European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T148705.20090709 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Juli 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1487/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00100525.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01J 8/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Reaktor zur katalytischen Umsetzung von Gasgemischen und Verfahren zur Benutzung des Reaktors | ||||||||
Name des Anmelders: | mg technologies ag | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit: ja (nach Änderung der Ansprüche - nicht naheliegender Reaktor mit dehnungstoleranten Einbauten) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Europäische Patentanmeldung Nr. 00100525.5 zurückgewiesen worden ist.
Die Zurückweisung der Anmeldung wurde damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 (Reaktor) nicht erfinderisch sei im Hinblick auf die Offenbarung des Dokuments
D1: EP 0484 534 A1.
II. Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) zur Ausräumung der Einwände der Prüfungsabteilung als Haupt- bzw. Hilfsantrag je einen geänderten "Hauptanspruch" ein.
III. Im ihrem Ladungsbescheid beanstandete die Kammer unter anderem die Zulässigkeit der Änderungen sowie die Deutlichkeit und Knappheit der geänderten Ansprüche. Ferner äußerte sie ihre bezüglich aller Ansprüche negative vorläufige Meinung zur Frage der erfinderischen Tätigkeit. In diesem Zusammenhang bezog sie sich neben D1 auch auf die anderen, im Recherchenbericht zitierten Dokumente, und insbesondere auf
D4: US 3 666 423 A und
D5: US 5 827 901 A.
IV. Mit einem weiteren Schreiben reichte die Beschwerdeführerin zwei neue Anspruchssätze sowie geänderte Beschreibungsseiten ein, welche ihrer Auffassung nach die Bedenken der Kammer gegenstandslos machten, sowie einen Lexikonauszug zum Stichwort Evolvente.
V. Am 9. Juli 2009 fand eine mündliche Verhandlung statt. Im Verlauf der Verhandlung legte die Beschwerdeführerin zwei weitere Anspruchssätze als zusätzliche Hilfsanträge vor. Nach Diskussion der Zulässigkeit der Änderungen, der Einheitlichkeit, der Deutlichkeit und der erfinderischen Tätigkeit ersetzte sie alle vorliegenden Anträge durch einen neuen Hauptantrag und einen einzigen Hilfsantrag, jeweils in Form weitergehend überarbeiteter Anspruchssätze.
VI. Die unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 4 des endgültigen, in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes lauten wie folgt:
"1. Reaktor (1) zur katalytischen Synthese von Methanol, bei einem Druck von 2 bis 12 MPa (20 bis 120 bar) und einer Temperatur von 180 bis 350ºC, in dem eine Katalysatorschüttung (2) und zahlreiche in der Katalysatorschüttung angeordnete Rohre (12) zur Durchleitung eines Kühlgases vorgesehen sind, wobei die Eintrittsenden der Rohre (12) mit einer Eintrittskammer (5) und die Austrittsenden der Rohre (12) mit einer Austrittskammer (7) verbunden sind, und
mit einer Leitung (24), über welche der Katalysatorschüttung (2) in dem Reaktor (1) teilweise umgesetztes Synthesegas oben derart zugeführt wird, dass es diese von oben nach unten durchströmt, wobei von der zylindrischen Eintrittskammer (5) und der zylindrischen Austrittskammer (7) zwei bis fünfzig Verteilungskammern (9, 9a) ausgehen, wobei mit jeder Verteilungskammer mindestens zwanzig Rohre (12) mit ihrem Eintrittsende oder Austrittsende verbunden sind, wobei die Verteilungskammern (9, 9a) als gekrümmte Kanäle ausgebildet sind, deren Mittellinie etwa die Form einer Kreisevolvente hat,
wobei zentral im Reaktor (1) die Eintrittskammer (5), ein zylindrischer Verdrängerkörper (6) und die Austrittskammer (7) so übereinander angeordnet sind, dass die Eintrittskammer (5) unterhalb und die Austrittskammer (7) oberhalb des Verdrängerkörpers (6) liegen, und
wobei die Austrittskammer (7) mit einem Kompensator (8) zum Ausgleichen von Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen versehen ist."
