T 0832/05 () of 16.11.2006

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2006:T083205.20061116
Datum der Entscheidung: 16 November 2006
Aktenzeichen: T 0832/05
Anmeldenummer: 99113075.8
IPC-Klasse: F16L 11/118
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schlauch zum Fördern von fliessfähigen Stoffen
Name des Anmelders: WAGNER INTERNATIONAL AG
Name des Einsprechenden: ITW Gema AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 2. Mai 2005 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch zurückzuweisen.

II. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung gemäß Einspruchsakte):

1.1 Schlauch zum Fördern von fließfähigen Stoffen, insbesondere Beschichtungspulver, mit einer Schlauchwand aus elektrisch nicht oder schlecht leitendem Material,

1.2 wobei in die Schlauchwand (2) ein elektrisch leitfähiges, außen geerdetes Wandteil (4) eingebaut ist,

1.3 das sich radial über den Wandquerschnitt erstreckt

1.4 und einen Querschnitt mit an der Schlauchaußenseite (2) erheblich größerer Umfangsabmessung (bei 5) als an der Schlauchinnenseite (8) hat,

1.5 so dass an der Schlauchaußenseite (2) eine große Fläche zum Ableiten von unerwünschten Ladungen nach außen

1.6 und an der Schlauchinnenseite (8) eine kleine Fläche zum Verhindern von Pulveranbackungen vorhanden sind.

III. Im Beschwerdeverfahren waren folgende Entgegenhaltungen von Bedeutung:

E2 : DE-U-7934101

E6 : DE-U-7534723

IV. Am 16. November 2006 fand eine mündliche Verhandlung statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents wegen mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands gemäß Anspruch 1.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 16. Oktober 2006.

V. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Die E2 nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 vorweg.

Diese Entgegenhaltung offenbare einen Schlauch, der geeignet sei, fließfähige Stoffe, insbesondere Beschichtungspulver, zu transportieren.

Die Schlauchwand bestehe aus einer Innenschicht 2, einer ersten Kordlage 3, einer leitfähigen Zwischenschicht 4, einer zweiten Kordlage 5, einer äußeren leitfähigen Deckschicht 6, einer bandförmigen Kennzeichnung 7 und einem elektrisch leitfähigen Streifen 8, der in der Innenschicht 2 integriert sei.

Die einzige Figur dieser Entgegenhaltung offenbare einen elektrisch leitfähigen Streifen, der sich durch die gesamte radiale Dicke der Innenschicht 2 hindurchstrecke und einen Querschnitt mit an der Schlauchaußenseite erheblich größerer Umfangsabmessung als an der Schlauchinnenseite habe.

Die Innenschicht 2 könne aber als ein Innenschlauch betrachtet werden, welcher mit den anderen leitfähigen Schichten überzogen werde, um die elektrostatische Ladung abzuführen.

Bei dieser Betrachtungsweise sei der Innenschlauch 2 neuheitsschädlich, da aus der Figur eindeutig zu entnehmen sei, dass dessen leitfähiger Streifen den im erteilten Anspruch 1 angegebenen Querschnitt aufweise.

Aber selbst wenn die Innenschicht nicht als Schlauch im Sinne des Anspruchs 1 betrachtet werden könne, weise gleichwohl der gesamte Schlauch der E2 sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 auf.

Der elektrische Strom werde nämlich von der Innenseite des Schlauchs 1 über den elektrisch leitfähigen Streifen 8 zur Zwischenschicht 4 und zur ebenfalls elektrisch leitfähigen Deckschicht 6 geleitet. Die Umfangsmessung der Deckschicht sei erheblich größer als die des leitfähigen Wandteils 8, so dass das oben erwähnte Merkmal auch bei dieser Betrachtungsweise vorhanden sei.

Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 sei daher bei beiden Betrachtungsweisen neuheitsschädlich vorweggenommen.

Betrachtet die Kammer die Neuheit als gegeben, so sei der Gegenstand gemäß Anspruch 1 auf jeden Fall gegenüber dem Schlauch gemäß E6 nicht erfinderisch.

Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 unterscheide sich von dem Schlauch gemäß E6 lediglich dadurch, dass das elektrisch leitfähige Wandteil einen Querschnitt mit an der Schlauchaußenseite erheblich größerer Umfangsabmessung als an der Schlauchinnenseite habe.

In der E6 sei nämlich eine leitfähige Wandung als Einsatz in einer durchsichtigen Wandung eines Schlauches offenbart, wobei die leitfähige Wandung im Querschnitt gesehen zwei zueinander parallele Begrenzungsflächen aufweise.

Für den Fachmann sei jedoch offensichtlich, dass solche parallele Begrenzungsflächen besonders schwierig herzustellen seien, so dass er auf ein einfacher herzustellendes Profil zurückgreifen würde.

Die einfachste Form des Einsetzens eines längs ausgerichteten Einsatzes in einen Schlauch bestehe dann, wenn entweder der Schlauch in Längsrichtung geteilt werde oder wenn bei der Ausformung des Schlauchs ein Freiraum freigehalten werde. In beiden Fällen seien jedoch die Begrenzungsflächen zwischen der Schlauchwandung und dem einzusetzenden Material orthogonal zu der Unterseite und der Oberseite der Schlauchwandung ausgerichtet, so dass der Einsatz zwangsläufig im Querschnitt eine Kreissektorform aufweise und somit an der Schlauchaußenseite eine erheblich größere Umfangsabmessung habe als an der Schlauchinnenseite.

Der Fachmann, der das Herstellungsverfahren vereinfachen wolle, würde somit auf naheliegender Weise zu dem Gegenstand gemäß Anspruch 1 gelangen.

Sollten außerdem bei der Benutzung des Schlauchs gemäß E6 Pulveranbackungen entstehen, so wüsste der Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Kenntnisse, dass er die Innenabmessung des leitenden Einsatzes reduzieren müsse. Auch auf diese Weise würde er in naheliegender Weise zu dem Gegenstand gemäß Anspruch 1 gelangen.

VI. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Dem Schlauch gemäß E2 fehle schon das Merkmal 1.1, da dieses Merkmal eine Schlauchwand aus nicht leitendem Material verlange und die Schlauchwand des Schlauchs gemäß E2 eine elektrisch leitende Zwischenschicht sowie eine elektrisch leitende Deckschicht aufweise.

Die Betrachtungsweise, dass die Innenschicht ein eigenständiger Schlauch sei, widerspreche offensichtlich der Gesamtlehre der E2 und sei völlig aus der Luft gegriffen.

Außerdem verlange der Anspruchswortlaut eine "kleine Fläche zum Verhindern von Pulveranbackungen", was bedeute, dass diese Fläche so klein sein solle, dass keine Anbackungen stattfinden würden. Eine solche Fläche sei in dem Schlauch gemäß E2 auch nicht vorhanden.

Dass die Umfangsabmessung des leitenden Teils an der Außenseite der Innenschicht "erheblich" größer sei als an der Innenseite sei aus den Zeichnungen der E2 auch nicht zu erkennen. In Abwesenheit von jeglicher Bestätigung in der Beschreibung könne der vermeintlich keilförmige Querschnitt des leitenden Streifens 8 in der E2 nicht als keilförmig gelten, da diese Form möglicherweise ungewollt und/oder wegen der perspektivischen Ansicht hineininterpretiert werde.

Gehe man für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von der E6 aus, so sei vorerst zu bemerken, dass bei parallelen Rändern des leitenden Teils zwangsläufig dessen Umfangsabmessung an der Schlauchaußenseite nicht größer, sondern kleiner sei als an der Schlauchinnenseite.

Würden in einem Schlauch gemäß E6 Verstopfungen durch Anbackungen entstehen, so stelle sich die Frage, ob der Fachmann die E2 überhaupt heranziehen würde, um dieses Problem zu lösen, da diese Schrift nicht von Schläuchen zum Fördern von Pulver, sondern von Flüssigkeiten handele. Das Problem von Pulveranbackungen werde in dieser Entgegenhaltung in keiner Weise angesprochen.

Die beanspruchte spezifische Form des Querschnitts des leitenden Wandteils werde außerdem, wie oben schon erwähnt, in dieser Entgegenhaltung auch nicht offenbart.

