T 1328/05 () of 2.4.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T132805.20080402
Datum der Entscheidung: 02 April 2008
Aktenzeichen: T 1328/05
Anmeldenummer: 95106490.6
IPC-Klasse: H02H 7/122
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zur Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeit von Strömen und Spannungen zwischen Leitungen oder gegenüber dem Erdpotential und Verwendung derselben
Name des Anmelders: Schaffner EMV AG
Name des Einsprechenden: Epcos AG
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung -nein
Erfinderische Tätigkeit - ja (Hilfsantrag 2)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 0 682 395.

II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung u. a. fest, dass die genannten Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) und c) EPÜ der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents in der erteilten Fassung nicht entgegenstünden. Als Stand der Technik wurden u. a. folgende Dokumente berücksichtigt:

E0: DE-A- 41 35 680,

E1: EP-A-0 579 962,

E5: "Funk-Entstörung Datenbuch 1968/69", Siemens, Seiten 16, 17, 86, 87, 90, 91, 106 und 107,

E9: "Datenbuch 1979/80 Ferrite", Siemens, Seiten 445 bis 447.

III. Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) neue Ansprüche gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 ein.

IV. Am 2. April 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Während der Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin neue Unterlagen für die Hilfsanträge 1 und 2 ein, um redaktionelle Fehler in den Anspruchsfassungen vom 29. Februar 2008 zu beseitigen und die Beschreibung des Streitpatents den neuen Ansprüchen anzupassen.

V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen; hilfsweise, das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 oder 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.

VI. Anspruch 1 des Streitpatents gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:

"Drei-Phasen-Filtereinrichtung zur Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeit von Strömen und Spannungen zwischen den drei spannungsführenden Phasenleitungen und gegenüber dem Erdpotential für Umrichter in der Antriebstechnik oder als Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit, mit einem Kapazitäten und Induktivitäten aufweisenden LC-Tiefpass, wobei alle Induktivitäten zu einem gemeinsamen Bauteil (BE) zusammengefasst sind, welches so ausgebildet ist, dass es funktionsmässig einer Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel (L') mit je einer in jeder spannungsführenden Phasenleitung angeordneten, als Längsinduktivitäten wirkenden Drossel (l) entspricht,

wobei das gemeinsame Bauteil (BE) einen Kern (5, 6) aus magnetischem Material mit einer grossen Luftspalte (7) und mindestens drei auf diesem Kern angeordnete mehrlagige Wicklungen (L1, L2, L3, LN) aufweist,

wobei die Wicklungen räumlich getrennt und so auf dem Kern angeordnet sind, dass sich Streuflüsse ergeben, welche zu Streuinduktivitäten führen, welche ihrerseits als Längsinduktivitäten wirksam sind, wobei ein Teil (ø) der magnetischen Flüsse von jeder der benannten mindestens drei Wicklungen durch den benannten Kern (5, 6) und die benannte Luftspalte (7) fliessen und sich gegenseitig aufheben, so dass das benannte Bauteil auch als stromkompensierte Drossel wirksam ist."

Ansprüche 2 bis 6 sind von Anspruch 1 abhängig.

Anspruch 7 des Streitpatents lautet wie folgt:

"Verwendung der Drei-Phasen-Filtereinrichtung nach Anspruch 1 für Umrichter in der Antriebstechnik, welche Ausgangsklemmen für den Anschluss von mindestens einer Drehfeldmaschine aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte gemeinsame Bauteil (BE) zwischen die Ausgangsklemmen (3) des Umrichters (1) und die Verbindungsleitung zu der mindestens einen Drehfeldmaschine (4) eingesetzt ist."

Anspruch 8 des Streitpatents lautet wie folgt:

"Verwendung der Drei-Phasen-Filtereinrichtung nach Anspruch 1 als Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit für eine elektronische Einrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte gemeinsame Bauteil (BE) zwischen das Netz (n) und den Netzeingang (NE) der elektronischen Einrichtung eingesetzt ist."