"3. Verfahren zur Methanolsynthese mittels eines ersten Reaktors (1) nach Anspruch 1 oder 2 und eines zweiten Reaktors (20),
wobei der erste Reaktor (1) eine Schüttung eines Kupferkatalysators und in der Schüttung zahlreiche Rohre (12) zum Hindurchleiten eines Kühlgases aufweist,
wobei die Rohre (12) mit Verteilungskammern (9, 9a) und die Verteilungskammern (9, 9a) mit einer von Kühlgas durchströmten Eintrittskammer (5) und einer Austrittskammer (7) verbunden sind,
wobei der zweite Reaktor (20) ein mit Siedewasser gekühlter Röhrenreaktor ist, der in Röhren (21) einen Kupferkatalysator enthält,
wobei man als Kühlgas ein H2 und CO enthaltenes Synthesegas durch die Eintrittskammer (5), die mit der Eintrittskammer (5) verbundenen Verteilungskammern (9), die mit den Verteilungskammern (9,9a) verbundenen Rohre (12), die mit der Austrittskammer (7) verbundenen Verteilungskammern (9a) und durch die Austrittskammer (7) leitet,
wobei man das Kühlgas anschließend in den zweiten Reaktor (20) leitet und dort teilweise umsetzt,
wobei man das teilweise umgesetzte Kühlgas zu dem ersten Reaktor (1) zurückführt und von oben nach unten durch die Katalysatorschüttung leitet, wobei der Druck im ersten Reaktor (1) 2 bis 12 MPa (20 bis 120 bar) und die Temperatur in der Schüttung 180 bis 350 ºC beträgt und
wobei man ein Produktgemisch unten aus dem ersten Reaktor (1) abzieht."
"4. Anlage zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 3, mit einem ersten Reaktor (1), in dem eine Schüttung (2) eines Kupferkatalysators und zahlreiche in der Katalysatorschüttung angeordnete Rohre (12) zur Durchleitung eines Kühlgases vorgesehen sind, wobei die Eintrittsenden der Rohre (12) mit einer Eintrittskammer (5) und die Austrittsenden der Rohre (12) mit einer Austrittskammer (7) verbunden sind,
wobei von der Eintrittskammer (5) und der Austrittskammer (7) zwei bis 10 fünfzig Verteilungskammern (9, 9a) ausgehen, wobei mit jeder Verteilungskammer mindestens zwanzig Rohre (12) mit ihrem Eintrittsende oder Austrittsende verbunden sind, wobei die Verteilungskammern (9, 9a) als gekrümmte Kanäle ausgebildet sind, deren Mittellinie etwa die Form einer Kreisevolvente hat,
wobei zentral im ersten Reaktor (1) die Eintrittskammer (5), ein zylindrischer Verdrängerkörper (6) und die Austrittskammer (7) so übereinander angeordnet sind, dass die Eintrittskammer (5) unterhalb und die Austrittskammer (7) oberhalb des Verdrängerkörpers (6) liegen,
wobei die Austrittskammer (7) mit einem Kompensator (8) zum Ausgleichen von Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen versehen ist
mit einem zweiten Reaktor (20), der in mit Siedewasser gekühlten Röhren (21) einen Kupferkatalysator enthält, wobei die Röhren (21) über eine Leitung (15) mit der Austrittskammer (7) des ersten Reaktors (1) verbunden sind, und
mit einer Leitung (24), über welche die Röhren (21) des zweiten Reaktors (20) mit dem ersten Reaktor (1) derart verbunden sind, dass das aus dem zweiten Reaktor (20) abgezogene teilweise umgesetzte Synthesegas der Katalysatorschüttung (2) in dem ersten Reaktor (1) oben zugeführt wird und diese von oben nach unten durchströmt."
VII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beschwerdeführerin bezüglich der Ansprüche gemäß Hauptantrag kann wie folgt zusammengefasst werden:
Bezüglich der geänderten Ansprüche laut dem zuletzt eingereichten Hauptantrag seien die Bestimmungen der Artikel 123(2) und 84 EPÜ erfüllt.
