European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T085705.20070605 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Juni 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0857/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98955451.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 17/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung duftverstärkter Wasch- und Reinigungsmittel | ||||||||
Name des Anmelders: | Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien | ||||||||
Name des Einsprechenden: | The Procter & Gamble Company | ||||||||
Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit (ja) - nach Interpretation eines undefinierten Merkmals Erfinderische Tätigkeit (nein) - keinerlei unübliche Maßnahmen zum Zwecke der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens (alle Anträge) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 98 955 451.4
(Internationale Veröffentlichungsnummer WO-A-99/021955) wurde das europäische Patent Nr. 1 025 198 mit 26 Patentansprüchen erteilt.
II. Der unabhängige Anspruch 1 hatte folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Herstellung duftverstärkter Wasch- oder Reinigungsmittel bzw. Komponenten hierfür mit Schüttgewichten oberhalb von 600 g/l, dadurch gekennzeichnet, daß ein festes Vorgemisch, bei dem der Gehalt an flüssigem - d.h. nicht in Form von Hydratwasser und/oder Konstitutionswasser vorliegenden - Wasser unter 2 Gew.-% liegt, aus Wasch- oder Reinigungsmittelcompounds und/oder -rohstoffen hergestellt wird, das mindestens 0,1 Gew.-% Parfüm, bezogen auf das Vorgemisch, enthält und man dieses Vorgemisch einer Pressagglomeration unterwirft, wobei das Vorgemisch Bindemittel enthält, die bereits bei Temperaturen bis maximal 130ºC vollständig als Schmelze vorliegen und die Einarbeitung des Bindemittels bei Temperaturen erfolgt, bei denen das Bindemittel in Form einer Schmelze vorliegt."
Der unabhängige Anspruch 21 betraf ein duftverstärktes Wasch- oder Reinigungsmittel, welches zu mindestens 80 Gew.-% aus Komponenten besteht, die gemäß einem der Ansprüche 1 bis 20 hergestellt wurden.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 20 und 22 bis 26 betrafen bevorzugte Ausführungsformen der Gegenstände nach Anspruch 1 bzw. 21.
III. Gegen die Patenterteilung hat die Einsprechende wegen
unzureichender Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) sowie wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100a) EPÜ) Einspruch erhoben. Ein Einwand wegen mangelnder ursprünglicher Offenbarung wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung zurückgenommen.
Die Einsprechende stützte ihr Vorbringen unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:
D1 EP-A-0 325 457 und
D2 US-A-5 543 439.
IV. Die Patentinhaberin reichte mit Schreiben vom 22. Februar 2005 einen geänderten Anspruchssatz als Hilfsantrag ein. Dieser unterscheidet sich vom Hauptantrag durch Streichung der Produktansprüche 21 bis 26.
V. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung der
Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Produktanspruches 21 gemäß Hauptantrag neuheitsschädlich vorweggenommen sei durch den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung D2. Nach Wegfall der Produktansprüche gemäß Hilfsantrag genüge der beanspruchte Gegenstand jedoch den Anforderungen des EPÜ, insbesondere den Kriterien der Artikel 83, 54 und 56 EPÜ.
VI. Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden
der Einsprechenden, nunmehr Beschwerdeführerin I, sowie der Patentinhaberin, nunmehr Beschwerdeführerin II.
Mit Schreiben vom 30. August 2005 hat die Patentinhaberin geänderte Anspruchssätze in acht weiteren Hilfsanträgen eingereicht.
VII. Am 5. Juni 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor
der Beschwerdekammer statt, in deren Verlauf die Patentinhaberin nur noch den bisherigen siebten Hilfsantrag als neuen Hauptantrag und den von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Anspruchssatz (siehe Punkte II und IV) als ersten Hilfsantrag weiterverfolgte, sowie einen geänderten Anspruchssatz als neuen zweiten Hilfsantrag vorlegte.
Der neue Hauptantrag unterscheidet sich vom Anspruchssatz in der erteilten Fassung ausschließlich durch Aufnahme des Merkmals des erteilten abhängigen Anspruchs 23 in den unabhängigen Produktanspruch 21 sowie Streichung von Anspruch 23.
