European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T115605.20061212 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Dezember 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1156/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96113857.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 59/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit der Oberfläche von Werkstücken | ||||||||
Name des Anmelders: | PlasmaTreat GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 01 AFS Entwicklung + Vertrieb GmbH 02 arcotec GmbH Beitretende: RAantec GmbH & Co.KG |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ursprüngliche Offenbarung (ja) Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag, nein; 1. Hilfsantrag, ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechende 01 und 02) haben gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Streitpatent in geändertem Umfang aufrechterhalten worden ist, am 2. September bzw. am 16. September 2005 Beschwerde eingelegt.
Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 und Artikel 100 c) angegriffen worden.
II. Am 15. November 2005 hat die Firma RAantec GmbH & Co. KG den Beitritt zu dem gegen das Streitpatent anhängigen Beschwerdeverfahren erklärt.
III. Am 12. Dezember 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Es wurden folgende Anträge gestellt:
Die Beschwerdeführerinnen I und II und die Beitretende beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 761 415.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag, die Beschwerden und die Anträge der Beitretenden zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
(i) Ansprüche 1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung als erster Hilfsantrag; oder
(ii) Ansprüche 1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung als zweiter Hilfsantrag; oder
(iii) Ansprüche 1 bis 3, eingereicht am 10. November 2006 als dritter Hilfsantrag; oder
(iv) Ansprüche 1 bis 3, eingereicht am 10. November 2006 als vierter Hilfsantrag; oder
(v) Ansprüche 1 bis 3, eingereicht am 10. November 2006 als fünfter Hilfsantrag.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit der Oberfläche von Werkstücken mit Flüssigkeiten, durch Oberflächen-Vorbehandlung mittels elektrischer Entladung, bei dem durch eine Plasmaentladung unter Zufuhr eines Arbeitsgases ein gebündelter Strahl eines reaktiven Mediums erzeugt wird, bei dem die Plasmaentladung als Bogenentladung erzeugt wird und bei dem die zu behandelnde Oberfläche des Werkstücks mit diesem Strahl überstrichen wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird."
Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags in dem das folgende Merkmal am Ende des Anspruchs hinzugefügt ist:
"und dass das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird".
VI. Im Beschwerdeverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente erwähnt:
E1: DE-A-37 33 492
E2: EP-A-0 497 996
E4: "Surface Treatment of Plastics by Plasmajet", Kiyozumi, K. et al., Journal of Adhesion Society of Japan, Vol. 6, Nr. 4 (1970), Seiten 265 bis 272
E4de: Deutsche Übersetzung des Dokuments E4
VII. In Zusammenhang mit einer angeblich offenkundigen Vorbenutzung "Agrojet 10KD 16/4KD 8" sind unter anderem folgende Dokumente eingereicht worden:
O1: Bedienungsanleitung Freistrahl Plasma Korona Vorbehandlungsanlage Agrojet 10KD 16/4KD 8
O2: Auftragsbestätigung 80068 Agrodyn vom 30. März 1995
O3: Photographie Plasmadüse
O4: Zeichnung RAantec Plasmadüse LAY078A
O5: Zeichnung Agrodyn Korona-Düse KD16/KD8 5212
VIII. In Zusammenhang mit einer angeblich offenkundigen Vorbenutzung eines Geräts analog zu den Geräten arcojet Typ 1.1 A1 und arcojet mini sind unter anderem folgende Dokumente eingereicht worden:
B3: Markenanmeldungen und Eintragungen "arco" und "arcotec"
O13a: Corona-Vorbehandlungsanlage für Formteile, Typ arcojet® 1.1A1, arcotec GmbH
O13b: Corona-Vorbehandlungsanlage für Formteile, Typ mini-arcojet®, arcotec GmbH
O14a: HF-Corona Generator HS 02, arcotec GmbH
O14b: HF-Corona Discharge Generator HS 05, arcotec GmbH
O14b-de: HF-Corona Generator HS 05, arcotec GmbH
O14c: HF-Corona Discharge Generator HS 15, arcotec GmbH
IX. Die Beschwerdeführerinnen und die Beitretende haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Das Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und erstem Hilfsantrag, wonach "die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird", sei nicht in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart. In Spalte 3, Zeilen 8 bis 10 der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung sei "eine Hochfrequenz-Wechselspannung in der Größenordnung von 10 bis 30 kV" offenbart. Es gebe keinen Hinweis, eine andere Spannung anzuwenden. Es gebe daher keine ursprüngliche Offenbarung einer Hochfrequenz-Wechselspannung ohne Angabe der Größenordnung der Spannung.