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:

"Drei-Phasen-Filtereinrichtung zur Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeit von Strömen und Spannungen zwischen den drei spannungsführenden Phasenleitungen und gegenüber dem Erdpotential für Umrichter in der Antriebstechnik oder als Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit, mit einem Kapazitäten und Induktivitäten aufweisenden LC-Tiefpass, wobei alle Induktivitäten zu einem gemeinsamen Bauteil (BE) zusammengefasst sind, welches so ausgebildet ist, dass es funktionsmässig einer Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel (L') mit je einer in jeder spannungsführenden Phasenleitung angeordneten, als Längsinduktivitäten wirkenden Drossel (l) entspricht,

wobei das gemeinsame Bauteil (BE) einen Kern (5, 6) aus magnetischem Material mit einer grossen Luftspalte (7) und mindestens drei auf diesem Kern angeordnete mehrlagige Wicklungen (L1, L2, L3, LN) aufweist,

wobei die Wicklungen räumlich getrennt und so auf dem Kern angeordnet sind, dass sich Streuflüsse ergeben, welche zu Streuinduktivitäten führen, welche ihrerseits als Längsinduktivitäten wirksam sind, wobei ein Teil (ø) der magnetischen Flüsse von jeder der benannten mindestens drei Wicklungen durch den benannten Kern (5, 6) und die benannte Luftspalte (7) fliessen und sich gegenseitig aufheben, so dass das benannte Bauteil auch als stromkompensierte Drossel wirksam ist,

wobei die Wicklungsanfänge (a) und die Ausgangsklemmen (b) aller Wicklungen (L1, L2, L3, LN) je mit der gleichen Art von Anschlüssen (3, N bzw. 4, NE) verbunden sind,

wobei der Kern (6) rechteckförmig ausgebildet ist, und wobei die Wicklungen (L1, L2, L3, LN) auf den beiden Längsschenkeln des Kerns angeordnet sind."

Ansprüche 2 und 3 des Hilfsantrags 1 sind von Anspruch 1 abhängig.

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:

"Drei-Phasen-Filtereinrichtung zur Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeit von Strömen und Spannungen zwischen den drei spannungsführenden Phasenleitungen und gegenüber dem Erdpotential für Umrichter in der Antriebstechnik oder als Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit, mit einem Kapazitäten und Induktivitäten aufweisenden LC-Tiefpass, wobei alle Induktivitäten zu einem gemeinsamen Bauteil (BE) zusammengefasst sind, welches so ausgebildet ist, dass es funktionsmässig einer Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel (L') mit je einer in jeder spannungsführenden Phasenleitung angeordneten, als Längsinduktivitäten wirkenden Drossel (l) entspricht,

wobei das gemeinsame Bauteil (BE) einen Kern (6) aus magnetischem Material mit einer grossen Luftspalte (7) und mindestens drei auf diesem Kern angeordnete mehrlagige Wicklungen (L1, L2, L3, LN) aufweist,

wobei die Wicklungen räumlich getrennt und so auf dem Kern angeordnet sind, dass sich Streuflüsse ergeben, welche zu Streuinduktivitäten führen, welche ihrerseits als Längsinduktivitäten wirksam sind, wobei ein Teil (ø) der magnetischen Flüsse von jeder der benannten mindestens drei Wicklungen durch den benannten Kern (6) und die benannte Luftspalte (7) fliessen und sich gegenseitig aufheben, so dass das benannte Bauteil auch als stromkompensierte Drossel wirksam ist,

wobei die Wicklungsanfänge (a) und die Ausgangsklemmen (b) aller Wicklungen (L1, L2, L3, LN) je mit der gleichen Art von Anschlüssen (3, N, bzw. 4, NE) verbunden sind,

wobei der Kern (6) rechteckförmig ausgebildet ist, und wobei die Wicklungen (L1, L2, L3, LN) auf den beiden Längsschenkeln des Kerns angeordnet sind,

wobei der Kern (6) zwei Luftspalte (7) aufweist und dadurch in zwei U-förmige Teile aufgeteilt ist, von denen jeder mindestens eine der Wicklungen (L1, L2, L3, LN) enthält."

Anspruch 2 gemäß dem Hilfsantrag 2 ist von Anspruch 1 abhängig.

VII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anspruch 1 des Streitpatents beziehe sich auf eine Drei-Phasen-Filtereinrichtung, die durch strukturelle und funktionelle Merkmale eines alle lnduktivitäten eines LC-Tiefpasses umfassenden Bauteils gekennzeichnet sei. Bei diesem Bauteil sei z. B. die räumliche Trennung der auf einem magnetischen Kern angeordneten Wicklungen so zu wählen, dass Streuflüsse entstünden, die als Längsinduktivitäten wirksame Streuinduktivitäten verursachten. Es sei jedoch unerheblich für die Patentierbarkeit der beanspruchten Filtereinrichtung, ob der Fachmann auch bei bekannten Drosseln die beanspruchten Wirkungen tatsächlich festgestellt und gezielt eingesetzt habe. Entscheidend sei eher die Frage, ob bekannte Drosseln die angegebenen Wirkungen hätten und als Netzfilter zur Unterdrückung von symmetrischen und unsymmetrischen Störspannungen geeignet seien.

