T 0953/05 () of 6.3.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T095305.20070306
Datum der Entscheidung: 06 März 2007
Aktenzeichen: T 0953/05
Anmeldenummer: 96100704.4
IPC-Klasse: B65G 1/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Regal
Name des Anmelders: HÄNEL & CO.
Name des Einsprechenden: Bellheimer Metallwerk GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Unzulässige Änderungen (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent Nr. 0 722 894 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden. Gegen die geänderte Fassung wurden die gleichen Einwände erhoben und zusätzlich Mängel nach Artikel 123 (2) EPÜ geltend gemacht.

III. Am 6. März 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde und als Hilfsantrag die Aufrechterhaltung des Patents mit dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatz.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag, d.h. wie im Einspruchsverfahren aufrechterhalten, lautet wie folgt:

"Regal mit einer Vielzahl von übereinanderliegenden und beabstandeten Trägerauflagen, die paarweise an sich gegenüberliegenden Seitenwänden (11a, 11b) zur Aufnahme von plattenförmigen Trägern (22) für Lagergut (23) angeordnet sind, die mittels einer steuerbaren Transporteinrichtung (13) mit einer höhenverstellbaren Plattform (14) in dem Regal (11, 12) vorgesehenen Lagerplätzen zustellbar oder entnehmbar sind, wobei eine Höhenmeßeinrichtung (26) zur Erfassung der Höhe des Lagergutes (23) vorgesehen ist und eine Höheneinheit der Höhenmeßeinrichtung (26) dem Abstand der Oberkanten benachbarter Trägereinheiten entspricht, dadurch gekennzeichnet, daß die Trägerauflagen als in die Seitenwände (11a, 11b) integrierte und mäanderförmig in einem Metallblech eingepreßte Auflagestege (21a, 21b) ausgebildet sind, aus dem die Seitenwände (11a, 11b) bestehen, und daß im Bereich einer Beschickungsseite des Regals die Auflagestege (21a, 21b) einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt aufweisen."

Die Ansprüche des als Hilfsantrag während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes unterscheiden sich von den Ansprüchen des Hauptantrags nur dadurch, dass Anspruch 4, der nach der angefochtenen Entscheidung in unabhängiger Form aufrechterhalten wurde, jetzt eine Rückbeziehung auf die Ansprüche 1 bis 3 enthält. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist identisch mit Anspruch 1 gemäß Hauptantrag.

V. Die Beschwerdeführerin hat in Bezug auf Artikel 123 (2) EPÜ im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Nach der ständigen Rechtssprechung der Beschwerdekammern sei bei der Beurteilung, ob eine Änderung zu einer Erweiterung gegenüber dem Inhalt in der ursprünglich eingereichten Fassung führe, die Frage zu beantworten, ob die Änderung unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hervorgehe. Hierzu seien zunächst der Bedeutungsgehalt der Änderung und dann ihre Offenbarung in den Ursprungsunterlagen zu untersuchen.

a) Die Auflagestege weisen einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt auf

i) Bedeutungsgehalt

Dem Wortsinn nach besage der Ausdruck "ein sich verjüngender Querschnitt", dass der Querschnitt in wenigstens einer nicht näher bezeichneten Betrachtungsrichtung abnehme. Mit dem Zusatz "in Vertikalrichtung" ist klargestellt, dass die Querschnittsabnahme in einer vertikal verlaufenden Betrachtungsrichtung erfolge. Ein typisches Beispiel für einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt sei ein Kegel, dessen Längsachse vertikal verläuft:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die beiden oben dargestellten Kegel in Seitenansicht verjüngen sich in Vertikalrichtung, der linke Kegel in Richtung von unten nach oben, der rechte in Richtung von oben nach unten.