Eine Plasma Korona Vorbehandlungsanlage "Agrojet 10KD 16/4KD 8" sei vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents (1. September 1995) von der ehemaligen Patentinhaberin des Streitpatents, der Firma Agrodyn Hochspannungstechnik GmbH, an die Firma Helmitin GmbH verkauft, ausgeliefert und in Betrieb genommen worden.
Dies werde durch die Auftragsbestätigung 80068 (Dokument O2) bestätigt, die sich auf die in Dokument O1 erwähnte Vorbehandlungsanlage bezieht. Die Düse sei in Dokument O3 gezeigt.
Die Anlage sei vor dem Prioritätsdatum mit Korona-Düse KD8 ohne Motor für den Antrieb der Innenelektrode benutzt worden. Die Korona-Düse KD8 sehe deshalb aus wie in Dokument O3 gezeigt, das heißt, mit dem schwarzen O-Ring sichtbar und einem Deckel anstelle des Motors. Das gebogene Ende der Innenelektrode sei während des Betriebs abgebrannt.
Es könne durch Zeugen bestätigt werden, dass in der vorbenutzten Anlage der Bogen nicht mit dem Werkstück in Berührung komme.
Eine offenkundige Vorbenutzung habe auch durch Geräte stattgefunden, die analog zu den unter den Namen "arcojet Typ 1.1 A1" und "arcojet mini" bekannten Geräten seien. Dies werde durch Markenanmeldungen und Eintragungen (Dokument B3) und Prospekte (Dokumente O13a, O13b, O14a, O14b, O14b-de und O14c) bewiesen.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sei durch die offenkundigen Vorbenutzungen neuheitsschädlich vorweggenommen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments E2. Gemäß Dokument E2 seien die austretenden Funken ("Funkenbüschel" oder "Koronabogen") "ein gebündelter Strahl eines reaktiven Mediums", womit die zu behandelnde Oberfläche überstrichen werde (siehe insbesondere Figur 9). Anspruch 1 verlange nicht, dass der Bogen die Oberfläche des Werkstücks nicht berühre.
Auch wenn der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag als neu betrachtet werde, fehle ihm eine erfinderische Tätigkeit.
Dokument E2 bilde den nächstliegenden Stand der Technik. Das Verfahren des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem aus dem Dokument E2 bekannten Verfahren lediglich dadurch, dass eine Betriebsfrequenz im Bereich von 20 kHz verwendet werde.
Auf Seite 2, Zeilen 2 bis 6 des Dokuments E2 sei offenbart, dass Einrichtungen zur Behandlung der Oberfläche von Bahnen aus Kunststoff mit einer Wechselspannung betrieben werden, deren Frequenz "typischerweise zwischen 10 kHz und 100 kHz" liege. Es sei daher nahe liegend, einen Generator, der eine solche Frequenz erzeugt, anzuwenden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruhe ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Frage, ob die Bogenentladung die Oberfläche des Werkstücks überstreiche oder nicht, hänge von der Entfernung der Entladung vom Werkstück ab. Die Dokumente E1 und E4de legten es nahe, die Entfernung der Vorbehandlungsanlage vom Werkstück zu erhöhen.
X. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Das Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und erstem Hilfsantrag, wonach "die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird", sei in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart.
Neben der Passage in Spalte 3, Zeilen 8 bis 10 seien die Passagen in Spalte 4, Zeilen 6 bis 13 und 30 bis 33 erwähnt. Hier sei offenbart, dass die Spannung groß genug sein müsse, um eine Bogenentladung zu entzünden. Die nötige Spannung sei proportional zum Abstand zwischen den Elektroden. Ohne eine Angabe dieses Abstands sei die Offenbarung zu einer bestimmten Spannung nicht beschränkt.
