T 1446/05 () of 18.9.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T144605.20070918
Datum der Entscheidung: 18 September 2007
Aktenzeichen: T 1446/05
Anmeldenummer: 00919086.9
IPC-Klasse: G02B 6/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Befestigen einer Ferrule an einem Lichtwellenleiter
Name des Anmelders: TYCO Electronics Logistics AG
Name des Einsprechenden: Schäfer Werkzeug- und Sondermaschinenbau
Delphi Technologies, Inc.
Schleuniger Holding AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet ihre am 18. November 2005 eingegangene Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 20. September 2005, mit der das Europäische Patent Nr. 1 180 248 widerrufen worden war. Die Beschwerdegebühr wurde an demselben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 19. Januar 2006 ein.

II. Mit dem Einspruch war das Patent, gestützt auf den in Art. 100 (a) in Verbindung mit Art. 56 EPÜ aufgeführten Einspruchsgrund, angegriffen worden. Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren wurden unter anderem folgende Druckschriften zitiert:

A3: JP-A-63 137 202

A4: H. Putz et al.: "Fügen von Kunststoffen mit

Diodenlasern verbessert die Nahtqualität",

"Maschinenmarkt 17/1999" vom 26. April 1999

(KW 17, 26.4); Fraunhofer-Institut für

Lasertechnik. Sonderdruck, Seiten 1/5 - 5/5;

A5: H.G. Treusch et al.: "Laserschweißen von

Polymerteilen - Qualitätsverbesserung von

Polymerteilen durch Laserschweißen",

5. Kunststoff Sauganlagen Forum 1998, Fraunhofer

Institut für Lasertechnik Aachen, Seiten 1 - 12;

A8: DE-A-2 801 603.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung. Die Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) hatten die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Zudem hatten die Beschwerdegegnerinnen 2 (Delphi Technologies, Inc.) und 3 (Schleuniger Holding AG) ebenfalls hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.

IV. Am 18. September 2007 fand eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende die Kammer ihre Entscheidung verkündete.

V. Anspruch 1 des erteilten Patentes lautet wie folgt:

"Ferrule (4) mit einem Lichtwellenleiter (1), wobei die Ferrule (4) aus Kunststoff hergestellt ist und die Ferrule (4) an einem Mantel (2, 3) des Lichtwellenleiters (1) verschweissbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Ferrule (4) mittels einer Laserverschweissung im Durchstrahlverfahren an dem Lichtwellenleiter (1) befestigbar ist und die Ferrule (4) für das verwendete Laserlicht transparenter ist als der Mantel (2, 3)".

Anspruch 8 lautet wie folgt:

"Verfahren zum Befestigen einer Ferrule (4) an einem Lichtwellenleiter (1) mit folgenden Schritten:

- Axial bereichsweises Abisolieren eines Endes des zylindrischen Lichtwellenleiters (1), wobei radial ein Teil eines Mantels (2, 3) des Lichtwellenleiters (1) entfernt wird;

- Aufschieben der Ferrule (4) auf den abisolierten Bereich des Lichtwellenleiters (1); und

- Zumindest bereichsweises (5) Verschweissen der Ferrule (4) an der Berührungsfläche zum verbliebenen Mantel

(2, 3) des Lichtwellenleiters (1),

gekennzeichnet durch die Schritte:

Verschweissen der Ferrule (4) mit dem Lichtwellenleiter (1) mittels eines Laserstrahles; und

Verschweissen mittels eines Durchstrahlverfahrens, wobei die Ferrule für das verwendete Laserlicht im Wesentlichen transparent ist und der Mantel (2, 3) des Lichtwellenleiters (1) das verwendete Laserlicht im Wesentlichen absorbiert".

Die Ansprüche 2 bis 7 und 9 bis 16 sind abhängige Ansprüche.