Bei einem Kegel mit horizontaler Längsachse dagegen verjünge sich der Querschnitt in Horizontalrichtung, beispielsweise von links nach rechts, wie die folgende Seitenansicht eines solchen Kegels zeige:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Das Merkmal "die Auflagestege weisen einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt auf" sei also gemäß seinem Wortlaut so zu verstehen, dass entlang einer Richtung von oben nach unten oder von unten nach oben der Querschnitt der Auflagestege abnehme. Eine solche Ausgestaltung zeigen die beiden folgenden Abbildungen:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Diese Ausgestaltung mache auch nach der Lehre des aufrecht erhaltenen Anspruches 1 Sinn, da die schweren Lasten üblicherweise im unteren Bereich eines Regals einsortiert würden, um nicht die Stabilität zu beeinträchtigen (Abbildung links), und die in die Seitenwand eingeleitete Last von oben nach unten hin zunehme, so dass die Materialstärke des Bleches von oben nach unten hin zunehmen könne (Abbildung rechts).

ii) Offenbarung

Das, was die Beschwerdegegnerin in Figur 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung zu erkennen glaube, sei allenfalls ein sich in Horizontalrichtung verjüngender Querschnitt der Auflagestege, nicht ein sich in Vertikalrichtung verjüngender Querschnitt, wie oben unter a) erläutert sei. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin setze folglich eine Auslegung des strittigen Merkmales entgegen seiner eigentlichen Bedeutung voraus.

Folge man dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, so solle ein in sich verständlicher Anspruch unter Bezugnahme auf eine lediglich in den Zeichnungen offenbarte Ausführungsform mit im Anspruch selbst nicht wiedergegebenen technischen Merkmalen korrigierend ausgelegt werden, ohne dass sich aus dem Anspruch selbst ein Anlass für eine solche Auslegung ergebe.

Doch selbst wenn man dem Vortrag der Beschwerdegegnerin folgen würde und in der Figur 2 tatsachlich eine Verjüngung der Auflagestege in vertikaler Richtung erblicken solle, offenbare die Figur 2 in Kombination mit der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 5, Zeilen 19 bis 21 eine beidseitige Verjüngung der Auflagestege im Beschickungsbereich. Somit liege eine unzulässige Änderung vor, da das strittige Merkmal auch bei dieser Auslegung Ausführungsformen umfasse, die nicht in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart seien.

An der mangelnden Offenbarung einer "Verjüngung in Vertikalrichtung" ändere schließlich auch die Tatsache nichts, dass in der ursprünglichen Beschreibung, auf Seite 3, fünfter Absatz und im ursprünglichen Anspruch 4 allgemein - ohne Richtungsangabe - von einem sich verjüngenden Querschnitt die Rede sei. Diese allgemeine Formulierung stelle weder eine explizite noch eine implizite Offenbarung für sämtliche Ausführungsmöglichkeiten eines sich verjüngenden Querschnittes dar. Insoweit die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zum diesem Schluss komme, liege wohl eine Verwechselung des Schutzbereichs eines Anspruches mit dessen Offenbarungsgehalt vor.

Grundsätzlich seien die in einem Anspruch verwendeten Begriffe im Rahmen des technisch Sinnvollen so breit wie möglich zu interpretieren.

b) In die Seitenwände mäanderförmig in einem Metallblech eingepresste Auflagestege, aus dem die Seitenwände bestehen

i) Bedeutungsgehalt

Dieser Ausdruck solle aus der Kombination der zusätzlichen Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 und 3 entstanden sein. Dabei wiesen gemäß Anspruch 3 die Seitenwände eine mäanderförmige Querschnittsform auf.

