T 1140/05 (Stabile Xylometazolinlösung/BOEHRINGER) of 23.4.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T114005.20090423
Datum der Entscheidung: 23 April 2009
Aktenzeichen: T 1140/05
Anmeldenummer: 00947853.8
IPC-Klasse: A61K 31/4174
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stabile Xylometazolin- und Oxymetazolinlösung
Name des Anmelders: Boehringer Ingelheim International GmbH
Name des Einsprechenden: STADA Arzneimittel AG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsanträge 1 - 7: erfinderische Tätigkeit (nein): Alternative im Stand der Technik nahegelegt
Hilfsantrag 8: Als verspätet nicht zugelassen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 00 947 853.8 basiert auf dem Aktenzeichen PCT/EP00/05583 und wurde in Form der WO 00/078297 veröffentlicht. Sie wurde dann als europäisches Patent Nr. 1 194 145 mit 21 Ansprüchen erteilt.

II. Patentanspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

" Stabile isotonische Lösungsformulierung mit einem pH-Wert von 4,5- 7,5 bestehend aus

Xylometazolinhydrochlorid und/oder Oxymetazolinhydrochlorid als Wirkstoff,

- einem pharmakologisch für die nasale Applikation verträglichen Lösungsmittel,

- einem Adjuvans aus der Gruppe Sorbitol und/oder Glycerol,

- einen Puffer aus der Gruppe der anorganischen pH-Puffer oder dem organischen Puffer Trometamol und

- gegebenenfalls Salzsäure und/oder Natronlauge,

- ggf. zum Einstellen der Isotonie notwendige Substanzen,

- gegbenenfalls einem oligodynamisch wirksamen Metall oder oligodynamisch wirksamen Metallionen in pharmazeutisch akzeptabler Menge,

wobei die Formulierung keine weiteren organischen Zusatzstoffe enthält."

(In der Patentschrift enthaltene Druckfehler sind vorstehend nicht korrigiert).

III. Die folgenden Entgegenhaltungen wurden unter anderen im Einspruchsverfahren und im anschließenden Beschwerdeverfahren genannt:

(1) Rote Liste 1998, Eintrag 72 074 betreffend Xylo-COMOD®Nasenspray;

(3) Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin New York 1998, Seiten 945, 733, 838, 839, 1017 und 1485

(16) Gelbe Liste Pharmindex, 1999, 2. Quartal, Eintrag "NasenSpray ratiopharm®E konservierungsmittelfrei"

(17) Versuchsbericht der Patentinhaberin; eingegangen am 12. März 2005 während des Einspruchsverfahrens

(19) Versuchsbericht der Patentinhaberin; vorgelegt mit der Antwort auf die Beschwerdebegründung, datiert mit dem 26. Mai 2006

IV. Die Beschwerde richtet sich gegen die mit Datum vom 30. Juni 2005 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung nach Artikel 102(2) EPÜ, in der der Einspruch gegen das Patent zurückgewiesen wurde.

Der Einspruch war nach Artikel 100 (a) EPÜ auf den Einspruchsgrund mangelnde erfinderische Tätigkeit gestützt.

Die Einspruchsabteilung ging dabei davon aus, dass die dem Streitpatent zugrunde liegende technische Aufgabe in der Bereitstellung einer stabilen Lösungsformulierung von Xylometazolin oder Oxymetazolin liege.

Weder die Entgegenhaltung (1), noch die Kombination der Entgegenhaltungen (1) mit (16) oder (16) mit (3) könnten die streitpatengemäße Lehre nahelegen.

Bezüglich Entgegenhaltung (1) stelle sich der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents zwar als Alternative dar, jedoch sei der Fachmann davon ausgegangen, dass das darin enthaltene Dinatriumedetat als Konservierungsmittel zwingend erforderlich sei, und daher habe das Auffinden der streitpatentgemäßen Rezeptur durch Weglassen dieser Komponente einen erfinderischen Schritt erfordert.

In Entgegenhaltung (16) sei gegenüber dem Gegenstand von Entgegenhaltung (1) zwar Dinatriumedetat tatsächlich weggelassen worden, es sei aber zusätzlich mit Citronensäure/Citrat ein anderes Puffersystem verwendet worden als in Entgegenhaltung (1) und im Streitpatent. Mit ihrem Versuchsbericht (17) habe die Beschwerdegegnerin einen Stabilitätsvorteil des Gegenstands des Streitpatents dargelegt, der auf dem Wechsel des Puffersystems beruhte. Dieser Effekt sei für den Fachmann aus keinem zitierten Dokument nahegelegt.

