European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T124105.20071206 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Dezember 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1241/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98955466.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02M 1/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Pulswechselrichter mit variabler Schaltfrequenz und Windenergieanlage mit einem Pulswechselrichter | ||||||||
Name des Anmelders: | Wobben, Aloys | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Vestas Wind Systems A/S | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - nein, Hauptantrag Erfinderische Tätigkeit - ja, Hilfsantrag |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden des Patentinhabers und der Einsprechenden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1 027 767 in geändertem Umfang.
II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem damaligen Hilfsantrag VI auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ). Als Stand der Technik wurde folgendes Dokument berücksichtigt:
D1: "MODERN POWER ELECTRONICS Evolution, Technology, and Applications", Edited by B.K. Bose, IEEE Press, 1992, Seiten 3 bis 40 und 555 bis 562.
III. In einer Mitteilung vom 30. Juli 2007 bezog sich die Kammer zusätzlich auf folgendes Dokument:
D9a: "Windkraftanlagen im Netzbetrieb", Dr.- Ing. S. Heier, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, B.G. Teubner Stuttgart 1996, Seiten 209 bis 249.
IV. Mit Schreiben vom 6. November 2007 reichte die Einsprechende u. a. vier Ausführungsbeispiele eines nach der Lehre von D1 und D9a gebauten Pulswechselrichters ein.
V. Am 6. Dezember 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
VI. Der Patentinhaber beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag); hilfsweise, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Beschreibung: Seiten 3, 4 der Patentschrift,
Seite 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2005,
- Ansprüche: 1 bis 4, eingereicht als Hilfsantrag VIII mit Schreiben vom 22. November 2005;
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 der Patentschrift.
Die Einsprechende beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
VII. Anspruch 1 des Streitpatents (Hauptantrag des Patentinhabers) lautet wie folgt:
"Pulswechselrichter (PWR) mit variabler Pulsfrequenz zur Erzeugung eines sinusförmigen Wechselstromes,
dadurch gekennzeichnet, daß
- die Pulsfrequenz-Änderung abhängig ist vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes (i), wobei die Pulsfrequenz (fs) im Nulldurchgang des zu erzeugenden Wechselstromes (i) um ein Vielfaches größer ist als im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes (i) und
- die kleinste Pulsfrequenz (fs) im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes (i) mindestens einige 100 Hz beträgt."
Die Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrages des Patentinhabers lauten wie folgt:
"1. Pulswechselrichter (PWR) mit variabler Pulsfrequenz zur Erzeugung eines sinusförmigen Wechselstromes, wobei
- die Pulsfrequenz-Änderung abhängig ist vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes (i), wobei die Pulsfrequenz (fs) im Nulldurchgang des zu erzeugenden Wechselstromes (i) um ein Vielfaches größer ist als im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes (i) gekennzeichnet dadurch, dass die Pulsfrequenz (fs) im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes (i) etwa 14 - 18 kHz und im Bereich der maximalen Amplituden des Stromes etwa 500 Hz bis 2 kHz beträgt."
"2. Windenergieanlage mit einem Pulswechselrichter (PWR) nach Anspruch 1."
"3. Anordnung von mehreren parallel zueinander geschalteten Windenergieanlagen nach Anspruch 2."
"4. Parallelschaltung von mehreren Puls-Wechselrichtern nach Anspruch 1."
VIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente des Patentinhabers lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents (Hauptantrag) beziehe sich auf einen Pulswechselrichter mit variabler Pulsfrequenz, bei dem eine Pulsfrequenz-Änderung in Abhängigkeit vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes erfolge. Wie die Pulsfrequenz beim erfindungsgemäßen Pulswechselrichter tatsächlich variiert werde, gehe eindeutig aus dem Anspruchswortlaut und der Beschreibung hervor. Nach Spalte 3, Zeilen 20 bis 30 der Patentschrift schlage die vorliegende Erfindung eine Optimierung der Pulsfrequenz des Pulswechselrichters vor, um die Verlustleistung zu verringern und den Oberschwingungsgehalt zu minimieren. Diese Optimierung bestehe darin, die Pulsfrequenz variabel auszubilden und zwar so, dass sie im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes maximal und im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes minimal sei. Durch die erfindungsgemäße Variabilität der Pulsfrequenz werde erreicht, dass im Bereich der Nulldurchgänge, d. h. wo Störungen beim einzuspeisenden Wechselstrom die größten Auswirkungen auf das Netz haben könnten, der erzeugte Wechselstrom von der Ideal-Sinuskurve am wenigsten abweiche und somit einen vernachlässigbaren Oberschwingungsanteil habe. Wegen der niedrigeren Pulsfrequenz zur Reduzierung der Verlustleistung im Bereich der maximalen Amplitude weise der erzeugte Wechselstrom zwar einen größeren Oberschwingungsanteil auf. Insgesamt sei aber der Gehalt an Oberschwingungen minimal.
D1 (Seite 28, Abschnitt 6.2) beschreibe einen stromgesteuerten Pulswechselrichter, der mit einem Hystereseband arbeite. In diesem Dokument erfolge ein Schalten der Transistoren in Abhängigkeit von einem Vergleich des Referenzstromsignals und des tatsächlichen Stromsignals, wobei ein Schaltvorgang eingeleitet werde, wenn der tatsächliche Strom das Hystereseband über- bzw. unterschreite. Die Steuerung des Pulswechselrichters und somit die variable Pulsfrequenz seien von einem Vergleich zwischen dem sinusförmigen Referenzstromsignal und dem tatsächlichen Stromsignal und nicht vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes abhängig.
Ferner sei dem Dokument D1 nicht zu entnehmen, dass die Pulsfrequenz des bekannten Pulswechselrichters im Nulldurchgang um ein Vielfaches höher als im Bereich der maximalen Amplitude sei, und dass die kleinste Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude mindestens einige 100 Hz betrage.
Dokument D9a (Seite 237, Abschnitt 4.1.5.4) beziehe sich auch auf einen Pulswechselrichter, der nach der Hystereseband-Methode arbeite, und bei dem die Pulsfrequenz durch den Vergleich zwischen einem Referenzstromsignal und dem tatsächlichen Stromsignal bestimmt werde. D9a gehe somit nicht über die Lehre von D1 hinaus.
Da keines der vorliegenden Dokumente einen Pulswechselrichter zeige, der die Kombination der im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale offenbart, sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
Anspruch 1 des Hilfsantrages präzisiere die Werte der variablen Pulsfrequenz des erfindungsgemäßen Pulswechselrichters im Bereich der Nulldurchgänge und im Bereich der maximalen Amplitude des zu erzeugenden Stromes. Da der vorliegende Stand der Technik die beanspruchten Pulsfrequenzbereiche weder offenbare noch nahelege, genüge der Gegenstand des Anspruchs 1 den Erfordernissen der Artikel 54 und 56 EPÜ.
IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Einsprechenden lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Wie die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, seien alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents dem Dokument D1 zu entnehmen. Insbesondere gehe aus D1 (Seite 30, Figur 49) hervor, dass sich die Pulsfrequenz zur Steuerung der Schaltelemente eines Pulswechselrichters entlang der zu erzeugenden Stromwelle ändere und zwar so, dass sie vom Nulldurchgang zum Maximum abnehme und vom Maximum zum folgenden Nulldurchgang wieder zunehme. Die Pulsfrequenz-Änderung sei somit vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes abhängig. Es sei auch der Figur 49 von D1 zu entnehmen, dass die Pulsfrequenz im Nulldurchgang des zu erzeugenden Wechselstromes um ein Vielfaches größer als im Bereich der maximalen Amplitude sei. In der Tat liege es in der Natur der Sache, dass die Pulsfrequenz im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes höher als im Bereich von dessen maximalen Amplitude sei, wenn der Ausgangsstrom durch Steuerung der Schaltelemente im vorgegebenen Hystereseband gehalten werden solle. Es sei ferner dem Fachmann bekannt, dass die Pulsfrequenz ein Vielfaches der Grundfrequenz des zu erzeugenden Wechselstromes sein müsse. In der Tat zeige Figur 49 von D1 eindeutig eine Pulsfrequenz, die viel höher als die Frequenz des Ausgangsstromes sei.
