T 1370/05 (Tür-Kommunikationsanlage/RITTO) of 21.6.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T137005.20070621
Datum der Entscheidung: 21 Juni 2007
Aktenzeichen: T 1370/05
Anmeldenummer: 03005879.6
IPC-Klasse: H04M 11/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wohnungsstation für eine Tür-Kommunikationsanlage
Name des Anmelders: Ritto GmbH & Co.KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
European Patent Convention 1973 Art 54(4)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit - ja, nach Änderung
Erfinderische Tätigkeit - ja, nach Änderung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 23. Mai 2005, die europäische Patentanmeldung 03005879.6 auf der Basis des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (3) und (4) und auch 56 EPÜ zurückzuweisen.

II. Die Prüfungsabteilung zitierte in ihrer Entscheidung folgende Dokumente:

D1: EP 1 320 244 A

D2: EP 0 505 913 A

D3: DE 43 41 099 A

und stellte fest, dass der in Anspruch 1, der aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1-3 hervorging, beanspruchte Gegenstand ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik für den Fachmann unter Berücksichtung der Lehre von D3 naheliegend sei. Weiterhin hat die Prüfungsabteilung die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung von D1 unter Bezugnahme auf Artikel 54 (3) und (4) EPÜ verneint.

III. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung mit Schreiben vom 13. Juni 2005, eingegangen am 15. Juni 2005, Beschwerde ein und begründete diese in einem Schreiben vom 22. September 2005. Es wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent im Umfang der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu erteilen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

IV. Die Kammer hat die Beschwerdeführerin am 6. Februar 2007 zur mündlichen Verhandlung für den 21. Juni 2007 geladen und in einer Mitteilung nach Artikel 11 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern zur Sache vorläufig Stellung genommen.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte in einem Schreiben vom 3. Mai 2007 und in einer Begründung für diesen Antrag, eingegangen am 10. Mai 2007, den Termin für die anberaumte mündliche Verhandlung zu verlegen. Die Kammer hat diesen Antrag in einer Mitteilung vom 15. Mai 2007 abgelehnt.

VI. Mit einem Schreiben vom 22. Mai 2007 reichte die Beschwerdeführerin neue Ansprüche ein und beantragte, ein Patent auf der Grundlage von neu eingereichten Ansprüchen 1-11 zu erteilen oder, hilfsweise, ein Patent auf der Grundlage von neu eingereichten Ansprüchen 1-10 zu erteilen. Am Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung wurde festgehalten.

VII. Die mündliche Verhandlung fand am 21. Juni 2007 vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin zog ihre früheren Anträge zurück und beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage von während der Verhandlung eingereichten Ansprüchen 1-10 zu erteilen.

Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VIII. Anspruch 1 wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht hat folgenden Wortlaut:

"Wohnungsstation für eine Tür-Kommunikationsanlage mit einem UP-Gehäuse, in das Funktionseinheiten eingesetzt und mittels eines Rahmens (3) mit Abdeckungen abgedeckt sind,

wobei das UP-Gehäuse aus mindestens zwei aneinanderreihbaren, UP-Dosen (1) oder einer Doppeldose zusammengesetzt ist,

wobei in die eine UP-Dose (1) ein Steuerungsmodul (2a) mit einem Rechner sowie einem Steuerbefehlempfänger und einem Steuerbefehlsender und in die andere UP-Dose (1) ein Verstärkermodul (2b) eingesetzt sind,

wobei das Steuerungsmodul (2a) und das Verstärkermodul (2b) mittels eines Rahmens (3) abgedeckt sind,

wobei in die dem Steuerungsmodul (2a) zugeordnete Ausnehmung des Rahmens (3) eine Abdeckung (5) mit Bedienungs- und/oder Anzeigeelementen eingesetzt ist und in die dem Verstärkermodul zugeordnete Ausnehmung des Rahmens (3) eine Abdeckung (4) mit Lautsprecher und/oder Mikrofon eingesetzt ist,

wobei das Steuerungsmodul (20) [sic] und das Verstärkermodul (2b) einen dosenförmigen Gehäuseunterteil (13), und einen das Gehäuseunterteil (13) abdeckenden Gehäuseoberteil (11) aufweist,

wobei in das Gehäuseunterteil (13) eine Leiterplatte (8) mit zum zugeordneten Modul verbundenen Bauelementen (10) eingesetzt ist und

wobei die Leiterplatte (8) mit einer Modul-Schnittstelle (9) versehen ist, an der die weiterführenden Leitungen zur zugeordneten Abdeckung (4, 5 oder 6) abgehen und die durch das Gehäuseoberteil (11) hindurch mit der im Rahmen (3) eingesetzten Abdeckung (4, 5 oder 6) verbunden ist."

Entscheidungsgründe

1. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Anspruch 1 des vorliegenden Antrags basiert im wesentlichen auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1.

Ferner sind folgende Merkmale hinzugefügt worden:

(a) "mit einem Rechner sowie einem Steuerbefehlsempfänger und einem Steuerbefehlsender". Dieses Merkmal ergibt sich aus Absatz [0013] der Veröffentlichungsschrift. Die dortige Aufzählung von Merkmalen "Speicher, Rechner, Steuerbefehlsender und/oder -Empfänger und dgl." ist eine lose, funktionell nicht zwingend zusammenhängende Aufzählung, wie durch die Anfügung von "dgl." deutlich gemacht wird.

