T 0190/06 () of 18.11.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T019006.20081118
Datum der Entscheidung: 18 November 2008
Aktenzeichen: T 0190/06
Anmeldenummer: 97102724.8
IPC-Klasse: C09J 157/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wässriger Dispersionsklebstoff
Name des Anmelders: Henkel AG & Co. KGaA
Name des Einsprechenden: Akzo Nobel N.V.
PCI Augsburg GmbH
Uzin Utz AG
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 104
European Patent Convention 1973 R 66
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein) - alle Anträge
Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung - Kostenverteilung (abgelehnt)
Orientierungssatz:

Siehe 2.2 und 8

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1361/09

Sachverhalt und Anträge

I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 792 926 auf die am 20. Februar 1997 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 97102724.8 der Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien wurde am 25. Juni 2003 bekannt gemacht (Patentblatt 2003/26).

Das erteilte Patent enthielt acht Ansprüche, wobei die unabhängigen Ansprüche 1, 7 und 8 wie folgt lauteten:

"1. Wäßriger füllender Dispersions-Klebstoff auf der Basis von 20 bis 99 Gew.-% eines Polymeren mit einer Glasübergangstemperatur unter -25 ºC und 1 bis 80 Gew.-%, bezogen auf die Bestandteile mit Ausnahme von Wasser, eines Füllstoffes, gekennzeichnet durch einen Anteil mindestens eines Leichtfüllstoffes mit einem spezifischen Gewicht von weniger als 1 g/cm**(3), wobei der Anteil an Leichtfüllstoff 1 bis 20 Gew.-% ausmacht, bezogen auf den schweren Füllstoff mit einem spezifischen Gewicht von mehr als 1 g/cm**(3).

7. Herstellung des Klebstoffes nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß man zunächst die Dispergierhilfsmittel, den Emulgator, Entschäumer und das Konservierungsmittel sowie weitere Hilfsmittel in die Polymerdispersion einrührt, dann den leichten und schweren Füllstoff und schließlich den Verdicker.

8. Verwendung des Klebstoffes nach mindestens einem der vorangegangenen Ansprüche zum Verkleben von Fußbodenbelägen, insbesondere von textilen Belägen."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 betrafen bevorzugte Ausführungsformen des Dispersions-Klebstoffs gemäß Anspruch 1.

II. Gegen die Erteilung des Patents wurde am 25. März 2004 Einspruch eingelegt von den Firmen:

- Akzo Nobel N.V. (Einsprechende 01);

- PCI Augsburg GmbH (Einsprechende 02); und

- Uzin Utz AG (Einsprechende 03).

Die Einsprechenden beantragten, gestützt auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a), 100 b) und 100 c) EPÜ 1973, den Widerruf des Patents.

Die Einsprechenden zitierten, inter alia, folgende Entgegenhaltungen:

E1: DE-A 44 04 411;

E2: Produktdatenblatt für das Produkt Expancel, "Expancel Microspheres in Acrylic Latex Caulk"; Technical Bulletin no 21, vom 9. Dezember 1993; und

E20: Englische Übersetzung von JP-A 7-138532

III. Mit der am 1. Dezember 2005 mündlich verkündeten und am 21. Dezember 2005 schriftlich begründeten Zwischenentscheidung hielt die Einspruchsabteilung das Patent im Umfang des damaligen Hilfsantrags III aufrecht. Der Anspruch 1 des 6 Ansprüche umfassenden Hilfsantrags III lautete:

"1. Verwendung eines wäßrigen füllenden Dispersions-Klebstoffs auf der Basis von 20 bis 99 Gew.-% eines Polymeren mit einer Glasübergangstemperatur unter -25 ºC und 1 bis 80 Gew.-% eines Füllstoffes, zum Verkleben von Fußbodenbelägen, wobei die Gewichtsprozente auf die Summe der Bestandteile des Dispersions-Klebstoffs mit Ausnahme von Wasser bezogen sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß der Dispersionsklebstoff einen Anteil mindestens eines Leichtfüllstoffes mit einem spezifischen Gewicht von weniger als 1 g/cm**(3), wobei der Anteil an Leichtfüllstoff 1 bis 20 Gew.-% ausmacht, bezogen auf den schweren Füllstoff mit einem spezifischen Gewicht von mehr als 1 g/cm**(3)."

