European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T135505.20080303 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 März 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1355/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99963259.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 1/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Fass aus thermoplastischem Kunststoff | ||||||||
Name des Anmelders: | SIG Kautex GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Schütz GmbH & Co. KGaA | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - ja, Offenbarung der Entgegenhaltung D1 - der Zeichnung sind keine Werte betreffend die Winkel a und b entnehmbar. Erwägungen des Fachmanns zum Vervollständigen fehlender Angaben Erfinderische Tätigkeit - nein (Haupt- und Hilfsantrag) |
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Orientierungssatz: |
Punkte 4 und 5 |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 137 576 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.
In der vorliegenden Entscheidung werden die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:
D1: EP-B-0 639 138
D4: EP-B-0 515 389
D5: EP-B-0 781 234
D6: EP-A-0 103 098.
II. Der der angefochtenen Entscheidung sowie dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin zugrunde liegende Anspruch 1 (erteilte Fassung) lautet (mit von der Kammer eingefügter Bezeichnung der kennzeichnenden Merkmale) wie folgt:
"Spundfaß (10) aus thermoplastischen Kunststoff, das in der Nähe eines Bodens (12) für den Angriff eines Handhabungsmittels mit einem Handhabungsring (24) versehen ist, der über einen ringförmigen Steg (23) mit der Faßwandung verbunden ist, wobei der ringförmige Steg, der mit einem konisch in Richtung auf den Boden (12) sich erstreckenden Fassabschnitt (22) eine Nut (30) begrenzt, derart schräg nach außen verlaufend angeordnet ist, daß er einen spitzen Winkel (a) mit der Längsachse des Fasses einschließt, wobei das tiefste der Nut (30) sich in einem Abstand vom Handhabungsring (24) unterhalb desselben befindet, dadurch gekennzeichnet, daß
a) der ringförmige Steg (23) am Übergang zwischen einem im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitt (21) und dem konisch in Richtung auf den Boden (12) sich erstreckenden Faßabschnitt (22) mit der Faßwandung verbunden ist, daß
b) der Winkel (a) 10º bis 15º beträgt und daß
c) der Winkel (b) zwischen ringförmigem Steg (23) und der Wandung des gegenüberliegenden, sich verjüngenden Faßabschnitts (22) etwa 40º bis 45º beträgt".
Die angefochtene Entscheidung geht von der Entgegenhaltung D1 als nächstkommenden Stand der Technik aus. Betreffend die Beurteilung des Offenbarungsgehaltes der D1 wird davon ausgegangen, dass Zeichnungen nur unter bestimmten Voraussetzungen Maßangaben entnommen werden dürften und dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf D1 nicht vorlägen. Weiter wird davon ausgegangen, dass die Anordnung des ringförmigen Steges am Übergang zwischen einem im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitt und dem konisch sich in Richtung auf den Boden erstreckenden Fassabschnitt entsprechend dem Merkmal a) aus D1 bekannt sei.
Betreffend die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bezüglich des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung geht die angefochtene Entscheidung von der in dem Streitpatent genannten Aufgabe aus, nach der die Verformungswege des Verbindungssteges und damit auch des Handhabungsringes im Falle einer Stoß- und Schlagbeanspruchung vergrößert werden um so die auf das Fass, insbesonders den Fassmantel, einwirkenden Kräfte in größerem Masse als bei bekannten Fässern abbauen zu können.
Weiter sei der durch das Merkmal b) definierte Wertebereich für den Winkel a durch die Figuren 2 und 3 der D1 nahegelegt.
Betreffend den durch das Merkmal c) definierten Wertebereich des Winkels b gäben weder D1 noch der übrige Stand der Technik eine Anregung. Der in den Figuren der D1 schematisch dargestellte Winkel läge außerhalb des im Merkmal c) definierten Wertebereichs und könne somit keine diesbezügliche Anregung geben.
III. In dem Ladungsbescheid zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung dargelegt, nach der in der mündlichen Verhandlung zu prüfen sein werde, ob das Spundfaß nach dem Anspruch 1 gegenüber der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Entgegenhaltung D4 neu sei und ggfs. ob es gegenüber D1 bzw. D4, ggfs. in Verbindung mit weiterem Stand der Technik, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Betreffend die Neuheitsprüfung wurde darauf hingewiesen dass, mangels diesbezüglicher Angaben in der Beschreibung, festzustellen sein werde, welche Angaben hinsichtlich der Winkel a und b (Merkmale b) und c)) den Figuren der Entgegenhaltung D4 zu entnehmen sind.