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

In ihrer Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung die Auffassung, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche im Hinblick auf eine Kombination des Dokumentes A3 mit dem Dokument A5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dazu war sie vom Dokument A3 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Dieses Dokument offenbart, wie die von den Einsprechenden genannte Druckschrift A8, die Verbindung eines Lichtwellenleiterbündel-Kabelmantels mit einer Ferrule mittels Ultraschallverschweißung. Die Einspruchsabteilung hatte, ausgehend von diesem Stand der Technik, die technische Aufgabe darin gesehen, die Fertigung der Ferrule-Lichtwellenleiterverbindung so zu gestalten, dass sich eine hochwertige Verbindung, kurze Taktzeiten in der Fertigung und geringe Kosten ergeben. Überdies muss, wie schon im Streitpatent in Spalte 1, Zeilen 47 und 48 betont, als sehr gewichtiger Gesichtspunkt hinzugefügt werden, dass bei einer solchen Verbindung eine optische Dämpfung innerhalb des Lichtwellenleiters nicht auftreten soll. Der für diese Aufgabestellung maßgebende Fachmann ist ein im Bereich der Verbindung von Lichtleitfasern tätiger Techniker, der Ferrulen zum Verbinden von Fasern benützt und über Kenntnisse bezüglich Verschweißverfahren für Kunststoffteile verfügt. Dieser Durchschnittsfachmann wird sich allerdings nicht an die Verbindungstechnik für beliebige Kunststoffteile, die weit von Lichtwellenleitern entfernt sind, orientieren. Zum Beispiel tritt bei der Verbindung von Folien, Automobilkunststoffteilen und Spritzgussteilen, wie im Dokument A5 offenbart, und auch von Kleinstbauteilen aus dem Bereich der Mikrosystemtechnik aus Dokument A4 das Problem der Vermeidung optischer Dämpfung gar nicht auf, so dass diese Druckschriften dem Fachmann auf dem Spezialgebiet der Lichtwellenleiter keine Hilfestellung für die Lösung der obigen technischen Aufgabe bieten. Deshalb ist im vorliegenden Fall für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der "Could-Would"-Test anzuwenden, wonach eine Erfindung nicht schon naheliegend ist, wenn ein Fachmann auf Grund des Standes der Technik zur Lehre des Erfinders hätte kommen können(could), sondern nur dann, wenn er die neue Lösung der technischen Aufgabe auch vorgeschlagen hätte (would) [vgl. Singer/Stauder, Art. 56, Rdn. 58]. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin trifft dies beim Erfindungsgegenstand aus folgenden Gründen nicht zu. Erstens dokumentieren die Druckschriften A8 und A3, dass schon im Jahr 1977 für eine Verbindung eines Lichtwellenleiterbündel-Kabelmantels (A8) und auch noch im Jahr 1986 für die Verbindung einer Kunststoff-Ferrule mit einem Lichtwellenleitermantel (A3) Ultraschallverschweißung eingesetzt wurde, obwohl das Durchstrahl-Laserstrahlschweißen schon seit 1969 bekannt war. Da es für den Fachmann auf dem Gebiet der Lichtwellenleiter eine quasi-eiserne Regel ist, den Lichtwellenleiter einschließlich seines Mantels nicht in einer Weise zu modifizieren, welche zu einer Beeinträchtigung des Aufbaus, der Geometrie oder der Absorptionseigenschaften des Lichtwellenleiters führen würde, bestand hier offensichtlich ein technisches Hemmnis oder ein Vorurteil gegen die Idee, das an sich schon länger bekannte Durchstrahl-Laserschweißverfahren auf Ferrulen und Lichtleiter anzuwenden: Dazu hätte nämlich der Lichtleiter selbst mit Laserstrahlung angegriffen werden müssen, und zwar mit solcher Energie, dass nicht nur dieser selbst, sondern auch das ihn umgebende Ferrulen-Material zum Anschmelzen gebracht wird. Insbesondere weiss der Fachmann, dass ein Glasfaserkabel aus einem Kern (core) besteht, der von einem Mantel ("cladding", siehe Figur 1 des Streitpatentes "Mantel 3", wobei der mit "2" bezeichnete Außenmantel eine Schutzfunktion hat) umgeben ist, der eine niedrigere optische Brechzahl als der Kern hat und eine Führung der Lichtstrahlung im Kern des Lichtwellenleiters bewirkt, wobei ein Teil der Lichtwelle auch im Mantel auftritt und geführt werden kann. Daher müsste der Fachmann befürchten, dass ein Einwirken des Laserstrahls auf den Mantel des Lichtwellenleiters beim Durchstrahl-Laserschweißverfahren die optischen Eigenschaften, insbesondere die Absorption, beeinträchtigen würde, weshalb er von der Anwendung dieses Verfahrens als Alternative zum Ultraschall-Schweißverfahrens abgehalten worden wäre. Im Vergleich zu letzterem Verfahren hat sich die erfindungsgemäße Methode als eine besonders glückliche Wahl erwiesen, da beim Durchstrahl-Laserschweißverfahren die Ferrule in ihrer Außenumfangsform völlig unbeeinflusst bleibt; dies ist wichtig für eine wohldefinierte und präzise radiale und axiale Positionierung der mit dem Lichtwellenleiter verbundenen Ferrule. Dagegen wird beim Ultraschall-Schweißverfahren die eingespannte Ferrule deformiert: siehe die von den Einsprechenden als nächstliegender Stand der Technik genannte Druckschrift A8, Figur 2, wo die hier als "Verbindungsklemme 6" oder "Kabelmarke" bezeichnete Ferrule an ihrem äußeren Umfang zur Anwendung des Ultraschall-Schweißverfahrens eingeklemmt und deformiert wird. Außerdem offenbart diese Druckschrift auf Seite 12, 4. Absatz, sowie Seite 15, 1. Absatz, dass das thermoplastische Material der Kabelmarke erweicht wird, woraus geschlossen werden muss, dass beim Ultraschall-Schweißverfahren die ganze Ferrule erwärmt und aufgeweicht wird, im Gegensatz zum erfinderischen Verfahren, bei dem die Ferrule formstabil bleibt.