Auch das Dokument D9a beziehe sich auf einen Pulswechselrichter, der alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents aufweise.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei somit nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
Anspruch 1 des Hilfsantrags umfasse die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents. Der Wortlaut des Anspruchs 2 der Patentschrift sei aber geändert worden und die Pulsfrequenz im Bereich der Nulldurchgänge sei nunmehr als "etwa 14 - 18 kHz" und nicht als "im Bereich etwa 14 - 18 kHz" definiert. Diese Änderung, die eine Einschränkung des Schutzbereichs impliziere, finde jedoch keine Stütze in der ursprünglichen Offenbarung und verstoße somit gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
Angesichts des vorliegenden Standes der Technik und insbesondere der Lehre von D1 und D9a seien die in Anspruch 1 des Hilfsantrags definierten Frequenzbereiche für das Maximum und das Minimum der variablen Pulsfrequenz eine für den Fachmann naheliegende Auswahl. Der obere Frequenzbereich von 14 bis 18 kHz im Bereich der Nulldurchgänge entspreche der maximalen Schaltfrequenz von 20 kHz eines IGBTs (Insulated-Gate-Bipolar-Transistors). Wie die vorgelegten Ausführungsbeispiele eines Pulswechselrichters gemäß D1 oder D9a zeigten, könnte sowohl der obere Frequenzbereich als auch der untere Frequenzbereich von 500 Hz bis 2 kHz im Bereich der maximalen Amplitude des erzeugten Wechselstromes durch eine geeignete Parameterauswahl erreicht werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Gemäß dem Streitpatent (siehe Patentschrift, Spalte 2, Zeile 56 bis Spalte 3, Zeile 3) liegt der vorliegenden Erfindung die Erkenntnis zugrunde, "von einem Pulswechselrichter mit einer statischen Schaltfrequenz bzw. Taktdauer, wie aus dem Stand der Technik und aus Fig. 2 bekannt, völlig abzurücken und die Schaltfrequenz variabel zu gestalten, und zwar in Abhängigkeit des zu erzeugenden Wechselstroms."
Im Streitpatent ist die Schaltfrequenz auch Pulsfrequenz fs genannt und als Kehrwert der Taktdauer T (siehe Figur 2: T= t1+t2) definiert, wobei innerhalb eines Taktes T ein mit dem Pluspol der gelieferten Gleichspannung verbundener Schalter S1 für eine Zeitdauer t1 und ein mit dem Minuspol verbundener Schalter S2 für eine Zeitdauer t2 eingeschaltet sind.
Hauptantrag des Patentinhabers
Neuheit
3.1 In der angefochtenen Entscheidung (siehe Seiten 9 bis 11) hat die Einspruchsabteilung u. a. festgestellt, dass alle in Anspruch 1 des erteilten Patents aufgeführten Merkmale in D1 (siehe insbesondere Figur 49 auf Seite 30) entweder explizit oder implizit offenbart seien (Artikel 54 EPÜ).
3.2 Nach Auffassung des Patentinhabers sind folgende Merkmale des Anspruchs 1 des erteilten Patents dem Dokument D1 jedoch nicht eindeutig und unmittelbar zu entnehmen:
b) die Pulsfrequenz - Änderung ist vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes abhängig,
c) die Pulsfrequenz im Nulldurchgang des zu erzeugenden Wechselstromes ist um ein Vielfaches größer als im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes,
d) die kleinste Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes beträgt mindestens einige 100 Hz.
