T 1289/05 () of 7.2.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T128905.20080207
Datum der Entscheidung: 07 Februar 2008
Aktenzeichen: T 1289/05
Anmeldenummer: 99917776.9
IPC-Klasse: H02H 9/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Feldbusanordnung mit einem Feldbusverteiler
Name des Anmelders: ABB Patent GmbH
Name des Einsprechenden: Pepperl + Fuchs GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nein (alle Anträge)
Orientierungssatz:

siehe Punkte 7.1 und 7.2

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 060 552.

II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dabei stützte sich die Einspruchsabteilung auf die offenkundige Vorbenutzung eines von der Firma Pepperl + Fuchs GmbH hergestellten Geräts des Typs KSD2-BI-Ex4 und auf folgende Dokumente:

D1: EP-A-0 666 631,

E1: Schaltplan des Geräts KSD2-BI-Ex4,

E3: Auszug aus dem Katalog "Prozessautomation Interface Aufbaugehäuse", Seiten 278 und 279, betreffend das Gerät KSD2-BI-Ex4.

III. Am 7. Februar 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

IV. In der mündlichen Verhandlung wurde zusätzlich auf folgende, im Einspruchsverfahren genannte Dokumente Bezug genommen:

E7: Konformitätsaussage Nr. TÜV 98 ATEX 1272 X für RPI-Geräte der Firma Pepperl + Fuchs GmbH, insbesondere für das Gerät KSD2-BI-Ex4,

E9: Konformitätsbescheinigung PTB Nr. Ex-96.D.2088 für das Gerät KSD2-BI-Ex4.

V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten; hilfsweise, das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs 1 und der unveränderten Ansprüche 2 bis 6 aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VI. Anspruch 1 des Streitpatents gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:

"Feldbusanordnung mit einem Feldbusverteiler (11) zur Montage im explosionsgefährdeten Bereich (1) zur Speisung einer Mehrzahl von im explosionsgefährdeten Bereich (1) angeordneten Feldgeräten (121 bis 12n) über eigensichere Stromkreise (13) aus mindestens einer im nicht-explosionsgefährdeten Bereich (2) angeordneten, energiereichen Spannungsquelle (21) und zur Datenübertragung, wobei

a) ein im nicht explosionsgefährdeten Bereich (2) angeordneter Feldbuskoppler (22) mit drei voneinander galvanisch getrennten Stromkreisen vorgesehen ist,

- wobei der Feldbuskoppler (22) über den ersten Stromkreis mit einem im nicht-explosionsgefährdeten Bereich (2) geführten Feldbushauptstrang (23) verbunden ist,

- die Spannungsquelle (21) über den zweiten Stromkreis mit dem Feldbuskoppler (22) verbunden ist und

- der dritte Stromkreis als nichteigensicherer Stromkreis (24) in den explosionsgefährdeten Bereich (1) geführt ist,

b) der Feldbusverteiler (11) ausgestattet ist

- mit einer gehäuseartigen, alle spannungsführenden Bauteile gesamtheitlich umschließenden Kapselung,

- mit n Anschlüssen (1111 bis 111n) für eigensichere Stromkreise (13) zum Anschluss einer Mehrzahl von Feldgeräten (121 bis 12n),

- mit mindestens einem gesicherten Anschluß (1121) zum Anschluß des nichteigensicheren Stromkreises (24),

- mit Strombegrenzungsmitteln (1131 bis 113n), und einer Sammelschienenanordnung (115),

- wobei jeder der n Anschlüsse (1111 bis 111n) für eigensichere Stromkreise jeweils über ein Strombegrenzungsmittel (1131 bis 113n) mit der Sammelschienenanordnung (115) verbunden ist.

dadurch gekennzeichnet, daß der Feldbusverteiler (11) ausgestattet ist

- mit Spannungsbegrenzungsmitteln (114) und

- wobei der gesicherte Anschluß (1121) zum Anschluß eines nichteigensicheren Stromkreises (24) über die Spannungsbegrenzungsmittel (114) mit der Sammelschienenanordnung (115) verbunden ist."

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdeführerin unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich durch das Einfügen des Begriffs "busfähigen" in den folgenden ersten Absatz:

"Feldbusanordnung mit einem Feldbusverteiler (11) zur Montage im explosionsgefährdeten Bereich (1) zur Speisung einer Mehrzahl von im explosionsgefährdeten Bereich (1) angeordneten busfähigen Feldgeräten (121 bis 12n) über eigensichere Stromkreise (13) aus mindestens einer im nicht-explosionsgefährdeten Bereich (2) angeordneten, energiereichen Spannungsquelle (21) und zur Datenübertragung, wobei ...."(Unterstreichung hinzugefügt).