In ihrer Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass die Einwände der Einsprechenden unter den Artikeln 83 und 123 EPÜ 1973 nicht begründet seien.

Die Einspruchsabteilung hielt den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags für nicht neu gegenüber E2, die eine in der Zusammensetzung gleiche Rezeptur mit einem Leichtfüllstoffanteil vom Typ "Expancel" von 0.6% für Dichtmassen offenbare.

Die Einspruchsabteilung stellte weiterhin fest, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 der Hilfsanträge I und II unklar sei, weil die Summe der beiden Komponenten Polymer und Füllstoffe nicht 100 Gew.-% ergebe.

Letztlich hielt die Einspruchsabteilung den Gegenstand der Ansprüche 1 - 6 des Hilfsantrags III gegenüber E1 als nächstliegendem Stand der Technik für neu und erfinderisch. Sie sah die erfindungsgemäße Aufgabe darin, die Dispersionsklebstoffe von E1 so abzuändern, dass ein geringer Schwund bei ausreichender Klebkraft erzielt würde. Die Lösung dieser Aufgabe durch den Einsatz von Leichtfüllstoffen in einem bestimmten Verhältnis zum schweren Füllstoff ergebe sich nicht aus dem Stand der Technik, insbesondere, weil in E2 eine klare Anweisung fehle, den Leichtfüllstoff in einem bestimmten Verhältnis zum schweren Füllstoff einzusetzen.

IV. Gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung reichten die Patentinhaberin am 6. Februar 2006, die Einsprechende 03 am 20. Februar 2006, die Einsprechende 01 am 21. Februar 2006 und die Einsprechende 02 am 28. Februar 2006 unter jeweils gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründungen wurden ebenfalls fristgemäß eingereicht.

V. Die Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden 01, 02 und 03 wiederholten ihre im Einspruchsverfahren vorgebrachten Einwände der unzulässigen Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ 1973), mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ 1973), mangelnder Neuheit gegenüber E2 und E20 (Artikel 54 EPÜ 1973) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973). Zudem wurden noch weitere Entgegenhaltungen genannt, unter anderem:

E42: "Strukturelles Kleben und Dichten" von Eduardo Schindel-Bidinelli, R. Hinterwalder Verlag München, 1988, Seite 13.

VI. Die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin widersprach dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden und verteidigte in erster Linie das Patent in der erteilten Fassung. Ferner beantragte sie hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis von elf Anspruchssätzen gemäß den Hilfsanträgen I, II, II', II'', IIA, IIB, IIC, III, IV, IVA und IVB, welche mit Schreiben vom 28. März 2006 und 9. Januar 2007 eingereicht wurden.

VII. Mit Bescheid vom 28. Juli 2008 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit.

VIII. Mit Schreiben vom 14. November 2008 zog die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin die Hilfsanträge II', II'', IIB, IIC, IVA sowie IVB zurück. Ferner kündigte sie an, "voraussichtlich nicht bei der mündlichen Verhandlung zu erscheinen".

Die Ansprüche des Hauptantrags entsprechen der erteilten Fassung des Patents (siehe I oben).

Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet:

"1. Wäßriger füllender Dispersions-Klebstoff auf der Basis von 20 bis 99 Gew.-% eines Polymeren mit einer Glasübergangstemperatur unter -25 ºC und 1 bis 50 Gew.-% eines Füllstoffes, wobei die Gewichtsprozente auf die Summe der Bestandteile des Dispersions-Klebstoffs mit Ausnahme von Wasser bezogen sind, sowie gegebenenfalls mindestens eines funktionellen Additivs aus der Gruppe von Dispergierhilfsmitteln, Emulgatoren, Filmbildehilfsmitteln, Konservierungsmitteln, Entschäumern und Verdickungsmitteln,

gekennzeichnet

durch einen Anteil mindestens eines Leichtfüllstoffes mit einem spezifischen Gewicht von weniger als 0,5 g/cm**(3), wobei der Anteil an Leichtfüllstoff 1 bis 20 Gew.-% ausmacht, bezogen auf den schweren Füllstoff mit einem spezifischen Gewicht von mehr als 1 g/cm**(3), und

durch einen Wassergehalt des Dispersions-Klebstoffs von 10 bis 30 Gew.-%, bezogen auf den Dispersions-Klebstoff."