Dieser Ausdruck besage aber nichts über die Querschnittsform der Seitenwände, sondern betreffe lediglich eine Aussage über das Material, aus dem sie bestünden, und die Form, in der die Auflagestege eingepresst seien. Es beinhalte keine Aussage über den Ort und die Anordnung der Auflagestege und die Form der Seitenwände. Es sei offen gelassen, ob die Anordnung und Abfolge der Auflagestege insgesamt einen mäanderförmigen Querschnitt der Seitenwände ergebe. Aus dem Vorhandensein einzelner "mäanderförmig eingepresster Auflagestege" jedenfalls könne dies nicht zwingend gefolgert werden.

ii) Offenbarung

Im Wortlaut der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei lediglich von einer "Seitenwand mit mäanderförmiger Querschnittsform" die Rede, siehe Seite 3, vierter Absatz, Seite 5, dritter Absatz und Anspruch 3. Eine explizite Offenbarung eines mäanderförmigen Einpressvorgangs sei darin nicht zu finden. Aus der von der Beschwerdegegnerin genannten Textstelle auf Seite 5, Zeilen 11 bis 14 der ursprünglich eingereichten Anmeldung ergebe sich eindeutig und unmittelbar, dass der mäanderförmige Querschnitt der Seitenwand dadurch gebildet sei, dass die Seitenwände aus Stahlblech mit nach innen gerichteten, eingepressten Auflagestegen bestehen, also nichts anderes als eingepresste Auflagestege aufweisen (="bestehen aus"), nicht aber, dass die Auflagestege einzeln oder in Gruppen mäanderförmig eingepresst seien, so dass der Rest der betreffenden Seitenwand eventuell nicht mäanderförmig sei.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat in Bezug auf Artikel 123 (2) EPÜ im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Die Auflagestege weisen einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt auf

Zunächst ist klarzustellen, dass Artikel 123 (2) EPÜ auf den "Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung" abstelle. Hierunter seien gemäß der einschlägigen Rechtsprechung die Beschreibung, die Ansprüche und die Zeichnungen zu verstehen, die als gleichberechtigte Offenbarungsmittel nebeneinander stünden.

Im fünften Absatz der Seite 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung sowie im ursprünglich eingereichten Anspruch 4 sei offenbart, dass die Auflagestege, um Toleranzen beim Anfahren mit der Plattform auszugleichen, im Bereich der Beschickungsseite des Regals einen sich verjüngenden Querschnitt aufwiesen. In der Figurenbeschreibung, Seite 5, Zeilen 19 bis 21 werde das Gleiche ausgeführt. Aus Figur 2 gehe unzweideutig hervor, dass die Auflagestege einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt aufweisen.

Es sollen bei der Auslegung des Begriffs "vertikale Verjüngung" keine praxisfremden Überlegungen angestellt werden. Da es sich bei dem genannten Toleranzenausgleich um einen solchen in vertikaler und nicht in horizontaler Richtung handele, entnehme der Fachmann dieser Passage, dass auch die Verjüngung der Auflagestege in Vertikalrichtung stattfinde. Die Figur 2 zeige deutlich eine solche Verjüngung.

Die Beschwerdegegnerin stimme mit der Meinung der Einspruchsabteilung überein, dass durch die Offenbarung in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, dass die Auflagestege "einen sich verjüngenden Querschnitt aufweisen", alle möglichen Formen einer Verjüngung durch die ursprüngliche Offenbarung umfasst seien, siehe Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 8. Juni 2005, Seite 4, Absatz 2.

b) In die Seitenwände mäanderförmig in einem Metallblech eingepresste Auflagestege, aus dem die Seitenwände bestehen

In den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 und 3 und der ursprünglich eingereichten Beschreibung Seite 5, Zeilen 11 bis 14 werde offenbart, dass Auflagestege in das Metallblech, aus dem die Seitenwände bestehen eingepresst seien und zwar so, dass die Seitenwände eben durch die Art der Einpressung der Auflagestege eine mäanderförmige Querschnittsform aufwiesen. Dies sei mit den im aufrechterhaltenen Anspruch 1 gemachten Angaben, wonach die Auflagestege mäanderförmig in das Metallblech, aus dem die Seitenwände bestehen, eingepresst seien, identisch. Die Seitenwände müssten demnach eine mäanderförmige Querschnittsform aufweisen.