(b) "wobei das Steuerungsmodul (20) [eigentlich 2a] und das Verstärkermodul (2b) einen dosenförmigen Gehäuseunterteil (13), und einen das Gehäuseunterteil (13) abdeckenden Gehäuseoberteil (11) aufweist". Dieses Merkmal ergibt sich aus dem ursprünglichen, unter anderem auf Anspruch 1 zurückbezogenen Anspruch 6. Gegenüber diesem Wortlaut fehlen zwar die Merkmale "Videosteuerungsmodul" und "das Steuerungsmodul tragende Trägerplatte (12)", aus Spalte 1, Zeilen 42-44 der Veröffentlichungsschrift ergibt sich jedoch, dass eine erfindungsgemäße Wohnungsstation im Grundausbau zwei UP-Dosen ohne Videosteuerungsmodul umfassen kann.

(c) "wobei in das Gehäuseunterteil (13) eine Leiterplatte (8) mit zum zugeordneten Modul verbundenen Bauelementen (10) eingesetzt ist und wobei die Leiterplatte (8) mit einer Modul-Schnittstelle (9) versehen ist, an der die weiterführenden Leitungen zur zugeordneten Abdeckung (4, 5, oder 6) abgehen und die durch das Gehäuseoberteil (11) hindurch mit der im Rahmen (3) eingesetzten Abdeckung (4, 5 oder 6) verbunden ist". Dieses Merkmal ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 7 und aus Spalte 4, Zeilen 6 bis 8 der Veröffentlichungsschrift.

Da alle Änderungen ursprünglich offenbart sind, erfüllt der geänderte Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

2. Neuheit (Artikel 54 (3) und (4) EPÜ):

Die nachveröffentlichte europäische Patentanmeldung D1 hat ein früheres Prioritätsdatum als die vorliegende Anmeldung. In ihr sind unter anderem dieselben Vertragsstaaten benannt wie in der vorliegenden Anmeldung. Diese Druckschrift ist daher für die Beurteilung der Neuheit nach Artikel 54 (3) EPÜ hinsichtlich aller benannten Vertragsstaaten (Artikel 54 (4) EPÜ) heranzuziehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Offenbarung von D1 zumindest dadurch, dass "in die eine UP-Dose ein Steuerungsmodul mit einem Rechner sowie einem Steuerbefehlempfänger und einem Steuerbefehlsender und in die andere UP-Dose ein Verstärkermodul eingesetzt sind".

Steuerungsmodul und Verstärkermodul sind also in getrennten UP-Dosen eingesetzt. Eine Interpretation des Anspruchs, dass das Steuerungsmodul auch ein weiteres Verstärkermodul umfassen kann, ist ausgeschlossen, da laut Anspruch für jedes Modul eine modulspezifische Abdeckung eingesetzt ist. Die Bedienungs- und/oder Anzeigeelemente aufweisende Abdeckung für das Steuerungsmodul weist nicht auf ein weiteres Verstärkermodul hin.

In D1 ist indessen offenbart (siehe Figur 4 und die entsprechenden Passagen der Beschreibung), einen Sprecheinsatz 52 und einen Busankoppler 34 in jeweils eine eigene UP-Dose 24 einzusetzen. Von diesen Einsätzen weist nur der Busankoppler 34 einen Verstärker zum Verstärken der über den Sprecheinsatz gesendeten Audiosignale auf (siehe Spalte 8, Zeilen 21-24, Spalte 6, Zeilen 55-58 und Paragraph [0040]). Der Busankoppler 34 entspricht technisch dem beanspruchten Steuerungsmodul mit einem Rechner sowie einem Steuerbefehlempfänger und einem Steuerbefehlsender. Diese Funktionen sind weder dem in Figur 4 gezeigten Sprecheinsatz 52 noch dem in Figur 15 gezeigten Kameraeinsatz 56 zuzuordnen. Folglich ist in D1 die beanspruchte, getrennte Anordnung von Verstärker- und Steuerungsmodul in verschiedenen UP-Dosen nicht offenbart.

Der beanspruchte Gegenstand ist daher neu gegenüber der Offenbarung von D1.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ):

3.1 Die Kammer geht, ebenso wie die Beschwerdeführerin und die Prüfungsabteilung, von D2 als nächstliegendem Stand der Technik aus.

Gegenüber der aus D2 bekannten Wechselsprechanlage, die dort anhand einer Türstation näher beschrieben ist, besteht der erfindungsrelevante Unterschied darin, dass "das Steuerungsmodul und das Verstärkermodul einen dosenförmigen Gehäuseunterteil, und einen das Gehäuseunterteil abdeckenden Gehäuseoberteil aufweist, wobei in das Gehäuseunterteil eine Leiterplatte mit zum zugeordneten Modul verbundenen Bauelementen eingesetzt ist und wobei die Leiterplatte mit einer Modul-Schnittstelle versehen ist, an der die weiterführenden Leitungen zur zugeordneten Abdeckung abgehen und die durch das Gehäuseoberteil hindurch mit der im Rahmen eingesetzten Abdeckung verbunden ist".