Hinsichtlich der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wurde darauf hingewiesen, dass, ausgehend von der Entgegenhaltung D1 oder D4, im Hinblick auf die Offenbarung jeweils zu prüfen zu sein wird, von welchen Werten für die Winkel a und b der Fachmann jeweils ausgehen würde, um ein Spundfaß nach jeder dieser Druckschriften auszubilden.
Es wurde weiter darauf verwiesen, dass es erforderlich zu sein scheine zu prüfen, welche Wirkung den im Anspruch 1 des Streitpatents definierten Wertebereich für jeden der Winkel a und b zukomme, bzw. welche Aufgabe, im Hinblick auf D1 oder D4, damit gelöst werde.
Davon ausgehend werde zu prüfen sein, inwieweit die im Anspruch 1 definierten Wertebereiche für die Winkel a und b als, in Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1, gegenüber den dem Spundfaß nach den Entgegenhaltungen D1 oder D4 zuzuordnenden diesbezüglichen Werten, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden können.
IV. Am 3. März 2008 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
V. Dem Beschwerdeverfahren liegen die folgenden Anträge zugrunde:
Seitens der Beschwerdeführerin
i) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des Patents.
Seitens der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
i) Zurückweisung der Beschwerde und Aufrechterhaltung des Patents (Hauptantrag), sowie
ii) hilfsweise, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsantrags.
Anspruch 1 nach diesem Hilfsantrag lautet:
"Spundfaß (10) aus thermoplastischen Kunststoff, das in der Nähe eines Bodens (12) für den Angriff eines Handhabungsmittels mit einem Handhabungsring (24) versehen ist, der über einen ringförmigen Steg (23) mit der Faßwandung verbunden ist, wobei der ringförmige Steg, der mit einem konisch in Richtung auf den Boden (12) sich erstreckenden Fassabschnitt (22) eine Nut (30) begrenzt, derart schräg nach außen verlaufend angeordnet ist, daß er einen spitzen Winkel (a) mit der Längsachse des Fasses einschließt, wobei das tiefste der Nut (30) sich in einem Abstand vom Handhabungsring (24) unterhalb desselben befindet, dadurch gekennzeichnet, dass der ringförmige Steg (23) am Übergang zwischen einem zylindrischen Zwischenabschnitt (21) der einen kleineren Aussendurchmesser als der Aussendurchmesser des Hauptabschnitts der Faßwandung aufweist und dem konisch in Richtung auf den Boden (12) sich erstreckenden Faßabschnitt (22) mit der Faßwandung verbunden ist, dass der Winkel (a) 10º bis 15º beträgt und dass der Winkel (b) zwischen ringförmigem Steg (23) und der Wandung des gegenüberliegenden, sich verjüngenden Faßabschnitts (22) etwa 40º bis 45º beträgt".
VI. Das für die vorliegenden Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Der Einspruchsgrund mangelnder Neuheit werde nicht weiter geltend gemacht.
b) D1 zeige den nächstkommenden Stand der Technik. Dessen Offenbarung sei in der angefochtenen Entscheidung betreffend die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sowie die kennzeichnenden Merkmale a) und b) zutreffend berücksichtigt worden. Dies träfe hinsichtlich des Merkmals c) nicht zu. D1 enthalte zwar keine Werteangaben betreffend die im Anspruch 1 mit a und b bezeichneten Winkel, die, wie den Figuren der D1 zu entnehmen, auch bei dem dortigen Spundfaß als Konstruktionsparameter vorzugeben seien. Wolle der Fachmann ein Spundfaß entsprechend der Offenbarung nach D1 fertigen, müsse er zwangsläufig konkrete Werte für die einzelnen Konstruktionsparameter, darunter auch betreffend die Winkel a und b, vorgeben.
c) Bei der Festlegung konkreter Zahlenwerte für die aus D1 bekannten Konstruktionsparameter berücksichtige der Fachmann selbstverständlich Vorgaben bzw. Rahmenbedingungen, die allgemein für derartige Fässer bekannt seien. Derartige Rahmenbedingungen ergäben sich bspw. daraus, dass derartige Fässer in ihrer Handhabung zu rollen und zu stapeln seien, dass die beim Fallen bzw. Umstürzen eines Fasses auf dieses Einwirkenden Kräfte nicht zu übermäßigen Belastungen des Fasses bzw. einzelner seiner Elemente führen, und dass die Fässer in üblicher Weise mittels bspw. aus D5 und D6 bekannter und auch in dem Streitpatent angesprochener Handhabungsmittel zu handhaben seien.