Anspruch 1 erfülle daher die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

Entscheidungsgründe

Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ

Es ist zu prüfen ob die folgenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag, wonach

- die Auflagestege einen sich "in Vertikalrichtung" verjüngenden Querschnitt aufweisen, und

- die Trägerauflagen als in die Seitenwände integrierte und "mäanderförmig in einem Metallblech eingepresste Auflagestege", aus dem die Seitenwände bestehen, ausgebildet sind,

in der ursprünglich eingereichten Anmeldung eindeutig und unmittelbar offenbart sind.

a) Die Auflagestege weisen einen sich "in Vertikalrichtung" verjüngenden Querschnitt auf

In der ursprünglich eingereichten Beschreibung wird auf Seite 3, fünfter Absatz angegeben, dass um "Toleranzen gegenüber der Plattform der Transportvorrichtung auszugleichen, weisen vorteilhaft die Auflagestege im Bereich der Beschickungsseite des Regals einen sich verjüngenden Querschnitt auf". Auch der ursprünglich eingereichte Anspruch 4 gibt an, dass im Bereich der Beschickungsseite des Regals die Auflagestege einen sich verjüngenden Querschnitt aufweisen.

Es steht daher außer Frage, dass ein sich verjüngender Querschnitt der Auflagestege im Bereich der Beschickungsseite in der ursprünglichen Anmeldung offenbart ist.

Demnach lautet die bezüglich der Offenbarung des oben genannten Merkmals zu klärende Frage, ob auch eine in der im Anspruch 1 angegebenen Richtung, d.h. in Vertikalrichtung, stattfindende Verjüngung des Querschnitts in der ursprünglichen Anmeldung offenbart war.

Es ist unstrittig, dass eine explizite Offenbarung des Ausdrucks "sich in Vertikalrichtung verjüngender Querschnitt" in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht zu finden ist. Die Beschwerdegegnerin verweist bezüglich der Offenbarung dieses Merkmals lediglich auf die Figur 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung, wo sich im Bereich der Beschickungsseite in Vertikalrichtung verjüngende Auflagestege gezeigt sein sollen.

Die Kammer stellt fest, dass eine von links nach rechts beidseitig stattfindende Verjüngung der Auflagestege, d.h. in horizontaler Richtung, auf der rechten Seite des Regals der Figur 2 zu erkennen ist. Bezogen auf den Querschnitt der Auflagestege und unter Zuhilfenahme der im ursprünglich eingereichten Anspruch 4 benutzten Formulierung, weisen die Auflagestege im Bereich der Beschickungsseite des Regals jedoch einen sich in horizontaler Richtung verjüngenden Querschnitt auf. Die Tatsache, dass es die vertikale Dimension des Querschnitts der Auflagestege ist, welche sich entlang der horizontalen Achse verkleinert, bedeutet nicht, dass der Querschnitt selbst sich, entlang der vertikalen Achse verkleinert. Es ist gemäß der Figur 2 eindeutig, dass die Fläche des Querschnitts, entlang der horizontalen Achse abnimmt. Daher ist eine in vertikaler Richtung stattfindende Verjüngung des Querschnitts der Auflagestege in der Figur 2 nicht dargestellt und daher auch dieser Figur nicht entnehmbar.

Eine Auslegung dieses Merkmals entgegen seiner eigentlichen Bedeutung kommt für die Kammer auch dann nicht in Betracht, wenn das Merkmal "die Auflagestege weisen einen sich in Vertikalrichtung verjüngenden Querschnitt auf" nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit den übrigen Merkmalen des aufrecht erhaltenen Anspruchs l betrachtet wird, um den Gesamtinhalt der Ansprüche zu berücksichtigen. Aus dem Gesamtinhalt der Ansprüche ergibt sich nichts, was Anlass zu einer Auslegung des nachträglich hinzugekommenen Merkmales "in Vertikalrichtung", abweichend von seinem eigentlichen wortsinngemäßen Bedeutungsgehalt, gibt. Weder ist der aufrecht erhaltene Anspruch 1 mit diesem hinzugekommenen Merkmal unklar oder macht er technisch keinen Sinn, noch stehe er in einem inneren Widerspruch mit sich selbst.

