T 1293/05 () of 22.10.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T129305.20071022
Datum der Entscheidung: 22 October 2007
Aktenzeichen: T 1293/05
Anmeldenummer: 97929197.8
IPC-Klasse: A61F 2/46
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Chirurgisches Instrument zum mechanischen Entfernen von Knochenzement
Name des Anmelders: Ferton Holding
Name des Einsprechenden: Karl Storz GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung - (nein)
Ausführbarkeit - (ja)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 5. Oktober 2005 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr gegen die am 5. August 2005 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 910 317 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 15. Dezember 2005 eingegangen.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die auf Artikel 100 a), b) und c) basierenden Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden.

II. Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin auf folgende Druckschriften verwiesen:

D1: US 4 298 074

D2: WO 95/22934

Zum Nachweis der offenkundigen Vorbenutzung des Instruments "Calcusplit":

D4.1: Technische Zeichnung eines Handstücks Nr. 27630030 (Serienversion) des Projekts pneumatische Lithotripsie

D4.2: Technische Zeichnung eines Projektils für das Projekt CALCUSPLIT

D4.3: Technische Zeichnung einer für das Projekt CALCUSPLIT verwendeten Sonde

D4.4: Broschüre ENDO WORLD, URO Nr. 18-D, 1995 "Calcusplit: Ein altes Prinzip - zu einem optimalen Lithotripsiesystem weiterentwickelt"

D4.5: Rechnung Nr. 6010711, datiert 22. März 1996 und adressiert an Dr. O. Ramesh, Indien, über ein CALCUSPLIT System.

D4.6: Ausfuhrbescheinigung, welche die Lieferung der in D4.5 aufgeführten Geräte belegt, datiert 22. März 1996

D4.7: Eidesstattliche Versicherung von Dr. Winfried Fugmann, Leiter der Patentabteilung der Karl Storz GmbH & Co. KG

D4.8: Gutachten von Professor H. Ermert vom 13. September 2000, "Untersuchung einer möglichen Benutzung des Patents EP 0 317 507 durch den Harnsteinzertrümmerer CALCUSPLIT der Firma Karl Storz GmbH & Co. KG"

D11.1: Auszüge aus einem Katalog der Firma Firma Storz "Urologie 5. Ausgabe 1/95"

D11.2: Bericht über Messungen, unterzeichnet von Frank Ilg (Industriemeister Metall) and Angela Riemann (Patentingenieurin) vom 14.12.05

D11.3: Rechnung Nr. 6004117, datiert 07.02.96 und adressiert an die J. Anklin AG in der Schweiz über ein Calcusplit System

D11.4: Rechnung Nr. 60122594, datiert 04.04.96 und adressiert an die RWE Handelsgesellschaft mbH Arzt- und Krankenhausbedarf über ein Calcusplit System

D12.1: Bericht zur Ermittlung der kinetischen Energie eines Projektils

D12.2: Bedienungshandbuch vom Dezember 1995 für ein Calcusplit System

Zum Nachweis der offenkundigen Vorbenutzung des Instruments "Lithoclast":

D5: EP-B-0 317 507

D6: US 5 160 336

D7: Untersuchung der Ausführbarkeit der durch das Patent EP 0 317 507 vermittelten Lehre, Prof. Dr.-Ing. H. Ermert, Ruhr-Universität Bochum, 14. Dezember 2000

D9: Messungen und Berechnungen für ein Lithoclast-System

D10: SWISS LITHOCLAST Produkt Broschüre, datiert November 1995

D13: Rechnung Nr. 412185, datiert 16.06,94 und adressiert an die Karl-Storz GmbH & Co. in Deutschland, über ein Lithoclast

D14: Prozeßstandschaftserklärung zwischen der Ferton Holding S.A. und der EMS S.A.

D15: Berechnungen für den Lithoclast

D16: Bericht über Messungen der Masse eines Lithoclast-Projektils und einer Lithoclast-Sonde, unterzeichnet von C. Rebholz am 21.11.05.