d) Berücksichtigung derartiger, dem Fachmann geläufiger, Rahmenbedingungen führe zu den den Wertebereichen des Anspruchs 1 entsprechenden Werten für die Winkel a und b und damit dazu, dass es diesen Wertebereichen, und damit auch dem Gegenstand des Anspruchs 1, gegenüber D1 an erfinderischer Tätigkeit mangele.
e) Der geänderte Anspruch 1 des Hilfsantrags werde weder hinsichtlich seines verspäteten Einreichens noch im Hinblick auf die Zulässigkeit seiner Änderungen beanstandet. Er weise aber keine über den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hinausgehenden Merkmale auf, die zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führen könnten.
VII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Die Merkmale des Anspruchs 1, insbesonders die kennzeichnenden Merkmale a) - c), seien im Zusammenhang und der sich aus ihrem Zusammenwirken ergebenden Wechselwirkung zu sehen. Damit schließe sich ein Vergleich von Merkmalen des Anspruchs 1 mit einzelnen Aspekten der Entgegenhaltungen, wie bspw. der D1, aus.
b) Im Zusammenhang mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 gesehen läge die Wirkung des Merkmals a) darin, die Voraussetzung für eine Anordung des ringförmigen Steges, unter dem im Merkmal b) definierten Wertebereich für den Winkel a zu schaffen. Ohne eine derartige Anordnung des Steges am Übergang eines im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitts sei ein Verlauf des Steges unter dem Winkel a, und damit in der einen großen Verformungsweg ermöglichenden radial auswärtigen Richtung, bei gleichzeitiger Beibehaltung der Faßaussenkontour nicht erreichbar.
c) Die Vorgabe des Winkels b sei unabhängig von der Form eines etwaig einzusetzenden Handhabungsmittels. Es sei nämlich, wie bspw. den Entgegenhaltungen D5 und D6 entnehmbar, der gegenseitige Eingriff zwischen einem Fass und einem Handhabungsmittel auf die radial innere Seite des Handhabungsringes bzw. des diesen tragenden Steges beschränkt. Damit ergebe sich aus der Vorgabe, ein übliches Handhabungsmittel einsetzten zu können, kein Hinweis auf den im Anspruch 1 hinsichtlich des Winkels b definierten Wertebereichs. Diesem im Merkmal c) definierten Wertebereich liege vielmehr das Streben nach einem möglichst großen Verformungsweg für den Handhabungsring bzw. den diesen tragenden Steg für den Fall des Einwirkens äußerer Kräfte zugrunde. Da hierfür weder die Entgegenhaltungen D1 oder D4, noch das allgemeine Fachwissen, für das im Übrigen kein Nachweis erbracht worden sei, einen diesbezüglichen Hinweis gäben beruhe das Spundfaß nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.
d) Die Ausführungen betreffend das Spundfaß gemäß Anspruch 1 nach dem Hauptantrag träfen auch hinsichtlich des Spundfasses nach dem Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag zu. Darüberhinaus sei der Gegenstand dieses Anspruchs durch eine weitergehendere Definition bezüglich der Ausbildung des zylindrischen Zwischenabschnitts eingeschränkt worden, was zusätzlich zum Vorliegen eines auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Anspruchsgegenstandes beitrage.
Entscheidungsgründe
1. Gegenstand des Anspruchs 1
Der Anspruch 1 (hier wie im folgenden gemäß Hauptantrag) betrifft ein Spundfaß aus thermoplastischen Kunststoff, das in der Nähe eines Bodens für den Angriff eines Handhabungsmittels mit einem Handhabungsring versehen ist.
Aus der folgenden Betrachtung der Merkmale des Anspruchs 1 geht hervor, dass der wesentliche Aspekt des Gegenstandes des Anspruchs 1, so wie dies auch dem Streitpatent (Spalte 2, Zeile 42 - Spalte 3, Zeile 13) zu entnehmen ist und es sich aus der Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, in der Anordnung des Handhabungsringes über einen ringförmigen Steg an der Faßwandung, der Anordnung des Stegs und der Ausbildung des Bereiches der Faßwandung, mit dem der Steg verbunden ist, zu sehen ist.
Nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist (im folgenden mit von der Kammer eingeführter numerischer Bezeichnung der Merkmale)
1) der Handhabungsring über einen ringförmigen Steg mit der Faßwandung verbunden, wobei der ringförmige Steg der mit einem
2) konisch in Richtung auf den Boden sich erstreckenden Fassabschnitt
3) eine Nut begrenzt,
4) derart schräg nach außen verlaufend angeordnet, daß er einen spitzen Winkel a mit der Längsachse des Fasses einschließt, wobei
5) das tiefste der Nut sich in einem Abstand vom Handhabungsring unterhalb desselben befindet.
Von den Oberbegriffsmerkmalen beziehen sich folglich die Merkmale 1) und 4) auf die Verbindung des Handhabungsringes mit der Fasswandung über den ringförmigen Steg und das Merkmal 2) auf die Ausbildung eines konischen Fassabschnittes in dem, durch die Merkmale 3) und 5) definierten, Verbindungsbereich des Steges mit der Fasswandung.
Durch die kennzeichnenden Merkmale a) - c) wird dieser Verbindungsbereich weiter definiert.
Dazu wird durch das Merkmal a) die Form des Fasses im Verbindungsbereich definiert sowie die Lage, in der der Steg mit der Faßwandung verbunden ist.
Danach weist
a1) das Fass einen Übergang zwischen einem im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitt und dem konisch in Richtung auf den Boden sich erstreckenden Fassabschnitt auf und
a2) der ringförmige Steg ist an diesem Übergang mit der Fasswandung verbunden.
Durch das Merkmal b) wird ein Wertebereich für den durch das Merkmal 4) vorab definierten Winkel a von 10º bis 15º definiert.
Durch das Merkmal c) wird der über die Nut, die nach den Merkmalen 1) - 3) durch den ringförmigen Steg und den konischen Fassabschnitt begrenzt ist, vorab implizit definierte Winkel b als zwischen ringförmigem Steg und der Wandung des gegenüberliegenden, sich verjüngenden Fassabschnitts liegend definiert und es wird weiterhin ein Wertebereich für diesen Winkel von etwa 40º bis 45º definiert.
2. Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist unstreitig neu, wie sich dies aus der nachfolgenden Prüfung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit ergibt (siehe Punkt 3.2). Der Einspruchsgrund mangelnder Neuheit (Artikel 100 a) EPÜ) wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer seitens der Beschwerdeführerin nicht aufrechterhalten.
3. Nächstkommender Stand der Technik
Die Kammer erachtet, übereinstimmend mit der Auffassung beider Parteien, die Entgegenhaltung D1 als nächstkommenden Stand der Technik.
3.1 Es ist diesbezüglich unstreitig, dass D1 ein Spundfass nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.
Danach ist bei dem aus D1 bekannten Spundfaß
1) der Handhabungsring über einen ringförmigen Steg mit der Fasswandung 12 verbunden (vgl. Spalte 3, Zeilen 11 - 21; Figur 1), wobei der ringförmige Steg der mit einem
2) konisch in Richtung auf den Boden sich erstreckenden Fassabschnitt (Figuren 1 - 4)
3) eine Nut begrenzt (Figuren 1 - 4),
4) derart schräg nach außen verlaufend angeordnet ist, daß er einen spitzen Winkel a mit der Längsachse des Fasses einschließt (Figuren 1 - 4), wobei
5) das tiefste der Nut sich in einem Abstand vom Handhabungsring unterhalb desselben befindet (Figuren 1 - 4).
Weiter ist unstreitig, dass bei dem aus D1 bekannten Fass ein dem Winkel b entsprechender Winkel vorhanden ist der sich zwischen dem ringförmigem Steg und der Wandung des gegenüberliegenden, sich verjüngenden Fassabschnitts erstreckt (vgl. die Figuren 1 - 4)
3.2 Bezüglich des Offenbarungsgehaltes der Entgegenhaltung D1 ist weiter unstreitig, dass den schematischen Darstellungen der Figuren keine konkreten Zahlenwerte, bezüglich der durch die Merkmale b) und c) des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent für die Winkel a und b definierten Wertebereiche, zu entnehmen sind. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist somit neu.