In der Tat weise jede stromkompensierte Dreifachdrossel, die aus einem Stabkern und drei räumlich getrennt angeordneten Wicklungen bestehe, Streuflüsse auf, weil sich die von den Wicklungen erzeugten magnetischen Flüsse nie vollständig aufheben könnten. Da die Streuflüsse Längsinduktivitäten entsprächen, entfalte jede Stabkerndrossel die Wirkung des im Streitpatent spezifizierten Bauteils.

Dokument E5 zeige auf Seiten 106 und 107 dreiphasige Stabkerndrosseln, welche die strukturellen Merkmale des in Anspruch 1 aufgeführten Bauteils BE umfassten und die im Streitpatent gestellten Anforderungen erfüllten. E5 (Seite 91) weise ferner auf die Drehstrombeschaltung einer Dreifachdrossel hin. Da sich bei einer mit einem Drehstrom gespeisten Dreifachdrossel die von den drei Phasen erzeugten magnetischen Flüsse aufhöben, sei die auf Seite 91 abgebildete Dreifachdrossel stromkompensiert.

Wie dem Dokument E5 (Seite 16, Absatz: "Entstörmittel") zu entnehmen sei, bestehe eine typische Entstörschaltung aus einer in die jeweilige Leitung geschalteten Drossel und einer Kapazität, die als LC-Tiefpass wirkten. Im Hinblick auf die Lehre von E5 wäre es somit für den Fachmann naheliegend gewesen, zu einer Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheide sich von der Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents im Wesentlichen dadurch, dass der Kern rechteckförmig ausgebildet sei. Abgesehen davon, dass Drosseln mit rechteckigen Kernen allgemein bekannt seien (siehe z. B. E1), stelle diese Ausführungsform der Erfindung einen Rückschritt gegenüber dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin dar, weil der Luftspalt wegen der rechteckigen Form kleiner als bei einer Stabkerndrossel sei und somit geringere Streuinduktivitäten verursache. In der Tat ergäben sich keine Synergieeffekte zwischen einem rechteckigen Kern und den übrigen, im Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen.

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 werde spezifiziert, dass der rechteckige Kern zwei Luftspalte aufweise und dadurch in zwei U-förmige Teile aufgeteilt sei. Diese Merkmale stellten aber keine Weiterbildung der Erfindung dar, da die Anzahl der Luftspalte für die Erzeugung von Streuinduktivitäten unerheblich sei. Der Fachmann, der die Wirkung eines oder mehrerer Luftspalte im Kern auf den Streufluss einer Drossel kenne, würde den Kern so gestalten, wie es ihm zweckmäßig erscheine. Übrigens seien z. B. aus E9 U-förmige Kerne bekannt, die auf einfache Weise zu einem Kern gemäß Anspruch 1 zusammengebaut werden können.

Im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik wäre es somit für den Fachmann naheliegend gewesen, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 zu gelangen.

VIII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Erfindung liege auf dem Gebiet der Filter zur Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeiten von Strömen und Spannungen, die zwischen den Leitungen und gegenüber dem Erdpotential am Ausgang von einem Umrichter auftreten könnten. E0 sei das einzige im Einspruchsverfahren zitierte Dokument, das sich auch mit diesem Problem befasse. Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit der Drei-Phasen-Filtereinrichtung des Streitpatents sei daher von diesem Dokument als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen. Zur Beseitigung unsymmetrischer Störspannungen verwende die in Figur 6 von E0 abgebildete Filtereinrichtung keine stromkompensierte Drossel, sondern Kapazitäten 14, die zwischen die spannungsführenden Leitungen und den Erdpunkt 17 - 18 geschaltet seien.

Dem Streitpatent liege die Erkenntnis zugrunde, dass eine stromkompensierte Dreifachdrossel mit einem großen Luftspalt und auf dem Kern räumlich angeordneten Wicklungen Streuinduktivitäten erzeuge, die als mit der stromkompensierten Drossel in Reihe geschaltete Längsinduktivitäten wirksam seien. Im Vergleich zu der aus E0 bekannten Filtereinrichtung werde somit nach der Lehre des Streitpatents ein kompaktes Bauteil verwendet, das alle zur Beseitigung der symmetrischen und unsymmetrischen Störspannungen erforderlichen Induktivitäten umfasse. Dadurch entstehe eine wirksame und kompakte Filtereinrichtung. Die Reduzierung des Bauvolumens der Filtereinrichtung von E0 sei daher als objektive Aufgabe des angefochtenen Patents anzusehen. Um von E0 ausgehend zur beanspruchten Lösung zu gelangen, müsste der Fachmann mehrere durch den Stand der Technik nicht nahegelegte Änderungen an der Schaltung der Figur 6 von E0 vornehmen und insbesondere ein Bauteil mit den in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmalen einsetzen.