III. Am 22. Oktober 2007 fand eine mündliche Verhandlung statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Chirurgisches Instrument zum mechanischen Entfernen von Knochenzement (2), mit einem länglichen Gehäuse (4), mit einem Zylinder (6), in dem ein aus einem Projektil (10) bestehendes Kolbenelement mit Hilfe eines Antriebsmittels (14) hin- und herbewegbar ist, wobei das Kolbenelement an dem distalen Ende (18) des Zylinders (6) einen Schlag auf ein in dem Gehäuse (4) axial gelagertes, aus einer metallischen Stosswellenübertragungssonde (22) bestehendes Meißelwerkzeug ausübt, dadurch gekennzeichnet, dass das Projektil (10) auf eine Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigbar ist und eine Stoßwelle in die Stoßwellenübertragungssonde (22) induziert, deren Sondenspitze (26) die Stoßwelle bei einer Bewegungsamplitude der Sondenspitze (26) von weniger als 1,5 mm auf den Knochenzement (2) überträgt, daß die von dem Projektil (10) eingebrachte Stoßwellenergie im Bereich zwischen 0,3 J and ca. 2 J liegt und daß das Verhältnis der Masse des Projektils (10) zu der Masse der Stoßwellenübertragungssonde (22) 1:2 bis 1:10 beträgt."

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 100 c) EPÜ). Das Merkmal, wonach das Verhältnis der Masse des Projektils (10) zu der Masse der Stoßwellenübertragungssonde (22) 1:2 bis 1:10 betrage, sei aus dem Zusammenhang der ursprünglichen Offenbarung herausgerissen worden. Dieses Merkmal sei nämlich lediglich in der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels enthalten (siehe Seiten 8 bis 10 der WO - 97/48353) und dort immer im Zusammenhang mit einem Zwischenstück offenbart worden. Das Zwischenstück sei für das o.g. Verhältnis wesentlich, weil es offensichtlich die Übertragungsweise der Stoßwellenenergie beeinflusse. Die Aufnahme des oben genannten Merkmals in den Anspruch 1, ohne auch das Zwischenstück aufzunehmen, stelle daher eine unzulässige Erweiterung dar.

Ferner sei die im Anspruch definierte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ). Im Hinblick auf das Merkmal, wonach die von dem Projektil eingebrachte Stoßwellenergie im Bereich zwischen 0,3 J and ca. 2 J liegen soll, sei nämlich nicht klar, was unter dieser Energie zu verstehen sei. Unter Berücksichtigung der Ausführungen in Spalte 6, Zeilen 33 bis 41 der Patentschrift sie vor allem nicht klar, ob die Stoßwellenergie die ganze vom Projektil übertragene Energie oder nur Teil von ihr sei. Außerdem gehe aus der Patentschrift nicht hervor, wie der Fachmann die Stoßenergie zuverlässig messen könne.

Schließlich sei der Gegenstand des angefochtenen Patents nach den Artikeln 54 und 56 EPÜ auch nicht patentfähig (Artikel 100 a) EPÜ).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung eines "Calcusplit" genannten Gerätes, die durch die Dokumente D4.1 bis D4.8, D11.1 bis D11.4 und D12.1, D12.2 nachgewiesen wurde, nicht neu. Dieses Gerät arbeite wie die angegriffene Erfindung nach dem Schlaghammerprinzip. Die beanspruchte Geschwindigkeit des Projektils und die vom Projektil eingebrachte Stoßwellenenergie sei auch aus der offenkundigen Vorbenutzung bekannt, wie es durch einfache, auf dem Energieerhaltungssatz basierenden Berechnungen nachgewiesen werden könne (siehe D12.2). Die beanspruchte Bewegungsamplitude der Sonde sei ebenfalls bekannt (siehe zum Beispiel D4.8, Figur 6); dasselbe gelte für das Massenverhältnis Projektil-Sonde (siehe insbesondere Erklärung D4.7).

Außerdem sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch nicht neu gegenüber dem Gerät "Lithoclast", wie es in D10 und D6 beschrieben sei.