3.3 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin unterscheidet sich das Spundfass nach dem Anspruch 1 auch durch das Merkmal a), nach dem der ringförmige Steg am Übergang zwischen einem im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitt und dem konisch in Richtung auf den Boden sich erstreckenden Faßabschnitt mit der Faßwandung verbunden ist, von demjenigen nach der Entgegenhaltung D1.
Die Kammer geht übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung (Gründe, Nr. 2. c)) und der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung davon aus, dass
das Spundfass nach D1 übereinstimmend mit dem Merkmal a1) (vgl. den obigen Abschnitt 1.) einen Übergang zwischen einem im wesentlichen zylindrischen Zwischenabschnitt und dem konisch in Richtung auf den Boden sich erstreckenden Faßabschnitt aufweist (vgl. die Figuren 1 - 4) und, dass entsprechend dem Merkmal a2) der ringförmige Steg an diesem Übergang mit der Faßwandung verbunden ist (vgl. die Figuren 1 - 4).
3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von dem Spundfass nach den Figuren 1 - 4 der Entgegenhaltung D1 durch die in den Merkmalen b) und c) angegebenen Wertebereiche für die Winkel a und b von 10º bis 15º bzw. 40º bis 45º.
4. Offenbarung der Entgegenhaltung D1 im Hinblick auf Werte für die Winkel a und b der Merkmale b) und c) des Anspruchs 1
4.1 Wie im obigen Abschnitt 3.2. angesprochen umfasst der Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung D1 keine zahlenmäßigen Angaben betreffend den Winkeln a und b nach den Merkmalen b) und c) des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent zuzuordnende Werte.
Gleichwohl hat der Fachmann bei der Umsetzung der Lehre nach D1, nämlich ein Kunststoff-Fass auszubilden, das kostengünstig herstellbar und mit üblichen Fassgreiferwerkzeugen handhabbar ist (D1, Spalte 1, Zeilen 31 - 38), diese fehlenden Angaben der Offenbarung der Entgegenhaltung durch Vorgabe konkreter Werte für die Winkel a und b zu vervollständigen.
4.2 Der Fachmann wird sich dabei, wie von der Beschwerdeführerin dargelegt, von fachüblichen Kriterien leiten lassen, wie sie bspw. aus den Anforderungen hinsichtlich der Beanspruchbarkeit und der Handhabbarkeit eines derartigen Spundfasses während des üblichen Gebrauchs resultieren.
Er wird insbesonders aus diesen Kriterien resultierende Rahmenbedingungen einhalten. In der mündlichen Verhandlung wurden als derartige Kriterien von beiden Parteien genannt, dass das Spundfass einschließlich dessen Handhabungsringes ohne bleibende Verformung oder beeinträchtigende Beschädigung Kräfte während der Handhabung wie auch des Fallens bzw. Umstürzens aufnehmen kann.
Nach der Beschwerdeführerin ergeben sich aus diesen Kriterien zwangsläufig die zwei Rahmenbedingungen, nach denen das Spundfass nach D1 so auszubilden sei, dass der Handhabungsring
i) in radialer Richtung im wesentlichen innerhalb des durch den größten Durchmesser des Fasses vorgegebenen Bereiches bleibt und er
ii) in axialer Richtung im wesentlichen nicht über den Fassboden hinausragt
um den Handhabungsring nicht exponiert anzuordnen und ihn damit verstärkt den Einwirkungen äußerer, auf das Fass einwirkender radialer und/oder axialer Kräfte, auszusetzen.
Eine weitere, die Form des Fasses betreffende, Rahmenbedingung besteht unstreitig darin,
iii) ein Fass jeweils so auszubilden, dass es ein größtmögliches Fassungsvermögen aufweist.
4.3 Seitens der Beschwerdegegnerin wurde bestritten, dass die beiden Rahmenbedingungen i) und ii) bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden dürfen.
Die Beschwerdegegnerin begründete ihre Auffassung, dass es, falls es sich bei diesen Rahmenbedingungen um allgemein bekanntes Fachwissen handeln sollte, es eines schriftlichen Nachweises hierfür bedürfe unter Verweis auf die Ausbildung des Fasses nach den Figuren 5 und 7 der Entgegenhaltung D4 damit, dass ein Fass einschließlich des daran befestigten Handhabungsringes auch, ohne die genannten Rahmenbedingungen zu erfüllen, in anderer Weise so ausgebildet sein könne, dass es den üblichen Belastungen ohne schädigende Verformungen standhalten könne.