Der Fachmann hätte deshalb, ausgehend vom bekannten Verbindungsverfahren mittels Ultraschallverschweißung aus den Dokumenten A3 oder A8, bei der Suche nach einem alternativen Verbindungsverfahren, wobei ein wichtiges Kriterium das Vermeiden einer Beschädigung des inneren Lichtwellenleiters ist, keine Anregung gehabt, das in den Dokumenten A4 und A5 offenbarte Durchstrahl-Laserschweißverfahren dazu anzuwenden: In diesen Dokumenten findet sich nämlich keinerlei Information über die Verschweißung optischer Komponenten und die Problematik der möglichen Beschädigung des Lichtwellenleiters. Diese Ansicht wird auch gestützt durch die Tatsache, dass das Durchstrahl-Laserschweißverfahren schon viele Jahre vor der Veröffentlichung der Druckschriften A3 und A8 bekannt war und der Fachmann trotzdem am Verbindungsverfahren mittels Ultraschallverschweißung festgehalten hat.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Eine Ferrule und ein Lichtwellenleiter der im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatentes angegebenen Art sowie ein Verfahren der im Oberbegriff des Anspruchs 8 angegebenen Art sind unstreitig aus der Druckschrift A8 bekannt, wobei hier "Ferrule" als "Kabelmarke" oder "Klemme" bezeichnet wird. Bei den Ausführungsbeispielen in dieser Druckschrift kann der aus mehreren Fasern bestehende Lichtwellenleiter mit nur einer Außenhülle versehen sein (Seite 12, 1. Absatz), oder es kann zusätzlich zu dieser Außenhülle für jede Faser eine eigene Schutzhülle vorgesehen sein (Seite 14, vorletzter Absatz). In beiden Fällen ist die Außenhülle mit dem in den Ansprüchen 1 und 8 genannten Mantel des Lichtwellenleiters gleichzusetzen. Der Mantel (Außenhülle) und die Ferrule (Kabelmarke) bestehen aus "durch Wärmewirkung untereinander verschweißbaren thermoplastischen Materialien" (Seite 12, Absatz 1), wobei die erforderliche Wärmeenergie durch eine radiale Ultraschallströmung eingebracht wird (Seite 15, 1. Absatz). Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche unterscheidet sich demnach von der Lichtwellenleiterverbindung aus der gattungsgemäßen Druckschrift A8 durch die Merkmale des jeweiligen Kennzeichens. Für die Definition der technischen Aufgabe hat die Beschwerdeführerin neben der von der Einspruchsabteilung formulierten Aufgabenstellung (die kostengünstige Fertigung einer hochwertigen Verbindung bei kurzen Taktzeiten) auch den vermeintlichen Nachteil aus dem Stand der Technik genannt, wonach bei der Verbindung des Lichtwellenleiters mit der Ferrule die Gefahr einer Beschädigung bestehen würde. Dies mag, wie in Absatz [0005] des Streitpatents dargestellt, bei dem früher angewendeten Crimpverfahren möglicherweise zutreffen. Für die im darauf folgenden Absatz [0007] genannten Druckschriften A3 und A8 und das hier offenbarte Schweißverfahren mittels Ultraschall stimmt diese Aussage jedoch nicht. Insbesondere lautet die Aussage in den von der Beschwerdeführerin zitierten Textpassagen auf Seiten 12 und 15 der A8, dass "die in Berührung stehenden Flächen miteinander verschweisst werden", d.h. ein lokal wirkendes, flächiges Schweißverfahren, weshalb eine Beschädigung des Lichtwellenleiters nicht zu befürchten ist. Somit ist, ausgehend vom Stand der Technik in der Druckschrift A8, die technische Aufgabe ausschließlich im Bereitstellen eines alternativen Verbindungsverfahrens zum bekannten Ultraschall-Schweißverfahren zu sehen.