Anspruch 1 des Hilfsantrags II entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags I mit dem zusätzlichen Merkmal, dass

"der Dispersions-Klebstoff im wesentlichen frei von flüchtigen organischen Verbindungen mit einem Siedepunkt unterhalb 260 ºC bei Normaldruck (1 bar) ist".

Anspruch 1 des Hilfsantrags IIA entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags II mit dem Unterschied, dass der Füllstoffanteil des Dispersions-Klebstoffes "1 bis 80 Gew.-%" beträgt.

Anspruch 1 des Hilfsantrags III richtet sich auf die Verwendung des Dispersions-Klebstoffes und ist identisch mit der von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Fassung (siehe Punkt III oben).

Anspruch 1 des Hilfsantrags IV entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags III, mit dem zusätzlichen Merkmal, dass

"der Dispersionsklebstoff im wesentlichen keine organischen Verbindungen mit einem Siedepunkt unterhalb 260 ºC bei Normaldruck (1 bar) enthält".

IX. Am 18. November 2008 fand unter Beteiligung der Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden 01, 02 und 03 bei Abwesenheit der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin eine mündliche Verhandlung statt.

X. Die schriftlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin, soweit sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

- Der beanspruchte Gegenstand sei neu, da E2 nur die Verwendung von Leichtfüllstoffen vom Typ "Expancel" in Acryllatexdichtmassen betreffe. Diese Dichtmassen unterschieden sich prinzipiell von Dispersions-Klebstoffen und seien für diese Verwendung auch nicht geeignet.

- Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Patentinhaberin sieht in Übereinstimmung mit allen anderen Parteien E1 als nächstliegenden Stand der Technik an. Die Erfindung unterscheide sich von E1 durch die Inkorporierung von Leichtfüllstoffen mit spezifischen Gewichten unterhalb von 1 g/cm**(3). Dadurch werde die Aufgabe gelöst, einen insbesondere zur Verklebung von Fußbodenbelägen geeigneten, füllenden wässrigen Dispersionsklebstoff bereitzustellen, welcher neben Emissionsarmut vor allem einen geringen Schwund bei gleichzeitig ausreichender Klebkraft und anderen vorteilhaften Gebrauchs- und Verarbeitungseigenschaften aufweist. Ihrer Meinung nach kann keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen dem Fachmann eine Anregung liefern, in der beanspruchten Weise zu verfahren. Dies gelte im Hinblick auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Dichtmassen und Dispersionsklebstoffen insbesondere auch für E2.

XI. Die Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden 01, 02 und 03 haben schriftlich und mündlich im wesentlichen folgende Einwände erhoben:

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 aller Anträge sei im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ 1973 unzulässig erweitert,

- das Patent offenbare die Erfindung im Sinne von Artikel 83 EPÜ 1973 nicht deutlich und vollständig,

- der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht neu im Hinblick auf die Entgegenhaltungen E2 und E20, und der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III sei nicht neu im Hinblick auf E20,

- die Hilfsanträge I, II, IIA und IV sollten nicht in das Verfahren zugelassen werden, da sie wegen des Fehlens einer angepassten Beschreibung unvollständig seien,

- der Gegenstand der Hilfsanträge I, II, IIA und IV sei nicht klar (Artikel 84 EPÜ 1973),

- der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ 1973, und

- sei auch nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973, insbesondere gegenüber einer Kombination von E1 mit E2.

Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 bemerkte noch, dass die mündliche Verhandlung wegen der Abwesenheit der Patentinhaberin überflüssig sei.

XII. Die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents, wie erteilt, oder auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I, II, IIA, III oder IV (schriftsätzlich). Sie beantragte weiterhin, keines der nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumente zum Verfahren zuzulassen.

Die Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden 01, 02 und 03 beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 792 926.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 03) beantragte, das Dokument E42 zum Verfahren zuzulassen.

Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 beantragte, der Patentinhaberin die der Einsprechenden 02 für den Termin zur mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Verfahrensfragen

2.1 Berücksichtigung verspätet vorgebrachter Beweismittel (Artikel 114(2) EPÜ 1973)

2.1.1 Nach Ablauf der Einspruchsfrist wurden von den Parteien zwanzig neue Dokumente und Beweismittel nachgereicht. Ihre Berücksichtigung liegt im Ermessen der Kammer (Artikel 13(1) VOBK).