E5 zeige zwar eine Stabkerndrossel mit drei Wicklungen. Dieses Dokument lasse aber nicht erkennen, dass die auf Seite 91 abgebildete Dreifachdrossel als stromkompensierte Drossel wirksam sei. Da die drei Wicklungen den gleichen Drehsinn hätten, gehe der Fachmann davon aus, dass sich die im Kern erzeugten magnetischen Flüsse addierten. Lediglich im Zusammenhang mit Zweifachdrosseln werde in E5 (Seite 91) explizit angegeben, wie die Beschaltung einer stromkompensierten Drossel zu gestalten sei. In E5 seien ferner keine Streuflüsse erwähnt. Wenn es auch angenommen werde, dass bei der bekannten Stabdrossel Streuflüsse vorhanden sein müssten, gebe es im Stand der Technik keinen Hinweis, dass der Fachmann deren Bedeutung für die Ausgestaltung einer kompakten, gegen symmetrische und unsymmetrische Störspannungen wirksamen Filtereinrichtung erkannt hätte, zumal E5 nicht lehre, die bekannte Dreifachdrossel mit Stabkern für den Bau eines LC-Filters zu verwenden. Die Wirkungsangaben in Anspruch 1 des Streitpatents machten außerdem deutlich, dass nicht jede beliebige Stabkerndrossel für die erfindungsgemäße Filtereinrichtung geeignet sei. Im Gegenteil müsse eine Dreifachdrossel gemäß der Lehre des Streitpatents so ausgestaltet werden, dass die für die Unterdrückung der symmetrischen und unsymmetrischen Störspannungen erforderlichen Wirkungen einträten.

Angesichts des vorliegenden Standes der Technik wäre es somit für den Fachmann nicht naheliegend gewesen, zu einer Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.

Was den Hilfsantrag 1 angehe, zeige keines der vorliegenden Dokumente eine stromkompensierte Drossel, die einen rechteckigen Kern und einen in diesem Kern angeordneten Luftspalt aufweise, um die von den Wicklungen erzeugten magnetischen Flüsse zu unterbrechen. Da ein Luftspalt im Kern einer stromkompensierten Drossel eher eine negative Auswirkung auf die gegenseitige Kompensation der magnetischen Flüsse habe, hätte der Fachmann keinen Anlass gehabt, für den magnetischen Kreis einer stromkompensierten Drossel einen rechteckigen Kern mit einem großen Luftspalt zu wählen. In der Tat bestehe die Lehre des Hilfsantrags 1 darin, eine Dreifachdrossel zu schaffen, die eine gute Stromkompensation biete und gleichzeitig ausreichende Streuinduktivitäten aufweise, die als Längsinduktivitäten zur Beseitigung der symmetrischen Störungen in einem LC-Tiefpass wirksam seien. Da dies dem Stand der Technik nicht zu entnehmen sei, beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ.

Die Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 biete noch zusätzliche Vorteile, weil der rechteckförmige Kern aus herkömmlichen U-förmigen Teilen bestehe. Durch die zwei Luftspalte könnten hohe Induktivitätswerte erreicht werden und der Kern weise eine Symmetrie auf, die eine Anordnung jeder der drei oder vier Wicklungen in der Nähe eines Luftspalts ermögliche. Dadurch könnten die entsprechenden Streuinduktivitäten genauer bestimmt werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Das angefochtene Patent betrifft eine Drei-Phasen-Filtereinrichtung für Umrichter in der Antriebstechnik oder als Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit. Eine solche Filtereinrichtung soll dazu dienen, die Änderungsgeschwindigkeiten von Strömen und Spannungen zwischen den drei spannungsführenden Phasenleitungen und gegenüber dem Erdpotential zu begrenzen.

Nächstliegender Stand der Technik

3.1 Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, dass E0 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, weil dieses Dokument das vom Streitpatent gelöste Problem der Begrenzung der Änderungsgeschwindigkeiten von Strömen und Spannungen zwischen den Leitungen und gegenüber dem Erdpotential am Ausgang eines Umrichters betreffe.