Der Gegenstand der Ansprüche sei neu und erfinderisch gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit seien im Hinblick auf den Stand der Technik insbesondere die folgenden Aspekte in Betracht zu ziehen:
D5 könne als nächstliegender Stand der Technik bezüglich der Methanolsynthese angesehen werden. Der in D5 beschrieben Reaktor für die Methanolsynthese unterscheide sich deutlich von dem Reaktor gemäß dem vorliegenden Anspruch 1, der auch im Verfahren gemäß Anspruch 1 und in der Anlage nach Anspruch 4 zum Einsatz kommt. Selbst bei einer Zusammenschau von D5 mit D1, würde der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand der Ansprüche gelangen. Während in D5 der Gasstrom von oben nach unten durch die Katalysatorschüttung fließe, ströme das Gas gemäß D1 im Wesentlichen in radial-tangentialer Richtung. Ferner enthalte der im Verfahren befindliche Stand der Technik keinen Hinweis, der den Fachmann dazu veranlassen würde, einen Kompensator zum Ausgleichen von Längenänderungen in der Austrittskammer vorzusehen. Das Auftreten von Längenänderungen bei Temperaturänderungen sei in D1, D4 und D5 gar nicht thematisiert. Die in Dokument D4 angesprochenen "expandible adapters" seien nicht notwendigerweise geeignet, Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen zu kompensieren. Es könnte sich beispielsweise um Anschlussstücke handeln, die den Einbau der Wärmetauscherelemente erleichtern, aber nach dem Einbau nicht mehr expandierbar seien.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise der Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag, ebenfalls eingereicht in der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
1. Die in den Ansprüchen vorgenommenen Änderungen basieren auf der Offenbarung der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung. Insbesondere sei auf folgende Teile der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung verwiesen:
1.1 Bezüglich der auf den ersten Reaktor gerichteten Ansprüche 1 und 2 siehe die ursprünglichen Ansprüche 1 und 2, Figuren 1 und 2, und Seite 2, letzter Absatz bis Seite 6, zweiter Absatz.
1.2 Bezüglich des auf das Verfahren zur Methanolsynthese gerichteten Anspruchs 3 siehe zusätzlich die ursprünglichen Ansprüche 3 und 4 und das Beispiel.
1.3 Bezüglich des auf eine Anlage zur Methanolsynthese gerichteten Anspruchs 4 siehe die oben genannten Teile der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, insbesondere Figur 1 und Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, zweiter Absatz.
1.4 Die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ sind demnach erfüllt.
Deutlichkeit - Artikel 84 EPÜ
2. Die von der Kammer in ihrem Ladungsbescheid bzw. in der mündlichen Verhandlung erhobenen, die Deutlichkeit der Ansprüche betreffenden Einwände sind durch die vorgenommenen Änderungen allesamt ausgeräumt worden. Insbesondere wurden durch die Änderungen die Form, die relative Anordnung und die Orientierung des Reaktors und seiner Einbauten ebenso wie die Strömungsrichtungen der Gase ausreichend präzisiert.
Die nunmehr vorliegenden Ansprüche sind unter Artikel 84 EPÜ nicht zu beanstanden.
Neuheit - Artikel 54(1)(2) EPÜ
3. Die Neuheit ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht beanstandet worden. Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass keine der in der Anmeldung und/oder im Recherchenbericht genannten Entgegenhaltungen einen Reaktor, ein Verfahren oder eine Anlage mit allen Merkmalen der Ansprüche 1, 2, 3 oder 4 offenbart.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 4 ist demnach neu (Artikel 52(1) und 54(1)(2) EPÜ).
Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
4. Die Anmeldung betrifft nunmehr einen Reaktor zur katalytischen Methanolsynthese, ein Verfahren zur Methanolsynthese unter Verwendung dieses Reaktors und eine Anlage zur Durchführung dieses Verfahrens (siehe die geänderten unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 4).