Alternativ beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderische Tätigkeit. Ausgehend von dem in D10 und D6 beschriebenen Gerät "Lithoclast" sei es nämlich insbesondere unter Berücksichtigung der D1 oder D2 naheliegend, dessen Werkzeug als Meißel auszubilden.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach den Argumenten der Gegenpartei und hat folgendes vorgetragen:

Das Verhältnis der Masse des Projektils zur Masse der Stoßwellenübertragungssonde sei unabhängig vom Vorhandensein eines Zwischenstücks, und dieses habe keinen Einfluß auf dieses Verhältnis. Die Funktion des rein fakultativen Zwischenstücks bestehe lediglich darin, das Gehäuse am distalen Ende hermetisch abzudichten (siehe WO -A - 97/48353, Seite 7, Zeilen 20 bis 23). Anspruch 1 sei daher nicht unzulässig erweitert worden.

Die beanspruchte Erfindung sei auch ausführbar. Für den Fachmann sei es offensichtlich, dass es sich bei der Stoßwellenenergie um die gesamte, vom Projektil eingebrachte und auf die Sonde übertragene Stoßenergie handele, welche auch problemlos zu ermitteln sei.

Die offenkundig vorbenutzten Geräte "Calcusplit" und "Lithoclast" seien nicht geeignet, um die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 in Frage zu stellen. Beide Geräte seien Lithotripter zur Steinzertrümmerung, die zwangsläufig kein Meißelwerkzeug enthielten und somit nicht zum Entfernen von Knochenzement geeignet seien. Aus diesem Grund werde der mit der Entwicklung eines chirurgischen Instruments zum Entfernen von Knochenzement betroffene Fachmann diese Geräte überhaupt nicht berücksichtigen. Folglich beruhe das patentgemäße Instrument auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 100 c) EPÜ (unzulässige Erweiterung)

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist das in Anspruch 1 enthaltene Massenverhältnis zwischen Projektil und Stoßwellenübertragungssonde ursprünglich nicht nur in Zusammenhang mit dem Zwischenstück (34) offenbart. Grundsätzlich ist der Seite 5, erster Absatz der WO - A - 97/48353 zu entnehmen, dass das Zwischenstück ein fakultatives Bauteil ist.

Das bevorzugte Ausführungsbeispiel, das die Basis für die beanspruchten Massenverhältnisse bildet, beinhaltet zwar ein solches Zwischenstück (siehe WO - A - 97/48353, ab Seite 6), dieses dient aber lediglich dazu, das Gehäuse am distalen Ende hermetisch abzudichten (siehe WO - A - 97/48353 Seite 7, Zeilen 20 - 23). Dass das Zwischenstück in irgendeinem Zusammenhang mit dem beanspruchten Massenverhältnis steht oder einen wesentlichen Einfluss auf die Übertragung der Stosswelle hat, geht aus den ursprünglichen Unterlagen aber nicht hervor. Folglich ist nicht zu erkennen, dass das Massenverhältnis zwischen Projektil und Stoßwellenübertragungssonde so eng mit dem Zwischenstück verbunden ist, dass dadurch die Stosswellenübertragung entscheidend bestimmt wird.

Das Patent ist daher nicht unzulässig erweitert.

3. Artikel 100 b) EPÜ (Ausführbarkeit)

Da der Begriff "Stoßwellenenergie" keine allgemein anerkannte technische Bedeutung hat, ist unter Berücksichtigung der Beschreibung festzustellen, was darunter zu verstehen ist. Aus Spalte 2, Zeilen 57 und 58 der Patentschrift geht hervor, dass die Stoßwellenenergie vom Projektil eingebracht wird und im Bereich bis zwischen 0,3 J und 2 J liegt, und aus Spalte 5, Zeilen 7 und 8 ist zu entnehmen, dass die auf die Stoßwellenübertragungssonde übertragene Stoßenergie ca. 0,3 bis 2 J beträgt. Aus der Zusammenschau dieser Ausführungen ist es für den Fachmann klar, dass mit dem Begriff "Stoßwellenenergie" eindeutig die gesamte, vom Projektil auf die Stoßwellenübertragungssonde übertragene Stoßenergie umschrieben wird und nicht nur ein Teil davon, wie es die Beschwerdeführerin vorgebracht hat. Wie z.B. die von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Berechnungen (D 12.1) zeigen, kann diese Energie von einem Fachmann auch ohne Probleme ermittelt werden.

Folglich ist die im Anspruch 1 definierte Erfindung im angefochtenen Patent so ausreichend deutlich und vollständig offenbart, dass sie von einem Fachmann ausgeführt werden kann.