3.2 Das angefochtene Patent bezieht sich zwar auf eine Filtereinrichtung, die sowohl auf symmetrische als auch auf unsymmetrische Störspannungen wirken soll, die z. B. am Ausgang eines Umrichters oder auf Netzleitungen auftreten können. Ein wesentlicher Bestandteil der erfindungsgemäßen Lösung ist aber ein "gemeinsames Bauteil", das einen Kern aus magnetischem Material und mehrere, auf diesem Kern angeordnete, räumlich getrennte Wicklungen sowie einen großen Luftspalt aufweist. Da E5 solche Bauteile offenbart, ist die Kammer der Ansicht, dass dieses Dokument als Ausgangspunkt der Erfindung anzusehen ist.

Hauptantrag der Beschwerdegegnerin

4.1 E5 (Seite 86, erster Absatz) betrifft Funk-Entstördrosseln, die "zur Entstörung elektrischer Betriebsmittel" dienen. "Sie werden im allgemeinen als Längsglieder dort eingesetzt, wo Kondensatoren allein für die Entstörung nicht ausreichen."

Die aus E5 bekannten Stabkern-Drosseln "sind mit einem Eisenkern aus Dynamoblech aufgebaut, als Träger für die Wicklung dienen aus hochwertigem Preßstoff hergestellte Spulenkörper" (siehe Seite 86, Absatz 2). "Bei einer Entstörung wird normalerweise in jeden Leitungszweig eine Einfachdrossel bzw. je eine Wicklung einer Zweifach- bzw. Dreifachdrossel geschaltet" (Seite 86, Absatz 4).

Dreifachdrosseln mit einem Stabkern sind auf Seiten 106 und 107 von E5 abgebildet.

4.2 Wie dem Dokument E5 zu entnehmen ist, weist die bekante Funk-Entstördrossel folgende in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführte Merkmale auf:

- einen Kern aus magnetischem Material mit einer großen Luftspalte,

- drei auf diesem Kern angeordnete Wicklungen,

- wobei die Wicklungen räumlich getrennt sind.

Die den drei Wicklungen entsprechenden Induktivitäten sind somit zu einem gemeinsamen Bauteil zusammengefasst.

Es dürfte ferner für den Fachmann implizit sein, dass die Wicklungen einer Drossel mehrlagig ausgeführt werden können. Dies ist auch von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt worden.

4.3 Laut Beschwerdegegnerin geht aber aus E5 nicht hervor, dass die bekannte Dreifachdrossel als stromkompensierte Drossel einzusetzen ist. Im Gegenteil deute die auf Seite 91 abgebildete Schaltung mit drei gleichsinnigen Wicklungen eher darauf hin, dass sich die im Kern erzeugten magnetischen Flüsse addierten. Dadurch könnten höhere Induktivitätswerte erreicht werden. Die Möglichkeit einer Beschaltung für symmetrische bzw. unsymmetrische Störspannungen sei in E5 lediglich für eine Zweifachdrossel gezeigt.

4.4 Auf Seite 91 von E5 wird angegeben, dass die Dreifachdrossel für Drehstrombeschaltung bestimmt ist. Wie allgemein bekannt, ist die Summe der in den drei gleichgerichteten Wicklungen fließenden Ströme gleich Null, wenn jede Wicklung mit einem Leitungszweig eines dreiphasigen Netzes verbunden ist und die entsprechende Last keine Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom verursacht. In einem solchen Fall heben sich die im Kern der bekannten Stabkerndrossel von den Betriebsströmen erzeugten magnetischen Flüsse gegenseitig auf, so dass keine Induktivitäten wirksam sind.

Da die auf Seite 91 von E5 abgebildete Dreifachdrossel für Drehstrombeschaltung eindeutig die Funktion einer stromkompensierten Drossel hat, nimmt E5 auch folgendes Merkmal des Anspruchs 1 vorweg:

- wobei ein Teil der magnetischen Flüsse von jeder der benannten mindestens drei Wicklungen durch den benannten Kern und die benannte Luftspalte fließen und sich gegenseitig aufheben, so dass das benannte Bauteil auch als stromkompensierte Drossel wirksam ist.

4.5 Es gehört zum Allgemeinwissen des Fachmanns, dass bei einer Anordnung von zwei oder mehr Leiterschleifen jener magnetische Flussanteil als Streufluss bezeichnet wird, der von einer Leiterschleife verursacht wird, aber nicht durch die anderen, benachbarten Leiterschleifen hindurch tritt. Es liegt daher auf der Hand, dass bei einer Drei-Phasen-Stabkerndrossel eine perfekte magnetische Kopplung zwischen den einzelnen Spulen wegen des großen Luftspalts und des zwangsläufig notwendigen räumlichen Abstands zwischen den entsprechenden Leiterschleifen nicht realisierbar ist, so dass ein Streufluss und eine diesem Streufluss entsprechende, in Reihe geschaltete Streuinduktivität immer vorhanden sind.