VII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das angefochtene Patent betreffe eine Feldbusanordnung mit einem Feldbusverteiler zur Montage in einem explosionsgefährdeten Bereich zur Speisung einer Mehrzahl von Feldgeräten über eigensichere Stromkreise. Unter dem Begriff "Feldbus" verstehe der Fachmann einen digitalen, seriellen Mehrpunktdatenbus mit einfachen industriellen Steuer- und Regelgeräten, der durch eine digitale Datenübertragung, Selbsttaktung, Halbduplex - Kommunikation und Manchester - Kodierung gekennzeichnet sei.

Ausgangspunkt der vorliegenden Erfindung sei das Dokument D1, das eine Feldbusanordnung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbare. Bei dieser bekannten Feldbusanordnung seien die für die Eigensicherheit der Stromkreise erforderlichen Spannungsbegrenzungsmittel in der im Wartebereich angeordneten prozessnahen Komponente PNK untergebracht. Dies bedeute, dass der durch den Feldbus verursachte Spannungsabfall zwischen der PNK und dem Feldbusverteiler nicht durch Anhebung der Speisespannung kompensiert werden könne. Bei der erfindungsgemäßen Feldbusanordnung fänden jedoch sowohl eine Begrenzung des Stromes als auch eine Begrenzung der Spannung im Feldbusverteiler statt, so dass der Spannungsabfall auf dem Feldbus kompensiert und somit die Anzahl der angeschlossenen Feldgeräte erhöht werden könnten.

Bei dem entgegengehaltenen Gerät KSD2-BI-Ex4 gemäß E1 und E3 handele es sich um einen Trennschalterverstärker, der an Näherungsinitiatoren nach NAMUR-Standard angeschlossen werden solle. Aus der Definition der anzuschließenden Signalgeber sei aber bereits offensichtlich, dass über die Klemmen KL1 und KL2 des entgegengehaltenen Trennschaltverstärkers ausschließlich Gleichstrom geführt sei, und dass keine Kommunikation zwischen einem Feldbus und den angeschlossenen Feldgeräten stattfinden könne. Insbesondere unter Berücksichtigung der in E3 gezeigten anschließbaren Einrichtung sei ferner offensichtlich, dass solche Einrichtungen nicht in der Lage seien, auch nur ein einziges Merkmal zur Kommunikation über einen Feldbus zu erfüllen. In der Tat seien die anschließbaren Einrichtungen keine busfähigen Feldgeräte. Der entgegengehaltene Trennschaltverstärker könne auch kein Feldbusverteiler sein, weil letzterer ausschließlich dazu diene, die vom Feldbus oder von den busfähigen Feldgeräten kommenden Daten unversehrt weiterzugeben.

Da der entgegengehaltene Trennschaltverstärker die Merkmale eines Feldbusverteilers nicht erfülle, sei völlig unerheblich, ob er zum Prioritätszeitpunkt vorbekannt gewesen sei und an irgendeiner Stelle auch Spannungsbegrenzungsmittel aufweise. Es sei allerdings offensichtlich, dass die in den Stromkreisen des Trennschaltverstärkers angeordneten Widerstände die Funktion einer Strombegrenzung im Sinne des Streitpatents nicht erfüllten.

Bei der vorliegenden Erfindung erfolgten ferner Speisung und Datenübertragung über denselben Stromkreis. Diesem gemeinsamen Stromkreis seien die Mittel zur Strombegrenzung und Spannungsbegrenzung zugeordnet. Bei dem entgegengehaltenen Trennschaltverstärker seien aber Speisung und Datenübertragung völlig getrennt, so dass die Mittel zur Strombegrenzung und Spannungsbegrenzung an keiner Stelle von der Datenübertragung tangiert würden.

Der Fachmann, der bestrebt sei, eine Feldbusanordnung anzugeben, die einen im explosionsgefährdeten Bereich einer verfahrenstechnischen Anlage montierbaren Feldbusverteiler zur Bereitstellung einer Vielzahl eigensicherer Stromkreise zur Energieversorgung und Datenübertragung für feldbusfähige Feldgeräte aufweise, werde den entgegengehaltenen Trennschaltverstärker für NAMUR-Sensoren überhaupt nicht in Betracht ziehen, weil letzterer ein anderes technisches Gebiet betreffe. Der entgegengehaltene Trennschaltverstärker sei somit irrelevant für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents.