Die Erfindung gemäß Streitpatent löse zwei gegenläufige Aufgabenaspekte: zum einen solle eine sichere Ableitung der in dem Schlauch generierten elektrostatischen Ladung gewährleistet werden, was eher eine große leitende Wandfläche verlange, und zum anderen sollten Pulveranbackungen vermieden werden, was eine kleine leitende Wandfläche verlange. Dass die kennzeichnenden Merkmale diese gegenläufige Aufgabenaspekte lösen, sei aber im Stand der Technik nicht erkannt worden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 und der Regeln 1 und 64 EPÜ und ist daher zulässig.

2. Neuheit

2.1 Die E2 offenbart einen Schlauch zur Förderung von brennbaren Flüssigkeiten, von brennbaren Gasen oder von explosiven Luftgemischen. Um die bei der Förderung von solchen Medien entstehenden elektrostatischen Aufladungen abzuleiten, ist in der Innenschicht dieses Schlauchs ein sich von der Innenfläche der Innenschicht aus radial ersteckender elektrisch leitfähiger Streifen vorgesehen. Dieser Streifen erstreckt sich in Längsrichtung auf die gesamte Länge des Schlauchs, so dass die entstehenden Aufladungen zumindest über metallische Stutzen der Armatur abgeleitet werden können.

Bei dem zweiten Ausführungsbeispiel der E2 erstreckt sich der elektrisch leitfähige Streifen radial durch die gesamte radiale Dicke der Innenschicht. Diese Innenschicht ist dann mit einer elektrisch leitfähigen Zwischenschicht und einer leitfähigen Deckschicht und/oder einer leitfähigen und bandförmigen Kennzeichnung verbunden.

Diesem zweiten Ausführungsbeispiel fehlt daher schon das erste Merkmal des Anspruchs, wonach die Schlauchwand aus elektrisch nicht oder schlecht leitendem Material bestehen soll, da die Schlauchwand des Schlauchs gemäß E2 eine Deckschicht und eine Zwischenschicht aus leitfähigem Material aufweist.

Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 ist somit allein aus diesem Grund neu.

2.2 Der Beschwerdeführer behauptet, dass die Innenschicht als eigenständiger Schlauch betrachtet werden müsse, und dass dieser eigenständige Schlauch dann den Gegenstand gemäß Anspruch 1 neuheitsschädlich treffen würde.

Zwar werden in der Einleitung der Beschreibung der E2 in dem Absatz, der sich auf das zweite Ausführungsbeispiel bezieht, die Zwischenschicht und die Deckschicht nur fakultativ erwähnt, doch wird ständig der Begriff Innenschicht benutzt und nicht irgendein anderer Begriff, der darauf hinweisen könnte, dass die Innenschicht auch als eigenständiger Schlauch benutzt werden könnte. Im Gegenteil ist in der E2 auch kein Hinweis dahingehend zu finden, dass auf die in dem beschriebenen Schlauch zwischen Innenschicht, Zwischenschicht und Deckschicht angeordneten Kordlagen verzichtet werden kann.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Beide Parteien waren sich einig, dass die E6 den nächstliegenden Stand der Technik offenbart.

Diese Entgegenhaltung offenbart einen Schlauch zum Fördern von explosiven Flüssigkeiten, Stauben oder Gasen. Zur Vermeidung von elektrostatischen Aufladungen weist dieser durchsichtige Kunststoffschlauch, im Querschnitt gesehen, ein Wandteil aus leitfähiger elektro-antistatischer Mischung auf, das radial vom Schlauchäußeren bis zum Schlauchinneren reicht. In dem in der einzigen Figur gezeigten Ausführungsbeispiel reicht dieser leitfähige Teil von der Innenfläche des Schlauchs bis zu der Außenfläche des Schlauchs, und die Abgrenzungslinien zwischen dem nicht leitfähigen und dem leitfähigen Teil verlaufen parallel zueinander.

Durch diese Form des leitfähigen Teils ergibt sich, dass, im Querschnitt gesehen, seine Umfangsabmessung an der Schlauchaußenseite kleiner ist als an der Schlauchinnenseite.