4.6 Daraus ergibt sich, dass die in E5 abgebildete Dreifachdrossel für Drehstrombeschaltung so ausgebildet ist, dass:

- es funktionsmässig einer Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel mit je einer in jeder spannungsführenden Phasenleitung angeordneten, als Längsinduktivitäten wirkenden Drossel entspricht.

4.7 Die Drei-Phasen-Einrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich somit von der aus E5 bekannten Dreifachdrossel dadurch, dass sie einen "mit Kapazitäten und Induktivitäten aufweisenden LC-Tiefpass" umfasst.

4.8 Gemäß E5 (Seite 16, Absatz 2) erfolgt die Verminderung der Funkstörspannung auf den Leitungen durch eine Spannungsteilung zwischen dem HF-Innenwiderstand der Störquelle und dem des Entstörkondensators, der gegen die Störquellenmasse bzw. Erde geschaltet ist. "Reicht der Innenwiderstand der Störquelle nicht aus, so wird eine Entstördrossel in die jeweilige Leitung geschaltet." Die Kombination einer Induktivität im Längszweig mit einer Kapazität im Querzweig ist bekanntlich ein LC-Tiefpass.

Dem Dokument E5 entnimmt somit der Fachmann, dass eine Dreifachdrossel in Verbindung mit Kapazitäten als LC-Tiefpass zur Entstörung elektrischer Betriebsmittel verwendet werden kann. Wie oben angegeben, weist eine solche Drossel durch ihren Aufbau die in Anspruch 1 aufgeführten strukturellen und funktionellen Merkmale auf. Für den Fachmann, der ein Netzfilter für elektromagnetische Verträglichkeit entwickeln möchte, das gegen symmetrische und unsymmetrische Störspannungen wirksam ist, wäre es somit naheliegend, zu einer Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents zu gelangen.

Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin

5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Streitpatents durch folgende Merkmale:

a) "wobei die Wicklungsanfänge (a) und die Ausgangsklemmen (b) aller Wicklungen (L1, L2, L3, LN) je mit der gleichen Art von Anschlüssen (3, N bzw. 4, NE) verbunden sind",

b) "wobei der Kern (6) rechteckförmig ausgebildet ist", und

c) "wobei die Wicklungen (L1, L2, L3, LN), auf den beiden Längsschenkeln des Kerns angeordnet sind."

5.2 Da die aus E5 bekannte Dreifachdrossel für Drehstrombeschaltung bestimmt ist, weist sie auch das o. g. Merkmal a) auf.

Das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgeführte Bauteil BE unterscheidet sich somit von der Dreifachdrossel gemäß E5 dadurch, dass der Kern rechteckförmig ist und die Wicklungen auf den beiden Längsschenkeln angeordnet sind.

5.3 In Bezug auf Figuren 5 und 6 des Streitpatents (siehe Spalte 6, Absatz [0025], Zeilen 46 bis 50), die ein Bauteil BE mit einem rechteckförmigen Kern 6 aufweisen, der durch zwei Luftspalte 7 in zwei U-förmige, einander zugekehrte Hälften geteilt ist, wird zwar angegeben, "dass sich durch den weitgehend geschlossenen magnetischen Kreis mit dem verbleibenden Restluftspalt wesentlich höhere Induktivitätswerte erzeugen lassen". Anspruch 1 des Hilfsantrags ist jedoch nicht auf weitgehend geschlossene Kerne beschränkt. Da das in Anspruch 1 aufgeführte Bauteil eine große "Luftspalte" aufweist, kann angenommen werden, dass es sich auch um einen rechteckförmigen Kern handeln könnte, der aufgrund des großen Luftspalts einen eher offenen magnetischen Kreis bildet. Die Induktivitätswerte eines solchen unter den Anspruchswortlaut fallenden Bauteils dürften sich von denen einer Stabkerndrossel kaum unterscheiden. Im Vergleich zu einem Stabkern erlaubt ein rechteckförmiger Kern eine kompaktere Bauweise.

5.4 Die durch die Merkmale b) und c) gelöste Aufgabe kann darin gesehen werden, eine Filtereinrichtung mit einer Dreifachdrossel zu schaffen, die einen besonders platzsparenden Aufbau ermöglicht.