4.1 D1 (Seite 28, Abschnitt 6.2.1) betrifft einen Pulswechselrichter, bei welchem die Steuerung des Ausgangsstromes nach der Hystereseband-Methode erfolgt, die im Wesentlichen darin besteht, die Ein- bzw. Ausschaltzeiten der Schaltelemente des Pulswechselrichters so zu steuern, dass der Ausgangsstrom innerhalb eines um den Sollstrom definierten Toleranzbandes geregelt wird. Da der Anstieg bzw. die Abnahme des Ausgangsstroms u. a. von der Differenz zwischen der zugeführten positiven bzw. negativen Gleichspannung und der am Ausgang des Pulswechselrichters anliegenden Spannung abhängt, ergibt sich, dass die Schaltzeiten der mit der positiven bzw. negativen Gleichspannung verbundenen Schaltelemente und somit die im Streitpatent definierte Pulsfrequenz fs von der Gleichspannung und vom Verlauf der sinusförmigen, am Ausgang anliegenden Netzspannung abhängig sind.
Wenn keine wesentliche Phasenverschiebung zwischen dem ins Netz einzuspeisenden Ausgangsstrom des Pulswechselrichters und der an dessen Ausgang anliegenden Netzspannung besteht, weist ein nach der in D1 dargelegten Hystereseband-Methode arbeitender Pulswechselrichter eine Pulsfrequenz auf, deren Änderung vom Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes (siehe o. g. Merkmal b)) abhängt. Um den Ausgangsstrom innerhalb des den sinusförmigen Sollstrom umfassenden Toleranzbandes zu halten, stellen sich die Schaltzeiten der Schaltelemente so ein, dass die Pulsfrequenz fs im Nulldurchgang des zu erzeugenden Wechselstromes wesentlich größer als im Bereich der maximalen Amplitude ist (siehe Merkmal c)).
Was das o. g. Merkmal d) angeht, ist es in D1 (Seite 3, linke Spalte, erster Absatz) implizit, dass Figur 49 sich auch auf einen Pulswechselrichter beziehen kann, der mit einem üblichen Netz verbunden ist und somit einen Ausgangsstrom mit einer Frequenz von 50 oder 60 Hz erzeugt. Wenn Figur 49 auf die Halbwelle eines Ausgangsstromes mit einer Frequenz von 50 oder 60 Hz bezogen wird, beträgt die Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude mindestens einige 100 Hz.
4.2 Ein Pulswechselrichter, der nach der Hystereseband-Methode arbeitet und dafür bestimmt ist, die Energie vom Generator einer Windkraftanlage aufzubereiten und dem Netz zuzuführen, ist ferner aus D9a (Bild 4.1.18) bekannt. Durch eine Steuereinrichtung, die mit der Netzspannung synchronisiert ist, werden die Transistoren so geschaltet, dass der erzeugte Netzstrom "weitgehend sinusförmigen Verlauf hat". Wie Figuren 4.1.19 und 4.1.20 zeigen, ändert sich die Pulsfrequenz im Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes und zwar so, dass sie im Nulldurchgang wesentlich größer als im Bereich der maximalen Amplitude ist. Dem Bild 4.1.20 sind insbesondere die Schaltvorgänge der Transistoren zu entnehmen, die sich bei der Erzeugung der positiven Halbwelle eines 50 Hz Ausgangsstromes mit einem großen bzw. kleinen Toleranzband entstehen. Es ist ersichtlich, dass in beiden Fällen die kleinste Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude mindestens einige 100 Hz beträgt.
4.3 Zusammenfassend offenbaren sowohl D1 als auch D9a einen Pulswechselrichter zur Erzeugung eines Wechselstromes, der alle in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale aufweist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.
Hilfsantrag des Patentinhabers
Artikel 123 (2) und (3) EPÜ
5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich im Wesentlichen von Anspruch 1 des erteilten Patents durch folgende in Anspruch 2 der Patentschrift aufgeführte Merkmale:
"dass die Pulsfrequenz (fs) im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes (i) etwa 14-18 kHz und im Bereich der maximalen Amplituden des Stromes etwa 500 Hz bis 2 KHz beträgt."
5.2 Die Einsprechende hat geltend gemacht, dass der o. g. Wortlaut dem ursprünglichen Anspruch 2 nicht genau entspreche, und das die vorgenommene Änderung einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ darstelle.