Nachdem sich der Gegenstand von Entgegenhaltung (16) (in der Entscheidung D16 genannt) lediglich im Puffersystem vom Streitgegenstand unterscheide, stelle "D16 eine alternative Lösung dar". Nachdem aber in Entgegenhaltung (3) zwar alle drei zur Diskussion stehenden Puffersysteme nebeneinander genannt würden, aber auch allgemein ausgesagt werde, dass Nasalia vor mikrobieller Kontamination geschützt werden müssten, habe der Fachmann keine Anregung gehabt die zu Entgegenhaltung (16) alternativ genannten Puffersysteme tatsächlich auszuprobieren, oder gar eine Lösung der Probleme "der Keimfreiheit bzw. Stabilität" zu erwarten.

Somit sei der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents auch von einer Kombination aus den Entgegenhaltungen (16) und (3) nicht nahegelegt.

Insgesamt hat die Abteilung den Einspruch zurückgewiesen, weil die genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen diese Entscheidung die vorliegende Beschwerde erhoben und begründet.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat acht Sätze von Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 8 vorgelegt. Diese enthalten neben kleineren Korrekturen gegenüber den mit der Antwort auf die Beschwerdebegründung vorgelegten Hilfsanträgen 1 bis 7 lediglich - nach Umordnung der Anträge - den neuen Hilfsantrag 2.

Gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sind im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 die folgenden, jeweils durch "gegebenenfalls" eingeleiteten, also optionalen Merkmale

"- ggf. zum Einstellen der Isotonie notwendige Substanzen,

- gegbenenfalls einem oligodynamisch wirksamen Metall oder oligodynamisch wirksamen Metallionen in pharmazeutisch akzeptabler Menge,"

weggelassen.

Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist zusätzlich die Auswahl der Puffer auf die "Gruppe der Natrium- und/oder Kalium-Phosphatpuffer" beschränkt.

Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 ist gegenüber dem Hilfsantrag 1 der Wirkstoff zwingend Xylometazolinhydrochlorid; Oxymetazolinhydrochlorid ist gestrichen.

Im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist demgegenüber zusätzlich Glycerol als Adjuvans gestrichen.

Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 5 entspricht wiederum dem erteilten Patentanspruch 1; in der zugehörigen Anspruchsfassung ist lediglich der dem erteilten Unteranspruch 20 entsprechende Anspruch gestrichen.

Im Patentanspruch 1 von Hilfsantrag 6 und 7 ist gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 der Puffer auf Natrium- und/oder Kalium-Phosphatpuffer beschränkt. In der Anspruchsfassung zu Hilfsantrag 7 ist zusätzlich wieder ein Unteranspruch gestrichen.

VII. Die mündliche Verhandlung hat am 23. April 2009 stattgefunden. In deren Verlauf wurde von der Beschwerdegegnerin an Stelle des schriftlich eingereichten Hilfsantrags 8 ein geänderter, neuer Hilfsantrag 8 eingereicht.

Patentanspruch 1 nach diesem Hilfsantrag 8 lautet:

"Verwendung eines Puffers aus der Gruppe der anorganischen pH-Puffer oder dem organischen Puffer Trometamol zur Herstellung eines Rhinologikums in Form einer stabilen isotonischen Lösungsformulierung, welche einen pH-Wert von 4,5- 7,5 aufweist, bestehend aus:

Xylometazolinhydrochlorid und/oder Oxymetazolinhydrochlorid als Wirkstoff,

- einem pharmakologisch für die nasale Applikation verträglichen Lösungsmittel,

- einem Adjuvans aus der Gruppe Sorbitol und/oder Glycerol, wobei der Anteil des Adjuvans an der Lösung 1 bis 10 Gew.% beträgt,

- einem Puffer aus der Gruppe der anorganischen pH-Puffer oder dem organischen Puffer Trometamol und

- gegebenenfalls Salzsäure und/oder Natronlauge,

- ggf. zum Einstellen der Isotonie notwendige Substanzen,

- gegbenenfalls einem oligodynamisch wirksamen Metall oder oligodynamisch wirksamen Metallionen in pharmazeutisch akzeptabler Menge,

- und keine weiteren organischen Zusatzstoffe."