5.5 Magnetische Kerne, die einen rechteckförmigen Teil (siehe E1, Figur 1) oder rechtwinklige Ecken aufweisen, sind an sich bekannt (siehe die in E9 abgebildeten U-förmigen Kerne). Es liegt ferner auf der Hand, dass ein rechtwinkliger Kern mit einem großen Luftspalt für eine Drossel eine platzsparende Alternative zu einem sich in Längsrichtung erstreckenden Kern darstellt.

Für den Fachmann, der von der aus E5 bekannten Dreifachstabdrossel ausgeht und die o. g. Aufgabe lösen möchte, wäre es daher naheliegend, zu einer Drossel zu gelangen, die einen rechteckförmigen Kern mit einem großen Luftspalt und auf den Längsschenkeln angeordnete Wicklungen aufweist.

5.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Hilfsantrag 2 der Beschwerdegegnerin

6.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 besteht aus der Kombination der Ansprüche 1, 3, 5 und 6 des Streitpatents. Da durch diese Änderungen der Schutzbereich des Patents nicht erweitert wird, ist der Hilfsantrag 2 zulässig im Sinne des Artikels 123 (3) EPÜ.

6.2 Die Ansprüche 3, 5 und 6 des Streitpatents entsprechen den Ansprüchen 4, 7 und 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Der Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents ist jedoch mit dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 nicht identisch.

6.3 In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin u. a. geltend gemacht, dass das folgende, in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführte Merkmal eine unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ darstelle:

- das gemeinsame Bauteil "funktionsmässig einer Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel (L´) mit je einer in jeder spannungsführenden Phasenleitung angeordneten als Längsinduktivitäten wirkenden Drossel (l) entspricht".

Nach diesem Merkmal seien mehrere als Längsinduktivitäten wirkende Drosseln vorgesehen, die in jeder Phasenleitung angeordnet seien. Die einzige ursprünglich offenbarte, in jeder Phasenleitung angeordnete Drossel sei jedoch die stromkompensierte Drossel.

Auch hinsichtlich der Funktion seien nur Längsdrosseln offenbart, die genau einer Phasenleitung zugeordnet seien. Die Zuordnung einer Drossel zu mehreren Phasen sei aber nur bei einer stromkompensierten Drossel sinnvoll, da nur in diesem Fall die Drosseln der einzelnen Phasen eine Wechselwirkung erführen.

6.4 Das von der Beschwerdeführerin beanstandete Merkmal soll die Funktion des o. g. Bauteils definieren und könnte in der Tat bedeuten, dass dieses Bauteil der Reihenschaltung einer stromkompensierten Drossel mit als Längsinduktivitäten wirkenden Drosseln entspricht, die jeweils in allen drei spannungsführenden Phasenleitungen angeordnet sind. Eine solche Interpretation ist jedoch technisch nicht sinnvoll, da jede Längsdrossel nur eine Phasenleitung entstört und somit nur einer der drei Phasenleitungen zugeordnet werden soll. In der Tat geht aus der Beschreibung hervor, dass das in Figur 3 abgebildete Bauelement die Funktion der in den Figuren 1 und 2 dargestellten Baueinheit BE erfüllen soll und somit der Reihenschaltung der stromkompensierten Drossel L' mit den in den drei Phasenleitungen angeordneten Längsdrosseln L entspricht.

6.5 Im schriftlichen Verfahren hat die Beschwerdeführerin ferner geltend gemacht, dass die ursprünglichen Unterlagen keine Angaben über den einzelnen Wicklungen zugeordnete Teile der magnetischen Flüsse enthielten, die durch den Kern und die benannte Luftspalte flößen und sich gegenseitig aufheben sollten.

6.6 Gemäß Anspruch 1 sind die Wicklungen räumlich getrennt und so auf dem Kern angeordnet, "dass sich Streuflüsse ergeben, welche zu Streuinduktivitäten führen .....,wobei ein Teil (ø) der magnetischen Flüsse von jeder der benannten mindestens drei Wicklungen durch den benannten Kern (5, 6) und die benannte Luftspalte (7) fliessen und sich gegenseitig aufheben, so dass das benannte Bauteil auch als stromkompensierte Drossel wirksam ist."

Der Anspruchswortlaut bedeutet im Kontext der vorliegenden Erfindung lediglich, dass die Wicklungen des Bauteils BE sowohl als eine stromkompensierte Drossel als auch als Längsdrosseln wirksam sind, weil die von den Wicklungen erzeugten magnetischen Flüsse sich gegenseitig nicht völlig aufheben und sich dadurch Streuflüsse ergeben. Er stellt somit keine unzulässige Erweiterung dar.