4.4 Nach Auffassung der Kammer kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die genannten Rahmenbedingungen, bspw. aufgrund der ihnen zugrundeliegenden allgemeinen, dem Fachmann geläufiger Überlegungen, auch ohne einen diesbezüglichen Nachweis dem Fachwissen zugerechnet werden können, weil sie sich aus der Offenbarung der Entgegenhaltung D1 selbst ergeben.
Nach dieser Entgegenhaltung kann nämlich, übereinstimmend mit der Rahmenbedingung ii) vorgesehen werden, dass "die Höhenebene des Fassoberbodens oberhalb der Höhenebene der Stirnkante des Trage- und Transportringes angeordnet" ist mit der Wirkung, dass "auf vorteilhafte Weise bei Übereinanderstapelung gleichartiger Fässer im untergestapelten Fass ein stützender Innendruck aufgebaut (wird) bevor die Stapellast in den Trage- und Transportring eingeleitet wird" (Spalte 4, Zeilen 34 - 41). Weiterhin liegt, der Rahmenbedingung i) entsprechend, der dem Handhabungsring nach dem Anspruch 1 entsprechende Trage- und Transportring radial innerhalb des Faßabschnitts größten Durchmessers (Figur 1).
Schließlich ist, die Rahmenbedingung iii) erfüllend, der dem Merkmal 2) des Anspruchs 1 des Streitpatents entsprechende, konische Fassabschnitt des Fasses nach D1 (vgl. Figuren 1 - 4) so ausgebildet, dass einerseits die entsprechend den Merkmalen 3) und 5) des Anspruchs 1 ausgebildete Nut, deren Öffnungswinkel dem Winkel b des Merkmals c) entspricht, einerseits groß genug ist für einen kollisionsfreien Eingriff des entsprechenden Teils eines Handhabungsmittels (vgl. D5, Figur 6 und D6, Figuren 1, 3 - 5). Andererseits ist der Öffnungswinkel der Nut nicht zu groß bemessen, was, im Gegensatz zu der Rahmenbedingung iii), über die sich daraus ergebende Konizität des konischen Fassabschnittes zu einer Minderung des Fassvolumens führen würde.
Somit gehören die im obigen Abschnitt 4.2 angesprochenen Rahmenbedingungen i), ii und iii) bzw. die o.g. sich daraus ergebenden Konstruktionsvorgaben zum, hinsichtlich der Winkel a und b festzulegender Werte, zu berücksichtigenden Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung D1.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Da den in den Merkmalen b) und c) definierten Wertebereichen für die Winkel a und b als den einzigen Unterscheidungsmerkmalen unstreitig keine über die Erfüllung der im folgenden genannten Rahmenbedingungen i) - iii) (vgl. obigen Abschnitt 4.2) hinausgehende besondere Wirkung zukommt, kann die durch das angegriffene Patent gegenüber dem Spundfass nach D1 gelöste Aufgabe, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin, nicht mehr wie in dem Streitpatent angegeben (Spalte 2, Zeilen 42 - 51) darin gesehen werden, die Verformungswege des Verbindungssteges und damit auch des Handhabungsringes im Falle von Stoss- und Schlagbeanspruchungen zu vergrößern.
Basierend auf dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Spundfass kann, ausgehend von den genannten Unterscheidungsmerkmalen, die zu lösende Aufgabe lediglich darin gesehen werden, die der Entgegenhaltung D1 fehlenden Angaben betreffend zahlenmäßiger Werte für die Winkel a und b auszuwählen, um die genannten Rahmenbedingungen zu erfüllen.
5.2 Diesbezüglich weist das Spundfaß nach der o.a. Offenbarung der D1 zunächst die im Anspruch 1 des Streitpatents genannten Konstruktionsparameter bzw. strukturellen Merkmale (Merkmale 1) - 5) und a)) auf (vgl. obigen Abschnitt 3.1). Zusätzlich haben, aufgrund der Offenbarung der D1 im Hinblick auf Vorgaben betreffend Werte für die Winkel a und b (vgl. obigen Abschnitt 4.), die offenbarten strukturellen Merkmale die Rahmenbedingungen i) - iii) zu erfüllen.
Die Kammer folgt bezüglich dieser Rahmenbedingungen der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass, wie bspw. den Figuren 1 - 3 des Streitpatents zu entnehmen, auch das Spundfaß nach dem Anspruch 1 die Rahmenbedingungen i) - iii) erfüllt.