Der neue zweite Hilfsantrag unterscheidet sich vom ersten Hilfsantrag dadurch, dass in Anspruch 1 zwischen den Ausdrücken "Einarbeitung des Bindemittels" und "bei Temperaturen" der Ausdruck "in das Vorgemisch" eingefügt wurde sowie am Anspruchsende folgende Merkmale angefügt wurden ", nämlich bei 60ºC - 150ºC, wobei das Vorgemisch zusätzlich zu den festen Bestandteilen bis zu 20 Gew. % bei T < 45ºC und einem Druck von 1 bar flüssige nichtionische Tenside enthält, wobei die Zugabe der flüssigen nichtionischen Tenside im Gemisch mit dem Parfüm erfolgt, wobei bei der Herstellung des Vorgemisches Wasser nicht als Flüssigkeit, Lösung oder Dispersion eingebracht wird".
VIII. Die Einsprechende hat unter anderem ausgeführt,
- dass der Gegenstand nach Anspruch 1 des zweiten
Hilfsantrages nicht ursprünglich offenbart sei;
- dass der Gegenstand nach Anspruch 1 aller Anträge
nicht hinreichend klar sei, insbesondere bezüglich des Wassergehalts, und gemäß Artikel 83 EPÜ nicht ausführbar, weil klarstellende Hinweise in der Beschreibung des Streitpatents fehlten; sowie
- dass das Verfahren nach Anspruch 1 nicht neu sei,
beispielsweise gegenüber den Entgegenhaltungen D1 und
D2, jedenfalls aber im Hinblick auf die Entgegen-haltung D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, selbst wenn angenommen würde, dass sich das Verfahren nach Anspruch 1 (aller Anträge) vom Offenbarungs-gehalt der D1 dadurch unterscheide, dass das dort verwendete Bindemittel PEG-6000, das einen Schmelzpunkt von nur etwa 60ºC habe, in Form einer Schmelze schon in das Vorgemisch, also vor der Pressagglomeration, eingearbeitet wird.
Letzteres wurde damit begründet, dass in Ermangelung eines Nachweises für einen besonderen Effekt, die durch einen solchen Unterschied tatsächlich gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens bestehe, die Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze vor der Pressagglomeration jedoch im Ermessen eines Fachmannes stehe, wenn es darum geht, ein weiteres Verfahren für den gleichen Zweck zu schaffen.
Das gleiche gelte für die in Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages eingefügten Merkmale, da diese übliche Maßnahmen nicht überschritten.
IX. Die Patentinhaberin hat Argumente gegen die Begründung
der angefochtenen Entscheidung vorgebracht sowie alle
Einwände der Einsprechenden zurückgewiesen.
Insbesondere hat sie geltend gemacht, dass mit dem streitgegenständlichen Verfahren eine Vereinfachung des in D1 beschriebenen Verfahrens möglich sei, insofern als es nicht nötig sei, ein Clathrat des Parfüms mit Cyclodextrin herzustellen. Dieser Vorteil werde gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und ersten Hilfsantrags dadurch erreicht, dass vor der Pressagglomeration das Bindemittel in Form einer Schmelze zugegeben wird. Hierzu hätte der Fachmann aus dem verfügbaren Stand der Technik jedoch keinerlei Anregung gehabt.
Das gleiche gelte umso mehr für den Gegenstand nach Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags, da dieser gegenüber der Entgegenhaltung D1 über den Gehalt an flüssigen nichtionischen Tensiden noch weiter abgegrenzt sei sowie im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze und auf den Gehalt an flüssigem Wasser klargestellt sei.
X. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin II) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Patentansprüche gemäß dem siebten Hilfsantrag, eingereicht mit Schreiben vom 30. August 2005 (jetzt Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche wie in der angefochtenen Entscheidung aufrechterhalten, weiter hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche gemäß dem zweiten Hilfsantrag wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht.
Die Einsprechende (Beschwerdeführerin I) beantragte die
Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Entscheidungsgründe
1. Interpretation von Anspruch 1 und Ausführbarkeit (alle Anträge)
Anspruch 1 enthält die Maßgabe, dass im Vorgemisch der Gehalt an flüssigem Wasser unter 2 Gew.-% liegen soll, wobei hierunter Wasser verstanden werden soll, welches nicht in Form von Hydratwasser oder Konstitutionswasser vorliegt.