Der Fachmann würde dabei der Druckschrift A5 - siehe Seite 1, Abschnitt "Übersicht" - entnehmen, dass das Laserschweißen im Durchstrahlverfahren von Polymerteilen mit seiner berührungslosen und lokalen Erhitzung eine vorteilhafte Alternative zur Ultraschall-Verschweißung darstellt, weil "die Laserstrahlung mit ihren herausragenden Vorteilen von berührungsloser und lokaler Erhitzung ... eine Alternative darstellen (könnte) zu herkömmlichen Schweißverfahren ... welche Ultraschallwellen als Energiequellen benutzen". Weiter wird auf Seite 1, letzter Absatz der A5, auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Laserverschweißen im Durchstrahlverfahren mit sehr geringer Laserleistung arbeitet ("Laserdioden im Leistungsbereich von mehreren zehn Watt ... ausreichend") und außerdem kostengünstig ist ("eine kostengünstige Energiequelle"). Auf Seite 4 dieser Veröffentlichung wird als berührungslos und lokal wirkende Alternative zum Ultraschall-Schweißverfahren die Laserverschweißung im Durchstrahlverfahren vorgeschlagen, bei der das eine der beiden miteinander zu verschweißenden Kunststoffteile für das verwendete Laserlicht transparenter ist als das andere Teil. Auf Seite 6, Absatz 1, in Verbindung mit den Abbildungen 4a und 4b, wird dargestellt, wie zwei aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehende Teile miteinander verschweißt werden, wobei das eine einen hohen Pigmentgehalt und das andere eine hohe Durchlässigkeit für die Laserstrahlung hat. Wörtlich heißt es: "Die zum Schweißen erforderliche Strahlungsenergie durchdringt den transparenten Teil, ohne das Material zu beeinflussen. Der transparente Kunststoff wird mittels Wärmeleitung über das pigmentierte Polymer, welches die Laserstrahlung absorbiert, erwärmt". Weitere Beispiele für die Laserverschweißung im Durchstrahlverfahren von farblosen, d.h. transparenten, und von mit Pigmenten versehenen, d.h. nicht transparenten Kunststoffteilen sind in den Figuren 3 und 6 gezeigt. Deshalb folgt das Merkmal, dass die Ferrule für das verwendete Laserlicht transparenter ist als der Mantel, unmittelbar und zwingend aus der Druckschrift A5. Aus dieser Druckschrift A5 ist nicht nur die im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents angegebene Laserverscheißung im Durchstrahlverfahren identisch wiedergegeben: dem Fachmann wird dieses Verfahren sogar explizit als vorteilhafte Alternative zum Ultraschall-Schweißverfahren vorgestellt. Deshalb würde er für die Verbindung von Ferrulen und Lichtwellenleitern, wie in der Druckschrift A8 gezeigt, die Laserverschweißung mittels Durchstrahlverfahren, wie in der Druckschrift A5 offenbart, als kostengünstige Alternative einsetzen, und damit ohne erfinderischer Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Es wird bemerkt, dass die Überlegungen der Beschwerdeführerin zum vermeintlichen Problem einer Beschädigung des Mantels des Lichtwellenleiters (von ihr mit "cladding" gleichgesetzt) und von negativen Auswirkungen auf die Transmission der geführten Lichtwellen durch die beim Schweißvorgang im Mantel absorbierte Laserstrahlung in der Patentanmeldung überhaupt nicht angesprochen und auch keine Lösung offenbart wird. Deshalb sind solche Überlegungen für die Frage der Patentierbarkeit irrelevant.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Die Neuheit der Anspruchsgegenstände der unabhängigen Ansprüche war im Einspruchsverfahren nicht in Frage gestellt worden.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Als nächstliegenden Stand der Technik waren von den Beschwerdegegnerinnen die Druckschriften A3 und A8 bezeichnet worden. Die Beschwerdeführerin hat dem nicht widersprochen. Die Druckschrift A8 offenbart die Verbindung einer Ferrule (in der A8 als "Kabelmarke" bezeichnet) und eines Lichtwellenleiters und betrifft damit das gleiche Gebiet der Technik und den gleichen Zweck wie das Streitpatent. Außerdem weist die in dieser Druckschrift offenbarte Kabelverbindung bzw. deren Herstellungsverfahren die Merkmale der Oberbegriffe der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 auf. Deshalb soll für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit diese Druckschrift A8 als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden.