2.1.2 Die von der Beschwerdeführerin/Einsprechenden 03 spät eingereichte Entgegenhaltung E42 wird als Beleg für das allgemeine Fachwissen angesehen und berücksichtigt.

2.1.3 Die anderen spät vorgelegten Dokumente wurden von der Kammer auf ihre Relevanz geprüft. Da die Prüfung ergeben hat, dass diese Dokumente keinen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens haben würden, wurden sie von der Kammer nicht berücksichtigt.

2.2 Zulässigkeit der Hilfsanträge I, II, IIA und IV

2.2.1 Bezüglich der Zulässigkeit dieser Anträge argumentierte die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02, dass sie nicht zum Verfahren zugelassen werden sollten, da sie in Abwesenheit einer an die geänderten Ansprüche angepassten Beschreibung unvollständig seien.

2.2.2 Die Kammer hält dieses Argument nicht für überzeugend, da sich der Antrag der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin auf die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis eines der Anspruchsätze bezieht und es in diesem Lichte keinen nach der Praxis der Kammer unbehebbaren Mangel darstellt, die Anpassung der Beschreibung an einen letztlich gewährbaren Anspruchssatz einem an die Diskussion der Gewährbarkeit der Anspruchsgegenstände anschließenden Verfahrensschritt vorzubehalten.

2.2.3 Aus diesen Gründen lässt die Kammer, die Hilfsanträge I, II, IIA und IV zum Verfahren zu.

HAUPTANTRAG

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)

3.1 Die Frage, ob die Dokumente E2 und E20 für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags neuheitsschädlich sind, war im Laufe des Verfahrens sehr umstritten.

Wie nachstehend dargelegt, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags in nahe liegender Weise aus einer Kombination der Entgegenhaltungen E1 und E2 ergibt, so dass dahingestellt bleiben kann, ob E2 und/oder E20 neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sind.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 bezieht sich auf einen wässrigen Dispersionsklebstoff mit folgenden Merkmalen:

- (a) 20 bis 99 Gew.% eines Polymeren mit einer Glasübergangstemperatur unter -25ºC, und

- (b) 1 bis 80 Gew.-% eines Füllstoffes, bezogen auf die Bestandteile mit Ausnahme von Wasser,

wobei der Füllstoff umfasst:

- (b1) einen Leichtfüllstoff mit einem spezifischen Gewicht von weniger als 1 g/cm**(3) in einer Menge von 1 bis 20 Gew.%, bezogen auf den schweren Füllstoff, und

- (b2) einen schweren Füllstoff mit einem spezifischen Gewicht von mehr als 1 g/cm**(3).

Diese wässrige Dispersion eignet sich insbesondere als füllender Klebstoff zum Verkleben von Substraten aus Kunststoff, Holz, Metall und Textilien aus Fasern. Sie eignet sich insbesonders als Fußbodenkleber für Bodenbeläge (siehe Anspruch 8; siehe auch Absatz [0020] der Patentschrift).

4.2 Nächstliegender Stand der Technik.

4.2.1 In Übereinstimmung mit den Parteien und der Einspruchsabteilung sieht die Kammer die Offenbarung von E1 als nächstliegenden Stand der Technik an.

4.2.2 E1 beschreibt einen Dispersionsfußbodenkleber auf Basis einer wässrigen Zusammensetzung, die im wesentlichen frei von organischen Lösungsmitteln, Weichmachern und zusätzlichen klebrigmachenden Harzen ist und, bezogen auf die Summe der Bestandteile der wässrigen Zusammensetzung mit Ausnahme von Wasser, 20 bis 99 Gew.-% eines Polymeren mit einer Glasübergangstemperatur unter - 25 ºC und 1 bis 80 Gew.% eines Füllstoffs enthält (siehe Anspruch 1 sowie Seite 2, Zeilen 3 - 10). Als Füllstoffe kommen z.B. feingemahlene oder gefällte Kreiden mit einem mittleren Teilchendurchmesser von im Allgemeinen zwischen 2 und 50 µm und/oder Quarzmehl mit einem üblichen mittleren Teilchendurchmesser von 3 bis 50 µm (siehe Seite 3, Zeilen 26 - 29) in Betracht.