3.2 Diese im Wesentlichen aus den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 7 in den ursprünglichen Anspruch 1 hinzugekommene Merkmalsgruppe (siehe Punkt 1.) erlaubt es, Modul und zugeordnete Abdeckung getrennt auszuführen und die Abdeckungen bei der Installation der Gesamtanlage erst zum Schluss der Installation auf einfache Weise auf das entsprechende Modul aufzusetzen oder die aufgesetzte Abdeckung, falls erforderlich, auf einfache Weise auszutauschen.

3.3 In D2 besteht hingegen keine erkennbare Trennung zwischen Modul und Abdeckung, die durch eine Modulschnittstelle vermittelt würde. So ist zum Beispiel in Figur 4 ein fest mit einer (Abdeck-) Platte 33 verbundenes Rufmodul 34 gezeigt (Spalte 6, Zeilen 27-30), das offensichtlich einstückig in eine UP-Dose eingesetzt wird (Spalte 6, Zeilen 21-24). Eine zweistückige Ausführung mit einer Modul-Schnittstelle ist weder erwähnt noch sonst erkennbar.

3.4 Folglich ist der beanspruchte Gegenstand gegenüber der Lehre von D2 neu im Sinne von Artikel 54 (1) und (2) EPÜ und, da es in D2 auch keinen Hinweis auf eine über eine Modul-Schnittstelle vermittelte Trennung von Modul und Abdeckung gibt, für den Fachmann bei alleiniger Kenntnis dieses Dokuments auch nicht naheliegend.

3.5 Die Prüfungsabteilung hat in ihrer Entscheidung im Hinblick auf die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 6 und 7 auf die Druckschrift D3 verwiesen und argumentiert, dort werde in den Figuren 1-3 gezeigt, dass das Gehäuseoberteil mit einem Durchbruch versehen sei, durch den die Modul-Schnittstelle mit den die zugeordneten Abdeckungen im Doppel- oder Dreifachrahmen verbindenden Leitungen geführt sei. Dies würde insbesondere dann offensichtlich, wenn, wie in Spalte 1, Zeilen 63-68 beschrieben, eine Anzeige verwendet würde.

3.6 Die Kammer stellt dazu fest, dass die in Figur 1 von D3 gezeigte Busankopplungseinheit 13 tatsächlich einen Durchbruch durch die Vorderseite des Gehäuses 17 zeigt, durch den eine Steckkontaktleiste 23 mit vermutlich darunter liegenden, als Modul-Schnittstelle zu bezeichnenden Leitungen verbunden ist. Es ist jedoch nicht erkennbar und offensichtlich nicht vorgesehen, dass diese Modulschnittstelle mit einer Abdeckung verbunden ist, welche, wie beansprucht, in die dem entsprechenden Modul zugeordnete Ausnehmung des Rahmens eingesetzt ist. Statt dessen dient die Modulschnitt stelle zur Herstellung der Kommunikationsverbindung zwischen der Busankopplungseinheit 13 und der Anwendermoduleinheit 14, 15, 16 (Figuren 1 und 2 und Spalte 7, Zeilen 61-67). Diese Anwendermoduleinheiten 14, 15, 16 sind, wie in den Figuren 1-3 ersichtlich, von der Busankopplungseinheit 13 räumlich getrennt angeordnet. Es sind diese Moduleinheiten, die die von der Prüfungsabteilung mit Hinweis auf Spalte 1, Zeilen 63-68 erwähnten Anzeigen aufweisen können. Folglich sind in D3 solche Anzeigen nicht, wie beansprucht, in die dem entsprechenden Modul, hier der Busankopplungseinheit, zugeordneten Ausnehmung des Rahmens eingesetzt, sondern in die Ausnehmung des Rahmens, die den Anwendermoduleinheiten 14, 15, 16 zugeordnet sind. Für die Busankopplungseinheit 13 ist eine in eine Ausnehmung des zugehörigen Rahmens eingesetzte Anzeige nicht vorgesehen, da diese Einheit vorzugsweise im oberen Wandbereich verdeckt anzubringen ist (Spalte 8, Zeilen 35-43).

3.7 Dieses erfindungsrelevante Merkmal ist also auch aus D3 weder bekannt noch wird es durch dieses Dokument nahegelegt. Dasselbe gilt für die weiteren, im Recherchenbericht zitierten Dokumente.

3.8 Somit erfüllt der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

4. Eine Anpassung der Beschreibung an die in der Verhandlung vor der Kammer neu eingereichten Ansprüche ist noch nicht erfolgt.

Ferner dürfte in Anspruch 1, wie in der Verhandlung vor der Kammer eingereicht, auf dem ersten Blatt, dritte Zeile von unten, ein offensichtlicher Fehler insofern vorliegen, als dort "(20)" als Bezugszeichen für das Steuerungsmodul angegeben ist, statt wie sonst und richtigerweise "(2a)".

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die 1. Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegten Ansprüche 1-10 zu erteilen.

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