T 1515/05 () of 5.9.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T151505.20060905
Datum der Entscheidung: 05 September 2006
Aktenzeichen: T 1515/05
Anmeldenummer: 99106080.7
IPC-Klasse: D01H 5/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Herstellen eines Garnes und Spinnmaschine hierfür
Name des Anmelders: Saurer GmbH & Co. KG
Rieter AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 0 947 617 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe.

IV. Mit der Beschwerde verfolgte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.

V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat ihren Einspruch nach Eingang der Beschwerdebegründung zurückgezogen und erklärt, am weiteren Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht mehr teilzunehmen.

VI. Für das Beschwerdeverfahren waren die folgenden der im Einspruchsverfahren eingeführten Entgegenhaltungen relevant:

D2: DE-C2-26 53 697,

D4: DE-A1-44 30 835,

D7: DE-A1-196 19 307.

VII. Im mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Bescheid teilte die Beschwerdekammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit keine Fehler zu enthalten scheine und dass auch die mit der Beschwerdebegründung vorgetragenen Argumente an dieser Einschätzung nichts änderten.

VIII. Am 5. September 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche und eine angepasste Beschreibung einreichte, auf deren Grundlage sie die Aufrechterhaltung des Patents beantragte.

IX. Die unabhängigen Ansprüche in der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fassung lauten:

"1. Verfahren zum Herstellen eines Core-Garnes, bei dem einer von einem Streckwerk abgelieferten Faserlunte ein Kernfaden vor einem Verdichten zugeführt und mit dieser zunächst dem Verdichten mittels Saugzug unterworfen und anschließend mittels einer Ringspinnvorrichtung fadenballonlos oder fadenballonreduziert gedreht und auf gewunden wird.

2. Spinnmaschine mit einer Einrichtung (51) zum Herstellen von Coregarn (58), mit Streckwerken (1), die an ihren Ausgangswalzenpaaren (4) je mindestens eine Faserlunte (8, 8') abliefern und die an ihren Ausgängen mit Verdichtungsvorrichtungen (10) zum Zusammenfassen der mindestens einen Faserlunte mit mindestens einem Kernfaden ausgestattet sind und die unter Saugzug stehende Perforation (12) aufweisen, und mit Ringspinnvorrichtungen (40), mittels deren die verdichteten Faserlunten durch Erteilung von Drehung verfestigt werden, wobei die Ringspinnvorrichtungen mit Einrichtungen (46, 47) zum fadenballonlosen oder fadenballonreduzierten Spinnen ausgestattet sind."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, da sie alle formalen Voraussetzungen erfüllt.

2. Änderungen

2.1 Das Verfahren gemäß Anspruch 1 wurde im Vergleich zum Verfahren des erteilten Anspruchs 1 auf die Herstellung eines "Core-Garnes" eingeschränkt und enthält dementsprechend zusätzlich das Merkmal, wonach der vom Streckwerk abgelieferten Faserlunte "ein Kernfaden vor einem Verdichten zugeführt wird", sowie das Merkmal wonach Faserlunte und Kernfaden dem Verdichten "mittels Saugzug" unterworfen werden. In entsprechender Weise wurde die Spinnmaschine gemäß Anspruch 2 im Vergleich zum erteilten Anspruch 2 durch die Aufnahme der Merkmale "Einrichtung zum Herstellen von Coregarn" und "mit mindestens einem Kernfaden" eingeschränkt. Grundlage für die Änderungen hinsichtlich der Herstellung eines Core-Garns sind die Absätze [0008-0011,0014,0015,0030-0032] der Patentschrift, die mit den entsprechenden Absätzen der ursprünglichen Beschreibung übereinstimmen, sowie der ursprüngliche und auch erteilte Anspruch 13. Der Wortlaut des ursprünglichen sowie des erteilten Anspruchs 2 liefert eine explizite Basis für das Merkmal "mittels Saugzug", wobei die Beschreibung in der ursprünglichen wie auch erteilten Fassung, insbesondere in den oben erwähnten Absätzen eindeutig und zweifelsfrei offenbart, dass das Verfahren mittels einer erfindungsgemäßen Spinnmaschine durchgeführt werden kann.

