European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T146205.20081010 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 October 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1462/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99118924.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | E05B 49/00 B60R 25/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung für Kraftfahrzeuge zur Benutzeridentifikation | ||||||||
Name des Anmelders: | ADAM OPEL AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) - nach Änderung Erfinderische Tätigkeit (bejaht) - nach Änderung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 12. September 2005, die Europäische Patentanmeldung No. 99 118 924.2 gemäß Artikel 97(1) EPÜ 1973 zurückzuweisen.
Die Prüfungsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Patentanmeldung nicht den Erfordernissen der Artikel 52(1) und 56 EPÜ 1973 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem bekannt gewordenen Stand der Technik genüge.
II. Die Anmelderin (im folgenden: Beschwerdeführerin) hat die Beschwerde am 26. Oktober 2005 mit beigefügter Beschwerdebegründung eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet.
III. Mit Bescheid gemäß Regel 100(2) EPÜ vom 25. April 2008 teilte die Beschwerdekammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Auffassung mit, wonach sie den der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruch 1 als nicht neu ansehe. Zudem seien noch Klarstellungen in Anspruch 1 erforderlich.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis der am 08. Oktober 2008 eingereichten Ansprüche 1 bis 6, der am gleichen Tag eingereichten Beschreibungsseiten 1 bis 6 und der ursprünglichen Figur, zu erteilen.
V. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"1. Vorrichtung für Kraftfahrzeuge (1), mit einer in einem Transponder (6) angeordneten Funksende-/Empfangseinheit zur Transponder (6) - Fahrzeug (1) - Kommunikation zur Benutzeridentifikation und mit Mitteln zum Erkennen der Position des Transponders (6) - innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs (1) -, wobei eine Schalteinrichtung die Transponder-, Fahrzeug-, Kommunikation und/oder deren Wirkung in Abhängigkeit davon bestimmt, ob sich der Transponder (6) im Fahrzeuginnenraum oder außerha1b des Fahrzeugs (1) befindet,
dadurch gekennzeichnet,
dass im Fahrzeuginnenraum eine Ultraschall-Sendeeinrichtung (4) oder -Empfangseinrichtung (4) und am Transponder (6) eine Ultraschallempfangseinrichtung oder -Sendeeinrichtung vorgesehen ist, und dass die fahrzeug- oder transponderseitige Ultraschallempfangseinrichtung nur dann von der transponder- oder fahrzeugseitigen Ultraschall-Sendeeinrichtung (4) gesendete Signale (8) in ausreichend starkem Maße empfängt, wenn sich der Transponder (6) im Fahrzeuginnenraum befindet."
VI. Im Beschwerdeverfahren wurden insbesondere die folgenden Druckschriften als Stand der Technik berücksichtigt:
D1 = DE 197 35 658 C
D2 = EP 0 475 356 A
VII. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
In Bezug auf den der Zurückweisung zugrundeliegenden Anspruch 1 führte die Beschwerdeführerin aus, daß der in der Druckschrift D1 beschriebene Transponder mit üblicher Sende-Empfangseinheit zur Transponder-Fahrzeugkommunikation keine zusätzliche Sende- oder Empfangseinrichtung, die noch dazu eine Ultraschall-Sende- oder Empfangseinrichtung sei, offenbare. Als Reaktion auf die mitgeteilte vorläufige Auffassung der Kammer reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruch 1 und eine angepasste Beschreibung ein. Die Beschwerdeführerin führt hierzu lediglich aus, dass der nunmehr geänderte Anspruch 1 die von der Beschwerdekammer gegebenen Hinweise berücksichtige.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Bestimmungen der Artikel 106 bis 108 EPÜ und der Regel 99 EPÜ und ist damit zulässig.
2. Änderungen
(Artikel 123(2) EPÜ)
Der Wortlaut "...Funksende-/Empfangseinheit..." im Oberbegriff des neu vorgelegten Anspruchs 1 ersetzt das Merkmal "...Sende-/Empfangseinheit ..." und basiert auf der ursprünglichen Beschreibung Seite 2, Absatz [0005]. Weiters wurde im Oberbegriff des neuen Anspruchs 1 ein Komma nach dem Wortlaut "Vorrichtung für Kraftfahrzeuge (1)" gesetzt und die Zweckbestimmung "zur Benutzeridentifikation" hinter den Wortlaut "...zur Transponder (6)-Fahrzeug (1) - Kommunikation" verschoben. Dadurch wurde klargestellt, dass die im Transponder 6 angeordnete Funksende-/Empfangseinheit Gegenstand der Vorrichtung nach Anspruch 1 ist und der Benutzeridentifikation dient, Artikel 84 EPÜ.