In Anspruch 1 des Hilfsantrags werde klargestellt, dass die erfindungsgemäße Feldbusanordnung zur Speisung von busfähigen Feldgeräten diene und somit mit dem entgegengehaltenen Gerät KSD2-BI-Ex4 überhaupt nicht vergleichbar sei.

Zusammenfassend weise eine Feldbusanordnung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags oder des Hilfsantrags eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPC auf.

VIII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Es sei unstreitig, dass D1 eine Feldbusanordnung offenbare, die die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Streitpatents vollständig aufweise.

Der vorbekannte Trennschaltverstärker gemäß E1 und E3 sei für den explosionsgefährdeten Bereich konzipiert und zugelassen (siehe E7). Ein solches Gerät weise Schaltkreise auf, die zum Anschluss von Sensoren gemäß dem NAMUR- Standard dienten und den Feldgeräten der Figur 1 des Streitpatents völlig entsprächen. Jeder Ausgang sei an eine zentrale Spannungsbegrenzung angeschlossen, welche über ein Diodennetzwerk realisiert sei. Des Weiteren weise jeder der Schaltkreise eine eigene, durch die jeweiligen Widerstände gebildete Strombegrenzung auf, so dass die Eigensicherheit der Schaltkreise gewährleistet sei.

Der von der Beschwerdegegnerin vertriebene Trennschalterstärker diene gleichermaßen als Verteiler zur Montage im explosionsgefährdeten Bereich, zur Datenübertragung und zur Speisung einer Mehrzahl von im explosionsgefährdeten Bereich angeordneten Geräten über eigensichere Stromkreise, wobei die im nicht-explosionsgefährdeten Bereich angeordnete energiereiche Spannungsquelle über einen nicht-eigensicheren Stromkreis mit einem gesicherten Anschluss des Trennschaltverstärkers verbunden sei.

Damit verwirkliche der vorbekannte Trennschaltverstärker sämtliche Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Streitpatents.

Der Fachmann, der sowohl D1 als auch den offenkundig vorbenutzten Trennschaltverstärker kenne, könnte den Gegenstand des Trennschaltverstärkers in die Ausgestaltung des Gegenstands des Dokuments D1 einfügen, ohne dabei in erfinderischer Weise tätig zu werden. Die Feldbustechnik und die Technik des Trennschaltverstärkers lägen auf demselben technischen Gebiet, insbesondere wenn es sich um den technischen Einsatz von Geräten - einerseits busfähigen Feldgeräten andererseits NAMUR-Sensoren - im explosionsgefährdeten Bereich handele. Mit anderen Worten ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents aus der für den Fachmann naheliegenden Anwendung des Prinzips der Ausgestaltung des bekannten Trennschaltverstärkers auf die in D1 offenbarte Feldbusanordnung.

Der erst in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag, sei als verspätet zurückzuweisen. Die Klarstellung im Oberbegriff von Anspruch 1, dass die genannten Feldgeräte "busfähig" seien, ändere allerdings nichts an der mangelnden Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands, da auch D1 eine Feldanordnung für busfähige Feldgeräte betreffe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2.1 Das angefochtene Patent bezieht sich auf eine Feldbusanordnung mit einem Feldbusverteiler für Feldbussysteme, welcher im explosionsgefährdeten Bereich einer verfahrenstechnischen Anlage montierbar ist.

2.2 Gemäß dem Streitpatent (Spalte 1, Absatz [0002]) sind Feldbusse elektrische Einrichtungen zur Kommunikation zwischen im explosionsgefährdeten Bereich angeordneten Feldgeräten (z.B. Sensoren, Aktoren und Messumformer) und Steuerungs- bzw. Regelungssystemen, die dem nicht explosionsgefährdeten Wartebereich zugeordnet sind.

Besondere Anforderungen sind an elektrische Betriebsmittel gestellt, die zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen bestimmt sind, um einen möglichen Explosionsunfall auszuschließen. Aufgrund der Rechtsvorschriften ist es ausschließlich bei eigensicheren (d. h. strom- und spannungsbegrenzten) Stromkreisen gestattet, während des laufenden Betriebes elektrische Leitungen bedingungslos ab- bzw. anzuklemmen (vgl. Streitpatent, Spalte 1, Absätze [0003] und [0004]).

Hauptantrag der Beschwerdeführerin

3.1 Es ist unstreitig, dass D1 eine Feldbusanordnung offenbart, die alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale aufweist.