Die vorgenommenen Änderungen führen folglich nicht zu einem Gegenstand, der über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, und schränken überdies den Schutzbereich des Patents ein, so dass die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ erfüllt sind.

2.2 Die Kammer hat ebenfalls keine Einwände hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Auch sind die Änderungen durch den Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit veranlasst (Regel 57a EPÜ).

3. Neuheit

3.1 Von den im Einspruchsverfahren angeführten Entgegenhaltungen offenbart nur D4 eine Spinnmaschine zur Herstellung von Core-Garn, bei der vor dem Ausgangswalzenpaar des Streckwerks die Faserlunte mit einem Kernfaden vereinigt wird. Dem daraus entstandenen Gebilde wird anschließend durch eine Ringspindel eine Drehung erteilt, und das dabei entstandene Core-Garn wird auf eine Spule aufgespult.

3.2 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 unterscheiden sich von der bekannten Vorrichtung und dem mit ihr implizit offenbarten Verfahren durch die Merkmale "(Einrichtung zum) Verdichten mittels Saugzug" und "(Einrichtungen zum) fadenballonlosen oder fadenballonreduzierten Spinnen".

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 sind daher neu im Sinne des Artikels 54 (1) und (2) EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Durch das gemeinsame Verdichten der Faserlunte und des Kernfadens mittels Saugluft wird der Kernfaden durch die Mantelfasern gleichmäßiger über die gesamte Länge des Garns abgedeckt, und die Haarigkeit des Mantels verringert (vgl. Absätze [0003] und [0010] der Patentschrift). Die geringere Haarigkeit des Kern-Mantel-Gebildes führt außerdem zu einer weiteren Herabsetzung der durch fadenballonloses oder fadenballonreduziertes Spinnen bereits verminderten Fadenzugkraft zwischen dem Ausgangswalzenpaar des Streckwerks und der Spindelspitze (vgl. Absatz [0004] der Patentschrift).

4.2 Die dem Patent zugrunde liegende Aufgabe kann daher darin gesehen werden, ausgehend vom Verfahren und der Vorrichtung des nächstliegenden Stands der Technik, der durch D4 gegeben ist, ein gleichmäßig ummanteltes Core-Garn herzustellen und zwischen Streckwerk und Spindel wirkende Fadenzugkräfte zu vermindern.

4.3 Diese Aufgabe wird durch die jeweilige Kombination der Merkmale der Ansprüche 1 und 2 gelöst.

4.4 Die Lösung der gestellten Aufgabe wird nicht durch den zugänglichen Stand der Technik nahegelegt.

Einerseits enthält D4 keinen Anhaltspunkt, bei der Herstellung von Core-Garnen weitere Maßnahmen zu ergreifen. Andererseits offenbart der Stand der Technik zwar, dass Verdichten mittels Saugzug zu einer Verringerung der Haarigkeit von konventionellen Garnen führt, was stellvertretend für die Vielzahl der im Einspruchsverfahren zu diesem Teilproblem angeführten Entgegenhaltungen durch D7 belegt ist. Er offenbart ebenso die Herabsetzung von Fadenzugkräften durch fadenballonloses oder fadenballonreduziertes Spinnen, was ebenfalls exemplarisch durch D2 belegt ist. Aber keine der Entgegenhaltungen gibt eine Anregung, einen Zusammenhang zwischen der verminderten Haarigkeit konventioneller Garne und der gleichmäßigeren Ummantelung von Core-Garnen herzustellen.

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 beruhen daher auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, das Europäische Patent aufrecht zu erhalten mit

den Ansprüchen 1 und 2 vom 5. September 2006 (eingereicht während der mündlichen Verhandlung),

der Beschreibung Spalten 1-7 vom 5. September 2006 (eingereicht während der mündlichen Verhandlung) und

den Zeichnungen Figuren 1-9 wie erteilt.

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