3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Kabelmarke und vom optischen Kabel aus der Druckschrift A8, die in einem Ultraschall-Schweißverfahren miteinander verbunden sind, dadurch, dass die Ferrule mittels einer Laserverschweißung im Durchstrahlverfahren an dem Lichtwellenleiter befestigbar ist, wobei diese Ferrule für das verwendete Laserlicht transparenter ist als der Mantel des Lichtwellenleiters.

3.3 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerinnen liegt diesen Unterschieden die technische Aufgabe zugrunde, ein alternatives Befestigungsverfahren zu dem in der Druckschrift A8 offenbarten Ultraschall-Schweißverfahren anzuwenden. Die Beschwerdeführerin hatte zudem als wichtigen Gesichtspunkt die Vermeidung einer Beschädigung oder Beeinträchtigung der optischen Eigenschaften des Mantels für die Lichtwellenleitung genannt. Sie hat in diesem Zusammenhang auf die Figur 1 des Streitpatents verwiesen, welche einen Lichtwellenleiter 1 mit einem Innenmantel 3 und einem Außenmantel 2 zeigt. Während der Außenmantel 2 eine Schutzfunktion hat und vor dem Verbinden von Ferrule 4 mit dem Lichtwellenleiter entfernt wird, soll die Ferrule mittels durch die Ferrule durchstrahltes Laserlicht mit dem Innenmantel verschweißt werden. Nach Darstellung der Beschwerführerin hat dieser Innenmantel die Funktion eines "cladding". Daher müsste der Fachmann ohne vorherige Kenntnis der Erfindung befürchten, dass beim Laserverschweißen die Oberfläche des Innenmantels so beschädigt würde, dass dies die optische Funktion beeinträchtigen könnte.