5. Das bereits in der ursprünglichen Beschreibung als Ausgangspunkt beschriebene Dokument D5 betrifft ebenfalls eine Anlage bzw. ein Verfahren zur katalytischen Methanolsynthese (siehe Spalte 1, erster Absatz) und kann demnach als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.
Gemäß einer speziellen Ausführungsform (siehe insbesondere Figur 3) offenbart D5 ein Verfahren zur Synthese von Methanol aus Synthesegas bei 20 bis 120 bar und 130º bis 350ºC unter Verwendung von kupferhaltigen Katalysatoren in zwei miteinander verbundenen Reaktoren. Das umzusetzende Synthesegas fließt zunächst als Kühlmittel durch Rohre 35, welche in der Katalysatorschüttung 33 des ersten Reaktors 8 angeordnet sind. Das erwärmte Gas fließt dann durch die mit Katalysator gefüllten und mit Siedewasser gekühlten Rohre 3 des zweiten Reaktors. Die teilweise umgesetzte Reaktionsmischung fließt zuletzt von oben nach unten durch die im ersten Reaktor angeordnete Katalysatorschüttung und wird über Leitung 17 abgezogen. Siehe diesbezüglich die detaillierte Beschreibung von Spalte 2, Zeile 26 bis Spalte 3, Zeile 50.
6. Ausgehend von D5 kann die zu lösende technische Aufgabe darin gesehen werden, einen (ersten) Reaktor für die Methanolsynthese mit gleichmäßiger Kühlung der Katalysatorschüttung und mit wärmetauschenden Einbauten, die gegenüber Temperaturänderungen unempfindlich sind, bereitzustellen (siehe Beschreibung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung, Seite 2, zweiter Absatz).
7. Als Lösung dieser Aufgabe wird nunmehr ein (erster) Reaktor gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, welcher unter anderem durch die spezielle Konfiguration der Reaktoreinbauten, nämlich der Ein- bzw. Austrittskammern, der Verteilungskammern in Form gekrümmter Kanäle (Kreisevolventen, Anzahl) und der Wärmetauscherrohre 12 (Anzahl) gekennzeichnet ist, sowie dadurch, dass die Austrittskammer mit einem Kompensator zum Ausgleichen von Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen versehen ist.
8. Die oben angegebene technische Aufgabe ist durch den beanspruchten (ersten) Reaktor auch tatsächlich gelöst. Die Anordnung der Rohre an spiralig angeordneten Verteilungskammern bewirkt eine gleichmäßige Verteilung der Wärmetauscherrohre in der Schüttung. Der anspruchsgemäß vorgesehene Kompensator kann die durch Temperaturänderungen bewirkten Längenänderungen der Rohre ausgleichen. Der Kompensator der Austrittskammer ermöglicht ein dehnungsflexibles Reagieren der wärmetauschenden Reaktor-Einbauten, welche somit eine gewisse Toleranz gegenüber Temperaturänderungen aufweisen.
9. Es bleibt demnach noch zu entscheiden, ob sich die anspruchsgemäße Lösung der besagten technischen Aufgabe in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
9.1 D5 beschreibt in Figur 3 lediglich skizzenhaft die Anordnung senkrechter Wärmetauscherrohre zwischen einer Eintritts/Verteilungskammer 34 und einer Austritts/Verteilungskammer 36, welche sich jeweils über den gesamten Reaktorquerschnitt zu erstrecken scheinen. D5 selbst gibt demnach keinerlei Anregung zum Vorsehen einer Mehrzahl von oberen und unteren Verteilungskammern, ganz zu schweigen von deren spiraliger Form. Da in D5 das Problem von Längenänderungen durch Temperaturänderungen nicht thematisiert ist, gibt D5 auch keine Anregung, die Austrittskammer mit einem Kompensator zu versehen.
9.2 D1 offenbart Reaktoren zur Umsetzung von Fluiden in einer Katalysatorschüttung. In den Figuren 9 und 10 und in dem korrespondierenden Abschnitt der Beschreibung (Spalte 16, Zeile 6, bis Spalte 18, Zeile 22) der D1 wird eine besondere Ausführungsform eines Reaktors beschrieben, der für die "Dampfkonvertierung von Kohlenoxid" vorgesehen ist.