Die Dokumente O1 (Auftragsbestätigung) und O2 (Bedienungsanleitung) bezögen sich auf zwei verschiedene Koronadüsen, KD16 und KD8, die in Dokument O5 gezeigt seien. In diesen Koronadüsen werde die Plasmaentladung nicht als Bogenentladung, sondern als Koronaentladung erzeugt. Beide Koronadüsen wiesen eine rotierende Innenelektrode auf.
Die in Dokument O3 gezeigte Düse habe keine rotierenden Elemente. Eine offenkundige Vorbenutzung solcher Düsen habe nicht vor dem Prioritätsdatum stattgefunden.
Es gebe keine Dokumente, die eine offenkundige Vorbenutzung der Geräte, die analog zu den unter den Namen arcojet Typ 1.1 A1 und arcojet mini bekannten Geräten seien, beweisen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei neu. Es gebe keine Offenbarung in Dokument E2 bezüglich eines Strahls eines reaktiven Mediums, der getrennt von der Entladung sei. Es gebe immer direkten Funkenkontakt mit dem Werkstück, und das ionisierte Gas bleibe im Stromfluss.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei auch erfinderisch. Es gebe keine Anregung, eine Hochfrequenz-Wechselspannung anzuwenden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß erstem Hilfsantrag sei ebenfalls erfinderisch.
Dokument E2 bilde den nächstkommenden Stand der Technik. Es offenbare jedoch nur Verfahren, bei denen die Entladung in Kontakt mit dem Werkstück komme. Durch die Einwirkung der Äste des Lichtbogens werde die Oberfläche des Werkstücks geschädigt (siehe Absatz [0029] des Streitpatents).
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe sei daher, eine Schädigung der Oberfläche des Werkstücks zu vermeiden.
Es gebe keine Anregung im Stand der Technik, das aus Dokument E2 bekannte Verfahren derart zu modifizieren, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
Dokument E4de sei das einzige Dokument, in dem eine Bogenentladung von einem Strahl eines reaktiven Mediums getrennt sei. In dem aus Dokument E4de bekannten Verfahren sei jedoch die Temperatur des reaktiven Strahls sehr hoch. Dokument E4de verspreche daher keine Lösung dieser Aufgabe.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß erstem Hilfsantrag beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Angeblich offenkundige Vorbenutzungen
1.1 Agrojet 10KD 16/4KD 8
Es wird von der Beschwerdeführerin II und der Beitretenden geltend gemacht, dass eine Plasma Korona Vorbehandlungsanlage "Agrojet 10KD 16/4KD 8" vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents (1. September 1995) von der ehemaligen Patentinhaberin des Streitpatents, der Firma Agrodyn Hochspannungstechnik GmbH, an die Firma Helmitin GmbH verkauft, ausgeliefert und in Betrieb genommen wurde.
Dokument O1 bezieht sich auf eine Anlage mit einer durch einen Motor angetriebenen drehbaren Düse (siehe zum Beispiel Seite 5, letzter Abschnitt, "Koronadüsen"). Dokument O3 zeigt jedoch eine rotationsfreie Koronadüse. Dokument O1 betrifft daher nicht die in Dokument O3 gezeigte Plasmadüse. Der Auffassung der Beschwerdeführerin II und der Beitretenden, dass die gelieferte Anlage mit Koronadüse ohne Motor betrieben wurde, vermag die Kammer nicht zu folgen.
Es ist daher nicht bewiesen, dass die in Dokument O3 gezeigte Plasmadüse vor dem Prioritätsdatum offenkundig benutzt wurde.
1.2 Gerät analog zu den Geräten arcojet Typ 1.1 A1 und arcojet mini
Die Beschwerdeführerin II hat ferner geltend gemacht, dass eine offenkundige Vorbenutzung durch von ihr selbst hergestellte Geräte, die analog zu den unter den Namen arcojet Typ 1.1 A1 und arcojet mini bekannten Geräten seien, stattgefunden habe.