3.4 Die Kammer vermag diese Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zu teilen. In der Patentschrift, siehe z.B. Absatz [0017], wird beschrieben, dass sowohl der Lichtwellenleiter (LWL) als auch die Ferrule aus Kunststoffmaterial gefertigt sind. Laut Absatz [0026] hat der Innenmantel 3 die Funktion eines Schutzmantels für den Kern des LWL. Schließlich offenbart Absatz [0028], dass die Ferrule für das verwendete Laserlicht transparenter ist als der Innenmantel, und dass das Laserlicht in der obersten Schicht des Innenmantels absorbiert wird. Diese Eigenschaft, dass der Kunststoff für den Innenmantel so gewählt werden muss, dass dieser das Laserlicht gut absorbiert, wird in Absatz [0029] wiederholt.

3.5 Aus den Angaben, dass der Innenmantel aus Kunststoff ist, dass er die Funktion eines Schutzmantels für den Kern des LWL hat, und dass er weniger transparent als die Ferrule ist und das eingestrahlte Laserlicht "absorbiert", schließt die Kammer, dass dieser Innenmantel nicht die optische Funktion eines "cladding" hat. Zwar kann der deutsche Begriff "Mantel" in Zusammenhang mit einem Lichtwellenleiter äquivalent mit dem englischen "cladding" sein; es kann jedoch auch die Bedeutung eines "coating" haben. Hierbei ist ein "cladding" eine dielektrische Schicht um dem Kern des LWL, welche eine niedrigere Brechzahl als der Kern aufweist, und damit die verlustfreie Führung der Lichtmoden im LWL ermöglicht. Ein "coating" dagegen hat lediglich eine mechanische und optische Schutzfunktion und trägt zur Führung des Lichts im LWL nicht bei. Durch die Angaben in der Patentschrift, insbesondere durch das Merkmal, dass der Innenmantel das Licht absorbiert, erscheint es ausgeschlossen, dass dieser Mantel aus einem dielektrischen Material besteht; außerdem erscheint es nicht möglich, in einem solchen absorbierenden Material die Lichtmoden verlustfrei zu führen. Es wird deshalb gefolgert, dass der die Erfindung betreffende Lichtwellenleiter einen Kern aus Kunststoffmaterial aufweist, der von einem das Laserlicht absorbierenden Schutzmantel (im Sinne eines "coating") umgeben ist.

3.6 Zu dem in der Druckschrift A8 offenbarten Ultraschall-Schweißverfahren hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass durch Ausüben einer radialen Druckkraft auf die Ferrule (Kabelmarke) und die Erwärmung der gesamten Ferrule eine Deformation der Ferrule und mögliche negative Folge auf die Lichttransmission zu befürchten seien. Nach Verständnis der Kammer dürfte dies jedoch nicht zutreffen: Zwar müssen beim Ultraschall-Schweißverfahren die zu verschweißenden Bauteile eingespannt werden, allerdings findet die eigentliche Verschweißung durch Grenzflächenreibung und Erwärmung an der Kontaktfläche dieser Bauteile statt, so dass der Effekt lokal auf die Grenzfläche beschränkt ist, siehe A8, Seite 15, 2. Absatz. Auch wird, siehe den vorletzten Satz auf dieser Seite, "die Effektivität der optischen Transmission einer derartigen Verbindung fühlbar verbessert", was darauf hindeutet, dass das Ultraschall-Schweißverfahren die Qualität der optischen Transmission nicht beeinträchtigt.