Aber auch wenn man annehmen würde, dass eine Verringerung der vertikalen Dimension des Querschnitts der Auflagestege entlang der horizontalen Achse als eine Verjüngung des Querschnitts in seiner Vertikalrichtung bezeichnet werden könnte, ist diese als solches der Figur 2 nicht zu entnehmen und zwar aus folgenden Gründen:

Eine richtungsbezogene Verringerung des Querschnitts der Auflagestege ist in der ursprünglichen Anmeldung nur der Figur 2 zu entnehmen. Darin wird eine spezielle Form der Verjüngung des Querschnitts aufgezeigt, nämlich die, wonach sowohl die jeweilige obere als auch die jeweilige untere horizontale Fläche der Auflagestege im weiteren horizontalen Verlauf der Auflagestege aufeinander zu gehen. Da nicht diese spezielle, beidseitige Verjüngungsform des Querschnitts, sondern eine verallgemeinerte Form dieser Verjüngung im Anspruch 1 beansprucht ist, stellt der jetzige Wortlaut des Anspruchs 1 eine Verallgemeinerung der in der Figur 2 konkret gezeigten Ausführungsform dar, für die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung weder ein Hinweis noch eine Anregung zu finden ist.

Die Beschwerdegegnerin und die Einspruchsabteilung haben argumentiert, dass durch die Offenbarung in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, dass die Auflagestege "einen sich verjüngenden Querschnitt aufweisen", alle möglichen Formen einer solchen Verjüngung durch die ursprüngliche Offenbarung umfasst und somit auch offenbart sind. Eine Auswahl einer von diesen Formen könne somit nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen. Die Kammer kann sich dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht anschließen:

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist bei der Prüfung der Zulässigkeit von Änderungen zu prüfen, ob der fachkundige Leser der geänderten Fassung mit neuer Information konfrontiert wird. Die spezifische "Verjüngung des Querschnitts in Vertikalrichtung" ist nach dem dabei zu verwendenden "Neuheitstest" neu gegenüber der ursprünglichen, keine Richtungsangaben enthaltenden und daher allgemeineren "Verjüngung des Querschnitts". Sie stellt somit solche neue Information dar. Der in der Argumentation der Beschwerdegegnerin und der Einspruchsabteilung in ihrer angefochtenen Entscheidung benutzte Begriff "umfasst" bezieht sich auf dem Schutzumfang eines Anspruchs, welcher durch die in den Ansprüchen benutzten Begriffe und ihrer Auslegung im Lichte der Beschreibung bestimmt wird. Dies ist jedoch eine Frage der Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ, die nach Meinung der Kammer gewährleistet ist, da eine Einschränkung des Gegenstandes des Anspruchs 1 vorgenommen wurde.

Die Beschwerdegegnerin hat weiterhin argumentiert, dass auf Seite 5, Zeilen 19 bis 21 der ursprünglich eingereichten Beschreibung angegeben sei, dass die Verjüngung der Auflagestege zum Toleranzenausgleich beim Anfahren mit der Plattform diene. Da es sich dabei um den Toleranzenausgleich in vertikaler und nicht in horizontaler Richtung handele (weil die Plattform in horizontaler Richtung fixiert zwischen den zwei Regalen (siehe Figur 1) angeordnet sei), entnehme der Fachmann dieser Passage, dass auch die Verjüngung des Querschnitts der Auflagestege in Vertikalrichtung stattfinden werden müsse.

Dem wird seitens der Kammer aus folgenden Gründen widersprochen:

Erstens, die von der Beschwerdegegnerin erwähnte Passage bezieht sich auf die beidseitige Verjüngung, wie diese aus der Figur 2 abgeleitet werden kann. Eine solche spezielle Art der Verjüngung ist jedoch im Anspruch 1, wie bereits besprochen, nicht angegeben.