3.2 Dem Schlauch gemäß E6 fehlt daher das beanspruchte Merkmal, wonach das leitfähige Wandteil einen Querschnitt mit an der Schlauchaußenseite erheblich größerer Umfangsabmessung als an der Schlauchinnenseite hat, so dass an der Schlauchaußenseite eine große Fläche zum Ableiten von unerwünschten Ladungen nach außen und an der Schlauchinnenseite eine kleine Fläche zum Verhindern von Pulveranbackungen vorhanden sind.

3.3 Durch dieses Merkmal werden Pulveranbackungen so gering wie möglich gehalten, bzw. völlig verhindert, und gleichzeitig wird doch eine genügend große Außenfläche und ein genügend großer Querschnitt des leitfähigen Wandteils zur Ableitung der elektrostatischen Ladungen zur Verfügung gestellt.

3.4 Die objektive Aufgabe kann daher darin gesehen werden, elektrische Entladungen sowie Anbackungen von Pulvermaterial zu vermeiden.

3.5 Die Kammer kann die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die E2 auf die beanspruchte Lösung hinweise, nicht teilen.

Wie in Bezug auf die Neuheit schon festgestellt wurde, beschäftigt sich die E2 mit Schläuchen, die zur Förderung von brennbaren Flüssigkeiten, von brennbaren Gasen oder von explosiven Luftgemischen geeignet sind. Pulveranbackungen oder gar Anbackungen anderer Art werden in dieser Entgegenhaltung nicht angesprochen.

Es ist daher fraglich, ob ein Fachmann, der sich mit dem Problem der Pulveranbackungen beschäftigt, diese Entgegenhaltung überhaupt in Betracht ziehen würde.

Doch selbst wenn er sich damit auseinander setzen würde, so würde er in dieser Entgegenhaltung keine Anregung finden, das leitfähige Wandteil so zu gestalten, dass es einen Querschnitt mit an der Schlauchaußenseite erheblich größerer Umfangsabmessung als an der Schlauchinnenseite aufweist. Die spezifische Form des leitfähigen Wandteils wird in E2 nicht angesprochen.

Die Beschwerdeführerin behauptet aber, diese Form sei aus der Figur der E2 zu erkennen.

Die Kammer kann diese Auffassung nicht teilen. Der Querschnitt des leitfähigen Wandteils scheint in der Figur auf den ersten Blick als Folge seiner sich radial erstreckenden Begrenzungsflächen zwar keilförmig zu sein. Hieraus kann aber keineswegs geschlossen werden, dass seine Umfangsabmessung so klein gehalten ist, dass Pulveranbackungen verhindert werden. Der Fachmann würde in Abwesenheit jeglicher Erklärung in der Beschreibung bezüglich der Form dieses Wandteils und deren Funktion, diesem Wandteil keine weitere Aufmerksamkeit schenken.

Diese Entgegenhaltung lehrt dem Fachmann vielmehr, auf die einfache Konstruktion des Schlauchs gemäß E6 zu verzichten und einen mehrschichtigen Schlauch einzusetzen. Eine darüberhinausgehende Anregung zur Lösung der Aufgabe im Streitpatent kann der E2 nicht entnommen werden.

3.6 Nach Auffassung der Kammer würde der Fachmann auch nicht mit Hilfe seiner allgemeinen Fachkenntnisse in naheliegender Weise von dem Schlauch gemäß E6 zu dem beanspruchten Schlauch gelangen.

Hat der Fachmann nämlich Schwierigkeiten mit Anbackungen bei der Verwendung von dem Schlauch nach E6, so gibt es im Stand der Technik eine Vielzahl von möglichen Ansätzen, diese Schwierigkeiten zu überwinden, unter denen z.B. die Auswahl von geeigneteren Stoffmischungen erwähnt werden kann. Da ja Sinn und Zweck des leitfähigen Wandteils die Ableitung von elektrischen Ladungen von der Innenseite des Schlauchs ist, liegt eine erhebliche Reduzierung dessen Umfangsabmessung an dieser Stelle nicht auf der Hand. Dieses gilt auch für das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sich die im Anspruch 1 angegebene Gestalt des leitfähigen Wandteils ausgehend von E6 aus rein herstellungstechnischen Überlegungen ergebe.

3.7 Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik herleiten lässt (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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