Das Streitpatent enthält aber keinerlei Hinweis darauf, wie dieser Wassergehalt festzustellen ist, d.h. durch welche experimentelle Methodik festzustellen ist, ob das Wasser als Hydrat- bzw. Konstitutionswasser vorliegt oder nicht. Die Kammer zweifelt nicht an der Existenz solcher Methoden. Beispielsweise kommen verschiedene direkte (z.B. gravimetrische) oder indirekte (z.B. optische) Methoden in Frage. Die Kammer ist aber überzeugt, dass abhängig von der gewählten Methode mit unterschiedlichen Ergebnissen zu rechnen ist. Infolgedessen ist die Bedingung, dass weniger als 2 Gew.-% an flüssigem Wasser im Vorgemisch enthalten sein sollen, nicht eindeutig definiert. Diesem Merkmal kann daher keine spezifischere Bedeutung zugemessen werden als die in der Beschreibung des Streitpatents mit "im wesentlichen wasserfrei" wiedergegebene Qualifikation (Seite 2, Absatz [0009]).
Insofern aber bestehen für die Kammer keinerlei Bedenken hinsichtlich der Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens gemäß Artikel 83 EPÜ.
2. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die in den Ansprüchen
vorgenommenen Änderungen den Bedingungen der Artikel 123 (2) und (3) und 84 EPÜ genügen und ob der beanspruchte Gegenstand im Lichte des verfügbaren Stands der Technik neu ist (Artikel 54 EPÜ), da die Beschwerde der Einsprechenden letztendlich aus nachstehenden Gründen wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit erfolgreich ist.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Technisches Gebiet
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung fester duftverstärkter Wasch- oder Reinigungsmittel mit Schüttgewichten oberhalb 600 g/l durch Pressagglomeration eines im Wesentlichen wasserfreien Vorgemisches (Seite 2, Absatz [0001]), wobei die Duftstoffe homogen über das gesamte Mittel verteilt sein und nicht durch nachfolgende Trocknungsschritte wieder teilweise entfernt werden sollen (Seite 2, Absatz [0002] und Seite 3, Absatz [0016]).
Dabei geht das Streitpatent speziell von einem Stand der Technik aus, bei dem eine Beduftung der Mittel durch Aufsprühen der Duftstoffe auf die fertigen Feststoffgranulate erfolgt oder durch Einarbeitung von Partikeln, in denen der Duftstoff quasi verkapselt vorliegt (Seite 2, Absätze [0002] bis [0006]).
Ein Verfahren der zuletzt genannten Art ist beispielsweise aus der Entgegenhaltung D1 bekannt.
Nach diesem Verfahren werden aus 2.5 g Duftstoffen sowie 18 g Cyclodextrin, gelöst in 200 g Wasser, 20 g eines Präzipitates gewonnen, das abfiltriert und gefriergetrocknet wird. Die so erhaltene pulvrige Einschlussverbindung (Clathrat) wird mit PEG-6000 und wasserfreiem Glaubersalz im Prozentverhältnis 50:25:25 gemischt und dann zu einem Granulat extrudiert, also pressagglomeriert (Seite 6, Zeile 59 bis Seite 7, Zeile 10). Es ist davon auszugehen, dass dieses Vorgemisch nicht nur fest ist und im Wesentlichen wasserfrei, sondern auch mindestens 0.1 Gew.-% Parfüm enthält (siehe auch Tabelle 3 zum Parfümgehalt des fertigen Waschmittels). Es enthält mit PEG-6000 ein Bindemittel, das laut Streitpatent bevorzugt ist (Seite 6, Absatz [0029]) und damit einen Schmelzpunkt von maximal 130ºC aufweist. Dieses Vorgemisch wird schließlich mit einer konzentrierten Detergenszusammensetzung zum Endprodukt (Schüttgewicht 750 g/l) vermischt (Seite 6, Zeilen 28 bis 56 und Tabelle 3, Beispiel 1).
In Übereinstimmung mit den Parteien hält die Kammer die Entgegenhaltung D1 für einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Streitgegenstandes, da sich auch dieses Dokument speziell mit der Haltbarkeit der Parfümierung von festen Waschmitteln hoher Schüttdichte beschäftigt (Seite 2, Zeilen 21 bis 52).
3.2 Hauptantrag und erster Hilfsantrag
Anspruch 1 des Haupt- und ersten Hilfsantrages haben
einen identischen Wortlaut.
