firma Ulrich, bei der Dr. Schönhöffer beschäftigt sei, seien aber angesichts ihrer technischen und wirtschaftlichen Kooperation in den Jahren 1993 bis 1999 nicht wirklich unabhängig voneinander gewesen. Demzufolge habe das Arbeitsessen im Dezember 1994 in vertraulichem Rahmen stattgefunden und zumindest implizit Vertraulichkeit zwischen den beiden Gesprächsteilnehmern geherrscht, so dass Dr. Kluger, der Empfänger der Informationen, nicht als Öffentlichkeit gelten könne.

Zudem habe das Treffen in einem gerade wegen seiner Diskretion ausgewählten Restaurant stattgefunden, und die Tische stünden dort in einem solchen Abstand voneinander, dass weder das Gespräch mitgehört werden konnte noch die einzelnen Merkmale der Prototypen erkennbar gewesen seien.

Die Prototypen hätten sich außerdem noch im Entwicklungsstadium befunden, sie seien noch nicht fertig gewesen und hätten gar nicht eingesetzt oder vermarktet werden können, denn bei dem Gespräch sei es um die Optimierung bestimmter Teile gegangen. Die Tatsache, dass die Patentanmeldung D1 bereits eingereicht gewesen sei und das Gespräch im Prioritätszeitraum stattgefunden habe, ändere nichts an dem vertraulichen Charakter der während des Arbeitsessens ausgetauschten Informationen.

Daraus folge, dass die mündliche Offenbarung der Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen sei und dem Streitpatent somit nicht als Stand der Technik entgegengehalten werden könne.

In D1 sei nicht offenbart, aus welchem Material die Teile hergestellt würden. Demzufolge sei der Anspruch 1 für die Staaten DE, FR und GB, der die Verwendung von Titan vorsehe, gegenüber dieser Druckschrift neu.

ii) Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) brachte vor, Dr. Kluger sei aufgrund seines Vertragsverhältnisses mit der Firma Endotec eindeutig nicht verpflichtet gewesen, die von Herrn Dr. Schönhöffer erhaltenen Informationen vertraulich zu behandeln. Außerdem sei Dr. Kluger als Experte und Kunde der Ulrich GmbH eingeladen worden. Die Meinung von Dr. Kluger als künftigem Nutzer sei sehr wertvoll gewesen, doch sei er in keiner Weise zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen, zumal die Ulrich GmbH ja bereits die Patentanmeldung D1 eingereicht und sich dadurch die Merkmale der vorgestellten Prototypen hatte schützen lassen. Dr. Kluger habe zudem regelmäßig in seiner Klinik in Ulm praktiziert und sein Wissen an seine Mitarbeiter weitergeben können. Die mündliche Offenbarung sei daher sehr wohl der Öffentlichkeit zugänglich gewesen.

Des Weiteren seien die Prototypen im Restaurant auf dem Tisch präsentiert worden und damit für die anderen Gäste und insbesondere für die Bedienung des Restaurants sichtbar gewesen. Die Prototypen hätten die Entwicklungsphase hinter sich gehabt und wären, abgesehen von der Optimierung kleinerer Details wie der Verankerungszähne, in ihrer damaligen Form einsetzbar gewesen.

Die mündliche Offenbarung während des Arbeitsessens und die technischen Informationen über die Prototypen seien also für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen und gehörten somit zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ 1973.

Außer der Verwendung von Titan gebe es keinen Unterschied zwischen der D1 und dem Gegenstand des Anspruchs 1 für die Staaten DE, FR und GB. Da Titan ein gebräuchliches Material für die Herstellung von Komponenten eines Wirbelkörperersatzes sei und sich somit automatisch anbiete, sei dieses Material implizit in D1 offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 1 für die Staaten DE, FR und GB sei daher gegenüber der aus D1 bekannten Vorrichtung nicht neu.

VI. Anspruch 1 in den Fassungen für die verschiedenen Vertragsstaaten lautet wie folgt:

Patentansprüche für Vertragsstaaten : AT, CH, LI, ES

"1. Höhenverstellbarer Wirbelkörperersatz mit einem hülsenartigen Mittelteil (1), welches angrenzend an seinen ersten Rand ein Linksgewinde und angrenzend an seinen zweiten Rand ein Rechtsgewinde aufweist,

mit einem zylindrischen ersten Teil (7) mit einer Wandung und einem zylindrischen zweiten Teil (9) mit einer Wandung, wobei das erste Teil (7) ein mit dem Linksgewinde zusammenwirkendes Gewinde und das zweite Teil (9) ein mit dem Rechtsgewinde zusammenwirkendes Gewinde und

beide Teile an ihrem freien Ende ersten Rand jeweils eine Mehrzahl von Zacken (8) aufweisen, und wobei die Wandungen des ersten Teiles (7) und des zweiten Teiles (9) mit einer Mehrzahl von Ausnehmungen (6) versehen sind."