Die Beschreibung wurde auf der mit Schreiben vom 08. Oktober neu eingereichten Seite 2 in Absatz [0005] entsprechend angepasst, Artikel 84 EPÜ. Auf Seite 1 der neu eingereichten Beschreibung wurde der bekanntgewordene Stand der Technik D1 und D2 zitiert, Regel 42(1)b) EPÜ.
Die Änderungen erfüllen daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
3. Neuheit
(Artikel 54 EPÜ)
Einen im Verfahren befindlichen Stand der Technik gemäß dem Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 bildet die Druckschrift D1. Die Ausdrücke Sende-/Empfangs"einheit" oder Sende-/Empfangs"einrichtung" im Wortlaut des vorliegenden Anspruchs 1 können lediglich zwangsläufig vorhandene Mittel, zum Aussenden und Empfangen von Signalen beschreiben. Somit offenbart D1 einen Transponder "15" mit einer Sende-/Empfangseinheit zur Transponder-Fahrzeug-Kommunikation, welche mit der "Steuerung 10" im Fahrzeuginnenraum (mittels deren Sende-/Empfangseinheit) über die Signalstrecke "13a" zum Zweck der Benutzeridentifikation in Signalverbindung steht. Darüber hinaus wird von der "Steuerung 10" mittels deren Sende- oder Empfangseinrichtung ein Prüfsignal über die Signalstrecke "13b" im Innenraum des Fahrzeugs ausgesandt, welches einen im Fahrzeug befindlichen Transponder "15" mittels dessen Sende- oder Empfangseinrichtung zur Abgabe eines Antwortsignals veranlasst, um die Position des Transponders "15" innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs zu erkennen (siehe D1, Figurenbeschreibung, Figuren 1 und 2). Die Kammer stimmt zudem mit der Auffassung der Prüfungsabteilung überein, daß dieses Prüfsignal nur dann vom Transponder "15" in ausreichend starkem Maß empfangen und beantwortet wird, wenn er sich im Fahrzeuginnenraum befindet. Darüber hinaus bestimmt die Schalteinrichtung in der "Steuerung 10" die Transponder-Fahrzeug Kommunikation und deren Wirkung in Abhängigkeit davon, ob sich der Transponder "15" im Fahrzeuginnenraum oder außerhalb des Fahrzeugs befindet (siehe D1, Spalte 2, Zeilen 33 bis 55). Für die Signalstrecken "13a" und "13b" kann Ultraschall eingesetzt werden (siehe D1, Spalte 3, Zeilen 13 bis 15), also sowohl zur Benutzeridentifikation als auch zur Positionsbestimmung des Transponders.
Somit beschreibt D1 nach Ansicht der Kammer alle Merkmale des Gegenstandes des Anspruchs 1 in der Fassung wie ursprünglich eingereicht und von der Prüfungsabteilung in der Entscheidung vom 12. September 2005 zurückgewiesen. Dem ursprünglichen Anspruch 1 ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin insbesondere nicht entnehmbar, ob die Einrichtung im Transponder zum Senden und Empfangen von Ultraschall so wie in D1 auch einen Bestandteil der Sende-/Empfangseinheit für die Benutzeridentifikation bildet oder ob Ultraschall zur Benutzeridentifikation vom Gegenstand des Anspruchs 1 ausgeschlossen ist. Erst ein Ausschließen von Ultraschallsignalen für die Benutzeridentifikation wie im Gegenstand des nunmehr neu eingereichten Anspruchs 1 bewirkt offenbar die von der Beschwerdeführerin angesprochene zusätzliche Ultraschall-Sende-Empfangs "Einheit" oder "Einrichtung" für die Positionsbestimmung des Transponders, in Form von entsprechenden zusätzlichen Bauteilen im Transponder. Offensichtlich sind auch nach Ansicht der Prüfungsabteilung alle Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 aus D1 entnehmbar, da von der Prüfungsabteilung zum Zurückweisungsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit in der Entscheidung vom 12. September 2005 keinerlei Unterscheidungsmerkmale zwischen dem ursprünglichen Anspruch 1 und dem Stand der Technik, der Druckschrift D1, angeführt werden. Auch ein "Aufgabe - Lösungs - Ansatz" entsprechend den EPA-Richtlinien C-IV 11.7 (Fassung Dezember 2007) fehlt in der Argumentation der Prüfungsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit. Das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 113 (1) EPÜ 1973 wurde nach Auffassung der Kammer jedoch gewahrt, da der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit des ursprünglichen Anspruchs 1 gegenüber D1 stets auch in den der Zurückweisung vorgehenden Bescheiden der Prüfungsabteilung in ähnlicher Form vorgetragen wurde und die Anmelderin ausreichend Gelegenheit hatte sich hierzu zu äußern.