3.2.1 Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass sich das
erfindungsgemäße Verfahren von dem in der Entgegenhaltung D1 beschriebenen insofern unterscheidet als die Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze in das Vorgemisch vor der Pressagglomeration erfolgt. Auch sei gemäß Streitpatent die Bildung eines Parfüm-Clathrats mit Cyclodextrin nicht notwendig.
Die Patentinhaberin folgert daraus, dass mit dem
beanspruchten Verfahren gegenüber dem aus D1 Bekannten in plausibler Weise ein vereinfachtes Verfahren bereitgestellt würde, um eine gleichwertige Beduftung des Waschmittels zu erreichen.
3.2.2 Wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung
eingeräumt hat, liegen jedoch keinerlei Beweismittel vor, die einen Vergleich zuließen zwischen den Eigenschaften des nach Anspruch 1 erhaltenen Produktes mit dem Produkt nach der Entgegenhaltung D1. Insofern kann von einer gleichwertigen Beduftung der Produkte nicht notwendiger-weise die Rede sein.
Auch hat die Patentinhaberin bestätigt, dass das
Verfahren nach Anspruch 1 die Bildung von Parfüm-Clathraten und deren Einarbeitung in das Vorgemisch nicht ausschließt.
3.2.3 Infolgedessen kann die gegenüber Dokument D1 tatsächlich
gelöste technische Aufgabe nur darin gesehen werden, ein weiteres Verfahren zur Herstellung duftverstärkter Wasch- oder Reinigungsmittel mit Schüttgewichten oberhalb von 600 g/l herzustellen.
Ferner ist, dem Wortlaut von Anspruch 1 zufolge, das
streitgegenständliche Verfahren nicht darauf beschränkt, dass die Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze in das Vorgemisch, also vor der Pressagglomeration, erfolgt.
Richtig ist jedoch, dass D1 eine Einarbeitung des
Bindemittels (PEG-6000) in Form einer Schmelze nicht ausdrücklich erwähnt.
Daher wird die genannte technische Aufgabe gemäß Anspruch 1 dadurch glaubhaft gelöst, dass die Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze erfolgt.
3.2.4 Naheliegen der Lösung
Somit bleibt zu untersuchen, ob - in Anbetracht des vorhandenen Stands der Technik - die gemäß Streitpatent vorgeschlagene Lösung, nämlich bei dem aus D1 bekannten Verfahren das Bindemittel PEG-6000 als Schmelze einzuarbeiten, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.2.5 Entgegenhaltung D1 spricht eine Einarbeitung des
Bindemittels in Form einer Schmelze nicht an. Unstrittig ist jedoch, dass der Schmelzpunkt des dort verwendeten Bindemittels PEG-6000 bei 60ºC liegt. Unstrittig ist auch, dass die beschriebene Granulierung der Einschlussverbindung mit Bindemittel und Glaubersalz (Seite 6, Zeile 63 bis Seite 7, Zeile 7) implizit zumindest ein Erweichen des Bindemittels PEG-6000 umfasst, da es nur so seine Bindewirkung entfalten kann.
3.2.6 Dokument D1 enthält aber nichts, woraus ein Fachmann
ableiten könnte, dass ein mögliches Schmelzen des Bindemittels während der Pressagglomeration zu vermeiden ist. Auch hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht, dass gegen ein solches Schmelzen des Bindemittels während der Einarbeitung oder Pressagglomeration ein Vorurteil in der Fachwelt bestanden hätte.
Dass ein solches Vorurteil tatsächlich nicht bestanden
hat, findet Stütze beispielsweise in der Entgegenhaltung D2, aus der bekannt ist bei der Herstellung eines im Wesentlichen wasserfreien, festen und duftverstärkten Toilettenreinigungsmittels das Bindemittel in Form einer Schmelze in ein Vorgemisch einzuarbeiten, welches neben dem Bindemittel Duftstoffe, hydrophobe Kieselsäure und Farbstoff enthält, danach das Vorgemisch zu verfestigen und schließlich zu extrudieren, zu verpressen und/oder zu pelletieren (D2, insbesondere Beispiele I bis VI und XVI), d.h. einer Pressagglomeration zu unterziehen (siehe Streitpatent, Seite 7, Absatz [0039]).