Patentansprüche für Vertragsstaaten: DE, FR, GB

"1. Höhenverstellbarer Wirbelkörperersatz mit einem hülsenartigen Mittelteil (1), welches angrenzend an seinen ersten Rand ein Linksgewinde und angrenzend an seinen zweiten Rand ein Rechtsgewinde aufweist,

mit einem zylindrischen ersten Teil (7) mit einer Wandung mit einer Mehrzahl von Ausnehmungen (6) und einem zylindrischen zweiten Teil (9) mit einer Wandung mit einer Mehrzahl von Ausnehmungen (6), wobei das erste Teil (7) ein mit dem Linksgewinde zusammenwirkendes Gewinde und das zweite Teil (9) ein mit dem Rechtsgewinde zusammenwirkendes Gewinde und

beide Teile an ihrem freien Ende ersten Rand jeweils eine Mehrzahl von Zacken (8), aufweisen und daß der Wirbelkörperersatz aus Titan bzw. Titanrohr gebildet ist."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Öffentliche Zugänglichkeit der früheren mündlichen Offenbarung

2.1 Nach den glaubhaften Aussagen der Zeugen Schönhöffer und Dr. Kluger hat die Kammer keine Zweifel, dass beide Personen im Dezember 2004 vertrauliche Gespräche anlässlich eines Geschäftsessen an einem abgelegenen Tisch des Restaurants Glacis in Neu-Ulm abseits der übrigen Gäste führten, bei denen es um Prototypen von Wirbelsäulenimplantaten ging. Dabei hatten sie Modelle zur Begutachtung auf dem Tisch liegen.

Die Kammer teilt nach dem Ergebnis der Beweiserhebung nicht die Auffassung der Beschwerdegegnerin, diese Implantate seien bereits verkaufsfertig gewesen. Wie Dr. Kluger aussagte, waren die ihm präsentierten Prototypen noch nicht ausgereift und auch nicht unmittelbar verwendbar, sondern bedurften für die Fertigung noch der Modifizierung, (ebd., S. 7, 4. Frage), d.h. also der Optimierung, ehe sie in Serienproduktion hergestellt werden konnten (eidesstattliche Versicherung, 4. Absatz und Niederschrift, S. 8, 4. Frage). Auch Dr. Schönhöffer bezeichnete die präsentierten Prototypen nur als "praktisch fertig und einsetzbar" (Niederschrift, S. 2, 1. Frage, S. 3, 1. Frage und S. 4, 3. Frage).

2.2 Es kann dahinstehen, ob dabei auch ein Modell in Augenschein genommen wurde, das dem streitgegenständlichen Patent entspricht, denn nach Überzeugung der Kammer waren die Umstände des Abendessens so arrangiert, dass nicht von einer öffentlichen Vorbenutzung gesprochen werden kann.

2.2.1 So sind die fraglichen Modelle der Implantate unstreitig außer den beiden Gesprächspartnern allenfalls noch dem Kellner des Restaurants zu Gesicht gekommen, der die Herren bediente. Doch wenn der Kellner überhaupt von den Modellen Kenntnis genommen haben sollte, was angesichts der kurzen Verweildauer des Kellners am Tisch seiner Gäste höchst unwahrscheinlich ist, zählt er nicht zur Öffentlichkeit iSd. des Art. 54 Abs. 2 EPÜ. Denn nach Auffassung der Kammer ist eine Bedienung insbesondere in einem besseren Lokal angehalten, Diskretion gegenüber den Gästen zu bewahren, d.h. auch Gespräche zwischen Gästen nicht zur Kenntnis zu nehmen und in Abstand zu Dingen zu bleiben, die die Gäste während des Essens zeigen und erörtern. Dass dies bei dem Gespräch der beiden Geschäftspartner anders war, konnte die Beschwerdegegnerin nicht beweisen.

2.2.2 Entscheidend ist freilich, dass nach Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - von einer Geheimhaltungsverpflichtung zwischen den Herren Schönhöffer und Dr. Kluger auszugehen ist. Dies ergibt sich aus den im Folgenden dargelegten Umständen ihrer Zusammenarbeit und der der Beweisaufnahme:

2.2.3 Im Dezember 1994 - als das Arbeitsessen stattfand - arbeitete Dr. Schönhöffer seit 1988 für die Firma Ulrich GmbH & Co. KG (Niederschrift, S. 1, 2. Frage) und Dr. Kluger war vertraglich an die Firma Endotec gebunden, der alle seine Ideen und Projekte zustanden (ebd., S. 3, 2. Frage und S. 6, 3. Frage sowie eidesstattliche Versicherung, 3. Absatz). Zur selben Zeit bestand eine enge Kooperation zwischen der Firma Endotec und der Firma Ulrich GmbH & Co. KG, denn die von Dr. Kluger für Endotec entwickelten Projekte wurden von der Firma Ulrich GmbH & Co. KG realisiert und anschließend an Endotec geliefert. Diese Kooperation begann 1992/1993 (Niederschrift, S. 6, 3. Frage und S. 5, 2. und 4. Frage). Seit 1990 versuchte die Firma Ulrich GmbH & Co. KG, Dr. Kluger für sich zu gewinnen (ebd., S. 2, 1. Absatz), was ihr schließlich 1999 nach dem Auslaufen des Vertrags zwischen Dr. Kluger und Endotec gelang (ebd., S. 5, 2. Frage und S. 6, 2. Frage).