4.3 Aufgabe und Lösung.

4.3.1 Die patentgemäß beanspruchten wässrigen Dispersionsklebstoffe unterscheiden sich von denen gemäß E1 dadurch, dass der Klebstoff einen Leichtfüllstoff mit einem spezifischen Gewicht von weniger als 1 g/cm**(3) in einem Anteil von 1 - 20 Gew.-% (bezogen auf den schweren Füllstoff) enthält (Merkmal (b1)).

4.3.2 Gemäß der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin ist es bei dem in E1 konzipierten Klebstoffsystem nachteilig, dass zur Erzielung einer ausreichenden Klebkraft der Gehalt an Dispersion gegenüber herkömmlichen Klebstoffen ohne Füllstoffe erhöht und der Füllgrad an anorganischen Füllstoffen gesenkt werden muss, so dass sich zwangsläufig der Wassergehalt des Klebstoffs erhöht, wodurch der Volumenschwund bei der Trocknung zunimmt und die füllenden Eigenschaften des Klebstoffs nicht immer die Anforderung der Festigkeit und Haltbarkeit der Verklebung erfüllen (siehe Absatz [0003] der Patentschrift).

4.3.3 Somit kann die gegenüber E1 zu lösende Aufgabe darin gesehen werden, einen wässrigen Dispersionsklebstoff bereitzustellen, der neben Emissionsarmut vor allem einen geringen Schwund bei ausreichender Klebkraft hat. Ferner sollten gute Gebrauchseigenschaften sowie eine leichte Verarbeitung gewährleistet sein (siehe [0004]).

4.3.4 Die Beispiele und Vergleichsbeispiele im Patent (siehe Tabelle 1 und 2) zeigen, dass diese Aufgabe durch die beanspruchte Inkorporierung eines Leichtfüllstoffs als gelöst angesehen werden kann. Sie belegen insbesondere, dass ein geringerer Volumenschwund bei ausreichender Klebkraft erzielt wird.

4.3.5 Diese gegenüber E1 erzielten Vorteile wurden von der Beschwerdeführerin/Einsprechenden 02 mit dem Argument in Frage gestellt, dass die Beispiele 1 (Vergleichsbeispiel) und 2 (erfindungsgemäß) ungeeignet wären, den beanspruchten Effekt zu belegen. Der Grund dafür sei, dass die Beispiele 1 und 2 sich nicht nur in Bezug auf den Zusatz eines Leichtfüllstoffs, sondern auch durch weitere Parameter voneinander unterscheiden, wie die Menge der eingesetzten Klebstoffdispersion und die Zusatzstoffe.

4.3.6 Die Kammer stellt fest, dass sich diese Kritik jedenfalls nicht auf die patentgemäßen Beispiele 5 und 6 erstrecken kann, weil sich diese voneinander nur durch den Ersatz des schweren Füllstoffs Calciumcarbonat durch den Leichtfüllstoff Expancel 551 WE unterscheiden. Der Volumenschwund verbessert sich dabei von -34.07% gemäß Beispiel 6 auf -25.97% gemäß Beispiel 5. Dieser Effekt ist daher allein auf das Unterscheidungsmerkmal gegenüber E1 zurückzuführen und die Kammer ist daher überzeugt, dass die dem Patent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe durch die patentgemäßen Maßnahmen gelöst ist.

4.4 Naheliegen.

4.4.1 Es bleibt die Frage zu untersuchen, ob der Fachmann ausgehend von dem wässrigen Dispersionsklebstoff gemäß E1 und konfrontiert mit der vorstehend definierten Aufgabe, auf Grund der im Verfahren befindlichen Dokumente in nahe liegender Weise zu dem beanspruchten Dispersionsklebstoff gekommen wäre.

4.4.2 Es ist daher zu prüfen, ob der Stand der Technik eine Anregung enthält, die in E1 offenbarten Zusammensetzungen durch Einbringen von Leichtfüllstoffen im Sinne der wie oben definierten Aufgabe zu modifizieren.