3.2.7 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die
Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze zu den Optionen gehört, die ein Fachmann ergreift, um gegenüber der Entgegenhaltung D1 ein weiteres Verfahren zur Herstellung duftverstärkter Wasch- oder Reinigungsmittel hoher Schüttdichte zu schaffen.
3.2.8 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrages und
ersten Hilfsantrages beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
3.3 Zweiter Hilfsantrag
3.3.1 Das Verfahren nach Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages
unterscheidet sich technisch von dem nach Anspruch 1 des
Hauptantrages (bzw. ersten Hilfsantrages) dadurch,
- dass es nunmehr auf eine Einarbeitung des Bindemittels in Form einer Schmelze in das Vorgemisch, also vor der Pressagglomeration, beschränkt ist,
- dass die Einarbeitung des Bindemittels bei 60-150ºC erfolgt,
- dass das Vorgemisch zusätzlich bis zu 20 Gew.-% an flüssigen nichtionischen Tensiden enthält, welche im Gemisch mit dem Parfüm zugegeben werden sowie,
- dass bei der Herstellung des Vorgemisches Wasser nicht als Flüssigkeit, Lösung oder Dispersion eingebracht wird (vgl. Punkt VII).
3.3.2 Es mag richtig sein, wie die Patentinhaberin meint, dass
sich das streitgegenständliche Verfahren mit diesen weiteren Merkmalen vom Verfahren nach D1 stärker abhebt. Ein besonderer, insbesondere nicht zu erwartender, Effekt wird damit aber nicht nachweislich erreicht. Dies hat die Patentinhaberin auch nicht behauptet. Es bleibt daher zu untersuchen, ob auf diese Merkmale das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit gestützt werden kann.
3.3.3 Wie oben ausgeführt, ist es Stand der Technik,
Bindemittel in Form einer Schmelze in ein Reinigungsmittel-Vorgemisch einzuarbeiten und erst später zu verpressen (3.2.6). Daher gilt für das erste zusätzliche Merkmal das unter Punkt 3.2.7 bereits Gesagte.
Das zweite Merkmal ergibt sich aus dem Schmelzpunkt des Bindemittels. Da das in der Entgegenhaltung D1 verwendete Bindemittel PEG-6000 unbestritten einen Schmelzpunkt von ca. 60ºC aufweist, folgt notwendiger- weise, dass eine Einarbeitung dieses Bindemittels in Form einer Schmelze bei Temperaturen über 60ºC erfolgen muss.
Die beiden weiteren Merkmale, nämlich die Zumischung des Parfüms zusammen mit flüssigen nichtionischen Tensiden sowie die Herstellung des Vorgemisches ohne Zusatz von Wasser, mögen die Bildung von Parfüm-Clathraten gemäß der Entgegenhaltung D1 ausschließen (vgl. Punkt 3.1). Wie D1 aber zu entnehmen ist (Seite 2, Zeilen 5 bis 12), entspricht es herkömmlicher Verfahrensweise, zu einem pulverförmigen Waschmittelgemisch das Parfüm zusammen mit einem Teil der Detergentien zuzumischen und dies ohne zusätzlich Wasser als Flüssigkeit, Lösung oder Dispersion zuzugeben.
Auch der zugesetzten Menge an nichtionischen Tensiden von bis zu 20 Gew.-% sowie der Forderung, dass diese bei unter 45ºC und 1 bar flüssig sein sollen, kann keine erfinderische Leistung zugemessen werden. Immerhin enthalten die in den Beispielen der Entgegenhaltung D1 beschriebenen Waschmittelzusammensetzungen weniger als 20 Gew.-% des nichtionischen Tensids Polyoxyethylen-alkylether mit 12 bis 13 Kohlenstoffatomen in der Alkylkette und 10 Ethylenoxidgruppen (Seite 5, Tabelle 1), das zu den gemäß Streitpatent geeigneten nichtionischen Tensiden zählt (Seite 12, Absatz [0079]).
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen keinerlei in der Reinigungsmitteltechnik unüblichen Maßnahmen beinhalten, die ausgehend von D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Vielmehr gehören auch diese Maßnahmen zu den Möglichkeiten, die der Fachmann in Betracht gezogen hätte, um ein gegenüber dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Verfahren modifiziertes Verfahren bereitzustellen.
4. Somit bietet keiner der gestellten Anträge eine Basis zur Aufrechterhaltung des Patents.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.