D1 (Figur 1) zeigt u. a. einen Feldbusverteiler 21 zur Montage im explosionsgefährdeten Bereich 20 zur Speisung einer Mehrzahl von im explosionsgefährdeten Bereich angeordneten Feldgeräten 23. Der Feldbusverteiler 21 ist mit einer prozessnahen Komponente (PNK) über einen Feldbus 22 angeschlossen, der als nicht eigensicherer Stromkreis ausgeführt und an den Feldbusverteiler 21 über Klemmen 215 in erhöhter Sicherheit angeschlossen ist.

3.2 Wie es aus D1 hervorgeht (Spalte 4, Zeilen 47 bis 54), wird die Eigensicherheit der Stromkreise durch folgende Maßnahmen gewährleistet:

- eine Strombegrenzung ist in jedem Stromkreis angeordnet, und

- die Spannungsbegrenzung und die galvanische Trennung sind dem Verteiler vorgeschaltet und im nicht-explosionsgefährdeten Bereich angeordnet.

4.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich von der aus D1 bekannten Feldbusanordnung im Wesentlichen dadurch, dass auch die Spannungsbegrenzung im Feldbusverteiler (d. h. im explosionsgefährdeten Bereich) angeordnet ist. Dieser Unterschied wird durch folgende Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 spezifiziert (vgl. Streitpatent: Figuren 1 und 2):

- der Feldbusverteiler 11 ist mit Spannungsbegrenzungsmitteln 114 ausgestattet;

- der gesicherte Anschluss 1121 ist zum Anschluss eines nichteigensicheren Stromkreises 24 über die Spannungsbegrenzungsmittel 114 mit der Sammelschienenanordnung 115 verbunden.

4.2 Durch die o. g. Merkmale wird die Limitierung von Strom und Spannung lediglich im Feldbusverteiler, d. h. im explosionsgefährdeten Bereich realisiert, so dass die Ausgangsleistung der im nicht-explosionsgefährdeten Bereich angeordneten Spannungsquelle erhöht werden kann, um einen durch die Verbindungskabel verursachten Spannungsabfall zwischen der PNK und dem Feldbusverteiler auszugleichen.

4.3 Ausgehend von D1 kann somit die Aufgabe des Streitpatents darin gesehen werden, eine Feldbusanordnung mit einem im explosionsgefährdeten Bereich einer verfahrenstechnischen Anlage montierbaren Feldbusverteiler bereitzustellen, welche die Übertragung einer höheren Energie aus dem nicht-explosionsgefährdeten in den explosionsgefährdeten Bereich und somit die Versorgung einer größeren Anzahl von Feldgeräten ermöglicht.

5.1 Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass ein Trennschaltverstärker mit der Bezeichnung KSD2-BI-Ex4 vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents der Öffentlichkeit zugänglich war und dass dieses Gerät somit zum Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ gehört.

5.2 Gemäß dem Schaltplan E1 weist der vorbekannte Trennschaltverstärker vier Schaltkreise auf, die zum Anschluss von Sensoren gemäß NAMUR-Standard dienen. Jeder der Schaltkreise umfasst Widerstände R1 bis R12. Eine Ausgangsspannung +8V ist jeweils parallel an die Eingänge der vier Schaltkreise gelegt.

Wie es dem Dokument E9 (siehe 6.4.1 und 6.4.2) zu entnehmen ist, verfügt der vorbekannte Trennschaltverstärker über Strom- und Spannungsbegrenzungen der eigensicheren Stromkreise. Die Begrenzung der Ausgangspannung +8V wird durch dreifach redundant ausgeführte Zenerdioden N11, N12 und N13 gewährleistet. Die Strombegrenzung erfolgt für jeden der vier Stromkreise separat durch die Widerstände R1, R4, R7 und R10. Sowohl die Dioden als auch die Widerstände werden als sicherheitsrelevante Bauelemente identifiziert (D9, Abschnitt 8.).

5.3 Wie die Beschwerdeführerin geltend gemacht hat, ist der auf Seite 278 von E3 abgebildete Trennschaltverstärker KSD2-BI-Ex4 in einem nicht-explosionsgefährdeten Bereich angeordnet. Gemäß der Konformitätsaussage E7 ist er aber auch für die Installation und den Betrieb in explosionsgefährdeten Bereichen zugelassen.