4.4.3 Die Entgegenhaltung E2 offenbart in Tabelle 1 auf Seite 6, letzte Spalte einen wässrigen Dispersionsdichtstoff (acrylic latex caulk), der ein Polymer mit einer Glasübergangstemperatur unter - 25ºC (Primal LC 67), einen schweren Füllstoff (Durcal 5 mit einem spezifischen Gewicht von 2.7 g/cm**(3)) und einen Leichtfüllstoff (Expancel 551 DE mit einem spezifischen Gewicht von 0.042 g/cm**(3)) enthält. Diese Dichtmasse zeigen auch ein gutes Haftvermögen auf Metalluntergründen (siehe Seite 3, letzter Absatz)

Gemäß der Zusammenfassung der E2, 3. Absatz wird durch den Zusatz von EXPANCEL der Volumenschwund in der Dichtmasse drastisch reduziert. Diese Feststellung wird auf Seite 2, Absatz "Volume shrinkage" noch durch die Aussage präzisiert, dass der Zusatz von 0.3% EXPANCEL 551 DE in der Dichtmasse eine Reduzierung des Volumenschwunds von 10% auf 4% bewirkt.

Der Fachmann kann aus E2 ableiten, dass der Einsatz von Expancel in Zusammensetzungen, die den Dichtmassen gemäß E2 ähnlich sind, ebenfalls zu einer Reduktion des Volumenschwunds führen wird. Wegen der unstreitigen prinzipiellen Ähnlichkeit der Formulierungen, insbesondere bezüglich ihrer konstituierenden Komponenten, schließt die Kammer, dass die Zugabe von Expancel auch in den Dispersionsklebstoffen gemäß E1 zu einer Reduktion des Volumenschwunds führen muss. Somit gelangt der Fachmann durch Ersatz eines Teils des schweren Füllstoffes in den Zusammensetzungen gemäß E1 durch Expancel-Leichtfüllstoff ohne erfinderisch tätig zu werden zu der patentgemäßen Zusammensetzung.

4.4.4 Die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin war der Meinung, dass der Fachmann, vor die Aufgabe des Patents gestellt, nicht auf E2 zurückgegriffen hätte. Die nur für Dichtmassen beschriebenen Rezepturen wären aufgrund ihrer von Dispersionsklebstoffen verschiedenen Eigenschaften bereits vom Grundsatz her überhaupt nicht zur Verwendung als Dispersionsklebstoffe geeignet.

Sie betonte insbesondere, dass sich Klebstoffe und Dichtmassen grundlegend unterscheiden. Während bei Klebstoffen bzw. Klebschichten ein hoher Schubmodul notwendig sei, gelte für Dichtmassen ein niedriger Schubmodul. Weitere Unterschiede bestünden im Hinblick auf das Rückstellvermögen, die Anfangsklebrigkeit und die Verstreichbarkeit.

4.4.5 Diese Argumente überzeugen die Kammer nicht. Wie die Beschwerdeführerinnen/Einsprechenden stets glaubhaft betonten, unterscheiden sich Dichtmassen und Klebstoffe voneinander nur hinsichtlich ihrer anwendungsbezogenen Spezifizierung, nicht jedoch in ihrer grundlegenden Konzeption. Es handelt sich dabei um angrenzende technische Gebiete, in welchen die gleichen oder ähnliche Probleme zu lösen sind. So müssen Dichtmassen gute adhäsive Eigenschaften haben (siehe auch den oben erwähnten Hinweis in E2) und Klebstoffe müssen zu im Klebebereich dichten Verbindungen führen. Dass die Übergänge zwischen Klebstoff und Dichtstoff gleitend sind, wird auch durch die Ausführungen im Dokument E42 (Seite 13), das das allgemeine Fachwissen wiedergibt, bestätigt.

Auch bezüglich des Schubmoduls überschneiden sich die Werte. Neben harten gibt es auch weiche/flexible Klebstoffe, welche entsprechend einen niedrigeren Schubmodul aufweisen.

Es muss von einem Klebstofffachmann daher erwartet werden, dass er Kenntnisse auch auf dem benachbarten Gebiet der "Dichtmassen" besitzt.

Aus diesem Grunde kann die Kammer den Argumenten der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin nicht folgen, dass der Fachmann die in E2 vorgesehene Verwendung von Expancel zur Reduzierung des Volumenschwunds nicht in Betracht gezogen hätte.

4.4.6 Nicht stichhaltig ist auch das von der Einspruchsabteilung akzeptierte Argument, dass eine erfinderische Tätigkeit auf das patentgemäße Gewichtsverhältnis schwerer/leichter Füllstoff gestützt werden könne, weil dieses nicht aus E2 herleitbar sei, da nur eine von drei Zusammensetzungen den Leichtfüllstoff in einer Menge von größer als 1 Gew.-% bezogen auf den schweren Füllstoff enthält.