3.7 Aus diesen Gründen stimmt die Kammer den Beschwerdegegnerinnen zu, dass die technische Aufgabe des Gegenstandes der unabhängigen Ansprüchen in Wesentlichen darin gesehen werden kann, ein alternatives Verbindungsverfahren zum bekannten Ultraschall-Schweißverfahren vorzuschlagen.

3.8 Ein solches alternatives Verfahren muss geeignet sein, die Materialien der Ferrule und des Kabelmantels, nämlich thermoplastische Kunststoffe, zu verbinden. Ein derartiges Verfahren ist bereits in der Veröffentlichung A4 beschrieben, siehe den Titel "Fügen von Kunststoffen mit Diodenlasern verbessert die Nahtqualität". Auf der Seite 2/5, linke Spalte, letzter Absatz der A4 wird offenbart, dass Laserstrahlschweißverfahren gegenüber konventionellen Schweißverfahren wie Ultraschallschweißen einige verfahrenstechnische Vorteile bietet. Bild 2 dieser Veröffentlichung zeigt das Fügen zweier rotationssymmetrischer (zylinderförmiger) Kunststoffteile, wobei das Innenteil aus die Laserstrahlung absorbierendem Material und das Außenteil aus transparentem Material besteht. Laut Seite 3/5, linke Spalte, Zeilen 3 bis 5, wird die Prozessenergie im Laserdurchstrahlverfahren in einer dünnen Schicht innerhalb der Fügezone, d.h. sehr lokal eingebracht. Der Fachmann hätte deshalb keine grundsätzlichen Bedenken gehabt, dass diese Energie tiefer in das innere Teil eindringen und so eventuell zur Beschädigung führen würde. Ebenso wie diese Veröffentlichung beschreibt die Druckschrift A5 (in der Veröffentlichung A4 als Literaturreferenz [2] bezeichnet) das Laserschweißen von Polymerteilen. In Abschnitt 3 der A5 wird dargelegt, dass im Vergleich zum Ultraschallschweißen das Laserschweißverfahren einfacher ist, da nur ebene Oberflächen erforderlich sind (Abbildung 3). Weiter wird in Abbildung 4a und 4b die Verschweißung zweier Werkstoffe gezeigt. Dazu beschreibt Seite 6, 1. Absatz, dass das eine Material aus transparentem Kunststoff uns das andere Material aus einem pigmentierten Polymer besteht. Die benötigte Laserenergie von mehreren zehn Watt kann von Diodenlasern erzeugt werden, welche deshalb eine kostengünstige Energiequelle darstellen (Seite 1, letzte 5 Zeilen). Der Fachmann entnimmt den Veröffentlichungen A4 und A5 also, dass das Laserschweißen mittels Durchstrahlverfahren eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Schweißverfahren wie Ultraschallschweißen darstellen kann. Die einzige zusätzliche Maßnahme die er noch treffen muss, ist die Auswahl der relativen Absorption/Transmission der zu verbindenden Teile: Diese Vorschrift ist den beiden Druckschriften (A4: Bild 2 und dazugehöriger Text; A5: Bild 4a, 4b und Text auf Seite 6, 1. Absatz) sofort und klar entnehmbar, so dass der Fachmann für den äußeren zylindrischen Teil (die Ferrule) ein Kunststoffmaterial mit größerer Transmission als der des inneren Teils (Lichtwellenleiter mit Schutzmantel) wählt.

3.9 Daher ergibt sich, ausgehend vom Stand der Technik aus der Druckschrift A8, der Gegenstand aus Anspruch 1 auf naheliegende Weise aus der Druckschrift A4 oder auch A5 (Art. 52 (1) und 56 EPÜ). Dies gilt ebenso für das Verfahren aus Anspruch 8.

4. Der Antrag der Beschwerdeführerin ist deshalb zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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