5.3 Anspruch 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen lautet wie folgt:
"Pulswechselrichter (PWR) nach Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, dass die Pulsfrequenz (fs) im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes (i) im Bereich etwa 14-18 kHz und im Bereich der maximalen Amplituden des Stromes etwa 500 Hz bis 2 KHz beträgt."
5.4 Die Kammer stimmt mit dem Patentinhaber überein, dass es sich bei der Streichung von "im Bereich" in Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht um eine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung, sondern um die Berichtigung eines offensichtlichen Fehlers handelt. Die von der Einsprechenden beanstandete Änderung des Anspruchswortlauts ist somit zulässig gemäß Artikel 123 (2) EPÜ.
5.5 Anspruch 1 des Hilfsantrags verstößt ferner offensichtlich nicht gegen Artikel 123 (3) EPÜ.
Neuheit und erfinderische Tätigkeit
6.1 Dokument D9a (Seite 237, letzter Absatz und Seite 238, erste zwei Absätze) lehrt u. a., dass sich bei einem Pulswechselrichter schnelle Regelmöglichkeiten durch hohe Pulsfrequenz realisieren lassen, und dass dazu leistungselektronische Schaltelemente (IGBT) eingesetzt werden können. Dieses System erlaubt einen hoch dynamisch geregelten Betrieb mit der Einspeisung nahezu sinusförmiger Ströme. Durch die Steuereinrichtung, die mit der Netzspannung synchronisiert ist, werden die Transistoren so geschaltet, dass der Netzstrom weitgehend sinusförmigen Verlauf hat. Die Differenz der Spannungsmomentanwerte von Stromrichterausgang und Netz bestimmen den Stromfluss, wobei die am Ausgang des Pulswechselrichters angeordneten Umrichterdrosseln die Stromänderungsgeschwindigkeit begrenzen.
Wie aus dem Dokument D9a (Seite 238, dritter Absatz) hervorgeht, werden die Eigenschaften eines Pulswechselrichters durch das steuernde Pulsmuster wesentlich bestimmt. Bild 4.1.19 von D9a zeigt den Verlauf des Ausgangsstromes, der im Hystereseband DeltaI geregelt wird. Dieses Bild verdeutlicht den Zusammenhang zu den Schaltzyklen der jeweils mit dem Pluspol oder dem Minuspol der Gleichspannung verbundenen Transistoren T1 und T2 (D9a, Bild 4.1.18). Der Ausgangsstrom pendelt in Abhängigkeit vom sinusförmigen Sollwert zwischen einem Maximal- und einem Minimalwert, die die Grenzen des Hysteresebandes darstellen. Nach Bild 4.1.19 von D9a stellt sich die Taktfrequenz der Schaltvorgänge, d. h. die im Streitpatent genannte Pulsfrequenz, in Abhängigkeit von dem Verlauf des zu erzeugenden Wechselstromes und dem gewählten Hystereseband frei ein, wobei die Sollwerte, das Ansteuerverfahren und die daraus resultierende Pulsfrequenz den Oberschwingungsgehalt des Ausgangsstromes beeinflussen (siehe Bild 4.1.20). Hohe Anforderungen an die Qualität des Ausgangsstromes, d. h. hohe Pulsfrequenzen, haben jedoch größere Verluste im Pulswechselrichter zur Folge.
6.2 Bild 4.1.20 zeigt den Wechselstrom, den ein Pulswechselrichter mit einem Hystereseband von 15% bzw. 5% erzeugt. In beiden Fällen ergibt sich eine Pulsfrequenz, die sich in Abhängigkeit vom Verlauf des zu erzeugenden Stromes ändert und im Nulldurchgang größer als im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes ist. Bei einem schmaleren Hystereseband von 5% erhöht sich die Pulsfrequenz im ganzen Frequenzbereich.
Die Werte der Pulsfrequenzen, die sich beim Betrieb des offenbarten Pulswechselrichters einstellen, sind in D9a jedoch nicht genannt.