Der Antrag wurde nicht zum Verfahren zugelassen.

VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

Gegenüber Entgegenhaltung (16), welche ein konservierungsmittelfreies Rhinologikum betreffe, weise der Gegenstand des Streitpatents lediglich ein anderes Puffersystem auf. Dass durch diesen Wechsel des Puffersystems die von der Beschwerdegegnerin mit Hilfe der Versuchsberichte (17) beziehungsweise (19) behauptete, überraschende Verbesserung der Stabilität verursacht werde, sei bereits wegen der Struktur dieser Versuche nicht aussagekräftig belegt. Daher könne die streitpatentgemäß zu lösende Aufgabe nur in der Bereitstellung einer alternativen Formulierung gesehen werden. Dabei würden in Entgegenhaltung (3) gerade drei Puffersysteme vorgeschlagen, von denen eines dem System in Entgegenhaltung (16) entspräche. Die beiden anderen böten sich dann zwanglos zum alternativen Einsatz an.

Die allgemeine Aussage in Entgegenhaltung (3), dass Nasalia vor mikrobieller Kontamination geschützt werden müssten, sei angesichts der Tatsache, dass die Formulierung nach Entgegenhaltung (16) ausdrücklich als konservierungsmittelfrei bezeichnet werde, für die Frage der erfinderischen Tätigkeit nicht mehr von Bedeutung.

IX. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Die Zusammensetzung nach Entgegenhaltung (16) enthalte zwar entsprechend ihrer Bezeichnung kein Konservierungsmittel in ihrer Rezeptur. Obwohl das gesamte System des die Lösung enthaltenden Applikators als Arzneimittel verkauft werde und so jedenfalls insgesamt als im Sinne einer Arzneimittelzulassung als stabil zu gelten habe, hätte sich dennoch eine nach dieser Rezeptur hergestellte Lösung, zumindest im Hinblick auf zwei bestimmte, klinisch relevante Keime als instabil herausgestellt (Versuchsberichte (17) und (19)). Die getesteten, streitpatentgemäßen Lösungen hätten sich dem gegenüber überraschend als stabil erwiesen.

Entgegenhaltung (3) lehre nun zwar einerseits, dass es neben dem in Entgegenhaltung (16) verwendeten Citratpuffer noch zwei andere übliche Puffersysteme gäbe, andererseits aber auch, dass ein Schutz vor mikrobieller Kontamination jedenfalls erforderlich sei.

Daraus könne man nur ableiten, dass der Fachmann im Licht seiner schon vor Erscheinen von Entgegenhaltung (16) ausgeführten Versuche mit Citratpuffer und dann gerade aus der Zusammenschau dieser Entgegenhaltung mit Entgegenhaltung (3) nicht habe erwarten können, dass streitpatentgemäße Formulierungen gegenüber den geprüften Keimen stabil seien. Daher sei die erfinderische Leistung gegeben.

Die qualitativen und quantitativen Variationen der Bestandteile in den nach den Versuchsberichten getesteten Lösungen seien auf das Bemühen zurückzuführen gewesen, die jeweiligen Puffer in ihrem optimalen pH-Bereich einzusetzen und die Gesamtzusammensetzungen mit Hilfe der Menge an Adjuvans bezüglich ihrer Viskosität als Nasalia vernünftig einzustellen.

X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 194 145.

XI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, sowie hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der mit Schreiben vom 20. April 2009 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 7 oder des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 8.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Anträge:

2.1 Neben den mit der Antwort auf die Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchsfassungen wird auch die erst kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichte Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 2 zum Verfahren zugelassen, da sie einen bona fide Versuch darstellt, den Argumenten der Beschwerdeführerin zu begegnen. Die Beschwerdeführerin hatte dazu keine Einwände.

2.2 Der im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichte Hilfsantrag 8 ist bereits insofern als verspätet zu werten. Mit diesem Antrag werden aber offensichtlich auch nicht die im Verfahren diskutierten Probleme bereinigt, sondern beginnend mit der Prüfung der ursprünglichen Offenbarung und insbesondere der Klarheit zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Er ist unter anderem deswegen nicht eindeutig und auf den ersten Blick gewährbar und wurde deshalb nicht zum Verfahren zugelassen.