Es gibt keine fundierten Angaben über den Zeitpunkt oder den Gegenstand der Vorbenutzung. Die eingereichten Markenanmeldungen und Eintragungen (Dokument B3) und Prospekte (Dokumente O13 und O14) begründen keine offenkundige Vorbenutzung.
Die angeblich offenkundige Vorbenutzung ist daher nicht hinreichend substantiiert.
1.3 Angebotene Zeugen
Die Beitretende, die Beschwerdeführerin II und die Beschwerdegegnerin haben in Zusammenhang mit den oben genannten angeblich offenkundigen Vorbenutzungen Zeugen angeboten. Mangels eines ausreichenden Tatsachenvortrags hat jedoch die Grundlage für eine Vernehmung der Zeugen durch die Kammer gefehlt. Eine Beweiserhebung dient nicht dazu, den einer behaupteten offenkundigen Vorbenutzung zugrunde liegenden Sachverhalt zu ergründen. Vielmehr sollten geladene Zeugen lediglich das bestätigen, was bereits schriftlich substantiiert worden ist. Unter diesen Umständen war es nicht angebracht, die angebotenen Zeugen zu laden.
2. Hauptantrag
2.1 Änderungen
Im Einspruchsverfahren wurde das Merkmal "dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird" in Anspruch 1 eingefügt.
In Spalte 3, Zeilen 8 bis 10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (veröffentlichte Fassung) wird ausgeführt: "An die Elektrode wird bevorzugt eine Hochfrequenz-Wechselspannung in der Größenordnung von 10 bis 30 kV angelegt ". Ferner wird in dem Passus in Spalte 4, Zeilen 9 bis 13 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (veröffentlichte Fassung) hinzugefügt, dass "eine Wechselspannung mit einer Frequenz in der Größenordnung von 20 kHz angelegt" wird, "deren Spannung regelbar ist und während des Betriebs des Strahlgenerators etwa in der Größenordnung von 5 bis 30 kV liegt". In Spalte 4, Zeilen 24 bis 33 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (veröffentlichte Fassung) heißt es schließlich noch: "Beim Hochregeln der Spannung kommt es an der Spitze der Stiftelektrode 18 zunächst zu einer Korona-Entladung. Diese Korona-Entladung liefert die notwendigen Ionen, durch die bei steigender Spannung eine Bogenentladung von der Stiftelektrode 18 zur Ringelektrode gezündet wird."
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Ausdruck "Hochfrequenz-Wechselspannung" im Lichte der Beschreibung so ausgelegt werden soll, dass die Frequenz in der Größenordnung von 20 kHz ist und dass die Spannung ausreicht, eine Bogenentladung zu erzeugen.
Die Aufnahme des Merkmals "die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird" in Anspruch 1 verstößt daher nicht gegen die Bestimmung des Artikels 123 (2) EPÜ.
2.2 Neuheit
In der in den Figuren 3A, 3B und 3C des Dokuments E2 gezeigten Vorrichtung wird die Oberfläche eines Werkstücks F mit einer Entladung zwischen zwei Elektroden 12 unter Zufuhr eines Arbeitsgases durch Kanäle 17a behandelt. Die Entladung ist in Form eines intensiven bogenförmigen Entladungskanals (Seite 4, Zeilen 52 und 53), der "die Oberfläche des zu behandelten Materials berührt" (Seite 4, Zeilen 35 und 36). Durch die Zufuhr des Arbeitsgases wird ein gebündelter Strahl eines reaktiven Mediums erzeugt, der entlang der Bogenentladung läuft und dadurch die zu behandelnde Oberfläche des Werkstücks überstreicht (Seite 5, Zeilen 6 bis 14). Die Sekundärwicklung des Transformators 1 gibt eine Spannung zwischen 2 und 10 kV ab (Seite 8, Zeile 45).
Die Frequenz der Spannung, die von dem Transformator 1 erzeugt wird, wird jedoch nicht offenbart.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu.