Der Gegenstand des neu eingereichten Anspruchs 1 vorliegender Anmeldung zielt auf eine Funkübertragung zur Benutzeridentifikation und Ultraschallübertragung zur Positionsbestimmung des Transponders ab. In D1 können zwar prinzipiell für die Signalstrecken "13a" und "13b" funk-, ultraschall-, oder optische Signale eingesetzt werden (siehe D1, Spalte 3, Zeilen 13 bis 15). D1 beschreibt jedoch nicht, daß unter der Annahme einer Funkübertragung zur Benutzeridentifikation dann entsprechende Einrichtungen gemäß dem Kennzeichen des Anspruchs 1 für eine Ultraschallübertragung zur Positionsbestimmung des Transponders vorzusehen seien.
Darüber hinaus bildet D2 einen bekanntgewordenen Stand der Technik. In D2 wird eine Innenraumüberwachungsanlage "8" eines Kraftfahrzeugs beschrieben, welche nicht mit dem "Handsender 7" kommuniziert, sondern ihre Signale lediglich in den Innenraum sendet, um Personen oder Tiere aufzuspüren. Der "Handsender 7" sendet Signale an den im Fahrzeug angebrachten "Empfänger 6" zum Ver- und Entriegeln. Dieser "Handsender 7" stellt keinen Transponder, d.h. einen Sender und Empfänger, dar (siehe D2, Spalte 7, Zeile 43 bis Spalte 8, Zeile 2; Spalte 8, Zeilen 42 bis 49; Figur 1).
Da nach Auffassung der Kammer auch der übrige verfügbare Stand der Technik keine Vorrichtung nach Anspruch 1 beschreibt, genügt der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Erfordernis der Neuheit.
4. Erfinderische Tätigkeit
(Artikel 56 EPÜ)
Als nächstliegender Stand der Technik wird die Vorrichtung zur Verriegelung eines Fahrzeugs gemäß Druckschrift D1 angesehen. Wie oben unter Punkt 3 zur Neuheit ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 von D1, unter der Annahme einer Funkübertragung zur Benutzeridentifikation, durch das Vorsehen entsprechender Einrichtungen gemäß dem Kennzeichen des Anspruchs 1 für eine Ultraschallübertragung zur Positionsbestimmung des Transponders.
Diesen Merkmalen liegt die Aufgabe zugrunde, mit geringem Aufwand eine sichere Benutzeridentifikation und eine sichere Erkennung der Position des Transponders zu ermöglichen.
Nach Auffassung der Kammer kann der Fachmann ausgehend von D1, wo lediglich in allgemeiner Form funk- ultraschall- oder optische Signalübertragung (siehe D1, Spalte 3, Zeilen 14 bis 16) vorgeschlagen wird, weder durch sein Fachwissen, noch durch den ansonsten bekanntgewordenen Stand der Technik angeregt werden, D1 so abzuändern, dass insbesondere eine Funkübertragung zur Benutzeridentifikation in Verbindung mit einer Ultraschallübertragung zur Positionsbestimmung des Transponders vorgesehen wird, um die vorstehende Aufgabe zu lösen. Die Kombination beider Übertragungstechniken verbindet vorteilhaft die Eigenschaften beider Systeme, da gemäß vorliegender Anmeldung (siehe Spalte 1, Zeilen 52 bis 55; Spalte 2, Zeilen 8 bis 15, wie veröffentlicht) für die Benutzeridentifikation die Funkübertragung wegen ihrer geringen Beeinflussung durch die Fahrzeugkarosserie, für die Feststellung der Position des Transponders innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs hingegen die Ultraschallübertragung wegen deren starker Abschirmung durch die Karosserie besonders geeignet ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 genügt daher dem Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit.
5. Schlußfolgerung
Da Anspruch 1 die Erfordernisse der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit erfüllt und weitere Patentierungshindernisse nicht erkennbar sind, ist Anspruch 1 zusammen mit den abhängigen Ansprüchen 2 bis 6 patentfähig.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche, Nr. 1 bis 6, eingegangen am 08. Oktober 2008, mit Schreiben vom 08. Oktober 2008
Beschreibung, Seiten 1 bis 6, eingegangen am 08. Oktober 2008, mit Schreiben vom 08. Oktober 2008
Zeichnungen, Blatt 1/1, ursprüngliche Fassung