Damit ist, bei übereinstimmenden Konstruktionsparametern bzw. strukturellen Merkmalen und übereinstimmender Wirkung hinsichtlich dieser strukturellen Merkmale, nämlich der Einhaltung der Rahmenbedingungen i) - iii), zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem Fass nach D1 im vorliegenden Fall der überschaubaren Anzahl der Konstruktionsparameter davon auszugehen, dass diese Parameter auch annähernd gleiche Werte aufweisen.
5.3 Es ist somit auch hinsichtlich der das Spundfass nach dem Anspruch 1 von dem Fass nach der D1 unterscheidenden Merkmale, nämlich der Wertebereiche für die Winkel a und b nach den Merkmalen b) und c), davon auszugehen, dass die Werte, die der Fachmann ausgehend von D1 für die Winkel a und b vorgibt um ein Fass nach der Lehre von D1 anzufertigen, im Bereich dieser Werte nach den Merkmalen b) und c) liegen.
Dies wurde auch seitens der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.
5.4 Die Beschwerdegegnerin vertrat in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit vielmehr die Auffassung, dass der Fachmann eine Vielzahl anderer Möglichkeiten, sowohl betreffend die Auswahl der einzelnen Konstruktionsparameter als auch der Vorgabe konkreter Werte hierfür, habe um ein Fass zu optimieren und dass folglich auch dann, wenn von der Einhaltung der Rahmenbedingungen i) - iii) ausgegangen werde, sich das Spundfass mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nicht zwangsläufig aus dem Stand der Technik ergebe.
Die Kammer ist bezüglich dieser Argumentation zum einen der Auffassung, dass die Konstruktionsparameter bzw. die strukturellen Merkmale sämtlich aus einer Entgegenhaltung, der D1, bekannt sind und dass der Fachmann die der D1 nicht unmittelbar entnehmbaren Werte für die Winkel a und b, was im übrigen für sämtliche konkreten Werte zu den in D1 offenbarten Konstruktionsparametern gilt, unter Zugrundelegung seines Fachwissens, vorliegend unter Berücksichtigung der allgemein bekannten und bei dem Fass nach D1 einzuhaltenden Rahmenbedingungen i) - iii), festlegt.
Zum anderen ist die Kammer der Auffassung, dass es für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit vorliegend ohne Belang ist, dass weitere Möglichkeiten vorstellbar sind ein Spundfaß unter Einhaltung der Rahmenbedingungen i) - iii) auszubilden, solange der durch den nächstkommenden Stand der Technik, hier der Entgegenhaltung D1, vorgezeichnete Weg zu einem, das Spundfass nach dem Anspruch 1 des Streitpatents nahelegenden Gegenstand führt, wie dies im vorliegenden Fall gegeben ist.
5.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht somit gegenüber dem Spundfaß nach der Entgegenhaltung D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
6. Hilfsantrag
6.1 Die Beschwerdeführerin hat keinen Einwand gegen die Berücksichtigung des gegen Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrages erhoben.
6.2 Der Anspruch 1 dieses Hilfsantrages unterscheidet sich von dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass das Merkmal a) (vgl. obigen Abschnitt II.) ersetzt wurde durch das Merkmal
"dass der ringförmige Steg (23) am Übergang zwischen einem zylindrischen Zwischenabschnitt (21) der einen kleineren Aussendurchmesser als der Aussendurchmesser des Hauptabschnitts der Faßwandung aufweist und dem konisch in Richtung auf den Boden (12) sich erstreckenden Faßabschnitt (22) mit der Faßwandung verbunden ist".
Diese Änderung soll die Definition des Spundfasses dahingehend ergänzen, dass das Spundfaß nunmehr der Rahmenbedingung i) (vgl. obigen Abschnitt 4.1) genügt, nach der der von dem ringförmigen Steg getragene Handhabungsring so angeordnet ist, dass er radial innerhalb des Aussendurchmessers des Hauptabschnittes der Faßwandung liegt.
Da bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit diese Rahmenbedingung, wie auch die darauf zurückgehenden strukturellen Merkmale, als durch D1 erfüllt bzw. offenbart erachtet worden ist, vermag das Einführen dieser Rahmenbedingung durch das geänderte Merkmal a) nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand zu führen.
6.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Bei dieser Sachlage erübrigt es sich zu prüfen ob die Änderung des Anspruchs 1 den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ genügt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.