Wie oben dargestellt (siehe 4.4.3) lässt sich aus E2 entnehmen, dass die Verwendung von Expancel auch bei den beanspruchten Zusammensetzungen zu einer Reduzierung des Volumenschwunds führen würde. Der Fachmann hätte daher nur wenige Versuche gebraucht, um die Gewichtsverhältnisse herauszufinden, welche zu einer Optimierung des Volumenschwunds für den jeweiligen Anwendungsbereich des Klebstoffs führen. Dazu bedurfte es keines unzumutbaren Aufwands; vielmehr hätten ihn Routineversuche unmittelbar in den beanspruchten Bereich geführt.

4.5 Daher ist der gemäß Hauptantrag beanspruchte Gegenstand nicht erfinderisch gegenüber einer Kombination der Entgegenhaltungen E1 und E2.

HILFSANTRÄGE I, II, IIA

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge I, II, und IIA wurde von der Beschwerdeführerin/Pateninhaberin geändert, um die Neuheit gegenüber E2 herzustellen. Diese Ansprüche enthalten jedoch gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags keine zusätzlichen Merkmale, welche eine erfinderische Tätigkeit begründen könnten.

5.2 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags I wurde die Menge des Füllstoffs auf "1 bis 50 Gew.-%" (siehe Merkmal (b)) reduziert und das spezifische Gewicht des Leichtfüllstoffs auf "weniger als 0.5 g/cm**(3)" (siehe Merkmal (b1)) herabgesetzt. Ferner wurde der Klebstoff durch folgende weitere Merkmale präzisiert:

- (c) einen Wassergehalt des Dispersions-Klebstoffs von 10 bis 30 Gew.-%, bezogen auf den Dispersions-Klebstoff, und

- (d) die fakultative Anwesenheit mindestens eines funktionellen Additivs aus der Gruppe von Dispergierhilfsmitteln, Emulgatoren, Filmbildehilfsmitteln, Konservierungsmitteln, Entschäumern und Verdickungsmitteln.

5.3 Bezüglich der Merkmale (c) und (d) ist auszuführen, dass diese Merkmale bereits in der Zusammensetzung gemäß E1 zu finden sind (siehe Seite 3, Zeilen 44 - 45 und 30 - 35) und somit keine Unterscheidungsmerkmale gegenüber solchen Zusammensetzungen darstellen.

Bezüglich der Menge des Füllstoffs lässt sich an keiner Stelle des Streitpatents erkennen, inwiefern ein Bereich von 1 - 50 Gew.-% vorteilhafte Wirkungen haben würde. Daher kann auch dieses Merkmal eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Letztlich ist noch anzumerken, dass die Dichte des gemäß E2 verwendeten Expancel-Typs 551DE 0.042 g/cm**(3) ist und daher noch innerhalb des eingeschränkten beanspruchten Bereichs liegt.

5.4 Der Gegenstand der Hilfsanträge II und IIA enthält das zusätzliche Merkmal, dass

- (e) der Dispersions-Klebstoff im Wesentlichen frei von flüchtigen organischen Verbindungen mit einem Siedepunkt unterhalb 260 ºC bei Normaldruck (1 bar) ist.

5.5 Dieses Merkmal trägt ebenfalls nichts zur erfinderischen Tätigkeit bei, weil die Zusammensetzungen von E1 dieses Merkmal bereits enthalten (siehe Seite 3, Zeilen 36 - 38).

5.6 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge I, II und IIA letztlich aus den gleichen Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 beruht.

HILFSANTRÄGE III und IV.

6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

6.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III bezieht sich auf die Verwendung des Dispersions-Klebstoffs zum Verkleben von Fußbodenbelegen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags.

6.2 Diese Verwendung ist, wie bereits oben erwähnt, die Hauptverwendung der wässrigen Zusammensetzungen gemäß E1 und stellt somit für den Fachmann eine bevorzugte Anwendung der Dispersions-Klebstoffe dar. Es folgt daher, dass auch diese Verwendung eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann.

6.3 Gleiches gilt - in Analogie zu den bezüglich des Hilfsantrags II, der dasselbe Zusatzmerkmal enthält, gemachten Ausführungen - für Anspruch 1 des Hilfsantrags IV.