6.7 Laut Beschwerdeführerin ist das Merkmal, dass die Wicklungen auf dem Kern mehrlagig angeordnet sind, in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht separat für sich, sondern in einem Atemzug mit dem zusätzlichen Merkmal beschrieben, wonach die Wicklungen "möglichst schmal übereinander gewickelt werden". Das Weglassen des zweiten in den ursprünglichen Unterlagen als wesentlich für die Erfindung erscheinenden Merkmals stelle eine unzulässige Erweiterung des beanspruchten Gegenstandes dar.

6.8 Die Kammer stimmt jedoch mit der Beschwerdegegnerin überein, dass das Merkmal, dass die Wicklungen "möglichst schmal übereinander gewickelt werden" nicht wesentlich für die vorliegende Erfindung ist und dass sein Weglassen Artikel 123 (2) EPÜ nicht verletzt.

6.9 Zusammenfassend sind alle am angefochtenen Patent vorgenommenen Änderungen gemäß dem Hilfsantrag 2 zulässig im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ.

7.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch folgendes Merkmal:

- "wobei der Kern (6) zwei Luftspalte (7) aufweist und dadurch in zwei U-förmige Teile aufgeteilt ist, von denen jeder mindestens eine der Wicklungen (L1, L2, L3, LN) enthält."

7.2 Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass U-förmige Kerne aus einem magnetischen Material zum Stand der Technik gehören. Es seien auch Kerne bekannt, die aus verschiedenen Kombinationen von U-förmigen Teilen bestünden. Im Hinblick auf die Lehren von E5 und E9 wäre es daher für den Fachmann naheliegend gewesen, zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zu gelangen.

7.3 Die beanspruchte Filtereinrichtung weist nunmehr einen Kern auf, der aus zwei U-förmigen, einander zugekehrten Teilen besteht und zwei Spalte hat. Wie von der Beschwerdegegnerin hervorgehoben wurde, kann dieser Kern mit herkömmlichen U-förmigen Teilen gefertigt werden. Aufgrund des Vorhandenseins zweier Luftspalte kann jede der drei oder vier Wicklungen einer Drossel für dreiphasige Anwendungen mit einem vorgegebenen Abstand von einer Luftspalte auf dem Kern angeordnet werden (siehe Figuren 5 und 6 des Streitpatents). Dies bewirkt, dass die Streuinduktivität jeder Wicklung mit dem Abstand zum Luftspalt variiert und somit genauer ausgelegt werden kann. Mit anderen Worten dienen die zwei Luftspalte nicht nur dazu, höhere Induktivitätswerte zu erzeugen oder eine Sättigung des Kerns zu verhindern. Sie verschaffen dem Fachmann auch die Möglichkeit, durch die Anordnung der Wicklungen in Bezug auf die Luftspalte unterschiedliche, als Längsinduktivitäten wirksame Streuinduktivitäten zu bestimmen.

7.4 Keines der vorliegenden Dokumente zeigt eine Drossel für dreiphasige Systeme, die einen aus zwei U-förmigen Teilen bestehenden Kern und zwei Luftspalte aufweist. Obwohl es selbstverständlich erscheinen mag, dass die Induktivitäts- bzw. Sättigungswerte einer Drossel durch den Luftspalt im Kern beeinflusst werden können, ist dem vorliegenden Stand der Technik nicht zu entnehmen, dass der Einsatz eines Kerns mit zwei Luftspalten bei einer Drossel für dreiphasige Anwendungen Vorteile bezüglich der Bestimmung der als Längsinduktivitäten wirkenden Streuinduktivitäten haben könnte.

Nach Meinung der Kammer hätte der Fachmann, der von einer Stabkerndrossel für Drehstrombeschaltung gemäß E5 ausgeht, keinen Anlass gehabt, den Stabkern durch einen aus zwei U-förmigen Teilen bestehenden Kern mit zwei Luftspalten zu ersetzen. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

7.5 Der abhängige Anspruch 2 betrifft eine besondere Ausführungsform einer Drei-Phasen-Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 und weist somit auch eine erfinderische Tätigkeit auf.

8. Aus den dargelegten Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Unterlagen gemäß dem Hilfsantrag 2 der Beschwerdegegnerin den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Dem Hilfsantrag 2 der Beschwerdegegnerin, das Patent in geänderter Form aufrechtzuerhalten, war somit stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Form mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung: Seiten 2, 3 und 4 eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- Zeichnungen: Figuren 1 bis 6 der Patentschrift.

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