6.3 Der Pulswechselrichter gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags ist daher neu gegenüber D9a (Artikel 54 EPÜ) und unterscheidet sich von diesem Dokument dadurch, dass
i) die Pulsfrequenz im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes etwa 14 - 18 KHz beträgt, und
ii) die Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude des Stromes etwa 500 Hz bis 2 kHz beträgt.
6.4 Durch die höhere Pulsfrequenz wird erreicht, dass der zu erzeugende Wechselstrom im Bereich der Nulldurchgänge "quasi deckungsgleich mit der Ideal-Sinuskurve" ist (Patentschrift Spalte 4, Zeilen 31 bis 39), während die niedrigere Pulsfrequenz im Bereich der maximalen Amplitude des Wechselstromes die Verlustleistung eines Pulswechselrichters verringern soll.
7.1 Von einem Pulswechselrichter gemäß D9a ausgehend kann die durch den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags gelöste Aufgabe darin gesehen werden, gleichzeitig die Verlustleistung des bekannten Pulswechselrichters zu verringern und den Oberschwingungsgehalt des erzeugten Wechselstromes zu minimieren.
7.2 Um nahezu sinusförmige Ströme zu erzeugen, sieht D9a die Möglichkeit vor, bei einem Pulswechselrichter IGBT-Module als Schaltelemente einzusetzen. Wie auf Seite 218 (letzter Absatz) und Seite 219 (Tabelle 4.2) von D9a angegeben, ermöglichen IGBT (Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren) schnelles Schalten mit einer Pulsfrequenz von 2 bis 20 KHz. Es liegt auf der Hand, dass der Fachmann bei der Ausführung eines Pulswechselrichters nach der Lehre von D9a die von IGBT angebotenen Möglichkeiten ausschöpfen möchte und somit bei der Auswahl der Parameter des Pulswechselrichters (z. B. des Hysteresebandes und der angelegten Gleichspannung) dafür sorgen würde, dass die sich im Bereich der Nulldurchgänge des zu erzeugenden Wechselstromes einstellenden höheren Pulsfrequenzen in den oberen Frequenzbereich von IGBT fallen (siehe Merkmal i)).
D9a weist ferner daraufhin, dass die Taktfrequenz den Oberschwingungsgehalt beeinflusst, so dass eine hohe Pulsfrequenz die Qualität des erzeugten Wechselstromes erhöht. In der Tat zeigt Bild 4.1.20 von D9a eindeutig, dass der Ausgangsstrom sich mit zunehmender Pulsfrequenz der idealen Sinuskurve annähert. Hohe Anforderungen an die Qualität haben jedoch größere Verluste im Pulswechselrichter zur Folge (D9a, Seite 239, erster Absatz).
7.3 Dokument D9a enthält keinen Hinweis, dass eine hohe Qualität des ins Netz einzuspeisenden Stromes bei gleichzeitiger Verringerung der durch die Schaltvorgänge entstehenden Verluste erreicht werden kann, wenn die Parameter des Pulswechselrichters so gewählt werden, dass die Schaltfrequenz der Leistungsschalter im Bereich der maximalen Amplitude in den beanspruchten Bereich von 500 Hz bis 2 kHz fällt.
7.4 Anhand von vier Ausführungsbeispielen eines nach der Lehre von D1 und D9a gebauten Pulswechselrichters hat die Einsprechende gezeigt, dass es für den Fachmann möglich wäre, das Hystereseband und andere für die Bestimmung der Pulsfrequenz entscheidenden Parameter eines Pulswechselrichters, d. h. die Umrichterdrosseln und die angelegte Gleichspannung so zu wählen, dass die Pulsfrequenzen sowohl im Bereich der Nulldurchgänge als auch im Bereich der maximalen Amplitude des zu erzeugenden Wechselstromes in den jeweiligen Frequenzbereichen i) und ii) liegen (siehe vorstehenden Punkt 6.3).