2.3 Erfinderische Tätigkeit
Dokument E2 bildet den nächstliegenden Stand der Technik.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus dem Dokument E2 bekannten Verfahren dadurch, dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird (siehe Punkt 2.1 oben).
Ausgehend von Dokument E2 besteht die Aufgabe darin, die Frequenz der Spannung zu wählen.
In Figur 1 des Dokuments E2 wird aber bereits eine bekannte, gattungsgemäße Vorrichtung gezeigt, in der die Oberfläche eines Materials durch eine Funkenentladung behandelt wird, die mit einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird (siehe Seite 3, Zeilen 2 bis 7).
Es ist daher für den Fachmann nahe liegend, eine solche Hochfrequenz-Wechselspannung in der erfindungsgemäßen Vorrichtung anzuwenden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
3. Erster Hilfsantrag
3.1 Änderungen
Das neu in Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag hinzugefügte Merkmal "und dass das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird" ist in Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart. Insbesondere wird in Figur 1 gezeigt, dass die Bogenentladung sich zwischen der Stiftelektrode 18 und der Ringelektrode 22 erstreckt, während ein Plasmastrahl 34 das Werkstück berührt.
Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ sind somit erfüllt.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Nächster Stand der Technik
Das Dokument E2 bildet den nächstliegenden Stand der Technik. Wie in Punkt 2.2 oben erwähnt, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem aus dem Dokument E2 bekannten Verfahren dadurch, dass die Bogenentladung mit Hilfe einer Hochfrequenz-Wechselspannung betrieben wird.
Darüber hinaus wird in Dokument E2 nicht offenbart, dass das Werkstück mit dem Strahl des reaktiven Mediums ohne Übertragung der Bogenentladung überstrichen wird. Wie auf Seite 4, Zeilen 33 bis 37 des Dokuments E2 beschrieben, wird der Funkenkanal mit Hilfe des Gasstroms so ausgelenkt, dass er die Oberfläche des Werkstücks berührt.
4.2 Aufgabe
Gemäß Absatz [0029] des Streitpatents wird eine Schädigung der Oberfläche des Werkstücks durch unmittelbare Einwirkung der Äste des Lichtbogens vermieden. Die Aufgabe der Erfindung kann daher darin gesehen werden, eine Schädigung der Oberfläche des Werkstücks zu vermeiden.
4.3 Lösung
Dokument E1 bezieht sich auf eine Vorrichtung, in der eine Koronaentladung in einem Keramikrohr 2 erzeugt wird. Ein Plasma wird dadurch in einem durch das Rohr strömenden Gas gebildet. Da das Dokument keine Bogenentladung betrifft, gibt es auch keinen Hinweis, eine Übertragung einer Bogenentladung auf ein Werkstück zu vermeiden.
Dokument E4de offenbart eine Versuchsreihe, in der Plastikproben mit einem durch eine Gleichstrom-Bogenentladung erzeugten Plasmastrahl behandelt werden (Seite 3, Zeilen 7 bis 9). Der Plasmastrahl hat jedoch eine hohe Temperatur (siehe Seite 6, Zeilen 21 bis 23 und Seite 7, Zeilen 12 bis 22). Um eine Schädigung der Proben zu vermeiden, sind sie auf eine schnell rotierende Scheibe montiert (Seite 4, Punkt 2.2). Die Offenbarung dieses Dokuments verspricht daher keine Lösung der oben genannten Aufgabe.
Der vorliegende Stand der Technik gibt somit keine Anregung, das aus Dokument E2 bekannte Verfahren zu modifizieren.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 betreffen Weiterbildungen der in Anspruch 1 enthaltenen Erfindung und beruhen ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Da der Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin gewährbar ist, war auf die restlichen Hilfsanträge nicht einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
a) Ansprüche: 1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer als erster Hilfsantrag;
b) Beschreibung: Spalte 1, eingereicht am 5. Juli 2005; Spalten 2 bis 6 der Patentschrift, und
c) Zeichnungen: Figuren 1 und 2 wie erteilt.