4. Artikel 100 a) EPÜ

4.1 Neuheit

4.1.1 Offenkundige Vorbenutzung "Calcusplit"

Die vorliegenden Beweismittel für die offenkundige Vorbenutzung des Calcusplit-Systems zeigen (siehe insbesondere D4.4), dass dieses ein chirurgisches Instrument ist mit einem länglichen Gehäuse mit einem Zylinder, in dem ein aus einem Projektil bestehendes Kolbenelement mit Hilfe eines Antriebsmittels hin- und herbewegbar ist, wobei das Kolbenelement an dem distalen Ende des Zylinders einen Schlag auf ein in dem Gehäuse axial gelagertes, aus einer metallischen Stoßwellenübertragungssonde bestehendes Werkzeug ausübt (siehe D4.1, D4.2, D4.3). Außerdem induziert das Projektil eine Stosswelle in die Stoßwellenübertragungssonde, deren Sondenspitze die Stoßwelle bei einer Bewegungsamplitude der Sondenspitze von weniger als 1,5 mm auf den Knochenzement überträgt (siehe D4.8, Seite 20 bis 23, Bilder 6, 8, 10 und 12) und die von dem Projektil eingebrachte Stoßwellenergie im Bereich zwischen 0,3 J and ca. 2 J liegt (siehe D4.4, Seite 3).

Dieses Instrument ist jedoch nicht zum mechanischen Entfernen von Knochenzement vorgesehen, sondern zur Lithotripsie - d.h. zum Zertrümmern von z.B. Gallen- oder Nierensteinen. Dementsprechend ist das Werkzeug des Calcusplit auch kein Meißelwerkzeug. Darunter versteht der Fachmann nämlich ein Werkzeug, das am aktiven Ende keilförmig zugespitzt und mit einer Schneide versehen ist (vgl. z.B.: Duden, Deutsches Wörterbuch). Das Calcusplit-Werkzeug weist dagegen ein angefastes Ende auf (siehe D4.3).

Außerdem ist nicht ausreichend nachgewiesen worden, dass das Calcusplit-Projektil auf eine Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigbar ist. Um zu beweisen, dass dieses Merkmal im Calcusplit-System vorliegt, verweist die Beschwerdeführerin auf die Berechnungen gemäß D12.1. Diese Berechnungen basieren u. a. auf Maßgaben, die aus der Skizze auf Seite 8 der D 12.2 entnommen sind. Die Übereinstimmung dieser Maßangaben mit denen des offenkundig vorbenutzten Geräts ist aber nicht bewiesen worden.

Schließlich ist auch nicht bewiesen worden, dass das Verhältnis der Masse des Projektils zu der Masse der Stoßwellenübertragungssonde im Calcusplit-System 1:2 bis 1:10 betrug. Zum Nachweis hierfür wurden folgende Dokumente und Erklärungen zitiert: D4.3, D4.7 und D11.1 bis D11.4. Aus diesen Dokumenten geht zwar hervor, dass diverse Sonden des Calcusplit-Systems ein bestimmtes Gewicht aufweisen (Nr. 27630333: 6.47 g, siehe D4.3, D4.7, D11.1, D11.2, D11.3; Nr. 27630234: 10,4 g, siehe D11.1, D11.2, D11.4; Nr. 27630532: 5.2 g, siehe D4.7, D4.3) und dass diese Sonden im Zusammenhang mit einem Projektil vom 3 g das beanspruchte Erfindungsmerkmal erfüllen würden. Ob dieses besondere Projektil mit einer Masse von 3 g auch tatsächlich in Zusammenhang mit den erwähnten Sonden benutzt wurde, ist aber nicht bewiesen. In der Erklärung D4.7 ist lediglich angegeben, dass ein Projektil unbekannter Herkunft 3.0 g gewogen hat.

Dementsprechend ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Calcusplit neu.

4.1.2 Offenkundige Vorbenutzung "Lithoclast"

Das Lithoclast-System, wie es z.B. in D6 und D7 offenbart wird, ist ein chirurgisches Instrument mit einem länglichen Gehäuse (siehe D6, Bezugsziffer 3), mit einem Zylinder (2), in dem ein aus einem Projektil (1) bestehendes Kolbenelement mit Hilfe eines Antriebsmittels hin- und herbewegbar ist, wobei das Kolbenelement an dem distalen Ende des Zylinders einen Schlag auf ein in dem Gehäuse axial gelagertes, aus einer metallischen Stoßwellenübertragungssonde (4) bestehendes Werkzeug ausübt.