Zweitens, wie die genannte Passage in der Beschreibung ihn selbst definiert, Grund der Verjüngung des Querschnitts ist der Toleranzenausgleich "beim Anfahren mit der Plattform", d.h. auch bei einer horizontalen Bewegung der Plattform, denn nirgends definiert der Anspruch nur eine vertikale Zustellbewegung der Plattform, oder eine in horizontaler Richtung zwischen den Regalen fixiert angeordnete Plattform. Um einen solchen horizontalen Bewegungsausgleich zu ermöglichen, benötigt man jedoch eine Verjüngung des Querschnitts entlang der Bewegungsrichtung der Plattform, d.h. in Horizontalrichtung.

Den von der Beschwerdegegnerin an die Kammer gerichteten Appell, keine praxisfremden Überlegungen bei der Auslegung des Begriffs "vertikaler Verjüngung" anzustellen, folgt die Kammer im Ganzen, in dem sie die für den Fachmann selbstverständliche Definition einer "vertikalen Verjüngung" als eine Verjüngung in einer vertikal verlaufenden Betrachtungsrichtung, so wie diese durch die Seitenansichten der zwei am Anfang der Begründung dieser Entscheidung abgebildeten Dreiecken dargestellt ist, definiert.

Für das Merkmal a) findet sich daher in der ursprünglich eingereichten Anmeldung keine Basis.

b) Die Trägerauflagen sind als in die Seitenwände integrierte und "mäanderförmig in einem Metallblech eingepresste Auflagestege", aus dem die Seitenwände bestehen, ausgebildet

In der ursprünglich eingereichten Anmeldung ist der Begriff "mäanderförmig" immer im Zusammenhang mit der Querschnittsform der gesamten Seitenwände erwähnt, siehe hierzu Seite 3, vierter Absatz, Seite 5, Zeilen 13 und 14, Anspruch 3. Entsprechend wird auch in der Figur 2 eine mäanderförmige Querschnittsform der Seitenwand dargestellt.

Im aufrecht erhaltenen Anspruch 1 sind Auflagestege beansprucht, welche mäanderförmig in ein Metallblech, aus dem die Seitenwände bestehen, eingepresst sind. Demnach wird im Anspruch 1 der Begriff "mäanderförmig" nur im Zusammenhang mit den Auflagestegen bzw. mit der Art ihrer Einpressung in das Metallblech, aus dem die Seitenwände bestehen, erwähnt.

Die Kammer stellt zuerst fest, dass eine explizite Offenbarung eines mäanderförmigen Einpressvorganges in der ursprünglichen Anmeldung nicht vorhanden ist.

Die zu klärende Frage bezüglich des oben genannten Merkmals b) konzentriert sich daher auf den Punkt, ob eine mäanderförmige Einpressung der Auflagestege in einem Metallblech, aus dem die Seitenwände bestehen, ausschließlich eine mäanderförmige Querschnittsform aufweisende Seitenwand hervorruft.

Für die Kammer ist die Form einer Seitenwand und die Art des Einpressvorganges von Auflagestegen in diese Seitenwand nicht ein und dasselbe. Die mäanderförmige Einpressung von Auflagestegen in ein Metallblech bedeutet nicht zwingend, dass nach der Einpressung das Metallblech selbst einen mäanderförmigen Querschnitt aufweist. Es besteht z.B. die Möglichkeit, dass die Auflagestege nur in bestimmten Teile des Metallblechs eingepresst sind, so dass das Metallblech der Seitenwand selbst nur an bestimmten Stellen, d.h. nur teilweise, einen mäanderförmigen Querschnitt aufweist. Ein Metallblech, welches nur an bestimmten Stellen einen mäanderförmigen Querschnitt aufweist, ist in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart.

Daher findet das auf den Einpressvorgang gerichtete Merkmal b) des Anspruchs 1 ebenfalls keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Aus den oben genannten Gründen erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

Dem zufolge ist das diesen Anspruch 1 enthaltende Patent zu widerrufen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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