9.2.1 Der in den Figuren 9 und 10 von D1 gezeigte Reaktor weist Einbauten mit Elementen auf, welche als "Eintrittskammer" bzw. "Austrittskammer" (in D1: "gemeinsame Sammler" 77 und 78 bzw. "Stutzen" 79 und 80), "Verteilungskammern" (in D1: "Sammler" mit Bezugsziffern 76 bzw. 78) respektive zentraler Verdrängungskörper (in D1: innerer "Ringschuss" 62) im Sinn des vorliegenden Anspruchs 1 angesehen werden können. Die Verteilungskammern gemäß D1 sind spiralförmige Rohre (in Form von Kreisevolventen), durch welche das Kühlmedium (beispielsweise Wasser) in die senkrecht daran angeschlossenen Wärmetauscherrohre hinein- bzw. aus diesen wieder herausgeleitet wird. Der katalytisch umzusetzende Gasstrom tritt von oben (bei Bezugsziffer 58 in Figur 9) in den Reaktor ein und die gasförmigen Edukte werden unten abgezogen (bei Bezugsziffer 60 in Figur 9). Die Schüttung ist innerhalb eines Ringraums angeordnet, der durch zwei konzentrische, perforierte Ringschüsse (Bezugsziffern 61 und 62 in Figur 9) sowie durch je eine massive Boden- bzw. Deckplatte (Bezugsziffern 65 und 66 in Figur 9) gebildet ist. Die Wärmetauscherrohre sind Teil von Flossenrohrwänden (Bezugsziffern 74 bzw. 72 in Figur 10), die senkrecht und spiralförmig innerhalb der Schüttung angeordnet sind.
9.2.2 Bedingt durch diese Konstruktion der Einbauten durchströmt der Gasstrom die Katalysatorschüttung gemäß D1 primär radial/tangential, und nicht "von oben nach unten" wie in D5 beschrieben und wie dies auch der vorliegende Anspruch 1 verlangt. In D1 selbst wird ausdrücklich zwischen Apparaten axialen oder radialen Typs unterschieden (Spalte 1, Zeilen 25 bis 28). Ferner wird in D1 die Methanolsynthese aus Synthesegas nicht erwähnt, ganz zu schweigen im Zusammenhang mit dem in den Figuren 9 und 10 gezeigtem Reaktor.
9.2.3 Es erscheint der Kammer daher zumindest fraglich, ob der Fachmann das Dokument D1 bei seiner Suche nach einer Lösung der besagten Aufgabe überhaupt in Betracht gezogen hätte. Ferner ist nicht ersichtlich, was den Fachmann bei einem In-Betracht-Ziehen von D1 dazu veranlassen würde, die in D1 beschriebene Anordnung von Wärmetauscherrohren an spiralförmigen Verteilerkammern auf den Reaktor gemäß D5 zu übertragen, ohne zugleich das Prinzip des durch die Flossenrohrwände und die massiven Deckplatten 65 und 66 erreichten spiralig radial einwärts gerichteten Gasstroms zu übernehmen. Das gleichzeitige Übernehmen dieser Merkmale würde jedoch nicht zu einer unter den vorliegenden Anspruch 1 fallenden Vorrichtung führen.
9.2.4 Ferner wird die Problematik von Längenänderungen durch Temperaturänderungen auch in D1 nicht angesprochen. Daher vermag auch D1 keine Anregung zum Vorsehen eines Kompensators als Teil der Wärmetauscheinrichtung zu geben.
9.2.5 Selbst bei einer eventuellen Zusammenschau von D5 und D1 würde der Fachmann demnach nicht in naheliegender Weise zu einem Reaktor mit der Merkmalskombination gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 gelangen, in dem insbesondere die Strömung des Gasstroms durch die Katalysator-Schüttung von oben nach unten erfolgt, und welcher spiralige Verteilerkammern für die Wärmetauscherrohre aufweist, wobei die mit den oberen Verteilerkammern verbundene Austrittskammer einen Kompensator zum Ausgleichen von Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen aufweist.