5.4 Es ist daher für die Kammer erwiesen, dass der vorbekannte Trennschaltverstärker KSD2-BI-Ex4 über eine Strombegrenzung und eine Spannungsbegrenzung verfügt, und dass er auch in explosionsgefährdeten Bereich betrieben werden darf.

5.5 Der offenkundigen Vorbenutzung des Trennschaltverstärkers KSD2-BI-Ex4 kann daher entnommen werden, dass es vor dem Prioritätstag des Streitpatents dem Fachmann bekannt war, bei einer im explosionsgefährdeten Bereich einer verfahrenstechnischen Anlage montierbaren Vorrichtung mit Eingangsstromkreisen für den Anschluss von Signalgebern die Eigensicherheit der Signalstromkreise durch eine jedem der Signalstromkreise zugeordnete Strombegrenzung und eine allen Stromkreisen vorgeschaltete Spannungsbegrenzung zu gewährleisten.

6.1 Es liegt auf der Hand, dass eine im nicht-explosionsgefährdeten Bereich angeordnete Spannungsbegrenzung die Energie limitiert, die aus dem nicht-explosionsgefährdeten Bereich in den explosionsgefährdeten Bereich übertragbar ist, da die Spannung am Eingang der Spannungsbegrenzungsmittel und somit im nicht-explosionsgefährdeten Bereich unterhalb der Zenerspannung bleiben muss. Bei der Feldbusanordnung gemäß D1 schränkt dies u. a. die Möglichkeiten eines Ausgleichs des Spannungsabfalls ein, den die Kabellänge zwischen der PNK und dem Feldbusverteiler verursacht.

6.2 Der vorbekannte Trennschaltverstärker lehrt aber den Fachmann, dass es auch möglich ist, die für die Eigensicherheit der Schaltkreise erforderliche Strom- und Spannungsbegrenzungen im explosionsgefährdeten Bereich anzuordnen. Dies impliziert, dass die am Ausgang der PNK anliegende Spannung über die Zenerspannung der Spannungsbegrenzungsmittel erhöht werden kann, um somit z. B. einen größeren Spannungsabfall zwischen der PNK und dem Verteiler auszugleichen.

6.3 Für den Fachmann, der von D1 ausgeht und bestrebt ist, eine Feldbusanordnung zu schaffen, welche die Übertragung einer höheren Energie in den explosionsgefährdeten Bereich zulässt, wäre es naheliegend, die Lehre des vorbekannten Trennschaltverstärkers bezüglich der Anordnung der Spannungsbegrenzungsmittel anzuwenden und somit zur erfindungsgemäßen Feldbusanordnung zu gelangen.

6.4 Zusammenfassend beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Hilfsantrag der Beschwerdeführerin

7.1 Die durch den Hilfsantrag der Beschwerdeführerin beantragte Änderung des Oberbegriffs von Anspruch 1 dient offensichtlich zur Klarstellung, dass die beanspruchte Feldbusanordnung im Unterschied zum vorbekannten Trennschaltverstärker für den Einsatz mit busfähigen Feldgeräten bestimmt ist.

7.2 Nach Ansicht der Kammer stellte die Einreichung dieses Hilfsantrags eine berechtigte Reaktion auf die von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente, die sich im Wesentlichen auf die Kombination einer Feldbusanordnung gemäß D1 mit einem Trennschaltverstärker für nicht busfähige Feldgeräte stützten.

Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag war somit zuzulassen.

8.1 Die Klarstellung im Oberbegriff von Anspruch 1, dass die von der Feldbusanordnung zu speisenden Feldgeräte busfähig sind, vermag allerdings nicht, die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Hauptantrags zu überwinden.

8.2 In der Tat betrifft D1 eine Feldbusanordnung zur Speisung von busfähigen Geräten und offenbart somit alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag.

Ferner besteht die für den vorliegenden Fall wesentliche Lehre der offenkundigen Vorbenutzung darin, sowohl die jedem Signalstromkreis zugeordnete Strombegrenzung als auch die allen Signalstromkreisen vorgeschaltete Spannungsbegrenzung im explosionsgefährdeten Bereich einer verfahrenstechnischen Anlage anzuordnen. Für diese Lehre und deren Anwendungen ist es unerheblich, ob die an die Signalstromkreise anzuschließenden Feldgeräte busfähig sind.

8.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ

9.1 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass keiner der von der Beschwerdeführerin gestellten Anträge eine Basis für die Aufrechterhaltung des von der Einspruchsabteilung widerrufenen Patents bieten kann.

9.2 Dem Antrag der Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen, war somit stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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