3. Alle Merkmale im geltenden, erteilten Patentanspruch 1 (Hauptantrag), die mit "gegebenenfalls" eingeleitet sind, dienen nur einer optionalen, zusätzlichen Ausgestaltung des beanspruchten Gegenstands und bleiben daher bei der Definition des beanspruchten Gegenstands zunächst unberücksichtigt. Zusätzlich ist die Aussage, dass "die Formulierung keine weiteren organischen Zusatzstoffe" enthalte, ohne eigenen Wert als Merkmal. Die Liste an Komponenten in diesem Anspruch ist bereits wegen der Formulierung "bestehend aus" als abgeschlossen zu betrachten.

Streitgegenstand ist demnach eine

- stabile isotonische Lösungsformulierung

- mit einem pH-Wert von 4,5- 7,5

bestehend aus

- Xylometazolinhydrochlorid und/oder Oxymetazolinhydrochlorid als Wirkstoff,

- einem pharmakologisch für die nasale Applikation verträglichen Lösungsmittel,

- einem Adjuvans aus der Gruppe Sorbitol und/oder Glycerol und

- einem Puffer aus der Gruppe der anorganischen pH-Puffer oder dem organischen Puffer Trometamol.

4. Entgegenhaltung (16) betrifft ein im Handel befindliches Rhinologikum und damit - von den Parteien ebenfalls unbestritten - eine

- isotonische Lösungsformulierung (Grundwissen des Fachmanns)

- mit einem pH-Wert von 4,5- 7,5 (Grundwissen des Fachmanns)

bestehend aus

- Xylometazolinhydrochlorid als Wirkstoff,

- Wasser für Inj.-Zwecke, also einem pharmakologisch für die nasale Applikation verträglichen Lösungsmittel,

- einem Adjuvans aus der Gruppe Sorbitol und/oder Glycerol, nämlich Glycerol 85%, und

- Citronensäure.1 H2O zusammen mit Natriumcitrat.2 H2O als Puffer.

Wegen der Forderung, dass die streitpatentgemäße Formulierung einen Puffer aus der Gruppe der anorganischen pH-Puffer oder dem organischen Puffer Trometamol an Stelle des Citratpuffers enthalten muss, ist sie neu gegenüber dieser Entgegenhaltung.

Auch gegenüber den anderen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen ist die Neuheit des streitpatentgemäßen Gegenstands unbestritten gegeben.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1 Der nächstliegende Stand der Technik ist Entgegenhaltung (16). Anderes wurde auch in der mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht.

5.2 Die Beschwerdegegnerin macht auf Basis von Stabilitätsversuchen unter Einsatz von drei definierten Lösungen mit den Versuchsberichten 17 und 19 eine Verbesserung der Stabilität des Patentgegenstands gegenüber dem Stand der Technik nach Entgegenhaltung (16) geltend. Der Stabilitätsvorteil ergebe sich aus dem verbesserten Verhalten gegenüber zumindest zwei klinisch relevanten Keimen.

Die Versuchsberichte 17 und 19 betreffen mit der Lösung 2 eine zutreffende Ausgestaltung des Stands der Technik nach Entgegenhaltung (16) auf Basis von Citratpuffer. Diese Lösung enthält unter anderem 2,4 Einheiten Glycerol, aufgefüllt mit "Aqua dem." ad 100. Die streitpatentgemäßen Lösungen 1 (Basis Trometamolpuffer) und 3 (Basis Phosphatpuffer) enthalten statt der 2,4 Einheiten Glycerol

- 4,0 Einheiten Sorbitol beziehungsweise

- 1,9 Einheiten Glycerol.

Nachdem die Stabilität gegen Keime mit Sicherheit auch von der Art und der Menge des vorhandenen Adjuvans - Glycerol oder Sorbitol - abhängig ist, kann bei dieser Versuchsanordnung das Ergebnis nicht mehr sicher auf die Variation in den Puffern zurückgeführt werden. Zwischen den Gegenständen von Streitpatent und Entgegenhaltung (16) war jedoch die Wahl des Puffersystems das einzig unterscheidende Merkmal.