2.2.4 Somit bestand zum Zeitpunkt des Arbeitsessens zwischen den beiden Personen und beiden Firmen bereits seit Längerem eine besondere und enge Geschäftsbeziehung, die auf die Entwicklung und Herstellung von Implantaten derselben Art wie die hier in Frage Stehenden gerichtet war. In Anbetracht der besonderen Beziehungen und der gemeinsamen Interessen beider Personen in ihrer jeweiligen Firma unterlagen die ausgetauschten Informationen zwangsläufig einer - zumindest stillschweigenden - Geheimhaltungsverpflichtung. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, wonach Gespräche unter Experten über die Verbesserung und Nutzung von Erzeugnissen einer impliziten Geheimhaltungspflicht unterliegen, solange diese Erzeugnisse noch nicht zur Nutzung und Herstellung zugelassen sind, insbesondere wenn es sich um medizinische Komponenten handelt (T 906/01).

2.3 Das Argument der Beschwerdegegnerin, Dr. Kluger sei als Kunde angesprochen worden und daher nicht zur Geheimhaltung verpflichtet, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Die Kammer betrachtet es als bewiesen, dass Dr. Kluger als Berater für die Fa. Endotec tätig war, die wiederum mit der Firma Ulrich GmbH & Co. KG zusammengearbeitet hat. Dafür, dass das Gespräch im Dezember 1994 ein Verkaufsgespräch war, gibt es zu wenig Anhaltspunkte zumal auch Verkaufsgespräche der Geheimhaltung unterliegen können, wenn es sich zum Beispiel um gemeinsame Entwicklungen handelt wie es auch hier offensichtlich der Fall war.

2.4 Die Beschwerdegegnerin hat behauptet, nicht alle Produkte von der Firma Ulrich GmbH & Co. KG fielen unter die Geheimhaltungspflicht. Nachdem eine Geheimhaltungspflicht bewiesen ist, oblag es der Beschwerdegegnerin zu beweisen, dass es sich in diesem Fall um eine Ausnahme handelt. Dieser Beweis wurde nicht erbracht.

2.5 Schließlich ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass eine Geheimhaltungspflicht deswegen nicht bestand, weil Dr. Schönhöffer für das während des Arbeitsessens offenbarte Produkt bereits ein Patent angemeldet hatte. Es ist nämlich nicht bewiesen, dass es sich bei dem Gespräch um dasselbe Produkt handelte, das mit dem Patent geschützt wurde. Außerdem war die Anmeldung zu dem Zeitpunkt des Treffens noch nicht veröffentlicht, so dass die Vertraulichkeit immer noch bestand. Daraus ergibt sich, dass Dr. Kluger, der Empfänger der während des Abendessens im Dezember 1994 erteilten Informationen, nicht als Mitglied der Öffentlichkeit angesehen werden kann (T 1081/01, Nr. 7 der Entscheidungsgründe).

2.6 Nach alledem, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der mündlichen Offenbarung nicht der Öffentlichkeit zugänglich war und somit nicht zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ 1973 gehört.

3. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

3.1 In der veröffentlichten Fassung des auf D1 erteilten europäischen Patents sind die Staaten AT, CH, ES und LI nicht benannt. Demzufolge kann D1 nach Artikel 54 (4) EPÜ 1973 dem erteilten Anspruch 1 für diese Staaten nicht entgegengehalten werden.

3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 für die Staaten DE, FR und GB unterscheidet sich von D1 durch das Merkmal, dass "der Wirbelkörper aus Titan bzw. Titanrohr gebildet ist". In D1 ist kein Material für den Wirbelkörper offenbart. Titan mag zwar ein gebräuchliches Material für einen Wirbelkörperersatz sein, wie es die Beschwerdegegnerin vorgebracht hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass Titan das einzig mögliche bzw. das einzig genutzte Material für Wirbelkörper ist. Folglich stellt die Verwendung von Titan für einen aus D1 bekannten Wirbelkörper eine Auswahl dar, die somit nicht implizit in D1 enthalten ist. Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 für die Staaten DE, FR und GB nach Artikel 54 (1) und (3) EPÜ 1973 gegenüber dem aus D1 bekannten Wirbelkörperersatz neu.

3.3 Nach Artikel 56 Satz 2 EPÜ 1973 kann D1 für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 für die Staaten DE, FR und GB nicht berücksichtigt werden. Da im Beschwerdeverfahren neben der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung und D1 keine weiteren Beweismittel genannt werden und die übrigen in der ersten Instanz zitierten Dokumente zum Stand der Technik Erzeugnisse betreffen, die sich schon in ihrer Struktur deutlich von der des beanspruchten Wirbelkörperersatzes unterscheiden, kann der Gegenstand der Ansprüche 1 der erteilten Anspruchssätze auch nicht als naheliegend angesehen werden.

Der Gegenstand dieser Ansprüche beruht somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird aufrechterhalten wie erteilt.

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