7. Es liegt somit keine gewährbare Anspruchsfassung des Streitpatents vor.

8. Kostenverteilung (Artikel 104 EPÜ 1973)

8.1 Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 beantragt, der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin die Kosten für den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.

Sie begründet diesen Antrag damit, dass die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin, die hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt hatte, nicht zur Verhandlung kam, und zwar ohne die Kammer und die anderen Verfahrensbeteiligten rechtzeitig und eindeutig davon unterrichtet zu haben. (Die Patentinhaberin hat erst zwei Arbeitstage vor der mündlichen Verhandlung angekündigt, dass Sie "voraussichtlich nicht bei der mündlichen Verhandlung erscheinen (werde)"; entsprechend hätte die Patentinhaberin auch zu der mündlichen Verhandlung erscheinen können).

Darüber hinaus machte die Beschwerdeführerin/ Einsprechende 02, die ebenfalls hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt hatte, geltend, dass die mündliche Verhandlung ohne das Erscheinen der Beschwerdeführerin/ Patentinhaberin überflüssig gewesen wäre.

8.2 Gemäß Artikel 104(1) EPÜ 1973, der nach Regel 66(1) EPÜ 1973 im Beschwerdeverfahren Anwendung findet, trägt im Einspruchsbeschwerdeverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsen Kosten selbst, soweit nicht die Beschwerdekammer, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, über eine Verteilung der Kosten, die durch eine mündliche Verhandlung verursacht worden sind, nach Maßgabe der Ausführungsverordnung anders entscheidet.

Aus der Fassung der Vorschrift folgt, dass von der Regel, dass jeder beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, dann abzuweichen ist, wenn dies Billigkeitserwägungen erfordern. Für eine Kostenverteilung zu Lasten der Beschwerdeführerin/ Patentinhaberin reicht es zunächst nicht aus, dass diese nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Eine Verpflichtung, in einer beantragten mündlichen Verhandlung auch tatsächlich zu erscheinen gibt es nicht. Im Übrigen werden die zur mündlichen Verhandlungen erschienenen Beteiligten durch das Fernbleiben des anderen im Allgemeinen nicht geschädigt (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäisches Patentamts, 5. Auflage, VII.C 8.2.4 b)).

8.3 Die vier Tage vor der mündlichen Verhandlung eingegangene Mitteilung der Beschwerdeführerin/ Patentinhaberin, voraussichtlich an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zunächst lässt die Mitteilung offen, ob die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin zur mündlichen Verhandlung erscheinen wird.

Dies mag eine an sich unerwünschte offene Situation hervorrufen. Ob dies für eine Auferlegung von Kosten ausreichen kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Die weiteren Umstände dieses Falles sprechen jedenfalls nicht für eine Auferlegung von Kosten. Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 hat nicht zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass ihr durch das Ausbleiben der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin tatsächlich Mehrkosten entstanden sind. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 bei Kenntnis des Ausbleibens der Gegenseite ebenfalls nicht zum Termin erschienen wäre. Diese hypothetische Situation kann nur aufgrund der dazu vorgetragenen Tatsachen im Nachhinein beurteilt werden. Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 hat hierzu vorgetragen, dass die mündliche Verhandlung überflüssig geworden sei.

8.4 Dies ist jedoch wenig überzeugend:

8.4.1 Aus der Mitteilung der Kammer vom 28. Juli 2008 geht zwar hervor, dass die Kammer der vorläufigen Meinung war, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu war, die Frage, ob der Gegenstand der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, wurde jedoch offen gelassen. Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 konnte daher nicht davon ausgehen, dass allein auf ihr schriftliches Vorbringen hin in Ihrem Sinne entschieden würde.

8.4.2 Nach objektiver Beurteilung hätte die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 somit auch bei frühzeitiger, eindeutiger Absage der Patentinhaberin an der mündlichen Verhandlung zur Wahrung ihres Interessen, das Patent insgesamt einen Widerruf zuzuführen, sinnvollerweise teilnehmen müssen.

8.5 Folglich entspricht es nicht der Billigkeit, der Beschwerdeführerin/Pateninhaberin diese Kosten aufzuerlegen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

- Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

- Das europäische Patent Nr. 0 792 926 wird widerrufen.

- Der Antrag der Beschwerdeführerin/Einsprechenden 02 auf Auferlegung von Kosten wird zurückgewiesen.

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