Die Einsprechende hat ferner geltend gemacht, dass auch beim Betrieb eines herkömmlichen Pulswechselrichters zur Einspeisung von Wechselstrom ins Netz die Pulsfrequenzen in die beanspruchten Bereiche fallen könnten, da sie
u. a. von der angelegten Gleichspannung und von der Netzspannung abhängig und daher den üblichen Schwankungen dieser Parameter ausgesetzt seien.
7.5 Der Patentinhaber hat dagegen betont, dass die Ausführungsbeispiele der Einsprechenden in Kenntnis der Erfindung und insbesondere der zu erzielenden Wirkung bezüglich der Verringerung der Verlustleistung und der Minimierung des Oberschwingungsgehalts des erzeugten Wechselstromes ausgesucht worden sind und somit bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Pulswechselrichters nicht zu berücksichtigen seien.
7.6 In der Tat lehrt keines der vorliegenden Dokumente, dass die Verlustleistung eines Pulswechselrichters minimiert werden kann, ohne den Anteil der störenden Oberschwingungen wesentlich zu erhöhen, wenn die Pulsfrequenz des Pulswechselrichters im Bereich der maximalen Amplitude des zu erzeugenden Wechselstromes so weit herabgesetzt wird, dass sie im beanspruchten Frequenzbereich liegt.
Ohne einen expliziten Hinweis im Stand der Technik hätte aber der Fachmann keinen Grund gehabt, die Parameter eines Pulswechselrichters mit variabler Pulsfrequenz gemäß der Lehre von D9a so zu wählen, dass die Pulsfrequenz zwischen den zwei beanspruchten, weit auseinander liegenden Frequenzbereichen variiert, zumal Schaltelemente mit hoher Schaltfrequenz üblicherweise eingesetzt werden, um die Qualität des erzeugten Wechselstromes zu erhöhen. Andererseits verursacht eine erhebliche Verringerung der Pulsfrequenz gemäß der vorliegenden Erfindung Oberschwingungen, die sich nachteilig auf das angeschlossene Netz auswirken können, wenn sie nicht in Grenzen gehalten werden.
7.7 Die Einsprechende hat ferner nicht nachgewiesen, dass die für die eingereichten Ausführungsbeispiele gewählten Parameterwerte bei Pulswechselrichtern für Windkraftanlagen tatsächlich Einsatz finden, oder dass tatsächlich vorkommende Schwankungen der Gleichspannung und/oder der Netzspannung zu den beanspruchten Pulsfrequenzen führen können.
7.8 Die erfinderische Leistung beim angefochtenen Patent ist somit in der Erkenntnis zu sehen, dass sowohl die durch die Herabsetzung der Pulsfrequenz erzeugten Oberschwingungen als auch die durch hohe Schaltfrequenzen verursachte Verlustleistung eines Pulswechselrichters mit variabler Pulsfrequenz vorteilhaft reduziert werden können, wenn die Pulsfrequenzen zwischen den beanspruchten Bereichen variieren.
7.9 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass es für den Fachmann nicht naheliegend war, ausgehend vom bekannten Stand der Technik zu einem Pulswechselrichter gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags zu gelangen.
8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
Die Ansprüche 2 und 3 beziehen sich auf eine Windenergieanlage bzw. auf eine Anordnung von parallel geschalteten Windenergieanlagen, die einen Pulswechselrichter nach Anspruch 1 aufweisen. Anspruch 4 betrifft die Parallelschaltung von mehreren Pulswechselrichtern nach Anspruch 1. Da die Gegenstände der Ansprüche 2 bis 4 den erfindungsgemäßen Pulswechselrichter umfassen, weisen sie auch eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf.
Die Kammer hat ferner keine Bedenken, dass die übrigen Unterlagen gemäß dem Hilfsantrag des Patentinhabers den Erfordernissen des EPÜ genügen.
9. Dem Hilfsantrag des Patentinhabers, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, war somit stattzugeben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird mit der Anordnung an die erste Instanz zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Beschreibung: Seiten 3, 4 der Patentschrift,
Seite 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2005,
- Ansprüche: 1 bis 4, eingereicht als Hilfsantrag VIII mit Schreiben vom 22. November 2005;
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 der Patentschrift.