Auch dieses Instrument ist jedoch nicht zum mechanischen Entfernen von Knochenzement, sondern ebenfalls zur Lithotripsie vorgesehen.

Außerdem offenbaren die vorliegenden Beweismittel für die offenkundige Vorbenutzung des Lithoclast-Systems nicht:

- dass das Werkzeug ein Meißelwerkzeug ist,

- dass das Projektil auf eine Endgeschwindigkeit von 5 bis 20 m/s beschleunigbar ist und

- eine Stoßwelle in die Stoßwellenübertragungssonde induziert, deren Sondenspitze die Stoßwelle bei einer Bewegungsamplitude der Sondenspitze von weniger als 1,5 mm auf den Knochenzement überträgt,

- dass die von dem Projektil eingebrachte Stoßwellenenergie im Bereich zwischen 0,3 J and ca. 2 J liegt und

- dass das Verhältnis der Masse des Projektils zu der Masse der Stoßwellenübertragungssonde 1:2 bis 1:10 beträgt.

Der Hinweis in Spalte 4, Zeilen 23 bis 26 der D5, wonach das in Figur 1 der D5 gezeigte Gerät beispielsweise zum Schnitzen oder Gravieren von Materialien, insbesondere Stein, anwendbar ist, läßt keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass das Werkzeug dieses Geräts ein Meißelwerkzeug ist.

Die Berechnung der Endgeschwindigkeit eines Projektils mit Hilfe der in D15 angegebenen Maße entspricht den Berechnungen gemäß D12.1 zum Calcusplit-System. Die Beweiskraft dieser Berechnung ist aus demselben Grund unzureichend, wie er weiter oben im Zusammenhang mit der offenkundigen Vorbenutzung des Calcusplit-Systems dargelegt wurde. In Analogie zu den Ausführungen zum Calcusplit-System ist auch nicht ausreichend bewiesen, dass das beanspruchte Massenverhältnis beim Lithoclast-System vorliegt. Außerdem gehen die von der Einsprechenden vorgelegten Berechnungen davon aus, dass die Sonde zylindrisch ist. Diese ist aber integral mit dem Ring (10) ausgebildet (siehe D6, Spalte 2, Zeilen 43 bis 45), der zur Masse der Sonde entscheidend beiträgt.

Auch im Hinblick auf die Bewegungsamplitude und die Stoßwellenenergie des Lithoclast-Systems wurden keine ausreichenden Beweismittel vorgelegt.

Dementsprechend ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch gegenüber dem Lithoclast-System neu.

4.2 Erfinderische Tätigkeit

Sowohl das Gerät Calcusplit als auch das Gerät Lithoclast sind zum Zertrümmern von Nieren- bzw. Gallensteinen vorgesehen. Zu diesem Zweck werden über eine Sonde Stöße auf den Stein übertragen, die die Zertrümmerung verursachen. Dagegen ist die Erfindung darauf gerichtet, Knochenzement, zum Beispiel aus einer früheren Befestigung einer Hüftgelenkprothese, mit Hilfe von Meißelwerkzeugen zu entfernen.

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Einsatzgebiete der entgegengehaltenen Geräte und des Erfindungsgegenstands kann es nicht naheliegend sein, dass der Fachmann von einem Gerät zur Steinzertrümmerung ausgehend dieses mit einem Meißelwerkzeug versieht, wie es aus D1 oder D2 bekannt ist, um so zum Gegenstand nach Anspruch 1 zu gelangen. Aber selbst wenn der Fachmann ein solches Meißelwerkzeug im Calcusplit oder Lithoclast-System einsetzen würde, würde er immer noch nicht zum Gegenstand nach Anspruch 1 kommen, da weder D1 noch D2 irgendwelche Hinweise auf die weiteren unterscheidenden Merkmale der Erfindung, wie sie bei der Prüfung der Neuheit hervorgehoben sind, enthalten.

Dementsprechend beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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