Unter diesen Umständen kann das Versuchsergebnis nicht als Bestätigung der Behauptung anerkannt werden, dass der Gegenstand des Streitpatents eine Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik darstelle.

5.3 Die Aufgabe der anspruchsgemäßen Lehre ist also gegenüber Entgegenhaltung (16) die Bereitstellung einer Alternative.

5.4 Die Aufgabe soll dadurch gelöst werden, dass der Citratpuffer durch einen anorganischen pH-Puffer oder durch den organischen Puffer Trometamol ersetzt wird.

5.5 Bereits im Licht der im Streitpatent beschriebenen Versuche ist es glaubhaft, dass diese Aufgabe auch tatsächlich gelöst wird.

5.6 Aus Entgegenhaltung (3) geht nun hervor, dass in Nasalia üblicherweise Citratpuffer oder Phosphatpuffer oder Tris-(Trometamol-)Puffer eingesetzt werden kann.

Es wird dadurch nahegelegt, an Stelle des Citratpuffers auch die anderen beiden einzusetzen, wobei die letzteren die streitpatentgemäß beanspruchten sind (Artikel 56 EPÜ).

6. Nachdem sich die Patentansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 7 jeweils lediglich in der Abwesenheit von optionalen Merkmalen oder gleichwertigen Alternativen beziehungsweise in der Abwesenheit von besonderen Ausgestaltungen in den nachgeordneten Ansprüchen unterscheiden, aber nicht im Kern des beanspruchten Gegenstands, wie er unter Punkt 3 dieser Entscheidung dargestellt ist, gilt vorstehende Argumentation und Schlussfolgerung bezüglich mangelnder erfinderischer Tätigkeit sowohl für den Gegenstand des Hauptantrags als auch für die Gegenstände der Hilfsanträge 1 bis 7.

Insbesondere und nach übereinstimmender Meinung der Kammer und der Parteien ist das nach Patentanspruch 1 von Hilfsantrag 4 zwingend einzusetzende Adjuvans Sorbitol eine üblich Alternative zum Adjuvans Glycerol, das in Nasenspray nach Entgegenhaltung (16) verwendet wird. Der Austausch des Adjuvans neben der Verwendung des anderen Puffersystems begründet demnach ebenfalls keine erfinderische Leistung.

7. Auch die weiteren Argumente der Beschwerdegegnerin können unter diesen Umständen nicht greifen:

7.1 Nachdem die vorgelegten Versuche untereinander nicht vergleichbar waren, gehen alle Argumentationen hinsichtlich des konkreten Ergebnisses - nachgewiesene Verbesserung der Stabilität oder nicht - ins Leere. Selbst wenn der Effekt als nachgewiesen angesehen würde, so wäre er nicht zwingend auf das einzig gegenüber dem Stand der Technik geänderte Merkmal zurückzuführen und kann daher zur erfinderischen Tätigkeit im Sinne einer überraschend aufgefunden Verbesserung durch Änderung des Puffersystems nichts beitragen.

7.2 Auch die allgemeine Aussage in Entgegenhaltung (3), "Sie (Nasalia; Anmerkung der Kammer) müssen ferner vor mikrobieller Kontamination geschützt werden" vermag den Fachmann nicht vom Gegenstand des Streitpatents wegzuführen. Immerhin ist mit Entgegenhaltung (16) explizit ein konservierungsmittelfreies Rhinologikum offenbart worden. Damit ist der Schritt, dass mit einem der drei üblichen Puffersysteme ein stabiles Rhinologikum auch ohne Konservierungsmittel in der Rezeptur hergestellt wurde, jedenfalls bereits getan. Die in Entgegenhaltung (3) grundsätzlich als gleichwertig vorgeschlagenen Puffersysteme dann unter diesem, durch Entgegenhaltung (16) bekannt gewordenen Aspekt zu testen, ist sowohl als technisch möglich in den Blickwinkel des Fachmanns gerückt, als auch zum Ausprobieren geradezu ermunternd.

8. Nachdem also der Gegenstand von Patentanspruch 1 des erteilten Patents nach Hauptantrag und, wie unter Punkt 6 dieser Entscheidung dargestellt, auf Grund der gleichen Argumentation auch der jeweilige Gegenstand von Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 7 nicht auf einer erfinderischen Leistung beruht (Artikel 56 EPÜ), war das Patent insgesamt zu widerrufen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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