9.3 D4 betrifft ebenfalls Vorrichtungen zur Durchführung von Reaktionen in einer Katalysatorschüttung, wobei in der Schüttung Wärmeaustauscherelemente angeordnet sind. Der Reaktor ist primär für die Wassergas-Shift-Reaktion vorgesehen, eignet sich aber auch für andere Reaktionen wie beispielsweise die Methanolsynthese (Spalte 1, Zeilen 63 bis 68; Spalte 2, Zeilen 54 bis 58).
9.3.1 Die in D4 beschriebenen (siehe Figuren 1 bis 5), im Reaktor angeordneten Wärmetauscher weisen ebenfalls Elemente auf, die als Eintrittskammern (Bezugsziffern 36 und 37), Austrittskammern (Bezugsziffern 32 und 33) bzw. Verteilungskammern (Bezugsziffern 43, 45, 48 und 50; eventuell auch Bezugsziffern 61 und 62) angesehen werden können. Die in Verbindung mit den Verteilungskammern stehenden Wärmetauscherrohre (Bezugsziffer 60) sind als senkrecht im Reaktor angeordnete, flache Flossenrohrwände (Bezugsziffer 42) ausgestaltet. Eine gleichmäßige Verteilung der Wärmetauscherrohre wird gemäß D4 im Speziellen dadurch erreicht, dass vier Sätze von Flossenrohrwänden unterschiedlicher Breite an vier radialen Verteilerkammern angeschlossen sind, welche gegeneinander jeweils um 90º versetzt sind (siehe Figuren 2 und 3).
9.3.2 Eine Befestigung der Wärmetauscherrohre an spiraligen Verteilungskammern wird durch D4 nicht angeregt. Zwar werden in D4 expandierbare Anschlussstücke ("expandible adapters 69 and 70") zur Verbindung der einzelnen Flossenrohrwände 42 mit den oberen Verteilungskammern 45 und 50 erwähnt (D4, Spalte 5, Zeilen 16 bis 19), allerdings lässt sich weder aus dem Kontext noch aus den beschriebenen Figuren unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass es sich dabei um Teile handelt, die als Kompensatoren für Längenänderungen aufgrund von Temperaturänderungen vorgesehen sind oder notwendigerweise als solche wirken.
9.3.3 Daher wird der mit der besagten Aufgabe konfrontierte Fachmann auch bei einer Zusammenschau von D5 und D4 nicht in naheliegender Weise zu einem Reaktor mit allen Merkmalen des vorliegenden Anspruchs 1 gelangen.
9.4 Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass auch die Offenbarungen der anderen im Recherchenbericht genannten Dokumente weder für sich genommen noch in Kombination mit D1, D4 oder D5 den Gegenstand des Anspruchs 1 nahezulegen vermögen.
9.5 Ein Reaktor mit allen Merkmalen von Anspruch 1 oder 2 ergibt sich demnach nicht in naheliegender Weise aus dem vorliegenden Stand der Technik.
9.6 Folglich ergibt sich aus dem Stand der Technik auch kein naheliegender Weg
i) zu dem noch spezielleren Reaktor gemäß dem von Anspruch 1 abhängigen Anspruch 2,
ii) zu einem Verfahren nach Anspruch 3, welches zwingend in einem Reaktor nach Anspruch 1 oder 2 durchgeführt wird; bzw.
iii) zu einer Anlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 3, welche einen (ersten) Reaktor mit den konstruktiven Merkmalen des Reaktors nach Anspruch 1 umfasst.
10. Der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag, beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
11. Bei dieser Sachlage erübrigt sich ein Eingehen auf den Hilfsantrag der Beschwerdeführerin.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent zu erteilen auf Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, mit Figuren 1 bis 4 der ursprünglich eingereichten Fassung und einer noch anzupassenden Beschreibung.